Leitsatz (amtlich)
Wer aus einem zusammenhängenden Gelände nach dessen Erschließung 16 Grundstücke verkauft, nachdem er auf einem Teil der Grundstücke in vier Fällen Gebäude bzw. Eigentumswohnungen errichtet hatte, überschreitet damit den Rahmen privater Vermögensverwaltung.
Normenkette
EStG § 15; GewStG § 2; GewStDV § 1
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger und Revisionskläger (Kläger) aus dem Verkauf bebauter und unbebauter Grundstücke gewerbliche Einkünfte bezogen hat.
Der Kläger ist Filmkaufmann. Im Jahre 1959 erwarb er von einer Baulandgesellschaft 37 340 qm Bauland, das im Erwerbszeitpunkt in 20 Parzellen vermessen war und sich im Zustand der Erschließung befand. Der Kaufpreis betrug 448 080 DM. Die restlichen Erschließungsmaßnahmen wurden von der Verkäuferin durchgeführt und mit 4,50 DM pro qm berechnet.
Nach dem damals gültigen Bebauungsplan hatte die Behörde einer Bebauungsdichte von 80 bis 100 Einwohnern je ha zugestimmt. Dementsprechend hatte der Kläger im Jahre 1959 Architekten damit beauftragt, für die Bebauung von 19 Parzellen villenartige Drei- und Vierfamilienwohnhäuser zu entwerfen und die Baugenehmigung für diese Haustypen zu betreiben. Die Wohnungen sollten vermietet werden, während auf der verbleibenden Parzelle die Errichtung eines Einfamilienhauses für eigene Wohnzwecke des Klägers vorgesehen war. Die von den Architekten ausgearbeiteten und eingereichten Pläne wurden jedoch im Winter 1960/61 von der Kreisbaubehörde abgelehnt, da inzwischen die Bebauungsdichte durch behördliche Entschließung auf 40 Einwohner je ha herabgesetzt worden war. Voraussetzung für eine dichtere Besiedlung wäre der Anschluß des Siedlungsgebietes an die zu errichtende Hauptkanalisation gewesen. Zu ihrer Herstellung wurde ein Zweckverband gegründet. Mit dem Baubeginn war nicht vor Herbst 1964 zu rechnen.
Im Jahre 1961 begann der Kläger mit dem Verkauf von Parzellen. Gleichfalls im Jahre 1961 wurde ein Zweifamilienhaus (durch Teilungserklärung in zwei Eigentumswohnungen umgewandelt), ein Einfamilienhaus (für eigene Wohnzwecke des Klägers vorgesehen) und ein Mustereinfamilienhaus fertiggestellt. Diese Häuser verkaufte der Kläger in den Jahren 1961, 1962 und 1963. In der Zeit von 1961 bis 1964 verkaufte er außerdem elf unbebaute Grundstücke. Ende 1964 befanden sich von den ursprünglich 20 Parzellen noch sechs im Eigentum des Klägers. Mit der Bebauung und dem Verkauf der Grundstücke wurde eine Baufinanz- und Treuhandgesellschaft beauftragt.
Das FA behandelte die Grundstücksverkäufe als gewerbliche Tätigkeit und ermittelte daraus bei den Einkommensteuerveranlagungen 1961 und 1963 Gewinne von 35 527,53 DM bzw. 25 299,50 DM. Bei der Festsetzung des einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrags legte das FA für das Jahr 1961 einen Gewerbeertrag von 33 289 DM und für 1963 einen Gewerbeertrag von 23 673 DM zugrunde.
Die Einsprüche des Klägers hatten in diesem Punkt keinen Erfolg. Der Klage des Klägers gab das FG in für die Gewerbesteuer und Einkommensteuer jeweils getrennten Entscheidungen nur insoweit statt, als es - abweichend vom FA - für das Jahr 1961 bei der Einkommenstcuer die erhöhte AfA nach § 7b EStG gewährte sowie einen vom FA bei der Gewinnermittlung für das Jahr 1961 gewinnerhöhend berücksichtigten Holzerlös außer Betracht ließ. Das FG führte zur Begründung seiner Entscheidung aus:
Der Kläger habe mit seiner Tätigkeit die Merkmale des § 1 GewStDV erfüllt und den Rahmen privater Vermögensverwaltung überschritten. Zwar liege ein Gewerbebetrieb so lange nicht vor, als die im Verfolg von Grundstücksverkäufen entfaltete Tätigkeit auf diejenigen Maßnahmen beschränkt bleibe, die für den reinen Verkauf der Grundstücke erforderlich seien und zu denen auch die technisch bedingte Parzellierung der zum Verkauf bereitgestellten Grundstücke rechne. Wende sich der Steuerpflichtige jedoch mit bereits parzellierten, erschlossenen und zum Teil bebauten Grundstücken, die schon eine gesteigerte Marktgängigkeit hätten, an den Gründstücksmarkt, so schließe das die Annahme eines gewerblichen Grundstückshandels nicht von vornherein aus. Mit dem am 25. Oktober 1960 beim Landratsamt eingegangenen Antrag auf Baugenehmigung für das Musterhaus sei der Verkaufsentschluß des Klägers erstmals nach außen erkennbar geworden. Von da an bilde der Vorgang nach der Willensrichtung des Klägers insofern eine Einheit, als alle Verkäufe in die Betrachtung einzubeziehen seien. Die Nachhaltigkeit der Betätigung liege darin, daß zum Verkauf der 16 bebauten und unbebauten Grundstücke es einer Vielzahl aufeinander abgestimmter Handlungen bedurft habe. Entscheidend falle jedoch die Errichtung des Musterhauses zur Besichtigung durch Kaufinteressenten ins Gewicht. Das Musterhaus habe nicht nur dazu gedient, überhaupt Käufer zu finden, sondern auch dazu, günstige Verkaufsbedingungen zu erreichen. Damit habe sich der Kläger nach außen wie ein Grundstückshändler betätigt.
Mit seinen - für die Einkommensteuer und die Gewerbesteuer getrennt eingelegten - Revisionen rügt der Kläger unrichtige Anwendung des § 1 GewStDV. Daß er im Jahre 1959 das parzellierte und nahezu erschlossene Baugelände erworben habe, um darauf Miethäuser und ein Eigenheim für eigenen Bedarf zu errichten, sei im Rahmen einer Vermögensverwaltung geschehen. Nachdem er sich gezwungenermaßen zum Verkauf der Grundstücke entschlossen habe, könne in der Durchführung dieses Entschlusses keine gewerbliche Betätigung gelegen haben. Er habe nichts getan, was den Grundstücken eine andere Marktgängigkeit verliehen und damit Voraussetzungen für die Erzielung besonderer Gewinne geschaffen habe. Nicht er, sondern der Verkäufer habe die Grundstücke baureif gemacht. Der Bau des Einfamilienhauses und des Zweifamilienhauses sei Vermögensverwaltung. Auch der Bau des Musterhauses habe dem Grundstück keine andere Marktgängigkeit verliehen. Der Bau des Musterhauses sei allein im Interesse und auf Kosten der Baufinanz- und Treuhandgesellschaft geschehen, die in dem betreffenden Baugebiet von verschiedenen Eigentümern einer Vielzahl von ähnlichen Grundstücken mit der Bebauung beauftragt gewesen sei oder hätte beauftragt werden sollen. Der Bau des Mustereinfamilienhauses sei ihm, dem Kläger, daher nicht zuzurechnen. Der Verkauf der Grundstücke habe eine einzige einheitliche Handlung dargestellt, die auf einem Entschluß beruht habe und habe nicht wiederholt werden sollen.
Der Kläger beantragt, die Urteile des FG, die Gewerbesteuermeßbescheide 1961 und 1963 und die Einspruchsentscheidung vom 14. Januar 1966 aufzuheben sowie die Einkommensteuer für 1961 auf 103 493 DM und für 1963 auf 0 DM herabzusetzen. Das FA beantragt, die Revisionen als unbegründet zurückzuweisen.
Die Revisionen, die einmal die Einkommensteuer 1961 und 1963, zum anderen die Gewerbesteuermeßbeträge desselben Zeitraums betreffen, werden gem. § 121, § 73 Abs. 1 FGO zu gemeinsamer Entscheidung verbunden.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
1. Ob ein gewerbliches Unternehmen im Sinne des § 15 Nr. 1 EStG und ein stehender Gewerbebetrieb im Sinne des § 2 GewStG vorliegt, beurteilt sich nach übereinstimmenden Grundsätzen (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG). Ein Gewerbebetrieb ist anzunehmen, wenn die Voraussetzungen des § 1 GewStDV erfüllt sind und sich die Tätigkeit nach den Umständen des einzelnen Falles nicht als private Vermögensverwaltung darstellt. Der Senat verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf sein Urteil vom 17. Januar 1973 I R 191/72 (BFHE 108, 190, BStBl II 1973, 260).
2. Die Vorinstanz hat die Voraussetzungen des § 1 GewStDV für den Streitfall zutreffend bejaht. Dabei ist es mit Recht davon ausgegangen, daß sich der Kläger die Tätigkeit der Baufinanz- und Treuhandgesellschaft bei der Errichtung der Gebäude und dem Verkauf der Grundstücke als eigene Tätigkeit zurechnen lassen muß (vgl. hierzu Urteil des BFH vom 14. November 1972 VIII R 71/72 BFHE 107, 501, BStBl II 1973, 239).
Danach hat der Kläger im Streitfall selbständig gehandelt; denn er hat den Verkauf der Grundstücke auf eigene Rechnung und Verantwortung durchgeführt. Daß der Kläger nachhaltig tätig geworden ist, hat das FG ebenfalls zutreffend dargelegt. Unabhängig von der Frage, ob sich eine Betätigung noch im Rahmen privater Vermögensverwaltung hält oder diese überschreitet, ist sie auch dann als nachhaltig anzusehen, wenn sie in der Weise auf Wiederholung angelegt ist, daß sie zwar auf einem einheitlichen Entschluß beruht, die Durchführung dieses Entschlusses aber mehrere Handlungen erfordert (vgl. BFH-Urteil I R 191/72). Die Feststellung des FG, daß der Entschluß des Klägers zum Verkauf im Antrag auf Erteilung der Baugenehmigung für das Mustereinfamilienhaus vom 25. Oktober 1960 erstmals nach außen erkennbar geworden und durch die einzelnen Verkäufe nach und nach verwirklicht worden sei, ist nicht zu beanstanden. Schließlich kann es auch nicht zweifelhaft sein, daß der Kläger mit dem Verkauf der Grundstücke einen wirtschaftlichen Vorteil erstrebt und damit in Gewinnabsicht gehandelt hat. Da er sich über die ihm zuzurechnende Tätigkeit der Baufinanz- und Treuhandgesellschaft mit seinen Verkaufsangeboten an den öffentlichen Markt gewandt hat, liegt auch eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr vor.
3. Zu Recht ist die Vorinstanz auch davon ausgegangen, daß der Kläger den Rahmen privater Vermögensverwaltung überschritten hat. Dies ergibt sich unter Berücksichtigung der Grundsätze, die die Rechtsprechung des BFH zum Verkauf unbebauter Grundstücke nach vorausgegangener Parzellierung entwickelt hat. Danach halten sich zwar Grundstücksverkäufe, auch wenn sie in großer Zahl getätigt werden, dann noch im Rahmen privater Vermögensverwaltung, wenn sich die vom Veräußerer entfaltete Tätigkeit auf die für den bloßen Verkauf erforderlichen Handlungen beschränkt. Zu diesen Handlungen gehört auch noch die technisch bedingte Parzellierung. Etwas anderes gilt indessen dann, wenn der Grundstückseigentümer an der Erschließung des Geländes aktiv mitwirkt (vgl. im einzelnen BFH-Urteile vom 5. Dezember 1968 IV R 164/68, BFHE 94, 457, BStBl II 1969, 236; vom 13. März 1969 IV R 132/68, BFHE 95, 488, BStBl II 1969, 483; vom 22. Oktober 1969 I R 61/68, BFHE 97, 120, BStBl II 1970, 61, und VIII R 71/72).
Im Streitfall kann es dahingestellt bleiben, ob eine aktive Mitwirkung an der Erschließung des Baugeländes durch den Kläger schon darin zu erblicken ist, daß der Kläger die Kosten für die beim Ankauf des Baugeländes noch ausstehenden Erschließungsmaßnahmen getragen hat, die er bei Kaufabschluß des Geländes vom Verkäufer übernommen hat. Jedenfalls liegt in der Bebauung des Geländes mit mehreren Gebäuden eine zusätzliche Maßnahme zur Erschließung des gesamten Baugeländes. In diesem Zusammenhang durfte das FG auch der Errichtung des Mustereinfamilienhauses Bedeutung beimessen. Wenn es - wie der Kläger vorträgt - die Baufinanz- und Treuhandgesellschaft gewesen ist, die den Bau des Musterhauses anregte, so ist dies ein weiteres Indiz dafür, daß mit dem Bau dieses Musterhauses der Verkauf des gesamten Baugeländes attraktiver gestaltet werden sollte.
Es ist auch nicht von ausschlaggebender Bedeutung, daß der Kläger zunächst beabsichtigt hatte, das gesamte Baugelände zu bebauen und die Gebäude zu vermieten. Indem er diese Absicht aufgegeben und sich für die Veräußerung der bebauten und unbebauten Grundstücke und damit für die Verwertung der Vermögenssubstanz durch Umschichtung entschlossen hat, hat er eine Tätigkeit begonnen, die den Rahmen privater Vermögensverwaltung überschreitet. Dabei kann den Motiven, die zur Änderung der ursprünglichen Absicht geführt haben, kein entscheidendes Gewicht beigemessen werden. Die vom Kläger selbst vorgetragenen Umstände lassen keine Zwangslage des Klägers erkennen, die ausreichend wäre, eine abweichende Beurteilung zu rechtfertigen.
Fundstellen
BStBl II 1973, 682 |
BFHE 1973, 427 |