Leitsatz (amtlich)
1. Eine landwirtschaftliche Brennerei, die wegen Nichterfüllung der durch § 25 Abs. 2 BrMonG vorgeschriebenen Bedingungen in einem Betriebsjahr kraft Gesetzes als gewerbliche Brennerei gilt (§ 28 Abs. 1 BrMonG, § 10 Abs. 5 BO), kann durch Erstattung der in § 10 Abs. 2 BO vorgesehenen schriftlichen Anzeige bewirken, daß sie von dem darauffolgenden Betriebsjahr ab wieder in die Klasse der landwirtschaftlichen Brennereien zurücktritt.
2. Der Anzeige gemäß § 10 Abs. 2 BO steht es gleich, wenn der Brennereibesitzer gegen die Behandlung der Brennerei als gewerbliche Brennerei durch die Bundesmonopolverwaltung für Branntwein den Rechtsweg beschreitet und damit eindeutig seinen Willen zum Ausdruck bringt, daß seine Brennerei wiederum der Klasse der landwirtschaftlichen Brennereien zugehören solle.
Normenkette
BrMonG § 25 Abs. 2; BO § 10 Abs. 2
Tatbestand
Der Kläger betreibt eine zu seinem landwirtschaftlichen Gut gehörige Verschlußbrennerei. Bis zum Beginn des Betriebsjahres 1964/65 erfüllte diese Brennerei unstreitig die monopolrechtlichen Bedingungen für eine landwirtschaftliche Brennerei und besaß ein Brennrecht von … hl Weingeist.
Auch am Anfang des Betriebsjahres 1964 behandelte die BMV die Brennerei des Klägers zunächst noch als landwirtschaftliche Brennerei mit Brennrecht und setzte bei den ersten beiden Branntweinabnahmen die Übernahmepreise dementsprechend fest. In der Folgezeit ging sie dann aber davon aus, daß die Brennerei des Klägers mit Wirkung vom Beginn des Betriebsjahres 1964/65 an in die Kasse der gewerblichen Brennereien übergetreten sei und zugleich ihr Brennrecht verloren habe. Sie berechnete deshalb das Branntweinübernahmegeld für die beiden ersten Abnahmen nach den für gewerbliche Brennereien ohne Brennrecht geltenden Sätzen neu und forderte den Unterschiedsbetrag zurück. Bei den weiteren Abnahmen in diesem und den folgenden Betriebsjahren setzte die Beklagte das Branntweinübernahmegeld auf der gleichen Grundlage fest.
Gegen die hierüber erteilten Übernahmegeldberechnungen erhob der Brennereibesitzer Beschwerde bzw. Klage beim Bundesfinanzhof (BFH).
Der Kläger beantragte im Frühjahr 1965 beim Bundesminister der Finanzen (BdF) die Wiederverleihung des Brennrechts aus Billigkeitsgründen. Die Entscheidung darüber wurde von der Behörde bis zum Abschluß des Rechtsstreits vor dem BFH zurückgestellt.
Bei den vom Kläger angefochtenen Übernahmegeldberechnungen geht die BMV davon aus, daß in den Monaten Oktober bis Dezember 1964 ein Teil der in der Brennerei des Klägers angefallenen Schlempe nicht an das Vieh der zugehörigen Landwirtschaft verfüttert, sondern durch Ableiten in die Jauchegrube vernichtet worden sei. Nach Ansicht der Beklagten ist dadurch eine der für landwirtschaftliche Brennereien vorgeschriebenen monopol-rechtlichen Bedingungen des § 25 des Branntweinmonopolgesetzes (BrMonG) nicht eingehalten worden, wodurch die Brennerei des Klägers kraft Gesetzes die Brennereiklasse gewechselt und damit gemäß § 38 Abs. 1 Ziff. 2 BrMonG zugleich ihr Brennrecht verloren habe. Der Kläger wendet sich gegen die Behandlung seiner Brennerei als gewerbliche Brennerei ohne Brennrecht.
Er bestreitet, daß in seiner Brennereiwirtschaft Schlempe vernichtet worden sei.
Der Kläger ist ferner der Ansicht, daß der in § 38 Abs. 1 Ziff. 2 BrMonG vorausgesetzte Übertritt in eine andere Brennereiklasse entweder eine ausdrückliche Erklärung oder ein konkludentes Handeln erfordere. Ein Handeln gegen § 25 Abs. 2 BrMonG müsse verschuldet sein. Weder der Kläger noch der von ihm beauftragte Verwalter hätten aber ihre Aufsichtspflicht verletzt.
Ohne ein Verschulden könne ein Verlust des Brennrechts auch deshalb nicht eintreten, weil diese Rechtsfolge nur entweder als Enteignung oder als Verwaltungsstrafe beurteilt werden könne. Das Brennrecht sei nämlich ein auf öffentlicher Grundlage beruhendes privates Vermögensrecht, ein subjektives öffentliches Recht, das die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes (GG) genieße. Als Enteignung sei die Entziehung des Brennrechts aber deshalb unzulässig, weil sie nicht mit einer Entschädigung verbunden sei. Als Verwaltungsstrafe setze diese Maßnahme hingegen ein Verschulden voraus und könne außerdem keine rückwirkende Kraft haben.
Der Kläger beantragt, den Rückforderungsbescheid sowie die Branntweinübernahmebescheinigungen der BMV aufzuheben und die Sachen zur Neuberechnung des Übernahmegeldes an die BMV zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt, die Klagen als unbegründet abzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die nach dem Inkrafttreten der FGO als Klagen zu behandelnden Beschwerden Nr. VII B 135–139/65 sind unbegründet.
Zu Recht hat die BMV die Brennerei des Klägers im Betriebsjahr 1964/1965 als gewerbliche Brennerei ohne Brennrecht behandelt und das Branntweinübernahmegeld nach den hierfür geltenden Sätzen festgesetzt. Denn seine landwirtschaftliche Brennerei ist mit dem Beginn des genannten Betriebsjahres dadurch in die Klasse der gewerblichen Brennereien übergetreten, daß die in ihr angefallene Schlempe nicht restlos an das Vieh der Brennereiwirtschaft verfüttert wurde. Ein Teil der erzeugten Schlempe wurde nämlich durch den damals beim Kläger beschäftigten Schweizer in die Jauchegrube abgeleitet, und zwar zumindest in der Zeit vom 21. Oktober bis 6. November 1964 in einer nicht unerheblichen Menge.
Infolge der Vernichtung von Schlempe erfüllte die Brennerei des Klägers im Betriebsjahr 1964/1965 nicht mehr die für landwirtschaftliche Brennereien vorgeschriebenen Bedingungen, wonach u. a. die Rückstände des Brennereibetriebs restlos an das Vieh der Brennereiwirtschaft verfüttert werden müssen (§ 25 Abs. 2 Ziff. 3 BrMonG). Da die Brennerei somit nicht zu den landwirtschaftlichen Brennereien gehörte, galt sie gemäß § 28 Abs. 1 BrMonG als gewerbliche Brennerei. Der damit verbundene Wechsel der Brennereiklasse trat gemäß § 10 Abs. 5 der Brennereiordnung (BO) mit dem Beginn des Betriebsjahres 1964/1965 ein. Er hatte zugleich zur Folge, daß die Brennerei des Klägers ihr Brennrecht verlor (§ 38 Abs. 1 Nr. 2 BrMonG).
Die vom Kläger gegen die Anwendung dieser Vorschrift erhobenen rechtlichen Einwendungen sind nicht begründet.
Der Übertritt einer Brennerei in eine andere Brennereiklasse erfordert nicht, wie der Kläger meint, eine ausdrückliche Erklärung oder ein konkludentes Handeln des Brennereibesitzers. Eine so weitgehende Bedeutung kann dem Wort „übertritt” in § 38 Abs. 1 Nr. 2 BrMonG nicht beigemessen werden. Gemeint ist damit, wie sich aus der Systematik des BrMonG ergibt, jeder Wechsel der Brennereiklasse. Denn eine Veranlagung zum Brennrecht erfolgt gemäß §§ 30 ff. BrMonG nur für landwirtschaftliche Brennereien und für Obstbrennereien und richtet sich nach den dafür maßgebenden wirtschaftlichen Bedürfnissen, die auch für diese beiden Brennereiklassen von unterschiedlichen Gegebenheiten abhängen. Ein nach den Verhältnissen einer Brennereiklasse zugeteiltes Brennrecht ist deshalb für eine andere Brennereiklasse nicht in gleicher Weise angemessen. Dem will § 38 Abs. 1 Nr. 2 BrMonG Rechnung tragen, wenn er mit dem Wechsel der Brennereiklasse ein Erlöschen des Brennrechts verbindet.
Der Übertritt einer landwirtschaftlichen Brennerei in die Klasse der gewerblichen Brennereien ist ferner, wie der Senat im Urteil VII B 41–47, 49, 50/65 vom 31. Januar 1967 (Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 87 S. 582 – BFH 87, 582 –) entschieden hat, unabhängig von einem Verschulden des Brennereibesitzers. Denn § 25 BrMonG macht die Zugehörigkeit zu den dort genannten Brennereiklassen allein von der Erfüllung bestimmter objektiver Voraussetzungen abhängig. In dem genannten Urteil hat sich der Senat auch bereits mit den weiteren Einwendungen auseinandergesetzt, die der Kläger im vorliegenden Verfahren sonst noch erhebt, und entschieden, daß der Verlust des Brennrechts weder eine entschädigungslose Enteignung noch eine Strafe darstellt. Daran hält das Gericht fest.
Die Klagen VII K 6–8, 13, 15, 18, 39, 40/66, K 1, 8–10, 12, 15, 18, 29, 38/67 und K 3, 5, 10/68 führen zur Aufhebung der darin angefochtenen Branntweinübernahmebescheinigungen aus den Betriebsjahren 1965/1966 bis 1967/1968.
Zu Unrecht hat nämlich die Beklagte die Brennerei des Klägers auch in den Betriebsjahren 1965/1966 bis 1967/1968 als gewerbliche Brennerei behandelt.
Durch die Vernichtung von Schlempe in den Monaten Oktober/November 1964 hat zwar die Brennerei des Klägers für das Betriebsjahr 1964/1965 die Eigenschaft einer landwirtschaftlichen Brennerei verloren und ist, wie ausgeführt, in die Klasse der gewerblichen Brennereien übergetreten. Jedoch wurde ihr hierdurch nicht verwehrt, von dem darauffolgenden Betriebsjahr an wieder in die Klasse der landwirtschaftlichen Brennereien zurückzukehren. Denn § 25 BrMonG verlangt für die Zugehörigkeit zu dieser Brennereiklasse lediglich, daß die dort aufgezählten objektiven Voraussetzungen erfüllt sind. Dabei kommt es auf die jeweiligen Verhältnisse in einem bestimmten Betriebsjahr an. Das ergibt sich sowohl aus der Systematik des BrMonG, dessen Regelungen im wesentlichen auf das Betriebsjahr bezogen sind (z. B. Verlust des Brennrechts gemäß §§ 38 Abs. 3 und 39 Abs. 4 BrMonG, Festsetzung von Jahresbrennrechten gemäß § 40 BrMonG, monopolbegünstigte Erzeugungsgrenze der Kleinbrennereien und Abfindungsbrennereien gemäß §§ 34 BrMonG und 116 BO), als auch aus § 10 Abs. 2 BO, wonach der Brennereibesitzer vom Beginn des Betriebsjahres ab die Brennereiklasse wechseln kann. Für die Betriebsjahre 1965/1966 bis 1967/1968 hat aber die Brennerei des Klägers wieder alle Bedingungen erfüllt, welche § 25 BrMonG an eine landwirtschaftliche Brennerei stellt. Denn, wie die Beweisaufnahme ergeben hat, wurden in diesen Jahren keine Verstöße mehr gegen das Gebot der restlosen Verfütterung der Schlempe festgestellt.
Allerdings verlangt § 10 Abs. 2 BO für den Wechsel von der einen zur anderen Brennereiklasse in formeller Hinsicht eine schriftliche Anzeige des Brennereibesitzers an das HZA. Einer solchen Anzeige ist es aber nach Auffassung des Senats gleichzuachten, wenn der Brennereibesitzer – wie es der Kläger im Streitfall getan hat – gegen die Zugrundelegung einer anderen als der gewollten ursprünglichen Brennereiklasse durch die Monopolbehörde den Rechtsweg beschreitet. Denn damit bringt er seinen Willen, nach wie vor der bisherigen Brennereiklasse zuzugehören, in so klarer und eindeutiger Weise zum Ausdruck, daß es nicht gerechtfertigt ist, als Voraussetzung für den Wechsel zurück in diese frühere Brennereiklasse noch eine besondere Anzeige zu verlangen.
Hinzu kommt, daß der Kläger auch durch seinen im Frühjahr 1965 an den BdF gerichteten Antrag auf Wiederverleihung des Brennrechts zu erkennen gab, daß seine Brennerei auf jeden Fall vom Betriebsjahr 1965/1966 ab wieder als landwirtschaftliche Brennerei betrieben werden solle. Denn die Zugehörigkeit zu dieser Brennereiklasse ist im Hinblick auf § 32 Abs. 1 BrMonG Voraussetzung für eine solche Maßnahme des BdF.
Besaß sonach die Brennerei des Klägers in den Betriebsjahren 1965/1966 bis 1967/1968 wieder die Eigenschaft einer landwirtschaftlichen Brennerei, so konnte sie freilich dadurch nicht auch automatisch wieder ihr früheres Brennrecht erlangen. Dazu bedarf es vielmehr einer Neuverleihung des Brennrechts durch einen entsprechenden konstitutiven Verwaltungsakt.
Fundstellen