Leitsatz (amtlich)
1. Der Ausfuhrnachweis als sachlich-rechtliche Voraussetzung für den Vergütungsanspruch hat zur Folge, daß der Ausfuhrnachweis zu dem gesetzlichen Tatbestand gehört, durch dessen Verwirklichung der Vergütungsanspruch entsteht.
2. Der Senat hält an der Rechtsprechung fest, daß der Ausfuhrnachweis noch innerhalb der Antragsfrist für die Vergütung erbracht werden kann.
3. Den Vorschriften über den Ausfuhrnachweis ist nicht dadurch genügt, daß die die Ausfuhr nachweisenden Belege sich beim Spediteur befinden.
Normenkette
StAnpG § 3 Abs. 1, 3; UStDB 1951 § 16 Abs. 2, § 77 Abs. 1 Nr. 1, §§ 80, 75 Abs. 1, §§ 25-26
Tatbestand
Die Bfin. führte im streitigen Zeitraum von ihr hergestellte Maschinen in das Ausland aus. Sie ließ die Maschinen regelmäßig durch einen inländischen Spediteur versenden. Auf ihren Antrag erhielt sie Ausfuhrvergütung. Anläßlich einer Vergütungsprüfung im Dezember 1958 wurde festgestellt, daß bei Beginn der Prüfung die Ausfuhrbescheinigungen des Spediteurs nicht vorlagen. Die fehlenden Spediteurbescheinigungen (grün) wurden während der Prüfung vorgelegt. Der Prüfer erkannte die vorgelegten Belege als gültige Ausfuhrnachweise nur für die Ausfuhrvorgänge an, bei denen die Antragsfrist auf Vergütung im Zeitpunkt der Prüfung noch nicht abgelaufen war.
Auf Grund der Vergütungsprüfung forderte das Finanzamt mit Rückforderungsbescheid vom 23. Juni 1959 die zuviel gezahlte Ausfuhrvergütung zurück. Die Bfin. legte gegen diesen Rückforderungsbescheid, soweit die Rückforderung damit begründet wurde, daß der Ausfuhrnachweis nicht fristgerecht vorgelegt worden sei, Einspruch ein. Dieser blieb ebenso wie die Berufung erfolglos.
In der Rb. macht die Bfin. wie auch schon in den Vorinstanzen geltend, weder durch § 16 UStG noch durch § 25 Abs. 2 UStDB sei zwingend eine Form für den Ausfuhrnachweis vorgeschrieben.
Der Ausfuhrnachweis durch Vorlage der grünen Spediteurbescheinigungen sei im übrigen auch rechtzeitig erbracht worden, da weder im UStG noch in den UStDB für die Beibringung der Ausfuhrnachweise eine Ausschlußfrist gesetzt sei. Dem Urteil des Bundesfinanzhofs V 43/58 U vom 29. Januar 1959 (BStBl 1959 III S. 121, Slg. Bd. 68 S. 310), wonach der Ausfuhrnachweis bis zum Ablauf der Ausschlußfrist erbracht werden müsse, könne nicht gefolgt werden. Im Zivilprozeß könne jedes Beweismittel, unabhängig von den fristwahrenden Klageschriften usw. bis zum Schluß der Beweisaufnahme vorgebracht werden. Es hätten also bis zur endgültigen Entscheidung über den Vergütungsantrag die Ausfuhrnachweise vorgelegt werden können. Dies sei geschehen, da die grünen Ausfuhrbescheinigungen noch vor Abschluß der Prüfung vorgelegt und die Zollberechnungen vor Erlaß der Entscheidung über Anerkennung oder Ablehnung der Vergütungsansprüche eingereicht worden seien.
Aber selbst wenn man die Ausschlußfrist des § 75 UStDB auch auf die Vorlage der Ausfuhrnachweise ausdehnen wollte, so sei eine solche Ausschlußfrist anordnende Vorschrift aus mehreren Gründen unwirksam. Weder die Ermächtigung des § 16 Abs. 2 Satz 2 UStG noch die des § 18 Abs. 1 Ziff. 1 UStG reiche aus, eine Ausschlußfrist für die Beibringung des Ausfuhrnachweises zu setzen. § 75 Abs. 2 UStDB sei auch deshalb unwirksam, weil nach dieser Vorschrift bestimmte Angaben für den Vergütungsantrag gefordert würden, ohne daß dabei der Inhalt der geforderten Angaben aus der Rechtsverordnung selber ersichtlich sei.
Selbst wenn man sich über alle Bedenken hinwegsetze, müsse die Rb. gleichwohl zum Erfolg führen. Zu Unrecht lege das Finanzgericht die Verpflichtung zum eindeutigen und leichten Nachweis der Vergütungsvoraussetzungen dahin aus, daß die Ausfuhrbescheinigungen im Besitz des ausführenden Unternehmers sein müßten. Unstreitig gehe aus ihren Unterlagen hervor, daß die an ihre Tochtergesellschaft gerichteten Lieferungen von der Speditionsfirma B. übernommen worden seien, und zwar zur Versendung in das Ausland. Eindeutig gehe aus ihren Unterlagen auch hervor, daß die Ausfuhrnachweise beim Spediteur vorhanden gewesen seien. Unter Berufung auf die Ausführungen von Lang (Der Betriebs-Berater -- BB -- 1955 S. 154) und Wilhelmi (Umsatzsteuer-Rundschau -- UStR -- 1956 S. 82) ist die Bfin. der Auffassung, daß § 14 Abs. 3 UStDB als erfüllt anzusehen sei. Eine eingehende Prüfung hätte ferner ergeben, daß die in das Ausland gelieferten Waren auch bezahlt worden seien, die Lieferungen also tatsächlich in das Ausland gelangt seien.
Entscheidungsgründe
Die Rb. kann keinen Erfolg haben.
1. Die Frage, ob rechtsgültig durch § 16 Abs. 2 UStG in Verbindung mit § 25 Abs. 2 UStDB eine Form für den Ausfuhrnachweis zwingend vorgeschrieben werden könne, kann dahingestellt bleiben. Die Bfin. hat die in § 25 Abs. 2 UStDB vorgeschriebenen grünen Spediteurbescheinigungen vorgelegt und damit die Form des Nachweises gewahrt. Sie hat innerhalb der in Betracht kommenden Frist nach den Feststellungen des Finanzgerichts die Ausfuhr durch andere Bescheinigungen nicht nachgewiesen. Entscheidend ist allein, daß die formgerechten grünen Spediteurbescheinigungen nicht zeitgerecht vorgelegt worden sind. Dafür wäre es nach Auffassung der Vorinstanz erforderlich gewesen, die grünen Spediteurbescheinigungen innerhalb der Antragsfrist vorzulegen.
2. Die Auffassung des Finanzgerichts ist insoweit nicht zu beanstanden. Sie entspricht dem Urteil des Senats V 43/58 U vom 29. Januar 1959 (a. a. O.), wonach ein fehlender Ausfuhrnachweis noch bis zum Ablauf der Antragsfrist beschafft werden kann.
Die Bfin. glaubt diesem Urteil nicht folgen zu können, weil nach ihrer Auffassung weder im UStG noch in den UStDB für die Beibringung des Ausfuhrnachweises eine Ausschlußfrist gesetzt worden sei. Der Bfin. ist insoweit zuzustimmen, daß eine Ausschlußfrist nur für die Stellung des Vergütungsantrages gesetzlich vorgeschrieben ist (§ 158 Abs. 1 AO, §§ 75, 80 UStDB). Wenn die Bfin. jedoch daraus folgert, daß der Ausfuhrnachweis noch bis zur endgültigen Entscheidung durch das Finanzamt erbracht werden könne, so berücksichtigt sie dabei nicht, daß der Vergütungsanspruch nur eine Form der Regelung des Steueranspruchs darstellt (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs V 52/56 S vom 22. Januar 1960, BStBl 1960 III S. 111, Slg. Bd. 70 S. 299, und V 1/59 S vom 22. Dezember 1960, BStBl 1961 III S. 197, Slg. Bd. 72 S. 542). Dies hat zur Folge, daß der Vergütungsanspruch ebenso wie der Steueranspruch erst entsteht, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Vergütung knüpft (vgl. § 3 Abs. 3 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 StAnpG). Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats bildet der Ausfuhrnachweis eine sachlich-rechtliche Voraussetzung für den Vergütungsanspruch (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs V 199/53 U vom 30. Oktober 1953, BStBl 1953 III S. 367, Slg. Bd. 58 S. 199; V 1/59 S vom 22. Dezember 1960, a. a. O.). Dies bedeutet, daß der Ausfuhrnachweis zum gesetzlichen Tatbestand gehört, dessen Verwirklichung erst einen Vergütungsanspruch entstehen läßt. Es verhält sich insofern gerade anders als im bürgerlichen Recht. Hier entstehen Ansprüche in der Regel durch Vereinbarung zwischen den Parteien, unabhängig davon, ob das Entstehen und das Bestehen des Anspruchs nachgewiesen werden kann. Wenn die Bfin. auf den allgemeinen prozeßrechtlichen Grundsatz hinweist, daß ein Nachweis bis zum Schluß der beweisaufnahme geführt werden könne, so verkennt sie damit die besondere Natur des hier in Frage stehenden Nachweises. Im steuerrechtlichen Vergütungsrecht ist, wenn der Ausfuhrnachweis nicht geführt wird, der Vergütungsanspruch überhaupt nicht entstanden. Deshalb ist der Senat in dem Urteil V 43/58 U vom 29. Januar 1959 (a. a. O.) auch davon ausgegangen, daß die Belege grundsätzlich im Zeitpunkt der Antragstellung, spätestens jedoch im Zeitpunkt der Bewilligung der Vergütung, bereits vorhanden sein müssen. Denn andernfalls besteht ein Vergütungsanspruch nicht, der geltend gemacht oder zugesprochen werden könnte.
Folgt man der Auffassung der Bfin., daß eine Frist zur Nachweisführung gesetzlich nicht vorgeschrieben sei, so hätte dies rechtlich nur zur Folge, daß eine Vergütung überhaupt nicht gewährt werden durfte. Ist aber eine Vergütung gleichwohl gewährt worden, obwohl der Vergütungsanspruch wegen Fehlens des Ausfuhrnachweises nicht entstanden war, so durfte die Vergütung auch zurückgefordert werden (vgl. § 76 Abs. 2 UStDB).
Keinesfalls kann aber die Bfin. mit ihrem Einwand erreichen, daß der Ausfuhrnachweis jederzeit nachträglich, insbesondere bis zur endgültigen Entscheidung des Finanzamts geführt werden kann. Soweit die Bfin. eine solche Folge mit ihrem Einwand geltend machen will, übersieht sie, daß die Vergütung nur auf Antrag gewährt wird und der Antrag innerhalb einer bestimmten Frist zu stellen ist. Für den Beginn der Antragsfrist sind gesetzlich besonders festgelegte Zeitpunkte maßgebend (vgl. § 75 Abs. 1 UStDB). Mit dem Ablauf der Antragsfrist kann der Vergütungsanspruch nicht mehr geltend gemacht werden. Es nützt demnach nichts, wenn nach Ablauf der Ausschlußfrist ein Ausfuhrnachweis geführt wird. Denn es beginnt mit dem Zeitpunkt des Nachweises für die Ausfuhr nicht eine neue Frist für einen neuen Antrag zu laufen, mit dem der nunmehr erst vollständig zur Entstehung gelangte Vergütungsanspruch geltend gemacht werden könnte.
Gerade diesem Umstand trägt das Urteil des Senats V 43/58 U vom 29. Januar 1959 (a. a. O.) Rechnung, wenn es den Ausfuhrnachweis bis zum Ablauf der Frist zuläßt, innerhalb der ein Vergütungsanspruch überhaupt noch geltend gemacht werden kann. Damit ist nicht entgegen der gesetzlichen Regelung eine besondere Ausschlußfrist für die Nachweisführung selbst durch die Rechtsprechung des Senats eingeführt worden. Der Senat hat vielmehr den Grundsatz, daß innerhalb der für den Vergütungsantrag laufenden Ausschlußfrist noch die bisher nicht verwirklichten Tatbestandsmerkmale des Vergütungsanspruchs verwirklicht und nachgewiesen werden können, im Wege der Gesetzesauslegung gewonnen. Der Senat sieht keine Veranlassung, auf Grund der Ausführungen der Bfin. von dieser Rechtsprechung, die sich zugunsten der Antragsteller auswirkt, abzuweichen.
Unter diesen Umständen braucht auf den Einwand der Bfin. nicht eingegangen zu werden, daß die Ermächtigung des Verordnungsgebers nicht ausreiche, um eine Ausschlußfrist für die Beibringung des Ausfuhrnachweises zu setzen. Denn der Ausfuhrnachweis gehört, wie dargetan, zum gesetzlichen Tatbestand. Solange der Ausfuhrnachweis nicht geführt ist, ist der Vergütungsanspruch noch nicht entstanden.
3. Es bedarf auch keiner Entscheidung darüber, ob § 75 Abs. 2 UStDB deshalb unwirksam ist, weil dort bestimmte Angaben für den Vergütungsantrag gefordert werden, ohne daß dabei der Inhalt der Angaben aus der Rechtsverordnung selbst ersichtlich ist. Für die Entscheidung kommt es nicht darauf an. Unstreitig sind nämlich die im Vordruck verlangten Angaben von der Bfin. gemacht worden.
4. Die Bfin. kann auch mit ihrem weiteren Einwand nicht durchdringen, die Verpflichtung zum eindeutigen und leichten Buchnachweis erfordere nicht, daß die Ausfuhrbescheinigungen im Besitz des ausführenden Unternehmers sein müßten. Es genüge vielmehr, wenn aus den Unterlagen des Ausführers sich ergebe, daß die Belege für den Ausfuhrnachweis sich beim Spediteur befänden.
Mit diesen Ausführungen berücksichtigt die Bfin. aber nicht die Vorschriften über den Buchnachweis, von dem der Ausfuhrnachweis einen Teil darstellt. Wie das Finanzgericht zutreffend ausgeführt hat, müssen die zum Ausfuhrnachweis gehörenden Belege Bestandteil der Buchführung des Ausführers sein. Dies ergibt sich aus der Regelung über den Buchnachweis insgesamt, insbesondere aber aus den Verweisungen im § 77 Abs. 1 Ziff. 1 UStDB auf § 23 UStDB für den Begriff der Ausfuhrlieferung und in § 23 Ziff. 3 UStDB auf § 26 UStDB für den Nachweis der Voraussetzungen in Ziff. 1 (Abschluß des Umsatzgeschäfts mit einem ausländischen Abnehmer) und in Ziff. 2 (nachweisliche Versendung in das Ausland). Die bei Versendung in das Ausland durch einen vom Unternehmer beauftragten Beförderungsunternehmer maßgebende Buchführungsvorschrift des § 26 Ziff. 3 Buchst. a UStDB sieht einen Hinweis auf die Belege über die Versendung an den Beförderungsunternehmer und über die Versendung durch diesen in das Ausland vor. Durch diesen Hinweis werden die Belege über die Ausfuhr Bestandteil der Buchführung des Ausführers. Ein solcher Hinweis könnte aber nicht angebracht werden, wenn die Belege sich nicht in den Händen des Ausführers, sondern des Spediteurs befänden und dies nicht nur vorübergehend der Fall wäre. Wären deshalb die zum Ausfuhrnachweis gehörenden Belege nicht Bestandteil der Buchführung des Ausführers, dann könnte einerseits der Buchungsvorschrift des § 26 Ziff. 3 Buchst. a UStDB nicht genügt werden. Es fehlte aber auch noch daran, daß die nachzuweisenden Voraussetzungen eindeutig und leicht nachprüfbar aus der Buchführung zu ersehen sein müssen (§ 14 Abs. 3 UStDB). Dies ist aber ein für den Buchnachweis zwingendes Gebot (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs V 160/59 S vom 21. Dezember 1961, BStBl 1962 III S. 209, Slg. Bd. 74 S. 565). Tritt schon beim Fehlen des Hinweises auf die Belege bei der Nachprüfung in der Regel eine Erschwerung ein, so erst recht dann, wenn nicht nur dieser Hinweis fehlt, die Belege sich darüber hinaus auch noch beim Spediteur befinden und erst bei diesem herausgesucht werden müssen. Dabei ist es ohne Belang, daß der Ausführer sich nur eines Spediteurs bedient, der am Ort des Ausführers sich befindet. Mit Rücksicht auf die dargestellte Rechtslage kann der Senat auch nicht den Ausführungen im Schrifttum folgen, daß es genüge, wenn die Belege beim Spediteur greifbar seien.
Die Rb. war unter diesen Umständen als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
BStBl III 1965, 628 |
BFHE 1966, 356 |