Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an den Erwerb eines mittelbaren Besitzes an Mineralöl beim Streckengeschäft
Leitsatz (NV)
1. Zum Erfordernis hinreichender, widerspruchsfreier, lückenloser und klarer tatsächlicher Angaben im Urteil des FG.
2. Zur Frage der Begründung eines mittelbaren Besitzes beim Empfang von Mineralöl.
Normenkette
FGO § 118; MinöStDV § 23 Abs. 2 S. 1; BGB § 868
Tatbestand
Der Beklagte und Revisionskläger (das Hauptzollamt - HZA -) nahm die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) - eine Raffinerie - auf Zahlung von Mineralölsteuer in Höhe von insgesamt . . . DM in Anspruch mit der Begründung, sie habe in der Zeit vom 20. Februar bis 19. März 1976 insgesamt . . . kg Heizöl im Streckengeschäft über A, B und C an D geliefert, der nicht im Besitz eines gültigen Erlaubnisscheines gewesen sei. D habe das Heizöl in sein Lager aufgenommen und von dort als Dieselkraftstoff weitergegeben. Der Einspruch blieb, nachdem von der festgesetzten Mineralölsteuer ein Teilbetrag aus Billigkeitsgründen erlassen worden war, ohne Erfolg. In der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht (FG) erklärte der Vertreter des HZA, daß der Steuerbescheid hinsichtlich einer Menge von . . . Liter zurückgenommen werde.
Die Klage mit dem Antrag, den Steuerbescheid aufzuheben, soweit darin für . . . kg leichtes Heizöl . . . DM Mineralölsteuer angefordert worden sei, hatte Erfolg. Das FG hob den Steuerbescheid in der Gestalt der Einspruchsentscheidung auf. In den Gründen seiner Entscheidung führte das FG folgendes aus:
Die Klägerin wende sich gegen die Erhebung der Mineralölsteuer in Höhe von . . . DM. Die mit der Abgabe aus dem Herstellungsbetrieb entstandene bedingte Steuerschuld sei auf einen Erlaubnisscheinnehmer übergegangen, wobei offenbleiben könne, auf wen sie übergegangen sei. Gegenstand des Rechtsstreits sei nur die Frage, ob die Klägerin die Mineralölsteuer schulde.
Die Steuerschuld sei wahrscheinlich auf B übergegangen. Bei einer Gesamtbetrachtungsweise sei D als Spediteur dieser Firma tätig geworden und aufgetreten. Möge D auch im Zusammenspiel mit E, dem Disponenten des B, und G, dem Disponenten des C, oder in eigenen Geschäften selbständig gehandelt haben, so sei es doch unerläßlich gewesen, daß er jedenfalls für eine logische Sekunde bei den Geschäften mit der Klägerin als Spediteur für und im Auftrag des B gehandelt habe, bei dem als Empfänger das Streckengeschäft geendet habe. Wenn die Klägerin ausführe, A als ihr Dauerkunde habe täglich telefonisch Freistellungen - von Mineralölmengen zur Auslieferung - veranlaßt, so daß dann schon die Lieferscheine mit den kunden- und warenbezogenen Daten hätten vorbereitet werden können, so finde dieses Geschäft seine Fortsetzung in der Bekundung des HZA, B habe bei A bestellt und den Spediteur D mit der Abholung - bei der Klägerin - beauftragt. D habe sich dort nur auf die Freistellung für B zu berufen brauchen. Dem entsprächen auch die bei den Ermittlungsakten vorhandenen Lieferscheine der Klägerin, die A als Rechnungsempfängerin und D als den für B abholenden Spediteur bezeichneten. Eine Weitergabe des Mineralöls an C oder an D habe dann nicht stattgefunden. D könne bei der Klägerin nur von B oder dessen Bevollmächtigten (Disponenten) E als Spediteur benannt worden sein. Er habe dann notwendigerweise entsprechend auftreten und die vorbereiteten Lieferscheine auch in diesem Sinne abzeichnen oder von seinen Fahrern abzeichnen lassen müssen. Damit habe D das Mineralöl bei der Klägerin - jedenfalls zunächst - als Besitzmittler für B in Empfang genommen, so daß die Steuerschuld - auf B - übergegangen sei.
Auch dann, wenn man von der Behauptung des HZA ausgehe, B habe auf der Strecke weiter an C verkauft, wofür wenig spreche, wäre C und nicht D Empfänger i.S. des § 22 Abs. 2 der Verordnung zur Durchführung des Mineralölsteuergesetzes (MinöStDV) gewesen. Denn die Veräußerung des Heizöls von C, vertreten durch seinen Disponenten G, an D zusammen mit der Rückübertragung sei als Scheingeschäft i.S. der §§ 5 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG), 5 des Güterkraftverkehrsgesetzes (GüKG), 117 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) unbeachtlich. Diese rechtliche Konstruktion habe nur dazu dienen sollen, über das Fehlen der Fernverkehrslizenz für D hinwegzuhelfen und diesem Fahrten im Werkfernverkehr zu ermöglichen. Da die Veräußerung und Rückveräußerung des Mineralöls zwischen C und D als Scheinhandlung rechtlich unwirksam sei, sei damit auch ein Auftreten als Eigenhändler beim Abholen des Mineralöls bei der Klägerin unwirksam. An dessen Stelle trete das - verdeckte - Speditionsverhältnis. Dem stehe nicht entgegen, daß die Eigenhändlerkonstruktion von D und G - dem Disponenten des C - ausdrücklich gewollt gewesen sei.
Das entspreche auch den tatsächlichen Verhältnissen, wie sie von D und G praktiziert worden seien. Aus den beigezogenen Straf- und Ermittlungsakten sei zu entnehmen, daß alle Äußerungen des D davon ausgingen, er habe für C nur Speditionsgeschäfte durchgeführt, Heizöl im Auftrag des C abgeholt und in dessen Auftrag transportiert. Die Beweisaufnahme habe ergeben, daß D beim Abholen des Mineralöls in der Regel Beauftragter des C gewesen sei. Zwar habe D eine gewisse Dispositionsfreiheit über den Wageneinsatz und die Reihenfolge der zu beliefernden Kunden gehabt. Es sei ihm auch möglich gewesen, zwischendurch eigene Geschäfte abzuwickeln oder Kunden des C zunächst aus seinem eigenen Lager zu versorgen. Entscheidend sei aber, daß bei Mineralöl als einem standardisierten Massenprodukt keine Feststellung der Nämlichkeit möglich sei. Bereits bei der Aufnahme in den Tankwagen, in dem noch Restmengen enthalten seien, finde eine Vermischung und Vermengung statt, die dazu führe, daß Individualrechte aufgegeben würden und nur noch Anteile bestünden. Indem G - als Disponent des C - den D an die jeweils bezeichneten Abholstellen geschickt habe, habe er ihn wirksam für den berechtigten Erlaubnisscheinnehmer C beauftragt.
Das HZA legte mit folgender Begründung Revision ein:
Streitig sei, ob mit der Übergabe der Mineralölmengen an D - durch die Klägerin - auch der Besitz auf diesen übertragen worden und damit die Steuerschuld in der Person der Klägerin unbedingt geworden sei oder ob D den Besitz einem Erlaubnisscheininhaber vermittelt habe, auf den dann auch die bedingte Steuerschuld übergegangen wäre. Es seien also die näheren Umstände der Besitzübertragung, vor allem, an wen der Besitz mit der Aushändigung des Mineralöls durch die Klägerin übergegangen sei, aufzuklären gewesen. Insoweit fehle dem Urteil des FG ein eindeutig festgestellter Sachverhalt. Für die Frage der Besitzübertragung seien die schuldrechtlichen Beziehungen innerhalb der Händlerkette ohne Belang. Das FG habe nicht festgestellt, daß zwischen dem D, der das Mineralöl in Empfang genommen habe, und B ein konkretes Besitzermittlungsverhältnis bestanden habe, kraft dessen D dem B gegenüber nur auf Zeit zum Besitz berechtigt gewesen wäre und B gegen D einen Herausgabeanspruch erlangt hätte. Allein durch das Auftreten des D - bei der Klägerin - sei kein Besitzermittlungsverhältnis begründet worden. Die Feststellungen des FG im Zusammenhang mit der Alternative, nach der C als Besitzerwerber in Betracht komme, machten deutlich, daß die Voraussetzungen eines mittelbaren Besitzes seitens des B nicht vorgelegen hätten.
Bei dieser Alternative habe das FG den fehlenden Willen zur Begründung eines Besitzmittlungsverhältnisses durch ein Besitzmittlungsverhältnis ersetzt, das nach den Kriterien über Scheinhandlungen kraft Gesetzes entstanden sein solle. Dadurch werde aber kein Ersatz für einen fehlenden Besitzwillen geschaffen. Außerdem fehle es an einem Anspruch auf Herausgabe der abgeholten Mineralölmengen.
Das HZA hat die Revision auf einen Betrag von . . . DM beschränkt. Es beantragt, das Urteil des FG, soweit Revision eingelegt worden ist, aufzuheben und die Klage insoweit abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen. Sie führt aus:
Das angefochtene Urteil beruhe auf den Tatsachenfeststellungen und der Sachverhaltswürdigung des FG, wonach sich die streitbefangenen Streckengeschäfte über A erstreckten und bei B endeten. D habe dabei als von B beauftragter Spediteur gehandelt und das Heizöl in Besitz genommen. Lediglich hilfsweise habe das FG die Behauptung des HZA geprüft, ob sich dieselben Streckengeschäfte weiter über C erstreckt und bei D geendet hätten, mit dem Ergebnis, daß D in diesen Fällen als der das Heizöl für C in Besitz nehmende Spediteur anzusehen sei.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung, soweit diese angefochten worden ist, und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.
1. Der Senat geht unter Beachtung der Entscheidungsgründe und insbesondere des darin enthaltenen Hinweises, die Klägerin wende sich gegen die Erhebung der Mineralölsteuer in Höhe von . . . DM, davon aus, daß die Entscheidung des FG über die Aufhebung des Steuerbescheids und der Einspruchsentscheidung nur die Festsetzung der Mineralölsteuer durch den angefochtenen Steuerbescheid in Höhe von . . . DM betrifft. Bei dieser Betrachtungsweise braucht der Senat nicht zu entscheiden, welche Folgerungen sich ergäben, wenn das FG trotz der Beschränkung des Klageantrags auf den in diesem Antrag genannten Teilbetrag der Steuerforderung den Steuerbescheid hinsichtlich der gesamten Steuerfestsetzung aufgehoben hätte.
2. Das FG ist nicht ohne Rechtsfehler zu dem Ergebnis gelangt, die bedingte Steuerschuld für das streitbefangene Mineralöl (Heizöl) sei von der Klägerin auf einen Erlaubnisscheinnehmer (B oder C) übergegangen und nicht bei der Klägerin unbedingt geworden.
Nach den Feststellungen des FG ist der unmittelbare Besitz an den streitbefangenen Mineralölmengen von der Klägerin auf D übergegangen, indem dieser das Mineralöl mit seinen Fahrzeugen selbst abgeholt hat oder durch seine Fahrer hat abholen lassen. Bei dieser Sachlage kann die bedingte Steuerschuld für die Mineralölmengen nur dann nach § 23 Abs. 2 Satz 1 MinöStDV auf einen der vom FG bezeichneten Erlaubnisscheininhaberinnen (B oder C) übergegangen sein, wenn beim Erwerb des Besitzes durch D ein entsprechendes Besitzmittlungsverhältnis bestanden und D das Mineralöl im Rahmen dieses Besitzmittlungsverhältnisses in Empfang genommen hat. Nach den Ausführungen des FG soll durch die Abgabe des Mineralöls von der Klägerin an D entweder die B oder die C mittelbaren Besitz an dem Mineralöl erlangt haben. Der Erwerb eines mittelbaren Besitzes durch beide Erlaubnisscheininhaber (B und C) kommt nach den Ausführungen des FG nicht in Betracht, so daß nicht geprüft zu werden braucht, von welchen rechtlichen Voraussetzungen das abhängig wäre. Die Entscheidung des FG, mittelbaren Besitz an dem Mineralöl habe entweder B oder C erlangt, ist schon deshalb rechtsfehlerhaft, weil es, um sie nachvollziehen zu können, an geeigneten, insbesondere an eindeutigen und endgültigen tatsächlichen Feststellungen des FG fehlt.
a) Die Entscheidung eines FG muß die Tatsachen enthalten, die erforderlich sind, um beurteilen zu können, ob eine entscheidungserhebliche Rechtsnorm rechtsfehlerfrei angewandt worden ist. Denn es ist Aufgabe des Revisionsgerichts, die Anwendung des Rechts auf den Einzelfall nachzuprüfen (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 30. Januar 1979 VI ZR 154/78, BGHZ 73, 248), und zwar dahin, ob die Rechtsanwendung auf diesen Sachverhalt fehlerfrei erfolgt ist. Fehlen die dazu erforderlichen tatsächlichen Angaben oder sind sie widersprüchlich, lückenhaft oder unklar, so ist die Nachprüfung unmöglich (vgl. Urteil des BGH vom 13. Februar 1981 I ZR 67/79, BGHZ 80, 64, 67) mit der Folge, daß das angefochtene Urteil aufgehoben werden muß (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 28. Januar 1987 I R 85/80, BFHE 150, 120, 124, BStBl II 1987, 616; BGHZ 73, 248). Ob die tatsächlichen Angaben mangelhaft sind, ist aufgrund der Voraussetzungen zu prüfen, von denen die fehlerfreie Anwendung einer Rechtsnorm abhängig ist. Fehlt es an den dazu erforderlichen tatsächlichen Angaben, so liegt darin ein materiell-rechtlicher Fehler, der bei der Entscheidung über die Revision auch dann zu beachten ist, wenn er nicht ausdrücklich gerügt worden ist (vgl. Urteil des Senats vom 22. Januar 1985 VII R 112/81, BFHE 143, 203, 208, BStBl II 1985, 562).
b) Zur Begründung eines mittelbaren Besitzes ist erforderlich, daß der unmittelbare Besitzer seinen Besitz in Anerkennung eines Herausgabeanspruchs des mittelbaren Besitzers ausübt. Dieser Besitzmittlungswille ist ein natürlicher und kein rechtsgeschäftlicher Wille und muß objektiv erkennbar sein (vgl. dazu Joost in Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 2. Aufl., § 868 Rdnr. 17). Ist der Wille, für einen anderen zu besitzen, - aufgrund der Umstände des Einzelfalles - nicht feststellbar, kann der andere keinen mittelbaren Besitz erlangt haben (vgl. Urteil des BGH vom 21. April 1978 I ZR 135/76, Der Betrieb - DB - 1978, 1928). Allerdings genügt es, daß der Erwerber des mittelbaren Besitzes den Besitzmittlungswillen erkennen kann (vgl. Urteil des BGH vom 18. November 1963 VIII ZR 198/62, Neue Juristische Wochenschrift - NJW - 1964, 398).
aa) Die Vorentscheidung enthält keine eindeutigen und endgültigen Feststellungen, denen entnommen werden kann, daß D beim Erwerb des Besitzes an den jeweiligen Mineralölmengen einen Besitzmittlungswillen im vorgenannten Sinne hatte und daß zumindest der Erwerber des mittelbaren Besitzes (B oder C) diesen Willen auch erkennen konnte.
Das FG hat zwar ausgeführt, D habe das Mineralöl bei der Klägerin jedenfalls zunächst als Besitzmittler des B in Empfang genommen. Ein entgegenstehender Wille sei äußerlich nicht in Erscheinung getreten. Im Anschluß daran hat das FG aber zunächst zum Ausdruck gebracht, es bestehe auch die Möglichkeit, daß D das Mineralöl als Besitzmittler des C in Empfang genommen habe, und sodann sogar ausgeführt, es - das FG - sei zu der Überzeugung gelangt, daß D beim Abholen des Mineralöls Beauftragter des C gewesen sei. Diesen Ausführungen muß entnommen werden, daß nicht geklärt worden ist, wie der tatsächliche Wille des D zum Besitz beschaffen war und daß danach auch ein Wille des D, den Besitz für sich zu erwerben, nicht ausgeschlossen werden kann.
Die in den Ausführungen enthaltenen Feststellungen vermögen schon die Entscheidung des FG nicht zu stützen, nach der entweder B oder C Besitz an dem von D bei der Klägerin abgeholten Mineralöl erlangt haben soll. Denn den Ausführungen muß entnommen werden, daß das FG sowohl zu der Überzeugung gelangt ist, D habe das Mineralöl als Besitzmittler des B in Empfang genommen, als auch zu der, er habe den Besitz an dem Mineralöl - vom Erwerb des unmittelbaren Besitzes an - dem C vermitteln wollen. Diese Feststellungen sind mit Rücksicht darauf, daß nach der Annahme des FG nur B oder C an dem Mineralöl unmittelbaren Besitz erlangt haben soll, miteinander nicht vereinbar. Die Unvereinbarkeit wird auch nicht dadurch beseitigt, daß das FG dargelegt hat, es sei ,,unerläßlich" gewesen, daß D ,,jedenfalls für eine logische Sekunde" bei der Klägerin als Spediteur und Beauftragter des B gehandelt habe. Abgesehen davon, daß aus der Unerläßlichkeit eines solchen Auftretens nicht ohne weiteres geschlossen werden kann, das Erfordernis sei auch erfüllt worden, spricht schon die Annahme der Möglichkeit durch das FG, D habe das Mineralöl als Besitzmittler des C in Empfang genommen, gegen die Unerläßlichkeit.
Schon bei dieser Art der Widersprüchlichkeit erscheint es auch fraglich, weshalb nur ein Besitzerwerb des D für B oder für C und nicht auch ein Besitzerwerb für sich selbst in Betracht kommen soll. Die Möglichkeit des Willens zum Besitzerwerb für sich selbst kann nicht schon dadurch ausgeschlossen werden, daß das FG die Erkennbarkeit eines Willens des D, der dem Besitzerwerb für B entgegenstehen könnte, verneint hat. Denn diese Feststellung ist - wie dargelegt - nicht mit der weiteren Feststellung vereinbar, D habe das Mineralöl als Besitzmittler des C in Empfang genommen. Darüber hinaus enthalten die Ausführungen, mit denen das FG den Besitzerwerb des D für C begründet hat, gewichtige Anhaltspunkte, die für das Fehlen eines Besitzmittlungswillens und - damit verbunden - für einen Willen des D sprechen, mit der Übergabe des Mineralöls Besitz für sich selbst zu erwerben. Dafür spricht vor allem die nach den Ausführungen des FG von D (und G) ausdrücklich gewollte ,,Eigenhändlerkonstruktion", die offenbar darauf gerichtet war, den D in die Lage zu versetzen, wie ein Eigenhändler über das Mineralöl verfügen zu können. Es liegt nahe, daraus den Willen des D zu entnehmen, das Mineralöl vom Empfang an für sich und nicht für einen anderen zu besitzen.
bb) Da sowohl der Wille zum Besitz für sich selbst als auch der Besitzmittlungswille ein natürlicher und nicht ein rechtsgeschäftlicher Wille ist, wird sowohl der eine als auch der andere nicht schon dadurch beeinflußt (beseitigt oder begründet), daß das Vertragsverhältnis zwischen D und C, wie das FG meint, als Scheingeschäft nach § 117 Abs. 1 BGB nichtig ist.
Ein der Besitzmittlung entgegenstehender Wille kann auch nicht ohne weiteres mit der Begründung als unbeachtlich angesehen werden, wegen der Nichtigkeit des Vertragsverhältnisses zwischen D und C sei ein gesetzliches Rechtsverhältnis entstanden, das ohne Rücksicht auf den tatsächlichen Willen des D einen mittelbaren Besitz des C an dem Mineralöl bewirkt habe. Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob gesetzliche Rechtsverhältnisse - wie das FG dargelegt hat - stets zu dieser Rechtsfolge führen. Denn die Nichtigkeit eines rechtsgeschäftlichen Verhältnisses zwischen D und C allein vermag nicht ein gesetzliches Rechtsverhältnis zu begründen. Auch wenn die Nichtigkeit zur Folge hat, daß ein verdecktes Rechtsverhältnis Wirkungen entfaltet (§ 117 Abs. 2 BGB), ist es zumindest nicht erforderlich, daß dieses Rechtsverhältnis ein gesetzliches ist. § 117 Abs. 2 BGB regelt sogar nur die Rechtsfolge für die Fälle, in denen durch das Scheingeschäft ein Rechtsgeschäft und damit ein vom Willen der Beteiligten abhängiges Rechtsverhältnis verdeckt worden ist. Danach kann ein verdecktes Rechtsverhältnis nur Wirkungen entfalten, wenn es tatsächlich gewollt war. Für das Vorliegen eines gesetzlichen Rechtsverhältnisses zwischen D und C sind keine Anhaltspunkte vorhanden. Bei dieser Sach- und Rechtslage erscheint es auch dann bedeutsam, wie der tatsächliche Wille des D zum Besitz beschaffen war, wenn das Vertragsverhältnis zwischen D und C als Scheingeschäft und damit als nichtig anzusehen ist.
c) Soweit das FG seine Entscheidung darauf stützt, die bedingte Steuerschuld sei - ,,wahrscheinlich" - auf B übergegangen, ist der Erwerb des mittelbaren Besitzes an dem Mineralöl durch B aufgrund der Feststellungen des FG auch deshalb nicht nachvollziehbar, weil diese nicht ausreichen, um daraus entnehmen zu können, daß zwischen D und B das für die Begründung eines mittelbaren Besitzes unabdingbare Merkmal des Herausgabeanspruchs des B gegen D vorliegt (vgl. Urteil des BGH vom 11. Juni 1953 IV ZR 181/52, BGHZ 10, 81, 87; Werner in Ermann, Handkommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 7. Aufl., § 868 Rdnr. 8; Joost, a.a.O., Rdnr. 11, 16). Insoweit ist zwar nicht erforderlich, daß die Herausgabe an B als mittelbaren Besitzer zu erfolgen hatte (vgl. Bassenge in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 47. Aufl., § 868 Anm. 2a, cc), wohl aber, daß ein bestimmtes Lebensverhältnis zwischen B und dem D bestanden hat, dessen Folge der Herausgabeanspruch war. Der bloße Wille des D, für B zu besitzen, reicht dafür, selbst wenn er vorgelegen haben sollte, nicht aus (Werner, a.a.O., Rdnr. 4).
Aufgrund der Feststellungen des FG kann nicht beurteilt werden, ob zwischen B und dem D ein Anspruch auf Herausgabe der streitbefangenen Mineralölmengen vereinbart worden ist. Das FG hat eine solche Vereinbarung nicht ausdrücklich festgestellt. Es hat lediglich dargelegt, daß ein Handeln des D beim Empfang des Mineralöls für B unerläßlich gewesen sei. Diese Ausführungen ermöglichen aber nicht ohne weiteres die Schlußfolgerung, daß B einen Herausgabeanspruch auch tatsächlich erlangt hat. Wenn D aber von Anfang an B gegenüber auf Dauer zum Besitz des Mineralöls befugt gewesen sein sollte, so reicht es für die Begründung eines Besitzmittlungsverhältnisses auch nicht, zumindest nicht ohne weiteres, aus, daß D das Mineralöl für B in Empfang genommen hat.
Darüber hinaus kann den Feststellungen des FG nicht entnommen werden, daß D das Mineralöl tatsächlich als Spediteur des B in Empfang genommen hat. Nach den Ausführungen des FG ist zumindest nicht auszuschließen, daß B - durch seinen Disponenten E - und auch D, um die Freistellung des Mineralöls zu erreichen, bei der Klägerin nur den Eindruck erweckt haben, D nehme das Mineralöl als Spediteur für B in Empfang. Denn in den Ausführungen des FG kommt zum Ausdruck, daß das Auftreten des D als Spediteur des B nur dazu dienen sollte, die Abgabe des freigestellten Mineralöls von der Klägerin an D zu erreichen. Dazu reichte es grundsätzlich aus, bei B lediglich den Eindruck zu erwecken, D nehme das Mineralöl als Spediteur des B in Empfang. Auch in diesem Zusammenhang sind die Ausführungen des FG zu berücksichtigen, nach denen nicht auszuschließen ist, daß D im Zusammenwirken mit E eine möglichst weitgehende Eigenständigkeit erlangt hat. Trifft das zu, so muß auch mit der Möglichkeit gerechnet werden, daß E der Klägerin die Eigenschaft des D als Spediteur des B nur vorgespiegelt und auch D bei B nur den Anschein erweckt hat, er sei Spediteur des B.
d) Auch die Darlegungen des FG, nach denen die bedingte Steuerschuld möglicherweise auf C übergegangen sein soll, reichen nicht aus, um beurteilen zu können, ob C gegenüber D einen Anspruch auf Herausgabe der jeweils von diesem in Empfang genommenen Mineralölmengen erlangt hat. Derartige Angaben wären aber schon deshalb erforderlich gewesen, weil nach den Ausführungen des FG nicht ausgeschlossen werden kann, daß D befugt war, über die in Besitz genommenen Mineralölmengen nach eigenem Belieben zu verfügen, und daß er lediglich verpflichtet war, die von G angegebenen Empfänger aus den ihm zur Verfügung stehenden Mineralölbeständen zu beliefern. Die Erfüllung dieser Pflicht war nicht notwendig von der Begründung eines Anspruchs auf Herausgabe einer bestimmten und konkretisierten Mineralölmenge abhängig. Sie konnte auch dadurch erfüllt werden, daß die Lieferungen aus den Beständen des D erfolgten.
3. Der Beurteilung des FG, C habe mittelbaren Besitz an dem Mineralöl erlangt, liegt außerdem die Auffassung zugrunde, Gegenstand des Besitzmittlungsverhältnisses könne auch eine lediglich anteilmäßig bezeichnete Menge sein. Das FG führt insoweit aus, beim Mineralöl als standardisiertem Massenprodukt sei eine Feststellung der Nämlichkeit nicht möglich. Das Vermischen - der von der Klägerin bezogenen Mineralölmengen - mit Restmengen im Tankwagen habe dazu geführt, daß Individualrechte aufgegeben worden seien und nur noch Anteile bestanden hätten. Lediglich anteilmäßig bezeichnete Mengen können aber nicht Gegenstand eines Besitzmittlungsverhältnisses sein (vgl. Werner, a.a.O., Rdnr. 5; Joost, a.a.O., Rdnr. 14).
4. Da die Vorentscheidung schon auf Grund der vorstehenden Ausführungen keinen Bestand haben kann, braucht nicht entschieden zu werden, ob sie den Mindestanforderungen entspricht, die an den Inhalt eines Urteils gestellt werden müssen. Dazu gehört eine hinreichende Darstellung des Tatbestands (§ 105 Abs. 2 Nr. 4 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) in der Weise, daß der Streitstoff knapp, klar, vollständig, in sich abgeschlossen und in logischer Folge mit dem Ziel dargestellt wird, den Sachverhalt gewissenhaft und in gedanklicher Ordnung zu erfassen (vgl. Urteil des BFH vom 21. Januar 1981 I R 153/77, BFHE 133, 33, 34 f., BStBl II 1981, 517).
Da die Feststellungen des FG nicht ausreichen, um über die Rechtmäßigkeit des Steuerbescheids, soweit er angefochten ist, entscheiden zu können, ist die Sache an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).
Um entscheiden zu können, ob die bedingte Steuerschuld für die streitbefangenen Mineralölmengen in Höhe der noch streitigen Mineralölsteuer bei der Klägerin unbedingt geworden ist oder ob sie auf B oder auf C übergegangen ist, wird das FG unter Beachtung der Ausführungen unter 2. bis 4. weitere Feststellungen insbesondere zu den Fragen zu treffen haben, ob zwischen D und B oder C ein Besitzmittlungsverhältnis bestanden hat und ob D die Mineralölmengen im Rahmen eines solchen Besitzmittlungsverhältnisses mit einem entsprechenden Besitzmittlungswillen in Empfang genommen hat.
Das FG wird außerdem zu prüfen haben, ob B und C beizuladen sind.
Fundstellen
Haufe-Index 416073 |
BFH/NV 1989, 464 |