Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer Gewerbesteuer
Leitsatz (amtlich)
Arbeitsverträge zwischen Ehegatten werden für das Einkommensteuerrecht grundsätzlich nicht anerkannt, wenn die Ehegatten nach § 26 EStG zusammen veranlagt werden.
Werden Ehegatten für ein Kalenderjahr nicht nach § 26 EStG zusammen veranlagt, weil sie in diesem Kalenderjahr nicht mindestens 4 Monate verheiratet waren, so können für dieses Kalenderjahr ernsthafte Arbeitsverträge zwischen ihnen auch steuerlich berücksichtigt werden.
Zur Auslegung des § 8 Ziff. 5 GewStG.
Zur sogenannten typischen Betrachtungsweise im Steuerrecht.
Normenkette
StAnpG § 1 Abs. 2, § 1/3; EStG §§ 4-5, 19, 26; GewStG § 8 Ziff. 5
Tatbestand
Die Beschwerdegegnerin (Bgin.) betreibt als OHG einen Lederwareneinzelhandel. Gesellschafterinnen mit je 50 v. H. Gewinnbeteiligung sind Mutter und Tochter. Die Tochter heiratete am 2. Oktober 1952 den Prokuristen der seit etwa 5 Jahren bei der Firma tätig war. Das Finanzamt rechnete bei der einheitlichen Gewinnfeststellung die Bezüge des Prokuristen für die Zeit vom 2. Oktober bis 31. Dezember 1952 in Höhe von 8.251 DM dem Gewinnanteil der Tochter zu. Die Bgin. hatte die Bezüge des Prokuristen auch nach der Eheschließung wie bisher dem Lohnsteuerabzug unterworfen. Der Einspruch der Bgin. blieb erfolglos.
Das Finanzgericht gab der Berufung statt und ließ den Abzug des streitigen Betrags von 8.251 DM zu. Es begründete seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt: Die Eheleute seien für 1952 nicht gemäß § 26 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zusammen zu veranlagen, da sie in diesem Kalenderjahr nicht vier Monate verheiratet gewesen seien. Ehegatten, die nicht zusammen veranlagt würden, müßten aber steuerlich wie Fremde behandelt werden. Darüber hinaus müßten aber auch entgegen der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs Arbeitsverhältnisse zwischen Ehegatten grundsätzlich anerkannt werden. Der Reichsfinanzhof habe in der Entscheidung VI A 67/30 vom 7. Mai 1930 (Slg. Bd. 27 S. 22; Reichssteuerblatt - RStBl - 1930 S. 671), auf der die spätere Rechtsentwicklung beruhe, ausgeführt, ein Arbeitsverhältnis zwischen Ehegatten sei mit dem Wesen der Ehe nicht zu vereinbaren. Das Finanzgericht trete dieser Auffassung nicht bei. Die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs erkenne auch sonst ernsthafte Rechtsverhältnisse zwischen nahen Angehörigen an (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs IV 246/50 S vom 22. August 1951, Slg. Bd. 55 S. 449, Bundessteuerblatt - BStBl - 1951 III S. 181, und IV 83/50 U vom 17. Oktober 1951, Slg. Bd. 55 S. 548, BStBl 1951 III S. 223, betreffend Familiengesellschaften). Die gleichen Grundsätze müßten auch für Arbeitsverhältnisse zwischen Ehegatten gelten. Im Streitfall sei auch zu berücksichtigen, daß der Ehemann nicht gegenüber der Ehefrau allein in einem Arbeitsverhältnis gestanden habe, sondern gegenüber der OHG, also auch gegenüber der anderen Gesellschafterin.
Mit der Rechtsbeschwerde bekämpft der Vorsteher des Finanzamts die Rechtsauffassung des Finanzgerichts und erstrebt die Wiederherstellung der Einspruchsentscheidung.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde ist im Ergebnis nicht begründet.
Die Vorentscheidung befaßt sich mit drei Fragen, die getrennter Erörterung bedürfen, nämlich
ob Arbeitsverträge zwischen Ehegatten steuerlich anzuerkennen sind, wenn ein Ehegatte im Einzelunternehmen des anderen Ehegatten mitarbeitet;
ob Arbeitsverträge steuerlich anzuerkennen sind, wenn ein Ehegatte in einer Personengesellschaft mitarbeitet, an der der andere Ehegatte als Mitunternehmer beteiligt ist;
ob in den Fällen a) und b) Arbeitsverhältnisse anzuerkennen sind, wenn die Ehegatten in einem Kalenderjahr nicht mindestens 4 Monate verheiratet waren und deshalb für dieses Kalenderjahr nicht nach § 26 EStG zusammen veranlagt werden.
Zu a): Das Finanzgericht wendet sich bewußt gegen die vom Reichsfinanzhof entwickelte und vom Bundesfinanzhof fortgeführte Rechtsprechung, daß ein Ehegatte nicht Arbeitnehmer im Einzelunternehmen des anderen Ehegatten sein könne. Diese Rechtsprechung beruht, wie das Finanzgericht zutreffend erkennt, auf der das Steuerrecht beherrschenden sogenannten wirtschaftlichen Betrachtungsweise. Ihr liegt die überlegung zugrunde, daß Ehegatten, die zusammen leben, eine natürliche Einheit sind. Ehegatten, die zusammen leben, wirken im allgemeinen auch wirtschaftlich zusammen; sie wirtschaften, wie die Rechtsprechung sich oft ausgedrückt hat, in einen Topf (vgl. das Urteil des Senats I 216/55 U vom 14. Februar 1956, BStBl 1956 III S. 233). Eine Bestätigung für diese Beurteilung durch den Gesetzgeber hat die Rechtsprechung in § 26 EStG (vorher § 22 EStG 1925) gefunden, wonach Ehegatten grundsätzlich zusammen veranlagt werden, solange beide unbeschränkt steuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben. Auf Grund der aus der Lebenserfahrung gewonnenen Erkenntnis hat die Rechtsprechung nicht zugelassen, die natürliche Einheit der Ehegatten aufzuspalten, und hat deshalb bürgerlich-rechtlichen Dienstverträgen zwischen Ehegatten die steuerliche Anerkennung versagt. Die Mitarbeit des einen Ehegatten im Unternehmen des anderen wird grundsätzlich als im Rahmen der ehelichen Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft geleistet angesehen.
Es bedeutete eine Benachteiligung der Ehefrauen, die den Haushalt führen, wenn die Rechtsprechung nicht bei ihnen, wohl aber bei den im Betrieb des Ehemanns mitarbeitenden Frauen Arbeitsverträge anerkennen würde. Wenn man Arbeitsverträge zwischen zusammen lebenden Ehegatten steuerlich anerkennen würde, so würden solche Verträge in großem Umfang zur Steuerersparnis auf dem Papier geschlossen, ohne daß die Beteiligten an die ernsthafte Durchführung dächten. Die Finanzbehörden würden in die Schwierigkeit gebracht, die mangelnde Ernsthaftigkeit nachweisen zu müssen, ein Nachweis, der, weil die Interessen der Ehegatten gegenüber den Finanzbehörden gleichlaufen, nur selten gelingen würde. Wollte man, wie das Finanzgericht im Einzelfall prüfen, ob ein Mißbrauch vorliegt, so müßten die Finanzbehörden in einem Umfang in die persönlichen Verhältnisse der Ehegatten eindringen, der mit den Anschauungen der gegenwärtigen Zeit über das Verhältnis von Steuerfiskus und Privatleben der Bürger nicht zu vereinbaren wäre. Wenn man Arbeitsverhältnisse berücksichtigen wollte, so müßte man auch auf die Güterrechtsverhältnisse zwischen den Ehegatten eingehen, die die Ehegatten jederzeit grundsätzlich frei vereinbaren und ändern können. Die Steuerbehörden würden dann vor allem auch gezwungen, sich mit der Auslegung des § 1356 Abs. 2 BGB zu befassen, wonach die Ehefrau zur unentgeltlichen Mitarbeit im Geschäft des Ehemanns verpflichtet ist, soweit das nach den Verhältnissen, in denen die Ehegatten leben, üblich ist. Das führte zu einer Komplikation des Steuerrechts und des Besteuerungsverfahrens. Vor allem wäre letzten Endes die Gleichmäßigkeit der Besteuerung gefährdet, weil nicht zu verhindern wäre, daß wirtschaftlich gleichgelagerte Fälle je nach dem Geschick der Beteiligten in der äußeren Gestaltung ihrer Rechtsbeziehungen verschieden behandelt würden. Das Fachschrifttum ist überwiegend der Rechtsprechung beigetreten. Vgl. z. B. Littmann, Einkommensteuerrecht, Anm. 519 zu §§ 4, 5 EStG; Blümich-Falk, 7. Auflage, Anm. 4 zu § 19 EStG; Hartz-Over, Lohnsteuerrecht, Stichwort Arbeitnehmer (unter Ziff. 3); Flume, "Der Betrieb" 1956 S. 73 (unter B 2); Hoffmann, Deutsche Steuer-Zeitung 1955 S. 186; Anm. in "Der Betrieb" 1954 S. 754.
Die langjährige Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs und des Bundesfinanzhofs hat offenbar die Billigung der zur Gesetzgebung berufenen Organe gefunden. Denn die Gesetzgebung hat bei den zahlreichen änderungen, die das EStG im Jahre 1934 und nachher erfahren hat, keine Veranlassung genommen, die Frage abweichend von der Rechtsprechung zu regeln, obgleich die Besteuerung der Ehegatten und der Familie wiederholt behandelt und geändert wurde. Die hier zu entscheidende Frage hat im Rahmen der Ehegattenbesteuerung aber durchaus Gewicht und ist darum bestimmt in das Blickfeld des Gesetzgebers getreten. Es wäre bedenklich, ohne Gesetzesänderung die bisherige Rechtsprechung aufzugeben.
Das Finanzgericht meint, in § 8 Ziff. 5 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) sei ein abweichender Wille des Gesetzgebers zum Ausdruck gekommen. Dieser Auffassung tritt der Senat nicht bei. Einkommensteuerliche Fragen wie die Behandlung von Ehegatten werden im EStG geregelt. Es spricht nichts dafür, daß § 8 Ziff. 5 GewStG die Bedeutung hat, die das Finanzgericht ihm beilegt. Andernfalls wäre mindestens in der amtlichen Begründung zum Gewerbesteuergesetz (RStBl 1937 S. 693 ff.) darauf hingewiesen worden. Nach § 8 Ziff. 5 GewStG sollen die Gehälter der Ehegatten dem Gewinn zugerechnet werden, soweit sie vorher bei der Gewinnermittlung abgezogen worden waren. Bei zusammen lebenden mitarbeitenden Ehegatten hat die Vorschrift, wie im Fachschrifttum (vgl. Blümich-Boyens-Steinbring, 5. Auflage, Anm. 23 zu § 8 GewStG; Littmann, Gewerbesteuer, 2. Auflage, S. 125/6) zutreffend angenommen wird, keine Bedeutung, weil die Gehälter bei der Gewinnermittlung von vornherein nicht abgezogen werden. Die Vorschrift kommt demnach nur zur Auswirkung, wenn die Gehälter der mitarbeitenden Ehegatten ausnahmsweise bei der Gewinnermittlung abgezogen worden sind, sei es z. B. auf Grund unrichtiger Behandlung bei der einkommensteuerlichen Gewinnfeststellung oder weil die Ehegatten dauernd getrennt leben, oder weil sie, wie unten dargelegt wird, im Kalenderjahr nicht mindestens 4 Monate verheiratet waren. Es ist auch nicht ausgeschlossen, daß mit § 8 Ziff. 5 GewStG eine Klarstellung bewirkt werden sollte. Im Gegensatz zur Rechtsprechung der Einkommensteuersenate des Reichsfinanzhofs wurden nämlich bis zum Inkrafttreten des GewStG vom 1. Dezember 1937 von den oberen Gerichten mehrerer Länder für die Zwecke der Gewerbesteuer Arbeitsverhältnisse zwischen Ehegatten berücksichtigt. Diese Abweichung sollte möglicherweise für die Zukunft ausgeschlossen werden. Jedenfalls kann der Vorschrift des § 8 Ziff. 5 GewStG für die hier zu entscheidende Frage keine Bedeutung zukommen.
Das Finanzgericht weist zutreffend darauf hin, daß die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs in den letzten Jahren in einer Reihe von Fällen über die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs hinaus ernsthafte bürgerlich-rechtliche Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen, insbesondere zwischen Eltern und Kindern, steuerlich anerkannt habe (vgl. neben den vom Finanzgericht angeführten Urteilen des Bundesfinanzhofs IV 246/50 S und IV 83/50 U vor allem noch die weiteren Urteile IV 520/53 U vom 17. Februar 1955, Slg. Bd. 60 S. 262, BStBl 1955 III S. 102, betreffend Arbeitsverhältnisse zwischen Eltern und Kindern in der Landwirtschaft und I 193/55 U vom 6. Dezember 1955, Slg. Bd. 62 S. 43, BStBl 1956 III S. 17, betreffend die Arbeitsverhältnisse zwischen Eltern und Kindern allgemein). Daraus kann aber nicht gefolgert werden, daß auch Vereinbarungen zwischen zusammen lebenden Ehegatten steuerlich berücksichtigt werden müßten. Die wirtschaftliche Situation zwischen Ehegatten und die zwischen Eltern und Kindern sind nicht ohne weiteres vergleichbar. Während im natürlichen Verlauf der Dinge heranwachsende Kinder nach wirtschaftlicher Selbständigkeit streben und deshalb ihre eigenen Interessen auch gegenüber den Eltern zu wahren pflegen, wachsen die wirtschaftlichen Interessen zusammen lebender Ehegatten im Laufe der Zeit eher mehr zusammen. Im Rahmen der wirtschaftlichen Betrachtungsweise, die für die Behandlung des Problems die Grundlage bildet, kann an diesem wichtigen Unterschied nicht vorbeigegangen werden. Verträgen zwischen Eltern und Kindern kann darum steuerlich eher eine Bedeutung beigemessen werden als Verträgen zwischen zusammen lebenden Ehegatten. Der Senat läßt hierbei die Frage offen, ob auch Arbeitsverhältnisse zwischen Eltern und Kindern, die nach § 27 EStG zusammen veranlagt werden, steuerlich zu berücksichtigen sind.
Das Finanzgericht sieht ferner in der bisherigen Rechtsprechung einen Fall unzulässiger Typisierung. Die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs hat mehrfach ausgesprochen, daß eine überspitzte Anwendung der sogenannten typischen Betrachtungsweise abzulehnen sei; sie will die typisierende Betrachtung nur mit einer gewissen Vorsicht angewandt wissen (vgl. z. B. Urteil des Bundesfinanzhofs IV 91/50 U vom 24. November 1950, Slg. Bd. 55 S. 59, BStBl 1951 III S. 23, wo insbesondere auf die Ausführungen Enno Beckers hingewiesen ist). Die typische Betrachtungsweise darf nicht dazu führen, über offensichtliche Besonderheiten des Einzelfalls hinwegzugehen und ungleiche Fälle gleichzubehandeln (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs IV 271/52 U vom 10. April 1953, Slg. Bd. 57 S. 436, BStBl 1953 III S. 170). Das widerspräche dem Wesen der Einkommensteuer, bei der gerade die persönlichen Verhältnisse des einzelnen Steuerpflichtigen in weitestem Umfang berücksichtigt werden müssen. Trotzdem kann entgegen zahlreichen äußerungen im Fachschrifttum auf die Typisierung in bestimmten Grenzen nicht verzichtet werden, wenn man nicht die Gleichmäßigkeit und die leichte Durchführbarkeit der Besteuerung gefährden will (vgl. z. B. Hübschmann-Hepp-Spitaler, AO, Anm. 20 und 21 zu § 1 des Steueranpassungsgesetzes; Hartz, Steuerberater-Jahrbuch 1955/56 S. 94). Die typische Betrachtungsweise muß angewendet werden, wenn bei schwer durchschaubaren Verhältnissen des Einzelfalles die Ermittlung ein allzu tiefes und den Beteiligten nicht zumutbares Eindringen in den persönlichen Bereich, vor allem in die objektive kaum feststellbaren Auffassungen und Absichten des Steuerpflichtigen erforderte. In solchen Fällen kann, solange nicht besondere Umstände offenliegen, angenommen werden, daß die Verhältnisse in dem zu entscheidenden Fall so liegen, wie sie im Leben gewöhnlich liegen. Die typische Betrachtungsweise ist ein Prinzip zur Würdigung tatsächlicher Verhältnisse im Einzelfall nach Massgabe der allgemeinen Lebenserfahrung und entspricht dem § 1 Abs. 3 des Steueranpassungsgesetzes. Die Typisierungslehre ist nicht, was oft übersehen wird, etwa ein einseitiges Würdigungsprinzip zuungunsten der Steuerpflichtigen. Sie ist vielmehr auch zugunsten der Steuerpflichtigen anzuwenden. Die Typisierung wird oft bei der schwierigen Abgrenzung von Betriebsausgaben (Werbungskosten) einerseits und Kosten der Lebensführung (ß 12 Ziff. 1 EStG) andererseits angewendet, insbesondere wenn es darauf ankommt, ob sich der Steuerpflichtige bei dem Aufwand von Motiven beruflicher oder privater Art hat leiten lassen (vgl. z. B. Urteil des Bundesfinanzhofs IV 345/53 U vom 8. April 1954, Slg. Bd. 58 S. 689, BStBl 1954 III S. 174). Auch wenn es z. B. darum geht, ob eine Berufskrankheit (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs IV 303/53 U vom 14. Januar 1954, Slg. Bd. 58 S. 459, BStBl 1954 III S. 86) oder Berufskleidung (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs I 228/55 U vom 24. April 1956, BStBl 1956 III S. 195) vorliegt, kann auf eine typisierende Betrachtung nicht verzichtet werden. Eine Typisierung hat die neuere Rechtsprechung z. B. auch bei dem Mehraufwand für Verpflegung außerhalb des Hauses bei Arbeitnehmern angewandt, indem sie einerseits einen Mehraufwand grundsätzlich bei mehr als 12stündiger ununterbrochener Abwesenheit vom Haushalt unterstellte und andererseits den Mehraufwand auf 1,50 DM je Arbeitstag bezifferte (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs IV 119/53 U vom 17. September 1953, Slg. Bd. 58 S. 81, BStBl 1953 III S. 322; IV 393/54 U vom 3. Februar 1955, Slg. Bd. 60 S. 283, BStBl 1955 III S. 109; IV 589/54 U vom 10. Februar 1955, Slg. Bd. 60 S. 287, BStBl 1955 III S. 110). Es braucht nach der Rechtsprechung nicht geprüft zu werden, ob und in welcher Höhe dem Arbeitnehmer im Einzelfall ein Mehraufwand tatsächlich entstanden ist und ob und inwieweit dieser Mehraufwand aus beruflichen Gründen oder aus Gründen persönlicher Lebenshaltung und Annehmlichkeit entstanden ist. Die Typisierung dient hier offensichtlich der Vereinfachung für alle Beteiligten. Sie wirkt sich gerade in diesen Fällen zweifellos weithin zugunsten der Steuerpflichtigen aus. Auch bei der Würdigung von Beziehungen zwischen nahen Angehörigen kann man auf eine Typisierung nicht verzichten. Die gleichlaufenden wirtschaftlichen Interessen von nahen Angehörigen, insbesondere von Ehegatten, geben die Möglichkeit, aus rein steuerlichen Gründen bürgerlich-rechtliche Vereinbarungen zu treffen, denen wirtschaftlich keine Bedeutung zukommt, ohne daß die Finanzbehörden die mangelnde Ernsthaftigkeit nachweisen können. Vgl. z. B. die Urteile des Bundesfinanzhofs I 193/55 U vom 6. Dezember 1955, Slg. Bd. 62 S. 43, BStBl 1956 III S. 17; I 63/56 U vom 4. September 1956, BStBl 1956 III S. 304. Der Verzicht auf die typische Betrachtungsweise würde in den hier erwähnten und ähnlichen Fällen zu der Gefahr ungleichmäßiger Behandlung wirtschaftlich gleichgelagerter Fälle und damit zu einer Gefährdung eines Hauptgrundsatzes der modernen Besteuerungspraxis, der Gleichmäßigkeit der Besteuerung, führen.
Es ist dem Finanzgericht zuzugeben, daß die Behandlung der Arbeitsverhältnisse zwischen Ehegatten im Sozialversicherungsrecht keinen unbedingt zwingenden Schluß auf die steuerliche Behandlung erlaubt, weil Wesen und Zwecksetzung für das Steuerrecht und das Sozialversicherungsrecht nicht gleich sind. In der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs wurde aber auch auf das Sozialversicherungsrecht wohl mehr als Parallele hingewiesen, ohne die steuerliche Beurteilung entscheidend davon abhängig zu machen.
Die bisherige Rechtsprechung bedeutet auch nicht etwa, wie z. B. Herrmann-Heuer (Anm. 2 b zu § 19 EStG) annehmen, eine mit dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG) unvereinbare einseitige Benachteiligung mitarbeitender Ehefrauen. Die Rechtsgrundsätze werden in gleicher Weise angewendet, wenn die Ehefrau im Betrieb des Ehemannes wie wenn der Ehemann im Betrieb der Ehefrau mitarbeitet (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs IV 44/ 54 U vom 16. Dezember 1954, Slg. Bd. 60 S. 115, BStBl 1955 III S. 45, betreffend die Verfassungsmäßigkeit von § 26 EStG). Eine verschiedene Behandlung von Ehemann und Ehefrau wäre schon deshalb wenig sinnvoll, weil es wirtschaftlich bei zusammen lebenden Ehegatten im allgemeinen gleichgültig ist, ob ein Betrieb auf den Namen der Ehefrau oder des Ehemanns geführt wird.
Die durch das GG eingeleitete änderung des ehelichen Güterrechts, auf die das Finanzgericht hinweist, ist für die Streitfrage ohne Bedeutung. Die Rechtsprechung will - und sie kann sich dafür auf § 26 EStG stützen - gerade dem ehelichen Güterrecht keinen Einfluß auf die Einkommensbesteuerung von Ehegatten geben. Das Güterrecht regelt für den Bereich des bürgerlichen Rechts die vermögensrechtliche Stellung der Ehegatten zueinander und im Verhältnis zu Dritten. Das Güterrecht unterliegt, wie erwähnt, grundsätzlich der freien Gestaltungsmacht der Beteiligten. Die steuerliche Behandlung zusammen lebender Ehegatten berührt die bürgerlich-rechtlichen Beziehungen zwischen den Ehegatten und ihr Verhältnis zu Dritten nicht. Vor allem steht den Ehegatten frei, bei einer etwaigen Vermögensauseinandersetzung die Mitarbeit der Ehegatten angemessen zu berücksichtigen. Bei der hier zu entscheidenden Streitfrage handelt es sich nur um das Verhältnis zusammen lebender Ehegatten zum Steuerfiskus, für das besondere Gesichtspunkte der Auslegung zu beachten sind, vor allem der der Gleichmäßigkeit und praktischen Durchführbarkeit der Besteuerung.
Nach alledem erkennt der Senat mit der bisherigen Rechtsprechung Arbeitsverträge zwischen Ehegatten steuerlich nicht an, wenn ein Ehegatte im Einzelunternehmen des anderen Ehegatten tätig ist.
Zu b): Die Frage, ob ein Ehegatte mit steuerlicher Wirkung in ein Arbeitsverhältnis zu einer Personengesellschaft treten kann, an der der andere Ehegatte als Mitunternehmer beteiligt ist, hat der Reichsfinanzhof verneint (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs VI 401/38 vom 17. August 1938, Slg. Bd. 44 S. 320, RStBl 1938 S. 1003). In welcher Form und in welchem Umfang der andere Ehegatte als Mitunternehmer beteiligt ist, spielt dabei keine Rolle. Im Schrifttum werden dagegen zum Teil Bedenken erhoben. Es wird geltend gemacht, bürgerlich-rechtlich werde ein Arbeitsverhältnis auch gegenüber den anderen Mitunternehmern begründet, so daß der Arbeitslohn am Verhältnis der Beteiligung der anderen Mitunternehmer abgezogen werden müsse; mindestens in den Fällen, in denen der beteiligte Ehegatte in der Personengesellschaft keine beherrschende Stellung habe, sondern z. B. nur kapitalbeteiligter Kommanditist sei (vgl. Littmann, Einkommensteuerrecht, Anm. 520 zu §§ 4, 5 EStG).
Gegen die steuerliche Anerkennung eines Arbeitsverhältnisses eines Ehegatten mit der Personengesellschaft, an der der andere Ehegatte als Mitunternehmer beteiligt ist, können nicht ohne weiteres die gleichen Bedenken erhoben werden wie gegen die Anerkennung von Arbeitsverhältnissen zwischen Ehegatten. Die gewöhnlich widerstreitenden Interessen der Gesellschafter einer Personengesellschaft setzen Mißbräuchen eine Grenze und bieten eine gewisse Sicherheit, daß die Arbeitsverträge wirtschaftlich ernsthaft geschlossen und durchgeführt werden.
Trotzdem verbleibt der Senat auch in dieser Frage bei der bisherigen Rechtsprechung. Die Personengesellschaft wird einkommensteuerlich - abweichend vom bürgerlichen Recht und Handelsrecht - nicht als selbständiges Rechtsgebilde, sondern als die Summe der Betriebe der Mitunternehmer angesehen (ß 15 Ziff. 2 EStG). Arbeitet ein Mitunternehmer in seiner Gesellschaft mit und steht ihm nach dem Gesellschaftsvertrag dafür ein "Gehalt" zu, so ist dieses Gehalt steuerlich Bestandteil des Gewinns, den er aus dem Mitunternehmen erzielt, und zwar, wie sich aus § 15 Ziff. 2 EStG ergibt, in voller Höhe. Es kann nicht etwa in der Weise aufgeteilt werden, daß es entsprechend dem Verhältnis der Beteiligung der anderen Gesellschafter als Arbeitslohn berücksichtigt wird. Betrachtet man aber, wie oben ausgeführt, zusammen lebende Ehegatten hinsichtlich des Arbeitsverhältnisses als Einheit, so kann auch das Gehalt des Ehegatten, der nicht selbst beteiligt ist, nicht nach Massgabe des Beteiligungsverhältnisses aufgeteilt werden. Das Gehalt des nicht beteiligten mitarbeitenden Ehegatten muß steuerlich ebenso behandelt werden, wie das "Gehalt" des Beteiligten Ehegatten selbst. Bei der Behandlung, die die Personengesellschaft im Einkommensteuerrecht erfährt, können auch hier Form und Umfang der Beteiligung des anderen Ehegatten keine Rolle spielen. Vgl. dazu Brönner, "Die Besteuerung der Gesellschaften", 8. Aufl., S. 144 ff. Im übrigen ließen sich kaum einigermaßen sichere Grenzen ziehen. Schon das Urteil des Reichsfinanzhofs VI 176/42 vom 17. Juni 1942 (RStBl 1942 S. 932) hat unter Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung darauf hingewiesen, daß es kaum möglich sei zu bestimmen, wann eine Beteiligung bei einer Personengesellschaft "wesentlich" sei. Wollte man ein Arbeitsverhältnis des mitarbeitenden Ehegatten zu der Personengesellschaft anerkennen, so müßte man insoweit wohl auch die Personengesellschaft als "fremden Betrieb" im Sinne des § 43 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) ansehen. Der Arbeitslohn der Ehefrau müßte also aus der Zusammenveranlagung nach § 16 EStG ausscheiden. Das widerspräche aber nicht nur der bisherigen Rechtsanwendung (vgl. z. B. Abschn. 139 Abs. 1 der Einkommensteuer-Richtlinien - EStR - 1953), sondern würde auch zu steuerlicher Ungleichmäßigkeit führen. Denn § 43 EStDV könnte nur angewendet werden, wenn die Ehefrau in der Personengesellschaft mitarbeitete, an der der Ehemann beteiligt ist, nicht aber umgekehrt, wenn der Ehemann in der Personengesellschaft mitarbeitete, an der die Ehefrau beteiligt ist (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs IV 394/52 U vom 10. April 1953, BStBl 1956 III S. 299). Für eine solche verschiedene Behandlung gibt es keinen überzeugenden inneren Grund.
Der Senat verbleibt demnach bei der Rechtsprechung, daß ein Arbeitsvertrag eines Ehegatten zu der Personengesellschaft, an der der andere Ehegatte als Mitunternehmer beteiligt ist, steuerlich nicht berücksichtigt wird. Das Gehalt des mitarbeitenden Ehegatten ist gemäß § 15 Ziff. 2 EStG grundsätzlich dem Gewinnanteil des beteiligten Ehegatten zuzurechnen.
Zu c): Die Einheit der Ehegatten wird grundsätzlich durch die Eheschließung begründet und entfällt, wenn die Ehe aufgelöst wird oder die Ehegatten dauernd getrennt leben (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs IV 537/52 U vom 2. Juli 1953, Slg. Bd. 57 S. 673, BStBl 1953 III S. 256). Der Senat hat in der Entscheidung I 216/55 U vom 14. Februar 1956 (BStBl 1956 III S. 233) angedeutet, daß die Viermonatsfrist des § 26 EStG für die Frage der Ehegatteneinheit an sich keine Bedeutung habe. Die Viermonatsfrist des § 26 EStG ist zweifellos in erster Linie im Zusammenhang mit der Tarifvorschrift des § 32 EStG zu sehen; beide Vorschriften entsprechen einander (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs IV 443/53 U vom 10. Juni 1954, Slg. Bd. 59 S. 231, BStBl 1954 III S. 299). Nach erneuter Prüfung ist der Senat aber der Auffassung, daß es dem Sinn des EStG und den praktischen Bedürfnissen besser entspricht, die Voraussetzungen der Zusammenveranlagung nach § 26 EStG, die tarifmäßige Behandlung und die Annahme einer Ehegatteneinheit bei Arbeitsverhältnissen aufeinander abzustimmen und die Ehegatten nur dann als Einheit zu behandeln, wenn sie nach § 26 EStG zusammen veranlagt und tarifmäßig als Ehegatten behandelt werden. Eine andere Behandlung würde zu Schwierigkeiten in der Besteuerung führen, wie gerade der vorliegende Fall zeigt. Das Finanzamt ist in der Weise vorgegangen, daß es das Gehalt des Ehemanns für die Zeit von der Eheschließung bis zum Ende des Kalenderjahres dem Gewinnanteil der Ehefrau zugerechnet hat. Beim Ehemann hat es für den gleichen Zeitraum kein Einkommen angesetzt, obgleich er durch die Mitarbeit im Unternehmen zweifellos Einkommen erwirtschaftet hat. Die Verlagerung des vom Ehemann erzielten Einkommens auf die getrennt veranlagte Ehefrau führt infolge der Tarifprogression zu einer empfindlichen Benachteiligung der Ehegatten, da die Ehefrau ein viel höheres Einkommen gehabt hat als der Ehemann. Man könnte daran denken, von dem Gewinn, der in der OHG seit der Eheschließung erzielt worden ist, einen geschätzten Teil dem Ehemann zuzurechnen und ihn damit getrennt zu veranlagen. Dann müßte man aber den Ehemann als Mitunternehmer des Betriebs behandeln, obgleich er tatsächlich nicht beteiligt ist. In den Jahren, in denen die Ehegatten nach § 26 EStG zusammen veranlagt werden, treten solche Schwierigkeiten nicht auf. Es erscheint dem Senat deshalb im Sinne des Gesetzes zu liegen, in Fällen der vorliegenden Art Arbeitsverhältnisse zwischen Ehegatten vom Zeitpunkt der Eheschließung bis zum Ende des Kalenderjahres grundsätzlich zu berücksichtigen. Voraussetzung ist, daß ein ernsthafter Arbeitsvertrag zwischen den Ehegatten besteht und durchgeführt wird (vgl. dazu Urteil des Bundesfinanzhofs I 193/55 U vom 6. Dezember 1955, Slg. Bd. 62 S. 43, BStBl 1956 III S. 17).
Das Finanzgericht hat festgestellt, daß das ernsthafte Arbeitsverhältnis zwischen dem Ehemann und der OHG, das vorher bestand, auch nach der Eheschließung fortgeführt worden ist. Es hat demnach für das Streitjahr die Bezüge des Ehemanns mit Recht als Arbeitslohn vom Gewinn der Bgin. abgesetzt.
Fundstellen
Haufe-Index 408573 |
BStBl III 1957, 2 |
BFHE 1957, 3 |
BFHE 64, 3 |