Leitsatz (amtlich)
Kosten zur Beseitigung eines Unfallschadens an einem privaten Kraftfahrzeug sind nur dann als Werbungskosten abziehbar, wenn sich der Unfall in ursächlichem Zusammenhang mit einer beruflich veranlaßten Fahrt ereignet hat. Dies ist dann nicht der Fall, wenn ein Arbeitnehmer vor Antritt einer Dienstreise sein Fahrzeug auf seine allgemeine Verkehrssicherheit überprüfen läßt und wenn dabei ein Unfall herbeigeführt wird.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 1
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Angestellter bei einer AG. Am 24. Oktober 1973 gab er seinen PKW, den er u. a. für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und gelegentlich dienstlich nutzte, dem Garagenmeister der AG zur Überprüfung der Bremsanlagen, weil er zuvor ein leichtes Ausbrechen des Wagens bei Bremsungen festgestellt hatte. Nach der Prüfung verursachte der Garagenmeister beim Einparken des Fahrzeugs einen Unfall. Weder die AG noch die Versicherung der AG ersetzten die Reparaturkosten von insgesamt rd. 2 600 DM.
In seiner Einkommensteuererklärung für 1973 machte der Kläger die Reparaturkosten mit der Begründung als Werbungskosten geltend, die Nachschau der Bremsanlage sei veranlaßt gewesen, weil er mit seinem PKW eine Dienstfahrt habe antreten wollen, für die ein Dienstwagen nicht zur Verfügung gestanden habe. Die AG erklärte dazu, ihre Mitarbeiter seien berechtigt, vor Antritt einer Dienstreise mit ihrem privaten PKW ihr Fahrzeug im Fuhrpark der AG prüfen und Mängel beseitigen zu lassen. Der Kläger habe davon regelmäßig Gebrauch gemacht. Die Durchsicht des PKW des Klägers vor Antritt der Dienstreise sei durchaus im Interesse der AG geschehen.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) lehnte den Abzug der Reparaturkosten als Werbungskosten - auch im Einspruchsverfahren - ab. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit dem in den Entscheidungen der Finanzgerichte 1976 S. 442 (EFG 1976, 442) veröffentlichten Urteil statt. Es führte im wesentlichen aus:
Die Kosten zur Beseitigung des Unfallschadens seien Werbungskosten, weil das Schadensereignis in einem objektiven Zusammenhang mit einem Dienstgeschäft gestanden habe. Die Reparatur und Überholung eines privaten Kraftfahrzeugs seien zwar regelmäßig eine persönliche Angelegenheit des Fahrzeughalters. Die Nachschau durch den Garagenmeister der AG habe aber in einem räumlichen und sachlichen Zusammenhang mit der Tätigkeit des Klägers im Betrieb der AG gestanden. Die AG habe bestätigt, daß diese Nachschau in ihrem Interesse und Einverständnis geschehen sei. Damit sei der Fall ebenso zu behandeln, wie wenn sich das äußere Schadensereignis auf einer Dienstreise zugetragen hätte.
Mit der Revision macht das FA geltend, das FG habe aus der Bestätigung der AG einen falschen Schluß gezogen. Die Bestätigung besage nämlich nur, daß alle Mitarbeiter ihre Privatwagen vor Antritt einer Dienstreise in der Werkstatt der AG überprüfen lassen könnten. Davon habe der Kläger auch Gebrauch gemacht. Gleichwohl sei sein Fahrzeug nicht aufgrund einer Anordnung der AG überprüft worden. Die Bestätigung der AG sei nicht geeignet, die ursächliche Verknüpfung der Unfallkosten mit dem Beruf des Klägers zu begründen. Mit Sicherheit hätte die AG oder eine Versicherung den Schaden übernommen, wenn die Nachschau tatsächlich ausschließlich aus beruflichen Gründen durchgeführt worden wäre. Der alleinige Grund für das Verbringen des Fahrzeugs in die firmeneigene Garage sei die vermeintlich defekte Bremse gewesen, also ein vermuteter technischer Mangel am Fahrzeug. Hieran ändere die Tatsache nichts, daß der Wagen zu einer dienstlichen Fahrt benötigt worden sei. Nur der Zeitpunkt für die Einlieferung in die Garage sei durch die geplante Dienstreise mitbestimmt worden.
Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet.
Reparaturkosten, die ein Arbeitnehmer als Folge eines Unfalls während einer beruflich veranlaßten Fahrt mit dem eigenen Kraftfahrzeug aufwenden muß, gehören zu den Werbungskosten im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes - EStG - (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 24. Februar 1978 VI R 177/73, BFHE 124, 524, BStBl II 1978, 380). Nach der Rechtsprechung des Senats kann auch ein Arbeitnehmer, dem der Arbeitgeber - wie im Streitfall - die Kosten für die Benutzung seines eigenen Kraftfahrzeugs auf Dienstreisen pauschal ersetzt, daneben solche Unfallkosten als Werbungskosten absetzen (vgl. Urteil vom 10. März 1978 VI R 239/74, BFHE 124, 540, BStBl II 1978, 381). Dies ist selbst dann möglich, wenn der Unfall auf einem bewußten und leichtfertigen Verstoß gegen Verkehrsvorschriften beruht (vgl. BFH-Beschluß vom 28. November 1977 GrS 2-3/77, BFHE 124, 43, BStBl II 1978, 105; BFH-Urteil VI R 177/73). Es bedarf hier keiner Entscheidung, ob dem Garagenmeister ein Verschulden bei der Herbeiführung des Schadens anzulasten und ob das Verschulden dem Kläger zuzurechnen ist. Die vom Kläger geltend gemachten Kosten zur Beseitigung des Schadens an seinem privaten PKW sind jedenfalls deshalb nicht als Werbungskosten abziehbar, weil sich der Unfall nicht während einer beruflich veranlaßten Fahrt ereignet hat.
Entscheidend für die Abziehbarkeit von Unfallkosten ist, ob sie durch den Betrieb oder den Beruf des Steuerpflichtigen veranlaßt sind. Das bedeutet, daß die Fahrt selbst, auf der sich ein Unfall ereignet hat, durch den Betrieb oder das Arbeitsverhältnis veranlaßt sein muß (BFH-Beschluß GrS 2-3/77). Ob das der Fall ist, hängt weitgehend von den Umständen des Einzelfalles ab. Es bedarf jeweils einer Abgrenzung gegenüber den Lebensführungskosten (§ 12 Nr. 1 EStG). Es ist also zu prüfen, ob ein Unfall, selbst wenn ein Zusammenhang mit dem Betrieb oder Beruf besteht, in nicht nur unbedeutendem Maße auf einer privaten, der Lebensführung des Steuerpflichtigen zuzurechnenden Veranlassung beruht (BFH-Beschluß GrS 2-3/77).
Unzweifelhaft ist der Schaden am Fahrzeug des Klägers nicht während einer beruflich veranlaßten Fahrt (Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, Dienstreise, Dienstgang) herbeigeführt worden. Somit könnte er allenfalls dann als beruflich veranlaßt angesehen werden, wenn er sich in ursächlichem Zusammenhang mit einer solchen Fahrt ereignet hätte. Dies war jedoch nicht der Fall. Die entgegenstehende Würdigung des FG verstößt gegen Denkgesetze. Zwar hat das FG zutreffend ausgeführt, daß ein technisch bedingter Schaden, der durch den Zustand eines privaten PKW verursacht ist, dem privaten Bereich des Fahrzeughalters zuzurechnen ist. Es hat dann aber nicht den Zustand des Wagens, sondern die unsachgemäße Handhabung des Fahrzeugs durch den Garagenmeister als Schadensursache angesehen und aufgrund der Erklärung der AG einen beruflichen Zusammenhang abgeleitet. Das FG hat dabei unbeachtet gelassen, daß das Fahrzeug des Klägers nur zum - geringen - Teil beruflich genutzt wird und daß die Überprüfung der Bremsanlage der allgemeinen Verkehrssicherheit des Fahrzeugs - nicht nur bei den beruflich veranlaßten Fahrten - diente. Selbst wenn auch die AG an der Überprüfung des Wagens interessiert war, so sah sie sich doch nicht veranlaßt, diese Überprüfung auf ihre Kosten vornehmen zu lassen. Vielmehr hatte der Kläger diese Kosten zu tragen. Dies zeigt, daß solche Überprüfungen zumindest auch im privaten Interesse des Fahrzeughalters liegen. Ebenso wie eine bei einer privaten Werkstatt durchgeführte Inspektion sowohl den beruflichen wie den privaten Fahrten des Eigentümers eines privaten PKW zugute kommt, war die vom Garagenmeister der AG durchgeführte Nachschau an dem privaten PKW des Klägers demnach zumindest auch von privatem Nutzen. Daran ändert nichts, daß die Nachschau unmittelbar vor einer geplanten Dienstfahrt stattfand. Denn das Ergebnis der Nachschau und gegebenenfalls der Neueinstellung der Bremsanlage wäre auch für die spätere Privatnutzung des Kraftfahrzeugs von Vorteil gewesen.
Ist aber ein Aufwand zum Teil beruflich und zum Teil privat veranlaßt, so verbietet sich wegen des aus § 12 EStG abgeleiteten Aufteilungs- und Abzugsverbots der Abzug der Aufwendungen, es sei denn, es liegen objektive Merkmale und Unterlagen vor, die eine zutreffende und leicht nachprüfbare Trennung ermöglichen, und der berufliche Aufwand ist nicht von untergeordneter Bedeutung (vgl. BFH-Beschluß vom 19. Oktober 1970 GrS 2/70, BFHE 100, 309, BStBl II 1970, 17; BFH-Urteil vom 19. Dezember 1977 VI R 198/76, BFHE 124, 428, BStBl II 1978, 287). Eine solche Trennung des Gesamtaufwands für die Schadensbeseitigung in einen beruflichen Teil, soweit der Kläger sein Fahrzeug beruflich nutzt, und einen privaten Teil, soweit er sein Fahrzeug privat nutzt, ist hier nicht möglich.
Bei dieser rechtlichen Beurteilung des vorliegenden Sachverhalts bedarf es keiner Entscheidung, ob dem Kläger der Abzug der Unfallkosten auch deshalb hätte versagt werden müssen, weil er einen denkbaren Ersatzanspruch gegen den Garagenmeister nicht geltend gemacht hat.
Da sich die Vorentscheidung somit als unzutreffend erweist, war sie aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Das FA hat die Berücksichtigung der Unfallkosten als Werbungskosten zu Recht abgelehnt. Deshalb ist die Klage abzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 72782 |
BStBl II 1978, 475 |
BFHE 1979, 181 |