Entscheidungsstichwort (Thema)
Körperschaftsteuer Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Verdeckte Gewinnausschüttungen können nicht nach ihrem Aufgriff durch die Betriebsprüfung auf Grund nachträglich gefaßter gesellschaftsrechtlicher Beschlüsse im Weg der Bilanzänderung nach § 4 Abs. 2 EStG in offene Gewinnausschüttungen umgewandelt werden.
Normenkette
KStG § 6 Abs. 1 S. 2, § 19/1/1/2, § 19 Abs. 3 S. 1; EStG § 4 Abs. 2; StAnpG § 4
Tatbestand
Bei der Revisionsklägerin (Steuerpflichtige - Stpfl. -), einer GmbH, fand im Oktober 1959 für die Jahre 1954 bis 1957 eine Betriebsprüfung statt, deren Feststellungen für die Veranlagungszeiträume 1954 bis 1956 (Streitjahre) in folgendem Punkte streitig sind:
Die alleinigen Gesellschafter der Stpfl. waren bis Ende 1956 gleichzeitig zu Geschäftsführern der Stpfl. bestellt. Neben laufenden Gehaltsbezügen erhielten sie eine als Tantieme bezeichnete Vergütung, und zwar insgesamt 44 000 DM für 1954, 47 000 DM für 1955 und 49 000 DM für 1956. Die Stpfl. bildete dafür in den einzelnen Jahresbilanzen entsprechende Rückstellungen. über die Höhe der Tantiemen wurde jeweils in den Gesellschafterversammlungen Beschluß gefaßt, die anläßlich der Genehmigung des Jahresabschlusses stattfanden. Die Jahresabschlüsse für 1954 bis 1956 wurden im Januar und Februar 1958 genehmigt, weil erst zu dieser Zeit wegen des jahrelangen Rückstandes der Buchhaltung Abschlüsse erstellt werden konnten. Betriebsprüfer und Revisionsbeklagter (Das Finanzamt - FA -) behandelten deshalb die zurückgestellten Tantiemen, die nachträglich an die Gesellschafter-Geschäftsführer gezahlt wurden, als verdeckte Gewinnausschüttungen.
Die Sprungberufung blieb ohne Erfolg. Mit der Rechtsbeschwerde (Revision) wird hierzu hilfsweise begehrt, die Bilanzen dergestalt zu ändern, daß die Tantiemerückstellungen als Gewinn ausgewiesen würden und auf diesem Wege der begünstigte Steuersatz des § 19 Abs. 3 KStG 1955 angewendet werde. Unter Hinweis auf Felix, Rundschau für GmbH 1963 S. 29, werde um Prüfung dahin gehend gebeten, ob der ermäßigte Steuersatz nicht von vornherein auf alle verdeckten Gewinnausschüttungen Anwendung finde.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Zu prüfen ist, ob die Stpfl. wegen Gewinnerhöhungen auf Grund der Betriebsprüfung noch nachträglich einen Gewinnverteilungsbeschluß herbeiführen kann. Hierzu wird im Schrifttum gelegentlich die Auffassung vertreten, das FA verstoße ganz allgemein gegen die Grundsätze des billigen Ermessens, wenn es einem Antrag des Steuerpflichtigen auf Bilanzänderung nach § 4 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes, in späteren Jahren festgestellte Mehrgewinne auf Grund eines nachträglich gefaßten Gewinnverteilungsbeschlusses zur Vermeidung des vollen Körperschaftsteuertarifs auszuschütten, die Zustimmung versage (so u. a. Lange, Neue Wirtschafts-Briefe, Fach 4 S. 401 406 und Bock, Rundschau für GmbH 1962 S. 140). Im Ergebnis würde dies dazu führen, den Kapitalgesellschaften für fast alle bei späterem Aufgriff durch die Betriebsprüfung festgestellte verdeckte Gewinnausschüttungen den günstigeren Körperschaftsteuertarif für berücksichtigungsfähige Gewinnausschüttungen gemäß § 19 Abs. 1 Ziff. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 19 Abs. 3 Satz 1 KStG zu gewähren. Der Senat kann sich dieser Auffassung nicht anschließen.
Der BFH hat zwar im Urteil I 65/61 U vom 10. April 1962 (Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 74 S. 690 - BFH 74, 690 -, BStBl III 1962, 255) im Anschluß an das Urteil I 143/56 vom 24. Juni 1957 (BFH 65, 433, BStBl III 1957, 400) für Ausnahmefälle die Möglichkeit anerkannt, die steuerlichen Folgen verdeckter Gewinnausschüttungen rückwirkend zu beseitigen. Hierfür ist aber erforderlich, daß die Beteiligten offensichtlich die steuerlichen Folgen ihrer Handlungsweise nicht überblicken konnten, diese Folgen ungewöhnlich hart sind und daß spätestens bis zur Aufstellung der Bilanz der frühere Zustand wiederhergestellt wird. Im Schrifttum wird hierzu die Meinung vertreten, daß es sich nur um seltene Ausnahmefälle handeln kann, in denen eine verdeckte Gewinnausschüttung nachträglich durch Bilanzänderung rückgängig zu machen ist. Außerdem wird überwiegend die vorherige Festlegung eines derartigen Vorgehens durch Satzungsklauseln der Kapitalgesellschaft gefordert (hierzu u. a. Barske, Die steuerliche Betriebsprüfung 1962 S. 192; Ehlers, Der Betriebs-Berater 1962 S. 1426; Felix, Rundschau für GmbH 1963 S. 10; Grieger, Der Betriebs-Berater 1962 S. 747; Herrmann-Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, Anm. 21 zu § 19 KStG; Hoffmann, Finanz-Rundschau 1962 S. 365; Klemm, Der Betrieb 1966 S. 1624; Kohlenbach, Der Betrieb 1963 S. 1446; Krause-Kärsten, Die steuerliche Betriebsprüfung 1964 S. 162; ferner Erlaß des Finanzministeriums Nordrhein-Westfalen vom 20. August 1965 S. 2520 - 7 - VB 4 -, Der Betriebs-Berater 1965 S.1059).
Im Streitfall sind weder die Voraussetzungen für die ausnahmsweise Zulassung der änderung von lange zurückliegenden Bilanzen erfüllt noch handelt es sich um ein auf Satzungsklauseln beruhendes Vorgehen.
Fundstellen
Haufe-Index 412375 |
BStBl III 1967, 152 |
BFHE 1967, 394 |
BFHE 87, 394 |
BB 1967, 238 |
DB 1967, 363 |
DStR 1967, 198 |
StRK, KStG:6/1/2 R 126 |
NJW 1967, 1056 |
NWB, F. 4 S.1029 Nr. 57 |
BFH-N, Nr. 8 zu § 6 Abs. 1 KStGVGA |