Leitsatz (amtlich)
Vom Erben auf Grund testamentarischer Anordnung aufgewendete Grabpflegekosten können nicht als dauernde Last bei der Einkommensermittlung abgezogen werden.
Normenkette
EStG 1958 § 10 Abs. 1 Nr. 1
Tatbestand
Streitig ist bei der Einkommensteuerveranlagung 1958, ob die auf Grund testamentarischer Auflage aufgewendeten Grabpflegekosten des Erben als Sonderausgaben (dauernde Last) abzugsfähig sind (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG).
Die Revisionsklägerin - Stpfl. - begehrte den Abzug von 172,29 DM, die sie für Grabpflegekosten aufgewendet hatte, als Sonderausgaben. Zur Begründung führte sie an, daß die Leistungen in Erfüllung einer testamentarischen Auflage erbracht worden seien. Dem Antrag lag der folgende Sachverhalt zugrunde. Der Verstorbene Bruder des Ehemannes der Stpfl. hatte in seinem Testament dem Krankenhaus in P. 100 000 DM vermacht. Das Krankenhaus sollte die Verpflichtung übernehmen, das auf dem katholischen Friedhof P. befindliche Mausoleum und die anschließenden gärtnerischen Anlagen sorgfältig zu unterhalten und Reparaturen ausführen zu lassen. Da das Krankenhaus das Vermächtnis ausschlug, betrachtete sich der Ehemann der Stpfl. als Miterbe zur Erfüllung der Auflage verpflichtet. Nach seinem Tode übernahm die Stpfl. als Erbin die Grabpflege.
Die geltend gemachten Grabpflegekosten erkannte das FA nicht als Sonderausgaben an, da es an einem besonderen Verpflichtungsgrund im Sinn des § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG fehle.
Mit dem Einspruch machte die Stpfl. geltend, die Grabpflegekosten stellten eine dauernde Last dar, da nach Ausschlagung des Vermächtnisses der Betrag von 100 000 DM den Erben des Testators zugefallen sei und diese mit dem Anfall der Erbschaft auch die Verpflichtung zur Erfüllung der Auflage übernommen hätten.
Der Einspruch blieb ohne Erfolg.
Das FG wies die Klage als unbegründet zurück. Die Grabpflegekosten könnten nicht als Sonderausgabe (dauernde Last) anerkannt werden, da die Übernahme der Grabpflege auf einer sittlichen Verpflichtung beruhe. Es handle sich um nichtabzugsfähige Aufwendungen im Sinn des § 12 EStG.
In ihrer Revision rügt die Stpfl. unrichtige Rechtsanwendung. Die Grabpflegekosten seien als Sonderausgaben anzuerkennen, da der Erbe nicht anders behandelt werden dürfe als der Vermächtnisnehmer, der im Fall der Annahme des Vermächtnisses mit der Auflage beschwert gewesen wäre.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist unbegründet.
Die Kosten der Grabpflege können einkommensteuerrechtlich nicht berücksichtigt werden.
Es liegt keine dauernde Last im Sinn des § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG vor. Der Senat braucht nicht abschließend zu entscheiden, ob die testamentarische Auflage zur Pflege des Mausoleums und der Friedhofsanlagen infolge der Ausschlagung des Vermächtnisses die Erben beschwerte. Denn auch bei Anerkennung einer rechtlichen Verpflichtung der Erben stünde dieser doch kein Berechtigter gegenüber (§ 1940 BGB). Eine dauernde Last setzt jedoch das Vorhandensein eines Berechtigten voraus, dem die Leistungen zufließen. Für den Rentenbegriff ist dieses Erfordernis selbstverständlich. Das Gesetz nennt - wie schon das EStG 1925 in § 15 Abs. 1 Nr. 3 - Renten und dauernde Lasten nebeneinander. Es ist kein Grund ersichtlich, dauernde Lasten in dieser Hinsicht anders anzusehen als Renten (vgl. Strutz, Kommentar zum Einkommensteuergesetz vom 10. August 1925, Bd. I S. 844). Davon ging die bisherige Rechtsprechung stillschweigend aus. Testamentarisch angeordnete Grabpflegekosten sind daher schon begrifflich keine dauernden Lasten im Sinn des § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG.
Auch eine außergewöhnliche Belastung im Sinn des § 33 EStG liegt nicht vor. Die den Erben als solchen treffenden Verbindlichkeiten aus Auflagen gehören zu den Nachlaßverbindlichkeiten (§ 1967 Satz 2 BGB). Die zur Erfüllung der Auflage gemachten Aufwendungen stehen in wirtschaftlichem Zusammenhang mit dem durch Erbgang erworbenen Vermögen. Sie stellen beim Erben keine Belastung des Einkommens dar, wenn sie den Wert des Nachlasses nicht übersteigen. Es handelt sich insoweit um Aufwendungen, die in der Vermögenssphäre liegen und deshalb nach ständiger Rechtsprechung des BFH nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden können (vgl. BFH-Urteil VI 188/57 vom 18. September 1959, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Einkommensteuergesetz, § 33, Rechtsspruch 108, und die dort angeführten Entscheidungen).
Fundstellen
BStBl II 1968, 259 |
BFHE 1968, 149 |