Entscheidungsstichwort (Thema)
Grunderwerbsteuer, Kfz-Steuer, sonstige Verkehrsteuern
Leitsatz (amtlich)
Werden bei einem Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit Gebäude außer gegen Feuerschäden auch gegen Sturmschäden versichert, so ist die Steuer auch dann nach § 4 Nr. 2 FeuerschStDB von der Hälfte des Gesamtbetrags des Versicherungsentgelts zu berechnen, wenn das in einem Gesamtbetrag angegebene Versicherungsentgelt für beide Versicherungen nicht höher ist, als das Versicherungsentgelt für die Feuerversicherung allein vor Einbeziehung der Versicherung der Gebäude gegen Sturmschäden war.
Normenkette
FeuerschStG § 3; FeuerschStDB § 4
Tatbestand
Der "X.-Feuerversicherungs-Verein auf Gegenseitigkeit" (Bg.) betrieb und betreibt die Feuerversicherung. Am 30. Juni 1956 teilte er dem Finanzamt mit, daß seit dem 1. Januar 1956 die gegen Feuer versicherten Gebäude auch gegen Sturmschäden versichert seien und damit insoweit nach § 4 Nr. 2 der Durchführungsbestimmungen zum Feuerschutzsteuergesetz (FeuerschStDB) die Feuerschutzsteuer nur noch von der Hälfte des auf die in Betracht kommenden Versicherungen entfallenden Gesamtbetrages zu berechnen sei. Er verlangte die anderweitige Festsetzung der für Mai 1956 vom Finanzamt entsprechend der von ihm eingereichten Nachweisung festgesetzten Feuerschutzsteuer. Das Finanzamt gab dem Antrag statt. Dementsprechend gab der Bf. in der Folgezeit in den Nachweisungen die der Feuerschutzsteuer zugrunde zu legenden Entgelte jeweils nur in Höhe der Hälfte der Gesamtentgelte an.
Auf Grund nochmaliger Prüfung hielt das Finanzamt später die Anwendbarkeit des § 4 Nr. 2 FeuerschStDB nicht mehr für gegeben und forderte mit Bescheid vom 21. September 1957 für die Zeit Juni 1956 bis einschließlich Juli 1957 an Feuerschutzsteuer einen Betrag von ... DM nach. Den hiergegen eingelegten Einspruch begründete der Bg. mit dem Hinweis auf die Eindeutigkeit der genannten Bestimmungen; zu einer anderen Auslegung gebe die Bestimmung keinen Anlaß.
Der Einspruch wurde als unbegründet zurückgewiesen. Zwar decke der Wortlaut der Bestimmung die Auffassung des Bg. Nach § 1 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) seien jedoch die Volksanschauung, der Zweck und die wirtschaftliche Bedeutung der Steuergesetze und die Entwicklung der Verhältnisse zu berücksichtigen. Wenn die formell-rechtliche Betrachtungsweise zu einem unsinnigen Ergebnis führe, das der Gesetzgeber nicht habe voraussehen können und auch nicht gewollt haben könne, sei eine andere Beurteilung geboten. Im Streitfall werde die wörtliche Auslegung der in Betracht kommenden Bestimmung den tatsächlichen Verhältnissen nicht gerecht. Der Bg. habe beispielsweise im Jahre 1956 rund ... DM an Entschädigung für Sturmschäden zahlen müssen. Die gesamten Prämien hätten in dieser Zeit rund ... DM betragen. Die Auszahlungen machten also nicht einmal 1 v. H. der gesamten Prämieneinnahmen aus. Das auf Grund § 4 Nr. 2 FeuerschStDB Eingesparte würde für 1956 über 6.800 DM betragen haben, also die Auszahlungen für Sturmschäden bei weitem übersteigen. Der Bg. habe damit die Sturmschäden ohne Prämienerhöhung und ohne Wagnis mitversichern können.
Das Finanzgericht gab der Berufung unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung und des Steuernachforderungsbescheides statt. Es liege eine kombinierte Versicherung vor. Für diesen Fall solle nach der Bestimmung des § 4 FeuerschStDB die Steuer nur von der Hälfte des Gesamtbetrages berechnet werden, wenn nicht eine Trennung der für die einzelnen Versicherungsarten gezahlten Entgelte vorgenommen sei, die im Versicherungsvertrag vereinbart sein müsse. Die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit der Bestimmung seien also im Streitfall gegeben. Der Auffassung des Finanzamts, daß für die Anwendung der Bestimmung im Streitfall kein Raum sei, könne nicht gefolgt werden. Die Bestimmung stelle keine Vergünstigung dar, sondern diene der Vereinfachung bei der Feststellung der Steuerberechnungsgrundlage. Daß sich im Streitfall die Bestimmung günstig für den Versicherer auswirke, könne nach dem Sinn und Zweck der Bestimmung keine Bedeutung haben. Eine Auslegung der Bestimmung gegen ihren Wortlaut sei daher nicht gerechtfertigt.
Entscheidungsgründe
Der Rb. des Vorstehers des Finanzamts muß der Erfolg versagt bleiben.
Die Bestimmung, deren Anwendbarkeit auf den Streitfall in Frage steht (ß 4 FeuerschStDB), lautet:
"Wird das Versicherungsentgelt für eine Versicherung, die außer der Feuerversicherung noch andere Versicherungszweige oder andere Versicherungsarten umfaßt, nur in einem Gesamtbetrag angegeben und stellt die Versicherung keine selbständige Versicherung im Sinn des § 6 des Versicherungsteuergesetzes dar, so ist die Steuer
bei der Hausratversicherung gegen Feuer-, Einbruchsdiebstahl- und Wasserleitungsschäden ... von 40 vom Hundert,
in den übrigen Fällen ... von der Hälfte des Gesamtbetrages zu berechnen."
Es liegt auf der Hand, daß mit dieser Bestimmung der damals nach § 12 Abs. 1 AO zum Erlaß einer solchen Bestimmung ermächtigte Reichsminister der Finanzen sowohl der Steuerbehörde als auch dem Vorsteher die Arbeit der Ermittlung des Teils des Gesamtbetrags ersparen sollte, der auf die Feuerversicherung entfällt. Die Bestimmung dient also, wie das Finanzgericht zu Recht angenommen hat, ausschließlich der Vereinfachung. Sie kann sich günstig entweder für den Steuergläubiger oder für den Steuerpflichtigen, aber auch ungünstig entweder für den Steuergläubiger oder für den Steuerpflichtigen auswirken. Auch eine ungünstige Auswirkung für den Steuergläubiger muß also als von der Bestimmung gewollt angesehen werden, gleichgültig in welchem Ausmaß sich im einzelnen Fall die Bestimmung ungünstig für den Steuergläubiger auswirkt. Dies liegt eben im Wesen einer Vereinfachungsbestimmung dieser Art begründet. Eine vom Reichsminister der Finanzen nicht gewollte Lücke, die von den Steuergerichten im Wege der Rechtsprechung auszufüllen wäre, könnte mithin auch dann nicht als gegeben angesehen werden, wenn der Anteil der Nichtfeuerversicherung am Gesamtbetrag ungewöhnlich gering wäre. Dabei muß angesichts der Eindeutigkeit der Bestimmung unbeachtet bleiben, daß - wie das Finanzamt geltend macht - es im Zeitpunkt des Erlasses der Bestimmung einen Einschluß der Sturmschädenversicherung in die Feuerversicherung noch nicht gegeben habe. Der Reichsminister der Finanzen mußte jedenfalls mit einer Entwicklung rechnen, daß mit der Feuerversicherung noch andere Versicherungen als damals üblich verbunden werden würden.
Allerdings geht die Bestimmung davon aus, daß bei mehreren Versicherungen auf jede ein Teil des Gesamtbetrags entfällt. Es kann aber dem Finanzamt nicht gefolgt werden, wenn es annimmt, daß im Streitfall auf die Feuerversicherung ein Entgeltsanteil "von mehr als 99 v. H.", also von 100 v. H. oder von nahezu 100 v. H. entfällt. Die Gebäude sind unstreitig gegen Feuer und Sturmschäden versichert. Es mag sein, daß die Gefahr von Feuerschäden größer ist als die Gefahr von Sturmschäden. Es kann aber nicht gesagt werden, daß die Gefahr von Sturmschäden - auch unter Berücksichtigung dessen, daß die Versicherungsnehmer Sturmschäden bis zu 100 DM selbst zu tragen haben - gleich Null oder nahezu Null beträgt, worauf die Meinung des Finanzamts hinausläuft. Damit bezieht sich der Gesamtbetrag, mag er auch nicht höher sein, als das Versicherungsentgelt für die Feuerversicherung vor der Einbeziehung der Sturmschäden in die Versicherung war, auch mit einem Teil auf die übernahme des Wagnisses für die Sturmschäden. Es muß dem Versicherer überlassen bleiben, wie hoch er den Gesamtbetrag bemißt. Es mag sein, daß im Jahre 1956 die Sturmschäden so gering waren, daß sich die Regelung ungewöhnlich günstig für den Bg. ausgewirkt hat, es hätte in diesem Jahre aber auch anders liegen können. Maßgebend ist nicht der tatsächliche Verlauf der Dinge, sondern das übernommene Wagnis, das keineswegs für die Sturmgefahr mit Null oder mit nahezu Null angenommen werden kann. Der Bg. weist mit Recht auf seine Satzung hin, wonach im Schadensfall unbegrenzte Nachschußpflicht bestehe. Die Meinung des Finanzamts läßt die Nichtübersehbarkeit des Wagnisses bei der Versicherung von Gebäuden gegen Sturmschäden unberücksichtigt. Sie läßt sich schon deshalb auch nicht mit dem Hinweis auf die Rechtsprechung zu § 1 Abs. 3 GrEStG, wonach die Vereinigung aller Anteile in einer Hand auch dann gegeben ist, wenn ein Zwerganteil in anderen Händen bleibt, begründen.
Fundstellen
Haufe-Index 410573 |
BStBl III 1962, 471 |
BFHE 1963, 557 |
BFHE 75, 557 |