Entscheidungsstichwort (Thema)
Werbungskostenabzug bei Wohnrecht an einer Wohnung in Mehrfamilienhaus
Leitsatz (NV)
Besteht an einer Wohnung eines Mietwohngrundstücks ein Wohnungsrecht, kann der Eigentümer die Aufwendungen (einschl. AfA) für dieses Grundstück insoweit nicht als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehen, als sie nach dem Verhältnis der jeweiligen Nutzflächen auf die mit dem Wohnungsrecht belastete Wohnung entfallen.
Normenkette
EStG § 21 Abs. 1-2, § 9 Abs. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger), zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Eheleute, sind je zur Hälfte Eigentümer eines Mietwohngrundstücks mit vier Wohnungen. Die Wohnungen im Erdgeschoß und im Dachgeschoß sind fremdvermietet, die Wohnung im zweiten Obergeschoß bewohnen die Kläger selbst. An der Wohnung im ersten Obergeschoß besteht ein dingliches Wohnungsrecht der Mutter der Klägerin. Das von der Berechtigten ausgeübte Wohnungsrecht erstreckt sich auf sämtliche im ersten Obergeschoß gelegene Räume sowie auf die alleinige Nutzung zweier Kellerräume und einer Dachkammer.
Mit ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 1984 (Streitjahr) machten die Kläger bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung Werbungskosten in Höhe von 34710 DM geltend. Hiervon sind 6642 DM den Wohnungen zuzuordnen, die nicht mit dem Wohnungsrecht belastet sind. Die übrigen Aufwendungen in Höhe von 28068 DM sind keiner bestimmten Wohnung zuzuordnen; sie betreffen Schuldzinsen und Geldbeschaffungskosten, kleinere Instandhaltungen und eine Dachreparatur sowie Absetzungen für Abnutzung (AfA).
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) berücksichtigte bei der Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr die geltend gemachten Werbungskosten nicht in vollem Umfang; er kürzte den Betrag von 28086 DM entsprechend dem Anteil der mit dem Wohnungsrecht belasteten Wohnung an der Gesamtwohnfläche um 27 v.H. Auf den Einspruch der Kläger legte er das Verhältnis der unbelasteten zu der mit dem Wohnungsrecht belasteten Nutzflächen zugrunde und kürzte den Betrag von 28068 DM um 19,47 v.H.
Die Klage, mit der die Kläger weiterhin die vollständige Berücksichtigung der geltend gemachten Werbungskosten begehrten, wies das Finanzgericht (FG) als unbegründet ab. Die keiner bestimmten Wohnung zuzuordnenden Aufwendungen hätten das Wohngrundstück insgesamt betroffen, mithin auch den mit dem Wohnungsrecht belasteten Gebäudeteil. Da die Kläger aber hinsichtlich der mit dem Wohnungsrecht belasteten Nutzfläche keine Einkünfte erzielten, könne ein entsprechender Anteil der Aufwendungen der Kläger nicht als Werbungskosten berücksichtigt werden.
Mit der Revision rügen die Kläger eine Verletzung von § 21 Abs. 1 und 2 sowie von § 9 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Die Aufteilung der Aufwendungen für ein Mietwohngrundstück nach dem Verhältnis der unbelasteten und der mit einem Nutzungsrecht belasteten Nutzflächen führe im Falle eines auf einzelne, abgrenzbare Räume beschränkten Wohnungsrechts zu einer nicht hinnehmbaren Verzerrung; während nämlich die Einnahmen aus dem Mietwohngrundstück in vollem Umfang steuerlich erfaßt würden, könnten die anteilig auf die mit dem Nutzungsrecht belasteten Flächen entfallenden Aufwendungen nicht berücksichtigt werden. Im übrigen sei zu berücksichtigen, daß der Grundstückseigentümer zivilrechtlich verpflichtet sei, die Erhaltungsaufwendungen für die Gebäudeteile zu tragen, die nicht mit dem Wohnungsrecht belastet seien und die der Nutzung des gesamten Gebäudes dienten, soweit - wie im Streitfall - keine abweichende Vereinbarung getroffen sei.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Zu Recht hat das FG die im angefochtenen Bescheid vorgenommene Werbungskostenkürzung bestätigt.
Zutreffend ist das FG davon ausgegangen, daß Werbungskosten einschließlich AfA von einem Grundstückseigentümer nur insoweit geltend gemacht werden können, als er auch Einnahmen aus dem Grundstück erstrebt. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats sind daher diejenigen Aufwendungen des Eigentümers nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen, die auf eine Wohnung entfallen, deren Nutzungswert - z.B. aufgrund eines dinglichen Wohnungsrechtes - einem Dritten zuzurechnen ist (Senatsurteile vom 8. November 1988 IX R 25/86, BFH/NV 1989, 223; vom 13. Februar 1990 IX R 99/85, BFH/NV 1990, 628 jeweils m.w.N.). Dies gilt neben solchen Aufwendungen des Grundstückseigentümers, die unmittelbar der betreffenden Wohnung zuzuordnen sind (vgl. Senatsurteile vom 16. Oktober 1984 IX R 81/82, BFHE 143, 310, BStBl II 1985, 390; vom 13. November 1990 IX R 63/86, BFH/NV 1991, 303), anteilig auch für solche (Unterhaltungs- und Instandsetzungs-) Kosten, die das Wohngrundstück insgesamt betreffen (vgl. Senatsurteile vom 8. November 1988 IX R 25/86, BFH/NV 1989, 223; vom 31. März 1992 IX R 245/ 87, BFHE 168, 248, BStBl II 1992, 890). Letztere können insoweit nicht als Werbungskosten berücksichtigt werden, als sie auf den vom Grundstückseigentümer nicht zur Erzielung von Einnahmen genutzten Teil des Wohngrundstücks entfallen. Die hierzu notwendige Aufteilung ist regelmäßig nach dem Verhältnis der betreffenden Flächen an der Gesamtnutzfläche des Gebäudes vorzunehmen (Gänger in Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 21 Rz. 82; Stephan, Der Betrieb 1985, Beilage 3, S. 19; vgl. auch Senatsurteil in BFHE 168, 248, BStBl II 1992, 890; Aufteilung nach Nutzungswertanteilen bei einem von Miteigentümern selbst genutzten Zweifamilienhaus).
Soweit die Kläger beanstanden, daß hiernach die auf den mit dem Wohnungsrecht belasteten Gebäudeteil entfallenden Aufwendungen steuerrechtlich unberücksichtigt bleiben, während die Einnahmen aus dem Mietwohngrundstück in vollem Umfang (nämlich einerseits bei ihnen und andererseits bei der Wohnberechtigten) erfaßt würden, ist darauf hinzuweisen, daß diese steuerrechtliche Konsequenz durch eine entsprechende Regelung der Unterhaltspflicht vermieden werden könnte.
Fundstellen
Haufe-Index 419779 |
BFH/NV 1994, 709 |