Entscheidungsstichwort (Thema)
(Hinzurechnung von Rentenzahlungen zum Gewerbeertrag)
Leitsatz (amtlich)
Hinzuzurechnen sind gemäß § 8 Nr.2 GewStG nur die Renten und dauernde Lasten, die mit dem Erwerb des Betriebs oder eines Anteils an dem Betrieb wirtschaftlich zusammenhängen, dessen Gewerbeertrag zu ermitteln ist.
Orientierungssatz
1. Hatte eine GmbH anläßlich des Erwerbs eines Kommanditanteils eine Rentenverbindlichkeit übernommen, führen die Rentenzahlungen nach Veräußerung des Kommanditanteils bei der GmbH nicht zu "Anteilen am Verlust einer ... KG" i.S. des § 8 Nr. 8 GewStG.
2. Ein Kommanditanteil, der regelmäßig ein Mitunternehmeranteil ist, ist ein "Anteil am Betrieb" i.S. des § 8 Nr. 2 GewStG (vgl. BFH-Urteil vom 9.4.1981 IV R 178/80; Literatur).
Normenkette
GewStG 1984 § 8 Nrn. 2, 8, § 12 Abs. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
FG München (Entscheidung vom 06.03.1990; Aktenzeichen 7 K 2941/88) |
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine Aktiengesellschaft, ist Rechtsnachfolgerin der G-GmbH. Diese erwarb durch Kaufvertrag vom 13.Oktober 1981 einen Komplementäranteil an der Firma S GmbH & Co. KG (im folgenden: KG) vom damaligen Komplementär S. Dieser hatte "in seiner Eigenschaft als Komplementär" eine Rentenverpflichtung gegenüber Herrn S sen., der bis Ende 1980 persönlich haftender Gesellschafter der KG gewesen war, und dessen Ehefrau zu erfüllen. Im Kaufvertrag vom 13.Oktober 1981 war vereinbart, daß die G-GmbH zur Entlastung und Freistellung des Veräußerers (S) diese Rentenverpflichtung übernahm. Sie wurde in der Handelsbilanz der G-GmbH ausgewiesen, steuerlich aber in einer Sonderbilanz zur Bilanz der KG erfaßt und gemäß § 8 Nr.2, § 12 Abs.2 Nr.1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) dem Gewinn aus Gewerbebetrieb der KG hinzugerechnet.
Mit Vertrag vom 25.März 1985 veräußerte die G-GmbH ihren Gesellschaftsanteil an der KG. Dabei wurde allerdings die Rentenverpflichtung nicht auf den Erwerber übertragen, sondern weiterhin in der Handelsbilanz der G-GmbH ausgewiesen. Die Rentenzahlungen vom 1.April bis 30.September 1985 (Ende des Wirtschaftsjahres der G-GmbH) hatte die G-GmbH gewinnmindernd und die Veränderung des Passivpostens "Rentenverpflichtung" gewinnerhöhend erfaßt.
Aufgrund einer Außenprüfung rechnete der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) die Rente nach § 8 Nr.2 GewStG dem Gewinn der G-GmbH des Wirtschaftsjahres 1984/1985 hinzu und erließ einen entsprechend geänderten einheitlichen Gewerbesteuermeßbescheid für 1985. Der darin angesetzte Hinzurechnungsbetrag in Höhe von 32 066 DM setzte sich aus der Differenz zwischen den Rentenzahlungen von 48 545 DM und der Veränderung der Rentenverpflichtung in Höhe von 16 479 DM während des Zeitraums vom 25.März 1985 bis 30.September 1985 zusammen.
Der dagegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos. Der Klage gab das Finanzgericht (FG) mit seiner in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1990, 643 veröffentlichten Entscheidung statt.
Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung des § 8 Nr.2 GewStG.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet; sie war deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs.2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
Das FG hat zutreffend erkannt, daß die Rentenverbindlichkeit der G-GmbH auch nach Veräußerung des Kommanditanteils, anläßlich dessen Erwerbs die Verbindlichkeit übernommen wurde, nicht deren Gewinn aus Gewerbebetrieb gemäß § 8 Nr.2 GewStG hinzuzurechnen ist, da die Verbindlichkeit wirtschaftlich nicht mit dem (bisherigen) Betrieb der GmbH zusammenhängt. Es kann deshalb dahinstehen, ob § 8 Nr.2 GewStG ebenfalls Renten erfaßt, die wirtschaftlich anläßlich des Erwerbs eines Anteils am Betrieb nicht neu begründet, sondern lediglich vom Rechtsvorgänger übernommen wurden.
1. Nach § 8 Nr.2 GewStG sind dem Gewinn aus Gewerbebetrieb Renten und dauernde Lasten hinzuzurechnen, die wirtschaftlich mit dem "Erwerb ... eines Anteils am Betrieb" zusammenhängen.
a) Ein Kommanditanteil, der regelmäßig ein Mitunternehmeranteil ist, wird als "Anteil am Betrieb" in diesem Sinn aufgefaßt (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 9.April 1981 IV R 178/80, BFHE 133, 293, BStBl II 1981, 621; Glanegger/ Güroff, Gewerbesteuergesetz, Kommentar, 2.Aufl. 1991, § 8 Nr.1 Tz.9).Die G-GmbH hielt folglich nach dem Erwerb des Anteils an der KG einen Anteil an einem Betrieb (KG) und unterhielt daneben ihren eigenen --davon unabhängigen-- Gewerbebetrieb.
Dem einheitlich festgestellten Gewerbegewinn der KG waren jeweils gemäß § 8 Nr.2 GewStG die Rentenzahlungen der G-GmbH zuzurechnen (vgl. Schmidt, Einkommensteuergesetz, 10.Aufl. 1991, § 15 Anm.82 mit weiteren Nachweisen). Der Gewerbegewinn des eigenen Betriebs der G-GmbH war davon gänzlich unabhängig --ohne Hinzurechnung-- zu ermitteln.
b) Auch nach Veräußerung der Beteiligung an der KG war der Gewerbegewinn des bisherigen Betriebs der G-GmbH nicht um die Rentenzahlungen zu erhöhen, da sie mit dem Erwerb dieses Betriebs in keiner Weise zusammenhängen. Hinzuzurechnen sind nur Renten und dauernde Lasten, die mit dem Erwerb des Betriebs oder eines Anteils "am Betrieb" (*= an dem Betrieb) wirtschaftlich zusammenhängen. Dies kann nur der Betrieb sein, dessen Gewerbeertrag zu ermitteln ist. Das ist im Streitfall der Betrieb der G-GmbH. Dieser Betrieb wurde jedoch nicht gegen Rentenzahlungen erworben. Damit fehlt es bereits bei wörtlicher Auslegung am Tatbestand der Hinzurechnungsvorschrift. Die Rentenzahlungen führen auch nicht zu "Anteilen am Verlust einer ... Kommanditgesellschaft" i.S. des § 8 Nr.8 GewStG, da die G-GmbH ab dem Zeitpunkt der Veräußerung nicht mehr an einer solchen Gesellschaft beteiligt ist.
c) Diese Auslegung entspricht auch dem Sinn der gewerbesteuerrechtlichen Hinzurechnungsvorschriften. Sie sind Ausfluß des Objektsteuercharakters der Gewerbesteuer. Die durch den Gewerbebetrieb erwirtschafteten Erträge sollen Besteuerungsgrundlage sein, und zwar unabhängig von der gewählten Finanzierung (vgl. Blümich/Hofmeister, Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer, Kommentar, § 8 GewStG Rz.11; Meyer-Scharenberg, Gewerbesteuer, Kommentar, § 8 Nr.1 Rz.2). Hat ein Mitunternehmer seinen Anteil an einer Personengesellschaft fremdfinanziert oder hat er beim Erwerb Renten oder dauernde Lasten übernommen, so sollen gewerbesteuerrechtlich die nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes (EStG) ausgelösten Gewinnminderungen (Sonderbetriebsausgaben) nicht den von der Personengesellschaft erwirtschafteten Gewerbeertrag mindern. Dem Gewinn der Personengesellschaft als Objekt der Gewerbesteuer werden deshalb solche Gewinnminderungen hinzugerechnet und dadurch neutralisiert. Der Gewinn des Gewerbesteuerobjekts "Personengesellschaft" wird aber nach der Veräußerung eines daran gehaltenen Mitunternehmeranteils nur noch durch etwaige Rentenbelastungen des (neuen) Erwerbers des Anteils gemindert. Dementsprechend wären diese Renten --soweit sie anfallen-- dem Gewinn der Personengesellschaft hinzuzurechnen.
Der bisherige Mitunternehmer, der zugleich Einzelunternehmer ist, unterhält nach der Veräußerung des Anteils an der Personengesellschaft nur noch seinen eigenen, von dieser unabhängigen Betrieb. Würde man die anläßlich des Erwerbs des Anteils an der Personengesellschaft übernommenen Renten oder dauernden Lasten dem Gewerbegewinn des Einzelunternehmens hinzurechnen, so erschienen sie als Gewinnkorrektur bei einem Betrieb, mit dessen Erwerb oder Gründung sie nichts zu tun hatten.
d) Daran ändert sich auch nichts dadurch, daß die G-GmbH den Erlös aus der Veräußerung des Kommanditanteils in ihren (bisherigen) Betrieb übernommen hat. Damit hat sie zwar Bargeld oder Forderungen (einzelne Wirtschaftsgüter), aber keinen Betrieb oder Teilbetrieb "erworben".
e) Aus dem Urteil des BFH vom 28.Oktober 1987 I R 153/83 (BFH/NV 1988, 326) ergibt sich nichts anderes. In diesem Fall hatte ein Einzelhändler ein weiteres Einzelhandelsgeschäft gegen Leibrente erworben. Das neu erworbene Geschäft wurde als Zweigniederlassung des bisherigen Unternehmens weitergeführt. Der Senat führte aus, daß es nicht darauf ankomme, daß der erworbene Betrieb eine gewisse Selbständigkeit behalte. Der Kläger hatte den erworbenen Betrieb innerhalb seines Gesamtunternehmens fortgeführt. Damit waren die Lasten wirtschaftlich mit dem Erwerb eines Teilbetriebs verbunden. Dies löste die Hinzurechnung zum Zwecke der Neutralisierung des Gesamtbetriebsgewinns aus.
Der Sachverhalt des Urteils vom 22.November 1972 I R 124/70 (BFHE 108, 202, BStBl II 1973, 403) unterscheidet sich ebenfalls wesentlich vom Streitfall. Eine Molkerei-GmbH hatte einen weiteren Molkereibetrieb gegen Rente erworben und anschließend stillgelegt. Die Rente war von vornherein dem Betrieb der Molkerei-GmbH zuzurechnen, da es sich um einen "Teilbetrieb" handelte. Der hinzuerworbene Teilbetrieb war sofort Bestandteil des gewerbesteuerrechtlichen Unternehmens der Molkerei-GmbH geworden. Diesem einheitlichen Betrieb waren die Renten hinzuzurechnen, da sie "wirtschaftlich mit dem Erwerb eines Teilbetriebs zusammenhingen". Es wurde somit nicht der Gewinn eines anderen Gewerbesteuerobjekts korrigiert. Daran änderte sich nichts durch die Stillegung des Teilbetriebs, zumal dieser von vornherein im Interesse des Stammunternehmens zwecks Stillegung erworben wurde.
Fundstellen
Haufe-Index 64466 |
BFH/NV 1992, 75 |
BStBl II 1992, 919 |
BFHE 168, 361 |
BFHE 1993, 361 |
BB 1992, 2494 |
BB 1992, 2494-2496 (LT) |
DB 1992, 2427 (L) |
DStR 1992, 1398 (KT) |
HFR 1992, 717 (LT) |
StE 1992, 523 (K) |
WPg 1992, 698 (S) |
StRK, gewStG 1978 § 8 Nr 2 R.3 (LT) |
FR 1992, 665 (KT) |
Information StW 1993, 44 (KT) |
GmbH-Rdsch 1993, 251 (L) |
NWB 1993, 2811 |
BetrAV 1993, 28 (T) |
GmbHR 1993, 251 |