Leitsatz (amtlich)
1. Die Steuerfreiheit einer rechtsfähigen Unterstützungskasse geht verloren, wenn die Kasse ihr Vermögen (und ihre Einkünfte) anderen als ihren satzungsmäßigen Zwecken dienstbar macht.
2. In der Beurteilung der Frage, unter welchen Voraussetzungen die Tätigkeit der Kasse nunmehr als eine gewerbliche Tätigkeit einzuordnen ist, schließt sich der Senat dem Urteil VI 133/60 U vom 13. Dezember 1961 (BFH 74, 331, BStBl III 1962, 127) an.
Normenkette
KStG § 4 Abs. 1 Nr. 7, § 12; KStDV §§ 9, 11
Tatbestand
Streitig ist, ob der Revisionskläger (Steuerpflichtige) gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 7 KStG von der Körperschaftsteuer befreit ist oder durch seine Tätigkeit über den Rahmen einer Vermögensverwaltung bzw. der ihm satzungsmäßig bestimmten Zwecke hinausgegangen ist.
Der Steuerpflichtige ist ein eingetragener Verein. Ausschließlicher Zweck des Vereins ist nach § 1 seiner Satzung die Gewährung von einmaligen oder wiederholten Beihilfen und Unterstützungen an Belegschaftsmitglieder seines Trägerunternehmens, einer Hypothekenbank AG, sowie an deren Angehörige in Fällen der Not und Arbeitslosigkeit. In Einzelfällen können auch laufende Zuschüsse zu den vom Trägerunternehmen gezahlten Ruhegehältern gewährt werden. Die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats des Trägerunternehmens des Steuerpflichtigen gehören nicht zum Kreis der Leistungsempfänger. Die Leistungsempfänger haben keinen Rechtsanspruch; laufende Beiträge oder sonstige Zuschüsse dürfen von ihnen nicht erhoben werden. Mitglied des Vereins kann nach § 2 seiner Satzung nur werden, wer dem Vorstand oder dem Aufsichtsrat des Trägerunternehmens des Steuerpflichtigen angehört oder angehört hat.
Der Revisionsbeklagte (das FA) hatte den Steuerpflichtigen zunächst unter Befristung, dann unbefristet als rechtsfähige Unterstützungskasse ohne Rechtsanspruch der Leistungsempfänger nach § 4 Abs. 1 Nr. 7 KStG unter der Voraussetzung von der Körperschaftsteuer freigestellt, daß die tatsächliche Geschäftsführung den Bestimmungen der Satzung entspreche. Die abschließende steuerliche Überprüfung werde jeweils mit der Prüfung der tatsächlichen Geschäftsführung (Vorlage der Geschäfts- und Kassenberichte usw.) erfolgen.
Bei einer im Jahre 1961 durchgeführten Betriebsprüfung stellte das FA fest, daß der Steuerpflichtige in den Jahren 1954 bis 1960 bei 392 Ankäufen und 529 Verkäufen Aktien seines Trägerunternehmens in Höhe von nominell rund 2,5 Mio DM umgesetzt und dabei einen Gewinn von rund 1,6 Mio DM erzielt hatte. Zum Ankauf von Aktien des Trägerunternehmens (unter Einschluß von Bezugsrechten und jungen Aktien aus einer Kapitalerhöhung) verwendete der Steuerpflichtige auch Kreditmittel, die ihm sein Trägerunternehmen einmal in den Jahren 1952 bis 1954, ein zweites Mal in den Jahren 1955 bis 1956 zur Verfügung gestellt hatte. Die Laufzeit der Kredite betrug jeweils zwei Jahre, ihr Höchststand im einen Falle 220 000 DM, im anderen Falle 970 000 DM. Die Kredite wurden jeweils aus dem Verkauf der mit ihnen erworbenen und en bloc plazierten Aktien abgelöst. Die in den Jahren 1954 bis 1960 gezahlten Unterstützungen betrugen demgegenüber nur 83 000 DM.
Unter Hinweis auf das Verbot des Erwerbs eigener Aktien (§ 65 des Aktiengesetzes vom 30. Januar 1937 und § 5 des Hypothekenbankgesetzes) vertrat das FA die Auffassung, daß der Steuerpflichtige die Wertpapiergeschäfte ausschließlich im Interesse seines Trägerunternehmens durchgeführt und damit über seine Satzungszwecke in einem Ausmaß hinausgegangen sei, das diese Satzungszwecke nur noch als Nebenzweck erscheinen lasse. Damit entfalle die Steuerfreiheit des Steuerpflichtigen.
Einspruch und Berufung des Steuerpflichtigen blieben für die Streitjahre 1956 bis 1960 ohne Erfolg. Seine Entscheidung begründet das FG wie folgt:
Rechtsfähige Unterstützungskassen seien nach § 4 Abs. 1 Nr. 7 KStG von der Körperschaftsteuer befreit, wenn sie sich auf Zugehörige oder frühere Zugehörige eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs beschränkten und sichergestellt sei, daß der Betrieb der Kasse nach ihrem Geschäftsplan und nach der Art und Höhe ihrer Leistungen eine soziale Einrichtung darstelle. Bei Kassen ohne Rechtsanspruch der Leistungsempfänger müsse die ausschließliche und unmittelbare Verwendung des Vermögens und der Einkünfte satzungsmäßig und tatsächlich für die Zwecke der Kasse dauernd gesichert sein (§ 11 Nr. 1 KStDV).
Der Steuerpflichtige bezwecke nach seiner Satzung ausschließlich die Gewährung von einmaligen oder wiederholten Beihilfen und Unterstützungen an Belegschaftsmitglieder seines Trägerunternehmens oder an deren Angehörige bei Not und Arbeitslosigkeit. Das zu diesem Zweck benötigte Kassenvermögen müsse durch Zuwendungen des Trägerunternehmens oder durch eigene Vermögensmehrung aufgebracht werden. Die Mittel, die dem Steuerpflichtigen nach Erfüllung seiner satzungsmäßigen Unterstützungsleistungen in den Streitjahren verblieben, müßten von ihm in einer steuerunschädlichen Form angelegt werden. Die Anlage des nichtbenötigten Kassenvermögens in Wertpapieren sei grundsätzlich als zulässig anzusehen. Auch der wiederholte An- und Verkauf von Aktien, selbst des Trägerunternehmens, sei in der Regel nicht zu beanstanden, wenn er für die Kasse günstig und zweckmäßig sei. Er könne jedoch in Einzelfällen dann zur Versagung der Steuerfreiheit führen, wenn die Anlage des Vermögens zum Selbstzweck werde und der Steuerpflichtige sich damit einen neuen Zweck setze. Das könne insbesondere dann der Fall sein, wenn der Steuerpflichtige zur Börsenspekulation übergehe, die Kurspflege der Aktien eines bestimmten Unternehmens betreibe oder allgemein Wertpapiere in einem Ausmaß umsetze, das seinen satzungsmäßigen Zweck, nämlich die Gewährung von Beihilfen und Unterstützungen in Notfällen, nicht mehr als alleinigen Zweck erscheinen oder gegenüber dem neuen weiteren Zweck zurücktreten lasse. Das sei hier der Fall.
Während die An- und Verkäufe von Wertpapieren anderer Unternehmen sich im üblichen Rahmen gehalten hätten, habe der Umsatz von Aktien des Trägerunternehmens in den Jahren 1954 bis 1960 bei mehr als 900 An- und Verkäufen nominell rund 2,5 Mio DM betragen und einen Gewinn von rund 1,6 Mio DM erbracht. Von besonderer Bedeutung seien dabei die Kreditaufnahmen in nicht unbeträchtlicher Höhe, die zur Finanzierung der Aktiengeschäfte verwendet worden seien, und die en bloc-Plazierungen von Aktien des Trägerunternehmens bei verschiedenen Großbanken sowie der An- und Verkauf eines Aktienspitzenbetrages zugunsten der Commerzbank. Da das Trägerunternehmen des Steuerpflichtigen aus handelsrechtlichen Gründen eigene Aktien nicht erwerben durfte, liege der Schluß nahe, daß die von ihm geplanten Geschäfte mit eigenen Aktien gleichsam über den Steuerpflichtigen ausgeführt worden seien. Infolge der Personengleichheit des Vorstands des Steuerpflichtigen mit Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern des Trägerunternehmens hätten sich diese Geschäfte ohne besondere Schwierigkeiten über den Steuerpflichtigen durchführen lassen. Die dabei erzielten Kursgewinne hätten fast das Zwanzigfache der gesamten in den Jahren 1954 bis 1960 gezahlten Unterstützungen betragen. Danach könne von einer üblichen Anlage des Vermögens des Steuerpflichtigen nicht mehr gesprochen werden; vielmehr habe der Steuerpflichtige – wenn auch mit eigenem Gewinn – die Geschäftspolitik seines Trägerunternehmens durchgeführt. Angesichts der Art und des Umfangs der Transaktionen könne entgegen der Auffassung des Steuerpflichtigen nicht mehr vom Vorliegen bankähnlicher Geschäfte gesprochen werden.
Die vom Steuerpflichtigen tatsächlich entfaltete Geschäftstätigkeit habe neben der Gewährung von Unterstützungen einen weiteren Zweck verfolgt, der seine Einordnung als soziale Einrichtung im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 7 KStG ausschließe. Angesichts dieser Tätigkeit könne darauf verzichtet werden, die im übrigen festgestellten Tatbestände (Bereitstellung eines PKW durch das Trägerunternehmen, Anmietung eines Ferienheimes) rechtlich zu würdigen.
Die aus den Wertpapiergeschäften erzielten Gewinne seien als Einkünfte aus Gewerbebetrieb dem Steuerpflichtigen zuzurechnen. In der Auslegung des Begriffs Gewerbebetrieb und in der Abgrenzung des Gewerbebetriebs gegenüber der Vermögensverwaltung folge das FG dem Urteil des BFH VI 133/60 U vom 13. Dezember 1961 (BFH 74, 331, BStBl III 1962, 127).
Hiergegen richtet sich die als Revision zu behandelnde Rechtsbeschwerde des Steuerpflichtigen, zu deren Begründung er vortragen läßt:
Entgegen der Auffassung des FG seien die in ihrer Beurteilung streitigen Wertpapiergeschäfte allein zum Zwecke der Sicherung des Kassenvermögens des Steuerpflichtigen erfolgt. Die Verfolgung dieses Zweckes habe bei der außergewöhnlichen Kursentwicklung an den deutschen Börsen gerade während der Streitjahre diese umfangreichen An- und Verkäufe je nach der augenblicklichen Börsensituation erfordert, um eine Überhitzung an der Börse bei einer für den deutschen Börsenhandel eigentümlichen schwachen Kulisse in Zeiten einer ausgesprochenen Börsenhausse zu vermeiden und ebenso Kurseinbrüchen bei gerade gegenteiligen Börsentendenzen entgegenzuwirken. Als Inhaber eines größeren Bestandes an Aktien einer Gesellschaft sei denn auch der Steuerpflichtige in der Lage gewesen, durch sein Angebot oder seine Nachfrage Kurstendenzen an der Börse abzuschwächen und so der Sicherung seines Vermögens zu dienen. Diese Umschichtungen im Wertpapierbestand seien deshalb nicht als Selbstzweck, sondern als ein Mittel zur Erhaltung des Kassenvermögens anzusehen.
Wenn der Steuerpflichtige sein Kassenvermögen vorwiegend in Aktien seines Trägerunternehmens angelegt habe, so deshalb, weil die Entwicklung dieser Aktien infolge Kenntnis der internen Verhältnisse des Trägerunternehmens am ehesten habe beurteilt werden können. Die umfangreichen Umschichtungen im Wertpapierbestand hätten somit weder der Kurspflege noch der Geschäftspolitik des Trägerunternehmens gedient noch den Rahmen der Vermögensverwaltung gesprengt. Das FG verkenne die Situation, wenn es die dabei erzielten Kursgewinne mit der Höhe der gezahlten Unterstützungen vergleiche. Bei einer dauerhaften Anlage eines Vermögens in Wertpapieren stellten die zeitweise erzielten Umschichtungsgewinne keine endgültigen Vermögensmehrungen dar, würden sie vielmehr im Falle der Wiederanlage in Wertpapieren bei Kursrückläufigkeiten aufgezehrt. Dies sei neuerdings auch tatsächlich der Fall gewesen. Es fehle somit für die Urteilsfindung durch das FG an einer sachverständigen Beurteilung des vorliegenden Tatbestandes.
Schließlich sei die anläßlich der Betriebsprüfung festgestellte Tatsache umfangreicher Wertpapiergeschäfte für das FA nicht neu gewesen, da es aus den ihm eingereichten Unterlagen habe ersehen müssen, daß sich aus diesen Geschäften Mehr- und Mindererlöse in erheblichem Umfang ergeben hätten. Bei der für die Jahre bis 1953 einschließlich durchgeführten Betriebsprüfung sei die gleiche Art und Weise der Geschäftsführung des Steuerpflichtigen nicht beanstandet, vielmehr das Vorliegen der Voraussetzungen der Steuerfreiheit des Steuerpflichtigen ausdrücklich festgestellt worden. Der Steuerpflichtige habe daher in gutem Glauben seine Geschäfte nach den bisherigen Grundsätzen weiterführen können. Wollte man der Auffassung des Steuerpflichtigen nicht folgen und ihn als in vollem Umfang steuerpflichtig ansehen, bleibe zu prüfen, ob – mit dem FA – das Vorliegen gewerblicher Einkünfte angenommen werden könne, ferner, ob dann nicht die erbrachten Unterstützungsleistungen als abzugsfähig, da Betriebsausgaben, anzuerkennen seien.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist nicht begründet.
1. Die dem FA seitens des Steuerpflichtigen eingereichten Unterlagen weisen einen Wertpapierbestand aus, der von 470 667,73 DM am 31. Dezember 1956 auf 1 226 982 DM am 31. Dezember 1960 angestiegen ist. Sie zeigen Mindererlöse aus dem Verkauf von Wertpapieren (102 801,91 DM am 31. Dezember 1956) und Mehrerlöse aus dem Verkauf von Wertpapieren (4 878,76 DM am 31. Dezember 1957) sowie Mehrerlöse „aus Wertpapieren” (120 322,56 DM, 925 111,16 DM und 86 608,09 DM am 31. Dezember 1958, 1959 und 1960). Dem entsprechen Verlust (1956: 8 902,18 DM) und Gewinne (1957: 6 058,51 DM; 1958: 8 302,70 DM; 1959: 593 413,14 DM; 1960: 9 036,91 DM). Demgegenüber ergab die Betriebsprüfung – ohne gewinnmindernde Berücksichtigung der Aufwendungen des Steuerpflichtigen für Unterstützungsleistungen (von insgesamt 58 927 DM in den Streitjahren) – für das Jahr 1956 einen Verlust von 65 152 DM, für die Jahre 1957 bis 1960 Gewinne von 61 918 DM, 178 076 DM, 711 092 DM und 221 818 DM. Das FA mußte danach aus den ihm eingereichten Unterlagen nur für das Jahr 1959 auf die Mitnahme von Kursgewinnen schließen, während in den übrigen Jahren, das Jahr 1956 ausgenommen, Dividenden angenommen werden konnten.
Was das Kennen oder Kennenmüssen von Tatsachen anbelangt, deren Feststellung die Wiederaufrollung einer unanfechtbar gewordenen Veranlagung nach § 222 Abs. 1 AO in Frage stellt (BFH-Urteil VI 317/63 U vom 29. Januar 1965, BFH 81, 496, BStBl III 1965, 179), so ist im vorliegenden Streitfall den Akten nichts dafür zu entnehmen, daß das FA die Steuerfreiheit des Steuerpflichtigen durch entsprechende Freistellungsbescheide für die Streitjahre festgestellt hat. Das Schreiben des FA vom 17. Januar 1958, das die mit Verfügung vom 21. Dezember 1955 bis zum 31. Dezember 1957 ausgesprochene Befristung der Freistellung aufhebt, stellt keinen Freistellungsbescheid dar. Damit findet mangels eines der Bestandskraft fähigen Bescheides die Vorschrift des § 222 Abs. 1 AO im Streitfall keine Anwendung (BFH-Urteile IV 336/59 U vom 27. April 1961, BFH 73, 34, BStBl III 1961, 281; I 131/58 U vom 27. Oktober 1959, BFH 73, 49, BStBl III 1961, 286).
Aber auch was die Berufung des Steuerpflichtigen auf die Grundsätze von Treu und Glauben betrifft, so geben ihm die für die Jahre bis 1953 einschließlich getroffenen Entscheidungen kein Recht auf einen Vertrauensschutz für die Zukunft, zumal im Schreiben des FA vom 21. Dezember 1955 die Steuerfreiheit ausdrücklich davon abhängig gemacht wurde, daß die tatsächliche Geschäftsführung des Steuerpflichtigen den Bestimmungen seiner Satzung entspreche, und nach dem Schreiben des FA vom 17. Januar 1958 die abschließende steuerliche Prüfung der Voraussetzungen der Steuerfreiheit mit der Prüfung der einzureichenden Unterlagen des Steuerpflichtigen für die einzelnen Jahre verbunden werden sollte. Die Steuerfreiheit war dem Steuerpflichtigen somit keineswegs unbedingt und endgültig für die Streitjahre zugesichert worden.
2. Die für die Steuerfreiheit einer Unterstützungskasse ohne Rechtsanspruch der Leistungsempfänger maßgebenden Vorschriften befinden sich in § 4 Abs. 1 Nr. 7 KStG und den §§ 9 und 11 KStDV. Nach ihnen muß – soweit es hier von Bedeutung ist – die ausschließliche und unmittelbare Verwendung des Vermögens und der Einkünfte der Kasse für deren satzungsmäßige Zwecke nach Satzung und tatsächlicher Geschäftsführung dauernd gesichert sein (§ 11 Nr. 1 KStDV). Auch verliert die Kasse ihre Steuerfreiheit, wenn sie sich durch eine mit den satzungsmäßigen Zwecken nicht zu vereinbarende tatsächliche Geschäftsführung selbst einen neuen, weiteren Zweck setzt und damit die ihre Freistellung von der Steuer rechtfertigende soziale Zwecksetzung selbst verneint (§ 9 Nr. 4 KStDV).
Dem FG ist darin beizupflichten, daß die Anlage des nichtbenötigten Kassenvermögens ohne nachteilige steuerrechtliche Folgen auch durch Hingabe von Darlehen an das Trägerunternehmen sowie durch den Erwerb von Aktien des Trägerunternehmens erfolgen kann, sofern die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Trägerunternehmens in ausreichendem Maße für die Sicherheit des Kassenvermögens bürgt. Dabei ist die Kasse in ihren Maßnahmen – wie z. B. An- und Verkauf von Wertpapieren – insoweit frei, als ihre Tätigkeit sich im Rahmen einer Vermögensverwaltung hält, d. h. das Kassenvermögen verzinslich angelegt oder in anderer Weise genutzt wird, wobei nicht zuletzt auch an den Erwerb von Grundstücken und deren Bebauung mit nachfolgender Vermietung von Geschäftsräumen und Wohnungen zu denken ist (siehe Abschn. 16 Abs. 8 bzw. 9 KStR 1955 bzw. 1958). In keinem Falle darf jedoch die Art der Anlage und Nutzung des Kassenvermögens dazu führen, daß die Kasse sich durch die mit der Vermögensverwaltung verbundene Tätigkeit selbst einen weiteren, satzungsmäßig nicht bestimmten Zweck gibt.
Soweit der Steuerpflichtige dem FG angesichts des festgestellten Tatbestands ein sachverständiges Urteil bestreitet, vermag ihm der Senat nicht zu folgen. Wenn auch das Ausmaß der in den Streitjahren erzielten Kursgewinne, verglichen mit den erbrachten Unterstützungsleistungen, kein Maßstab ist für die Beantwortung der Frage, ob der Steuerpflichtige die Grenze zwischen Vermögensverwaltung und gewerblicher Tätigkeit überschritten hat, so konnte das FG gleichwohl – unbeschadet der Frage der Notwendigkeit oder Zweckdienlichkeit der vom Steuerpflichtigen vorgenommenen An- und Verkäufe – zu seiner Entscheidung gelangen.
a) Der Steuerpflichtige hat sich anläßlich seiner Tätigkeit dadurch selbst einen mit seinen satzungsmäßig bestimmten Zwecken nicht zu vereinbarenden weiteren Zweck gesetzt, daß er mit seinen – teils mit Kreditmitteln beschafften – Aktien des Trägerunternehmens Transaktionen vornahm, die im Sinne einer Sicherung seines Kassenvermögens nicht mehr verstanden werden können. So verpflichtete sich der Steuerpflichtige gegenüber der X-Bank, die dieser am 15. Dezember 1956 zum Kurse von 165 v. H. verkauften nominell 750 000 DM Aktien seines Trägerunternehmens zum gleichen Kurs am 31. Juli 1957 zurückzukaufen, während die X-Bank sich ihrerseits zur Rückgabe der Aktien zum gleichen Kurs am 31. Juli 1957 verpflichtete. So kaufte der Steuerpflichtige von der Y-Bank am 5. Mai 1960 nominell 174 000 DM junge Aktien seines Trägerunternehmens zum Kurs von 532 v. H. und verkaufte am 6. Mai 1960 an die X-Bank nominell 176 000 DM junge Aktien seines Trägerunternehmens, davon 152 000 DM zum Kurs von 530 v. H., 24 000 DM zum Kurs von 528 v. H. Nachdem im März 1961 die X-Bank veröffentlichte, daß sie eine wesentliche Beteiligung an dem Trägerunternehmen des Steuerpflichtigen erworben habe, und die Y-Bank veröffentlichte, daß sie der X-Bank aus ihrem Bestand einen Spitzenbetrag an Aktien des Trägerunternehmens des Steuerpflichtigen überlassen habe, läßt sich dieser Vorgang nicht mehr mit den Gründen erklären, die der Steuerpflichtige in seiner Revisionsbegründung vorgetragen hat. Das FG konnte deshalb ohne Rechtsverstoß oder Verstoß gegen die Denkgesetze annehmen, daß sich der Steuerpflichtige hier zur Durchführung von Transaktionen seines Trägerunternehmens bereitgefunden habe. Damit aber fehlte es an der für die Steuerfreiheit unerläßlichen Voraussetzung des § 11 Nr. 1 KStDV.
b) Das FG konnte auf Grund der von ihm getroffenen tatsächlichen Feststellungen die Tätigkeit des Steuerpflichtigen ohne Rechtsirrtum als eine gewerbliche Tätigkeit einordnen. Ob im Einzelfall eine Vermögensverwaltung oder eine gewerbliche Tätigkeit vorliegt, bestimmt sich nach der Vielzahl der durchgeführten Geschäfte, nach der Art und dem Umfang dieser Geschäfte im Einzelfall und nach dem Ausmaß der mit ihnen verbundenen Tätigkeit (BFH-Urteil VI 133/60 U, a. a. O.). Daß der Steuerpflichtige im Streitfall nachhaltig, selbständig und mit der Absicht der Gewinnerzielung tätig geworden ist, kann nach Ansicht des Senats nicht fraglich sein. Denn wenn auch die Planmäßigkeit und die von vornherein gegebene Absicht der Wiederholung der An- und Verkäufe – auch von Aktien des Trägerunternehmens des Steuerpflichtigen – für sich allein noch nicht in jedem Fall eine gewerbliche Tätigkeit begründen, so ist das doch ohne Frage dann der Fall, wenn der Steuerpflichtige durch den An- und Verkauf von Aktien seines Trägerunternehmens – z. B. an der Börse oder in anderer Form – in einer Weise nach außen hervortritt, wie es die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr erfordert, und die dabei etwa hinzunehmenden Verluste seine Bereitschaft zur Übernahme des mit jeder gewerblichen Tätigkeit verbundenen Risikos aufzeigen. Der Steuerpflichtige hat seine Geschäfte über sein Trägerunternehmen – in dessen Eigenschaft als Bankhaus – abgewickelt. Er hat damit aber auch seinem Trägerunternehmen – in dessen Eigenschaft als Drittem (nämlich als AG, an der er als Aktionär beteiligt war, sowie als seinem Trägerunternehmen) – erkenntlich gemacht, daß er sich nachhaltig und mit Gewinnerzielungsabsicht am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr beteilige (BFH-Urteil VI 133/60 U, a. a. O.). Damit waren die Voraussetzungen für eine Einordnung der Tätigkeit des Steuerpflichtigen als einer gewerblichen Tätigkeit erfüllt.
3. Dem Steuerpflichtigen kann auch nicht darin gefolgt werden, daß seine Einkünfte aus Gewerbebetrieb um die erbrachten Unterstützungsleistungen gekürzt werden müßten. Denn ihrer Abzugsfähigkeit steht die Vorschrift des § 12 Nr. 1 KStG entgegen. Der Umstand, daß der Steuerpflichtige durch seine tatsächliche Geschäftsführung die Steuerfreiheit verloren und Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt hat, führt nicht dazu, ihn als Gesellschafter seines Trägerunternehmens zu behandeln. Nur die Stellung der Stiftung als Kommanditistin der KG, deren Arbeitnehmer aus Mitteln der Stiftung bedacht wurden, bedingte es aber im Falle des BFH-Urteils I 205/59 U vom 10. Mai 1960 (BFH 71, 233, BStBl III 1960, 335), daß ihre Leistung sowohl als Erfüllung ihres satzungsmäßigen Zwecks als auch als Betriebsausgabe im Sinne des § 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes zu charakterisieren war. Davon kann im Streitfall angesichts der Leistungen des Steuerpflichtigen keine Rede sein.
Fundstellen
Haufe-Index 557343 |
BStBl II 1969, 269 |
BFHE 1969, 4 |