Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage des Zeitpunktes des Zuflusses, wenn auf Grund einer Vereinbarung zwischen Käufer, Verkäufer und einem Finanzierungsinstitut ein vom Käufer zur Finanzierung des Kaufgeschäftes bei dem Finanzierungsinstitut beantragtes Darlehen an den Verkäufer ausgezahlt, dabei aber auf Grund eines Vertrages zwischen Verkäufer und dem Finanzierungsinstitut von diesem ein Teil des Darlehnsbetrages zunächst auf einem Sperrkonto sichergestellt wird.
Normenkette
UStG § 5; UStDB § 10
Tatbestand
Die Steuerpflichtige (Stpfl.) betreibt den Möbeleinzelhandel. Wenn ein Interessent den Wunsch hat, Möbel auf Abzahlung zu kaufen, so füllt er bei der Stpfl. einen "Kauf- und Darlehnsantrag" aus, demzufolge er bestätigt, von einer Sparkasse, mit der die Stpfl. für derartige Fälle ein für allemal im Jahre 1952 einen Vertrag geschlossen hat, ein Darlehen in Höhe des Kaufpreises der Möbel abzüglich einer Anzahlung von 10 v. H., jedoch zuzüglich der Finanzierungs- und Versicherungskosten, in Form einer Auszahlung an die Stpfl. erhalten zu haben. Die Stpfl. unterschreibt den Kauf- und Darlehnsantrag ebenfalls mit der Erklärung: "Die Verpflichtungen für diesen Käufer gemäß dem zur Sammelakte eingereichten Vertrag übernehmen wir."
Der Vertrag, den die Stpfl. mit der Sparkasse wegen der Abzahlungsgeschäfte geschlossen hat, trifft in Ziff. 3 u. a. die folgende Bestimmung: "Die Sparkasse überweist dem Händler den Darlehnsbetrag gegen Lieferquittung abzüglich eines Unkostenbetrages von 3 % des Darlehnsbetrages, der der Sparkasse zufließt, und abzüglich 10 % der Kaufsumme, die bis zur Rückzahlung des Darlehens von der Sparkasse verzinslich auf einem Sperrkonto sichergestellt werden." Kommt ein Möbelkäufer seiner Verpflichtung, das Darlehen in Teilbeträgen an die Sparkasse zurückzuzahlen, nicht nach, so nimmt die Sparkasse eine Rückbuchung vor; sie mahnt also den Darlehnsnehmer nicht längere Zeit, sondern bucht den ihr von dem säumigen Schuldner noch geschuldeten Restdarlehnsbetrag in einer Summe von dem Sperrkonto zu ihren Gunsten wieder ab. Da der größte Teil der geschlossenen Darlehnsverträge planmäßig abgewickelt wird, befinden sich auf dem Sperrkonto immer so ausreichend hohe Beträge, daß für solche Rückbuchungen genügend Deckung vorhanden ist. Nach dieser Rückbuchung ist es dann Sache der Stpfl., die von dem Kunden noch geschuldete Restsumme beizutreiben.
Streit besteht über den Zeitpunkt der Vereinnahmung der 10 v. H., die zunächst auf das Sperrkonto gelangen. Die Stpfl. hat sie erst nach Freigabe durch die Sparkasse als vereinnahmt betrachtet und erst dann der Umsatzsteuer unterworfen. Das Finanzgericht ist ihrer Auffassung beigetreten, weil der Zweck des Sperrkontos darin bestehe, den Zufluß dieses Teiles des Kredites in das Vermögen der Stpfl. bis zur Freigabe durch die Sparkasse nach ordnungsmäßiger Abwicklung des Kreditvertrages zu verhindern. Da der Sperrkontenbetrag für die Stpfl. nach dem Willen der Beteiligten zunächst völlig unverwertbar gewesen sei, könne die Stpfl. solche Beträge erst nach der Freigabe durch die Sparkasse vereinnahmt haben.
Die Rechtsbeschwerde (Rb.) des Vorstehers des Finanzamts führt demgegenüber aus, daß nicht der Möbelkäufer, sondern die Stpfl. als Verkäuferin den Sperrkontenbetrag aus ihrem Vermögen geleistet habe, also nachdem der Betrag ihr zugeflossen gewesen sei.
Entscheidungsgründe
Die Rb. führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.
Der Möbelkäufer bestätigt in dem Kauf- und Darlehnsvertrage, den Darlehnsbetrag in Form einer Auszahlung an die Stpfl. erhalten zu haben. In diesem Darlehnsbetrage sind die 10 v. H. der Kaufsumme, die ohne sein Wissen von der Sparkasse dem Sperrkonto zugeführt werden, enthalten. Den Kauf- und Darlehnsantrag hat der Käufer auf Veranlassung der Stpfl. gestellt, die Stpfl. hat den Antrag mit unterschrieben. Infolgedessen hat die Stpfl. den vollen Darlehnsbetrag erlangt. Daß ein Teil der Darlehnssumme dem Sperrkonto zugeführt wird, beruht auf dem Vertrage, den die Stpfl. mit der Sparkasse abgeschlossen hat. Somit ist der Stpfl. zunächst der volle Darlehnsbetrag zugeflossen und sodann hat sie einen Teilbetrag - in Verfügung über diesen Betrag - zugunsten des Sperrkontos der Sparkasse überlassen. Die Stpfl. hat also mit der Überweisung des um die 10 v. H. und um den Unkostenbetrag gekürzten Darlehnsbetrages zugleich diese 10 v. H. vereinnahmt.
Die Vorentscheidung ist hiernach aufzuheben. Der Fall geht, da es sich bei dem Urteil des Finanzgerichts um ein Teilurteil handelt, an das Finanzgericht zurück, das bei der Endentscheidung auch über die Kosten dieses Verfahrens zu befinden haben wird.
Fundstellen
BStBl III 1959, 64 |
BFHE 1959, 163 |