Leitsatz (amtlich)
1. Veräußert der Steuerpflichtige einen von mehreren von ihm im gleichen Gebäude unterhaltenen Gewerbebetrieben, beläßt er jedoch das allen Betrieben als gemeinsame Grundlage dienende Grundstück in vollem Umfang im Betriebsvermögen, so liegt keine steuerlich begünstigte Betriebsveräußerung (Teilbetriebsveräußerung) vor.
2. Die ordnungsgemäße Geltendmachung der Rüge der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des (Finanz-)Gerichts setzt voraus, daß konkrete Anhaltspunkte für die Fehlerhaftigkeit der Besetzung dargelegt werden (Anschluß an das Urteil des BFH vom 5. März 1970 V R 135/68, BFHE 98, 239, BStBl II 1970, 384).
2. Zur Bedeutung der Zweiwochenfrist in § 104 Abs. 2 FGO bei Zustellung des Urteils.
Normenkette
EStG §§ 16, 34; FGO § 104 Abs. 2, § 119 Nr. 1, § 120 Abs. 2; AO § 222 Abs. 1 Nr. 1
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Eigentümer eines Hotelgrundstücks. Im Erdgeschoß des Gebäudes wird ein Restaurant betrieben. Mit Kaufvertrag vom 25. Juni 1964 veräußerte der Kläger "das Restaurant einschließlich des gesamten Inventars", wodurch ein Veräußerungsgewinn von 212 000 DM entstand. Der Käufer erwarb außerdem den Warenbestand. Die im Betriebsvermögen des Klägers verbliebenen Räumlichkeiten mietete der Erwerber zusammen mit einigen Kellerräumen durch gesonderten Vertrag vom gleichen Tage gegen ein Entgelt von monatlich 5 500 DM auf zehn Jahre mit einem Optionsrecht für weitere fünf Jahre.
Der Kläger und seine mit ihm zusammenveranlagte Ehefrau (die Kläger und Revisionskläger - die Kläger -) beantragten bei ihrer Einkommensteuerveranlagung 1964 unter kurzer Schilderung des Sachverhalts, den Vorgang als begünstigte Teilbetriebsveräußerung im Sinne von §§ 16 Abs. 1, 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG zu behandeln. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) gab diesem Ersuchen in einem zunächst nach § 100 Abs. 2 AO in vollem Umfang vorläufigen Steuerbescheid statt; kurze Zeit darauf wurde der Steuerbescheid aus anderen Gründen geändert und - unter Gewährung der Steuervergünstigung des § 34 EStG - für endgültig erklärt.
Bei einer im Jahre 1969 u. a. für das Streitjahr 1964 durchgeführten Betriebsprüfung stellte das FA einen auf neuen Tatsachen beruhenden Mehrgewinn von 100 000 DM fest; außerdem war der Betriebsprüfer der Meinung, daß die Voraussetzungen für eine begünstigte Teilbetriebsveräußerung nicht vorgelegen hätten. Der Einkommensteuerbescheid 1964 wurde entsprechend berichtigt (§ 222 AO). Einspruch und Klage zum FG hatten keinen Erfolg. Gegen die Entscheidung des FG richtet sich die Revision der Kläger mit dem Antrag, das FG-Urteil aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 1964 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15. Oktober 1970 zu ändern und bei der Festsetzung der Einkommensteuer 1964 einen Teilbetrag des gewerblichen Gewinns von 212 000 DM dem ermäßigten Steuersatz nach §§ 16 und 34 EStG zu unterwerfen, hilfsweise, diesen Teilbetrag unter anteiliger Auflösung der Gewerbesteuerrückstellung ab 1964 gleichmäßig auf 15 Jahre zu verteilen, hilfsweise, die Sache zur anderweitigen Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.
Die Kläger rügen die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
1. Die von den Klägern erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch.
a) Der gerügte Verfahrensmangel der nicht ordnungsgemäßen Besetzung des FG (§ 119 Nr. 1 FGO) ist nicht in der von § 120 Abs. 2 FGO vorgeschriebenen Form geltend gemacht worden. Diese Vorschrift verlangt, daß die Tatsachen bezeichnet werden, die den Mangel ergeben. Dazu genügt es nicht, daß ein Revisionskläger sozusagen "auf Verdacht" mögliche Verfahrensmängel behauptet, die das Revisionsgericht dann in tatsächlicher Form zu prüfen hätte. Die ordnungsmäßige Geltendmachung der Rüge setzt voraus, daß konkrete Anhaltspunkte für die Fehlerhaftigkeit der Besetzung des FG dargelegt werden, wozu gegebenenfalls eigene Ermittlungen angestellt werden müssen (Urteil des BFH vom 5. März 1970 V R 135/68, BFHE 98, 239, BStBl II 1970, 384).
Im Streitfall haben die Kläger innerhalb der Revisionsbegründungsfrist keinerlei konkrete Tatsachen vorgetragen, die den Schluß rechtfertigen könnten, daß der zuständige Vorsitzende nicht verhindert und deshalb nicht geschäftsplanmäßig vertreten gewesen sei. Das Vorbringen in der mündlichen Verhandlung, der Vorsitzende Richter sei nicht verhindert gewesen, da er als Zuhörer an einem Steuerberaterkongreß teilgenommen habe, ist verspätet und kann nicht mehr berücksichtigt werden. Die Behauptung der Kläger, ein Senatspräsident (Vorsitzender Richter) könne nur durch einen anderen Senatspräsidenten vertreten werden, läßt sich aus dem Gesetz nicht herleiten (vgl. BFH-Beschluß vom 28. Juni 1967 VII B 36/66, BFHE 89, 90, BStBl III 1967, 516).
b) Die Vorentscheidung ist auch nicht wegen Verletzung der Vorschrift des § 104 Abs. 2 FGO aufzuheben. Diese Vorschrift läßt zu, daß die Verkündung einer Entscheidung ersetzt wird durch ihre Zustellung. In diesen Fällen "ist das Urteil binnen zwei Wochen nach der mündlichen Verhandlung der Geschäftsstelle zu übergeben"; die Vorschrift entspricht insoweit der des § 105 Abs. 3 Satz 1 FGO für den Fall der Verkündung. Aus der Tatsache, daß § 104 Abs. 2 FGO keine dem § 105 Abs. 3 Satz 2 FGO entsprechende "Ausnahmeregelung" enthält, kann entgegen der Auffassung der Kläger nicht geschlossen werden, daß bei Zustellung binnen zwei Wochen das vollständige Urteil bei der Geschäftsstelle niedergelegt sein müsse. Weder der Sinn der Bekanntgabe durch Zustellung - nämlich prozessualen Leerlauf zu vermeiden - noch der Schutz der Prozeßbeteiligten erfordern eine strengere Handhabung der geschäftsmäßigen Behandlung bei der Urteilsabfassung. In beiden Fällen muß die Urteilsformel binnen zwei Wochen bei der Geschäftsstelle niedergelegt sein; in beiden Fällen kann die Niederlegung des vollständigen Urteils nachgeholt werden, wobei die Frist zur "alsbald nachträglichen" Niederlegung des vollständigen Urteils ihre zeitliche Grenze darin findet, daß die Entscheidung auf der Grundlage des mündlichen Verfahrens ergehen muß (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO). Daß das FG im Streitfall gegen diesen Grundsatz verstoßen hätte, haben die Kläger weder schlüssig dargetan noch ergibt sich dies aus dem Zeitablauf.
Den Klägern kann auch nicht darin gefolgt werden, daß diese Auslegung dem Wortlaut des § 104 Abs. 2 FGO widerspreche, da der Gesetzgeber den Begriff "Urteil" nicht ausschließlich im Sinne der vollständigen Abfassung (§ 105 Abs. 2 FGO) gebraucht; so spricht selbst § 105 Abs. 3 Satz 2 FGO von dem "unterschriebenen Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe…". Im gleichen Sinne ist § 104 Abs. 2 Halbsatz 2 zu verstehen (ebenso BFH-Urteil vom 25. April 1972 VII R 1/69 und BFH-Beschluß vom 21. Januar 1972 VI B 118/70, beide nicht veröffentlicht; v. Wallis-List in Hübschmann-Hepp-Spitaler, Kommentar zur Reichsabgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, § 104 FGO Rdnr. 21, § 105 FGO Rdnr. 30; Gräber in Deutsche Steuer-Zeitung, Ausgabe A, 1972 S. 217; Beschluß des BVerwG vom 24. Juni 1971 I CB 4/69, NJW 1971, 1854, zu den gleichlautenden Vorschriften der §§ 116 Abs. 2, 117 Abs. 3 der VwGO).
2. Das FG hat zu Recht die verfahrensmäßigen Voraussetzungen für die Berichtigung des Einkommensteuerbescheides 1964 gemäß § 222 Abs. 1 Nr. 1 AO für gegeben erachtet. Die Kläger bestreiten nicht, daß das FA durch die Betriebsprüfung von ihm bisher unbekannten Tatsachen Kenntnis erlangt hat, die zu einer Gewinnmehrung von 100 000 DM führten. Das FA mußte daraufhin den gesamten Steuerfall in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht erneut prüfen (vgl. BFH-Urteil vom 30. Januar 1969 V 149/64, BFHE 95, 236, BStBl II 1969, 409) und das streitige Veräußerungsgeschäft in diese Prüfung einbeziehen. Die von den Klägern gegen die Zulässigkeit der Berichtigung erhobenen Einwendungen können keinen Erfolg haben.
a) Ob die Betriebsprüfung unter Beachtung der Vorschrift des § 4 Abs. 2 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift für die Betriebsprüfung - Betriebsprüfungsordnung (Steuer) - auf das Streitjahr ausgedehnt wurde oder nicht, ist für die Entscheidung nicht maßgeblich, da das Gesetz die Berichtigung zu Lasten des Steuerpflichtigen nicht von der Aufdeckung neuer Tatsachen durch eine Betriebsprüfung abhängig macht (§ 222 Abs. 1 Nr. 1 AO). Selbst wenn diese Tatsachen durch rechtswidrige Maßnahmen der Betriebsprüfung festgestellt worden wären, würde sich daraus allein kein allgemeines Verwertungsverbot ergeben (BFH-Beschluß vom 2. Juli 1969 I B 10/69, BFHE 96, 300, BStBl II 1969, 636), solange die Anordnung der Betriebsprüfung nicht angefochten und für rechtswidrig erklärt wurde (BFH-Urteil vom 7. Juni 1973 V R 64/72, BFHE 109, 500, BStBl II 1973, 716). Das FG konnte daher die entsprechenden Beweisanträge der Kläger unberücksichtigt lassen.
b) Das FA hat seinen Berichtigungsanspruch auch nicht dadurch "verwirkt", daß es den zunächst vorläufigen Steuerbescheid vor der Berichtigung für endgültig erklärt hatte. § 222 AO sieht die Berichtigung unanfechtbar gewordener, endgültiger Bescheide vor. Ob der zu berichtigende Verwaltungsakt sofort bei Erlaß oder erst später für endgültig erklärt wurde, kann zumindest im Streitfall aus folgenden Gründen nicht ausschlaggebend sein:
Den Klägern war bekannt, daß das Streitjahr noch nicht geprüft war; sie mußten daher mit einer Prüfung des Großbetriebes rechnen. Sie konnten auch nach Treu und Glauben nicht darauf vertrauen, das FA habe sich durch die Endgültigkeitserklärung jeder weiteren Möglichkeit zur Änderung der festgesetzten Einkommensteuer begeben wollen. Nach den unbestrittenen Feststellungen des FG beruhte die Vorläufigkeit der Veranlagung auf dem Fehlen von Angaben der Kläger zum Unterhalt von Familienangehörigen. Nach Vervollständigung dieser Angaben erklärte das FA den Bescheid für endgültig.
3. Materiell-rechtlich ist die Vorentscheidung ebenfalls nicht zu beanstanden.
a) Die Kläger haben keinen Teilbetrieb im Sinne von § 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG veräußert. Das FG hat zu Recht offengelassen, ob es sich bei dem Restaurationsbetrieb um einen "Teilbetrieb" handelte. Jedenfalls fehlt es an einem begünstigten Veräußerungsvorgang im Sinne von §§ 16 34 EStG. § 34 Abs. 1 EStG rechtfertigt die Anwendung eines niedrigeren Steuersatzes nur bei Realisierung aller wesentlichen stillen Reserven eines Betriebes/Teilbetriebes; im Streitfall behielten die Kläger das Betriebsgrundstück in ihrem Betriebsvermögen; das Grundstück gehörte - anteilig - zu den wesentlichen dem Restaurationsbetrieb gewidmeten Wirtschaftsgütern. Daß die Verpachtung des Grundstücks bei der Übertragung derartiger Betriebe mehr und mehr den Gegebenheiten der modernen Wirtschaftsentwicklung entspricht, kann nicht zu einer abweichenden Auslegung des insoweit eindeutigen Wortlauts der Vorschriften der §§ 34 und 16 EStG führen, die eine steuerliche Begünstigung des Gewinns von der Veräußerung bzw. Aufgabe aller wesentlichen Betriebsgrundlagen abhängig machen. Selbst wenn dem Kläger aus rechtlichen oder sonstigen Gründen eine Mitveräußerung des Grundstücksanteils nicht möglich gewesen oder nicht sinnvoll erschienen sein sollte, könnte das keine abweichende Beurteilung rechtfertigen. Ebenso kann dahingestellt bleiben, ob die Überführung eines entsprechenden Anteils am Grund und Boden in das Privatvermögen steuerlich anzuerkennen gewesen wäre.
Die Rechtsprechung des BFH hat Grundstücke jedenfalls dann stets als wesentliche Grundlage eines Betriebes angesehen, wenn sie ein besonderes wirtschaftliches Gewicht für die Betriebsführung besaßen (z. B. Urteile vom 25. Juli 1968 IV R 261/66, BFHE 93, 82, BStBl II 1968, 677 für ein Hotelgrundstück; vom 24. Januar 1968 I 76/64, BFHE 91, 368, BStBl II 1968, 354 mit weiteren Hinweisen; vom 26. September 1968 IV 22/64, BFHE 94, 10, BStBl II 1969, 69 für Fabrikgrundstücke; vom 14. Juni 1967 VI 180/65, BFHE 89, 515, BStBl III 1967, 724, für ein Café). Bei Veräußerung des Betriebsvermögens ohne das Betriebsgrundstück ist die Annahme einer begünstigten Betriebsveräußerung in Fällen dieser Art regelmäßig abgelehnt worden (z. B. Urteile VI 180/65, IV 22/64). Hieran hält der Senat auch für den Fall fest, daß einer von mehreren, im gleichen Gebäude unterhaltenen Einzelbetrieben (Teilbetrieben) veräußert wird und das Grundstück die gemeinsame Betriebsgrundlage aller dieser Einzelbetriebe (Teilbetriebe) darstellt.
Das FG hat unter Beachtung dieser Grundsätze zutreffend angenommen, daß das Grundstück insbesondere wegen der günstigen Lage im Zentrum einer Großstadt in Theaternähe, wegen der guten Einführung des Restaurants über den örtlichen Bereich hinaus und wegen des guten Zustandes des Betriebsgebäudes und der Restaurationsräume zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen gehört hat. Diese Feststellungen liegen auf tatsächlichem Gebiet und binden den Senat nach § 118 Abs. 2 FGO; die rechtliche Schlußfolgerung des FG ist möglich. Es entspricht auch der Lebenserfahrung, daß - neben der Qualität der gebotenen Leistungen - vor allem der Lage und der besonderen Ausgestaltung von Räumlichkeiten wesentliche Bedeutung für den erfolgreichen Betrieb eines gepflegten Restaurants zukommt, dessen persönliche Note geprägt wird durch den äußeren Rahmen, in dem es bestehen wird und auf den die Gäste entscheidenden Wert legen. Durch die Verlegung eines Restaurants wird in der Regel ein anderer Betrieb entstehen.
b) Der Vorentscheidung ist auch darin zuzustimmen, daß die durch die Veräußerung aufgedeckten stillen Reserven dem laufenden Gewinn des Streitjahres zuzurechnen sind. Dies ergibt sich bei der vom Kläger gewählten Vertragsgestaltung zwingend aus der Anwendung der Vorschriften über die Ermittlung des Gewinns durch Betriebsvermögensvergleich (§ 5 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 EStG). Für eine Verteilung des Gewinns auf die Laufzeit des Mietvertrages (Pachtvertrages) durch Bildung eines betragsmäßig sinkenden Rechnungsabgrenzungspostens fehlt jede rechtliche Grundlage.
aa) Das FG konnte aufgrund seiner tatsächlichen Feststellungen (rechtliche Selbständigkeit der beiden Verträge, Abfassung der einzelnen Vertragsbestimmungen, Bezeichnung der 240 000 DM als Kaufpreis in § 1 des Kaufvertrages, angemessene Höhe des vereinbarten Mietzinses mit Anbindung an den Lebenshaltungsindex, Hinweis auf die Höhe der Miete im Kaufvertrag, Mitwirkung eines Hausmaklers, Erfahrung des Klägers durch vorangegangene wiederholte Veräußerung bzw. Verpachtung des Restaurants) den Sachverhalt dahin gehend würdigen, daß der strittige Betrag von 212 000 DM im Rahmen der Veräußerung des Restaurants aufgrund des Kaufvertrages vom 25. Juni 1964 entrichtet wurde und daß ein Zusammenhang der Zahlung mit dem Mietverhältnis auszuschließen ist. An die Feststellung der tatsächlichen Verhältnisse ist der Senat gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO); die vom FG daraus gezogenen Schlüsse sind möglich und rechtlich nicht zu beanstanden. Entgegen der Auffassung der Kläger kann von der steuerlichen Behandlung des Vorgangs beim Erwerber kein entsprechender Schluß auf die steuerliche Behandlung beim Veräußerer gezogen werden.
bb) Die Kläger können im Revisionsverfahren auch mit ihrem neuen Vortrag, die Zahlung sei als Entgelt für das in § 11 des Kaufvertrages vereinbarte Wettbewerbsverbot anzusehen, nicht durchdringen. Der Einwand ist weder als Rüge unvollständiger Sachaufklärung durch das FG noch als solche der Verletzung materiellen Rechts begründet.
Die dem FG vorliegenden Unterlagen und Einlassungen der Beteiligten enthielten keinen Anhaltspunkt tatsächlicher Art für die Annahme, die 212 000 DM könnten als Gegenleistung für ein Wettbewerbsverbot gedacht gewesen sein; es bestand für die Vorinstanz keine Veranlassung, den Sachverhalt ohne entsprechenden Hinweis der Kläger in dieser Richtung zu untersuchen, zumal die jetzt von den Klägern - zusätzlich - vertretene Auffassung ihrem bisherigen Vortrag widerspricht, es habe sich um eine Mietvorauszahlung gehandelt. Eine entsprechende Aufklärung drängte sich schon deshalb nicht auf, weil § 11 des Kaufvertrages von den Vertragsparteien nicht ausgefüllt worden war.
Eine Auslegung dieser Vertragsbestimmung und das Fehlen einer entsprechenden Vorschrift in dem Mietvertrag läßt auch erkennen, daß die Vertragsparteien jedenfalls kein entgeltliches Konkurrenzverbot vereinbaren wollten. Ob sich die Annahme eines Wettbewerbsverbots aus dem bürgerlichen Recht herleiten ließe, ist damit für die Entscheidung des Streitfalls ebensowenig maßgeblich wie die Möglichkeit der Parteien, andere Vereinbarungen zu treffen.
cc) Auch der von den Klägern angesprochene "Teilwertgedanke" rechtfertigt nicht die Bildung eines entsprechenden Passivpostens zur Verteilung des Kaufpreises auf die Nutzungsdauer. Im Streitfall ist nicht ersichtlich, welche Auswirkungen der Veräußerungsvorgang auf den Teilwert der im Betriebsvermögen des Klägers verbliebenen Wirtschaftsgüter gehabt haben soll. Insbesondere ist dadurch der Teilwert des Restaurantgrundstücks nicht gesunken; die durch den Abschluß des Mietvertrages bewirkte Minderung des Nutzungswerts wird ausgeglichen durch die Mieteinnahmen. Ob und zu welchem Preis der Kläger den Gesamtbetrieb mit dieser Grundstücksbelastung hätte veräußern oder verpachten können, brauchte das FG ebensowenig zu prüfen wie die von den Klägern aufgeworfene Frage, welchen Preis sie für die Rückgängigmachung der Verträge hätten entrichten müssen. Ein vertragliches Rücktrittsrecht war nicht vereinbart. Wenn der Mieter eine einvernehmliche vorzeitige Auflösung des Mietvertrages von der - anteiligen - Rückzahlung des Kaufpreises abhängig gemacht hätte, hätte dies seinen Grund in den Modalitäten des Kaufvertrages, nicht aber in einer Änderung des Teilwerts des Grundstücks gehabt.
Fundstellen
Haufe-Index 71241 |
BStBl II 1975, 232 |
BFHE 1975, 85 |