Entscheidungsstichwort (Thema)
Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern Bewertung Bewertung/Vermögen-/Erbschaft-/Schenkungsteuer
Leitsatz (amtlich)
Zur Bewertung von freiwilligen Leistungen eines Alleingesellschafters, die in der überlassung des gesamten Inventars einer Einzelfirma an die Kapitalgesellschaft bestehen, nach dem dem Teilwert entsprechenden gemeinen Wert.
Normenkette
KVStG § 2/3/b; BewG §§ 1, 10, 12
Tatbestand
Streitig ist, wie hoch bei einer Betriebsveräußerung durch einen Gesellschafter an die Gesellschaft der Wert der Leistung zu bemessen ist.
Im Zuge der Neuorganisation verschiedener Firmen des Alleingesellschafters hat die Bfin. vom 1. September 1954 an das bewegliche Anlagevermögen einer zum gleichen Zeitpunkt aufgelösten Kommanditgesellschaft von der Einzelfirma ihres Alleingesellschafters gepachtet und das Geschäftsprogramm der KG in deren bisherigen Betriebs- und Geschäftsräumen weitergeführt. Zur Vereinfachung der Verwaltungsarbeit hat die Bfin. ab 1. Januar 1955 das gesamte der Fertigung dienende, bisher nur gepachtete Inventar zum Buchwert erworben. Dieser hat 459 718,50 DM betragen. Für die Einheitsbewertung zum 1. Januar 1955 wurde der Wert der übernommenen Maschinen, der Betriebs- und Geschäftsausstattung und der Modelle, nachdem hierüber ein Steuerrechtsstreit geführt worden war, rechtskräftig auf 837 324,50 DM festgestellt. Auf Grund einer Betriebsprüfung hat das Körperschaftsteuer-Finanzamt im Jahre 1958 einen Teil der nach seiner Ansicht übermäßig hohen Pacht für das Jahr 1954 im Betrage von 115 000 DM im Einvernehmen mit der Steuerpflichtigen als zusätzliche Anschaffungskosten aktiviert.
Das Finanzamt ist mit dem Kapitalverkehrsteuer-Prüfer auf Grund dieses Sachverhalts davon ausgegangen, daß der Alleingesellschafter der Bfin. dadurch freiwillige Leistungen nach § 2 Ziff. 3 b KVStG 1934 erbracht hat, daß er ihr Gegenstände zu einer den Wert nicht erreichenden Gegenleistung überlassen hat. Den Wert dieser Leistung ermittelte es auf 377 606 DM (= 837 324,50 DM ./. 459 718,50 DM). Die Gesellschaftsteuer setzte es dementsprechend auf 11 328 DM fest.
Im Einspruchs- und Berufungsverfahren hat die Bfin. sich im wesentlichen ohne Erfolg unter Berufung auf das Urteil des Bundesfinanzhofs I 207/53 U vom 19. Juni 1956 (BStBl 1956 III S. 224, 226, Slg. Bd. 63 S. 70) dagegen gewandt, daß für die Bewertung der Leistung der bei der Einheitsbewertung ermittelte Teilwert und nicht der gemeine Wert zugrunde gelegt worden ist.
Das Finanzgericht hat die vom Teilwert ausgehende Bewertung der freiwilligen Gesellschafterleistung nicht beanstandet, da die Bfin. bereit gewesen wäre, für den Erwerb der Gegenstände einem außenstehenden Dritten einen Betrag zu zahlen, der dem Teilwert der übernommenen Gegenstände entsprochen hätte. Die Vorinstanz sah im Gegensatz zu dem Finanzamt nicht nur die Vergütung von 459 718,50 DM, sondern auch den im Einverständnis aller Beteiligten aktivierten Teilbetrag des Pachtzinses für das Jahr 1954 von 115 000 DM als Gegenleistung für die überlassung der beweglichen Anlagegüter an. Den Wert der freiwilligen Leistung ermittelte das Finanzgericht aus diesem Grunde auf nur 262 606 DM und setzte daher die Gesellschaftsteuer durch das mit der Rb. angefochtene Urteil in Abänderung der Einspruchsentscheidung und des zugrunde liegenden Steuerbescheids auf 7 878,15 DM herab.
Unter Wiederholung ihres bisherigen Vorbringens begehrt die Bfin. mit der Rb. Freistellung von der Gesellschaftsteuer mit der Begründung, die Vorinstanzen hätten zu Unrecht bei der Bewertung der freiwilligen Leistung den Teilwert statt des gemeinen Werts zugrunde gelegt.
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist nicht begründet.
Nach § 2 Ziff. 3 b KVStG 1934 unterliegen freiwillige Leistungen eines Gesellschafters an eine inländische Kapitalgesellschaft der Gesellschaftsteuer, wenn die Leistungen geeignet sind, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen (Beispiel: überlassung von Gegenständen an die Gesellschaft zu einer den Wert nicht erreichenden Gegenleistung). Entscheidungserheblich ist hiernach allein, ob die Gegenleistung der Bfin. von 574 718,50 DM den Wert der überlassenen Gegenstände erreicht hat. Dieser Wert ist nach § 1 BewG nach den allgemeinen Bewertungsvorschriften dieses Gesetzes zu ermitteln. Zu Recht wendet sich die Bfin. dagegen, daß das Finanzgericht die übernommenen Wirtschaftsgüter ohne weiteres mit dem Teilwert angesetzt hat. Wie sich aus der Verwendung des Konjunktivs in § 12 Satz 2 BewG ergibt, ist die Vorschrift nur auf die Bewertung von Wirtschaftsgütern anwendbar, die sich in einem Unternehmen befinden, nicht aber auf Wirtschaftsgüter, die von einem Unternehmen auf ein anderes Unternehmen übertragen werden.
Der Bewertung der überlassenen Gegenstände ist sonach der gemeine Wert zugrunde zu legen (ß 10 BewG). Indes wird bei dem Erwerb eines Unternehmens mit der Absicht, es fortzuführen, der gemeine Wert der Höhe nach regelmäßig dem Teilwert entsprechen; denn auch der Teilwert ist seinem Wesen nach ein gemeiner Wert (vgl. Gürsching-Stenger, Kommentar zum Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, § 10 Anm. 2 Abs. 2 Nr. 2 a; Krekeler, Kommentar zum Bewertungsgesetz, 6. Aufl., § 12 I S. 75; Wall, Der Teilwert, seine Problematik und seine Ersetzung durch den gemeinen Wert, Die Wirtschaftsprüfung 1957 S. 545, 550 linke Spalte). Er ist, wie dieser, ein Verkehrswert (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs III 133 und 134/55 S vom 26. August 1955, BStBl 1955 III S. 278, Slg. Bd. 61 S. 207 ff.). Der Begriff des Teilwertes wurde daher auch nicht aus rechtlichen Notwendigkeiten, sondern aus Zweckmäßigkeitsgründen in das Reichsbewertungsgesetz 1934 aufgenommen (vgl. Begründung zum Reichsbewertungsgesetz vom 16. Oktober 1934, RStBl 1935 S. 161, 162). Er war bereits durch die Rechtsprechung als Sonderart des gemeinen Wertes entwickelt worden (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs VI A 575/26 vom 14. Dezember 1926, Slg. Bd. 20 S. 87, 88 ff., und VI A 802/27 vom 14. Dezember 1927, Slg. Bd. 22 S. 309, 310). Die übernahme des Ergebnisses dieser Rechtsprechung für den Hauptanwendungsfall, nämlich die Bewertung eines im Unternehmen verbleibenden Wirtschaftsgutes, schließt es nicht aus, einen anderen weniger häufig vorkommenden Fall nach den gleichen Grundsätzen zu beurteilen, sofern die hierfür maßgebende Vorschrift eine derartige Rechtsauslegung zuläßt. Unter dem gemeinen Wert ist zwar grundsätzlich der bei einer beliebigen Einzelveräußerung erzielbare Preis zu verstehen. Nach § 10 Abs. 2 Satz 2 BewG sind jedoch alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Zu diesen, den Wert beeinflussenden Umständen gehört, wie schon der Reichsfinanzhof (Urteil VI A 802/27 vom 14. Dezember 1927, a. a. O. S. 311) ausgeführt hat, auch die Zugehörigkeit zu einem Betriebe. Da mit der übernahme des Teilwertbegriffs in das Reichsbewertungsgesetz eine sachliche änderung der bis dahin geltenden Rechtslage nicht verbunden war (vgl. die Begründung zum Reichsbewertungsgesetz, a. a. O.), ist dieser Auffassung des Reichsfinanzhofs nach Ansicht des erkennenden Senats auch heute noch zuzustimmen. Ist aber danach sowohl nach § 12 als auch nach § 10 Abs. 2 Satz 2 BewG die Zugehörigkeit zu einem Betrieb das entscheidende Bewertungsmerkmal, so muß der zu ermittelnde Wert für die gleichen Wirtschaftsgüter nach beiden Bewertungsgrundsätzen der gleiche sein.
Das Finanzgericht konnte hiernach im Ergebnis zu Recht als gemeinen Wert der überlassenen Gegenstände den Betrag zugrunde legen, der dem rechtskräftig festgestellten Teilwert für diese Gegenstände der Höhe nach entspricht.
Da das Finanzgericht in für den Senat bindender Weise die Pachtzahlungen für das Jahr 1954 hinsichtlich eines Teilbetrages von 115 000 DM in eine Kaufpreiszahlung umgedeutet hat, bestehen keine Bedenken, der Vorinstanz auch hinsichtlich der Berechnung des Steuermaßstabes zu folgen.
Nach alledem mußte der Rb. der Erfolg versagt werden, ohne daß auf das weitere Vorbringen der Beteiligten einzugehen war.
Fundstellen
Haufe-Index 410840 |
BStBl III 1963, 369 |
BFHE 1964, 142 |
BFHE 77, 142 |
BB 1963, 968 |
DB 1963, 1140 |