Entscheidungsstichwort (Thema)
Reisevertreter als Arbeitnehmer oder Gewerbetreibender
Leitsatz (redaktionell)
Bei der Entscheidung der Frage, ob Reisevertreter selbständig oder Arbeitnehmer sind, ist dem Willen der Partner Raum zu geben, wenn die tatsächliche Handhabung dem entspricht.
Normenkette
EStG § 19; LStDV § 1
Gründe
Streitig ist, ob der Beschwerdegegner (Bg.), der Reisevertreter der D. in E. (Firma) ist, selbständiger Gewerbetreibender oder Arbeitnehmer ist.
Der Bg. war seit 1. Januar 1955 mit festem Gehalt bei der Firma beschäftigt. Nach dreimonatiger Einweisung in die Fabrikation, den Bürobetrieb und den Außendienst übernahm er ab 1. April 1955 die Reisevertretung der Firma im niedersächsischen Baum und erhielt neben dem festen Gehalt Reisespesen. Ab 1. September 1958 wurde das Gehalt auf Provision umgestellt. Der Bg. schloß mit seiner Firma den sogenannten Anstellungsvertrag vom 13. Oktober 1958, der am 21. Oktober 1959 in einigen Punkten ergänzt und geändert wurde.
Als der Bg. am 6. Januar 1959 den Antrag auf Eintragung erhöhter Sonderausgaben und Werbungskosten für Geschäftsreisen auf seine Steuerkarte stellte, lehnte das Finanzamt dies ab, weil es den Bg. als selbständigen Handelsvertreter ansah und es hielt auch in der Einspruchsentscheidung daran fest.
Das Finanzgericht kam zu dem Ergebnis, daß der Bg. nach dem tatsächlichen Geschäftsablauf, der Abhängigkeit von seiner Firma und seiner Eingliederung in deren Organismus ein (unselbständiger) Angestellter sei.
Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde (Rb.) des Vorstehers des Finanzamts, der die Selbständigkeit des Bg. für gegeben hält, weil der Bg. auf Provisionsbasis entlohnt werde und gehalten sei, aus seiner Provision seine Aufwendungen zu decken. Hinzu komme, daß dem Bg. ein bestimmter Bezirk zugewiesen sei und ihm Provision aus allen aus diesem Bezirk kommenden Geschäften zustehe, ohne daß er selbst diese Geschäfte zustande gebracht habe.
Die Rb. kann keinen Erfolg haben.
Die Entlohnung des Bg., die auf Provision gestellt ist, und die Verpflichtung des Bg., alle ihm erwachsenden Unkosten aus dieser Provision zu decken, sowie die Bestimmung, daß ihm Provision für alle im Vertragsgebiet abgeschlossenen Geschäfte zusteht, kann für die Selbständigkeit des Bg. sprechen.
Andererseits stellt das Finanzgericht fest, daß das Schwergewicht der Tätigkeit des Bg. nicht in der Vermittlung neuer Kunden, sondern im regelmäßigen Besuch des bisherigen Kundenstammes der Firma besteht. Der Initiative des Bg. sind damit enge Grenzen gesetzt. Der Bg. ist bei seinem Eintritt in die Firma am 1. Januar 1955 unzweifelhaft Angestellter gewesen. Seine Entlohnung ist erst später ab 1. September 1958 von festem Gehalt auf Provision umgestellt worden. Es ist aber nicht anzunehmen, daß damit das bisherige Verhältnis als unselbständiger Angestellter im Außendienst geändert werden sollte, zumal gleichzeitig das Verbot, andere Reisevertretungen zu übernehmen, damit verbunden wurde. Hinzu kommt, daß mit der Umstellung auf Provision die Garantie einer festen Vergütung von 1.650 DM monatlich verbunden war. Weiterhin ist in Betracht zu ziehen, daß der Bg. sowohl in der Art seiner Tätigkeit als auch hinsichtlich der Reisezeiten und Reiseorte an die Weisungen der Firma gefunden ist und von dieser darin überwacht wird und daß die Korrespondenz mit den Kunden allein von der Firma besorgt wird. Diese Umstände sprechen wesentlich für ein Arbeitsverhältnis zwischen Bg. und seiner Firma (vgl. das Urteil des Bundesfinanzhofs IV 561/55 vom 14. März 1957, Der Betrieb 1957 S. 523).
Entscheidend ist hier aber, daß sowohl der Bg. wie seine Firma auf dem Standpunkt stehen, daß zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis besteht. Dem Willen und dem freien Gestaltungsrecht der Partner ist hier Raum zu geben. Zumal hier die tatsächliche Handhabung des Vertrags auf ein Arbeitsverhältnis hindeutet, kann daran nicht vorbeigegangen werden (Urteil des Senats VI 183/59 S vom 24. November 1961, das im Bundessteuerblatt amtlich veröffentlicht wird). Auch die in anderen Bezirken tätigen Reisenden der Firma werden dort als Arbeitnehmer angesehen.
Bei diesem Gesamtbild kommt das Finanzgericht mit Recht zu der Auffassung, den Bg. als Arbeitnehmer zu betrachten.
Fundstellen