Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksamkeit eines vorehelichen Verzichts auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs
Leitsatz (amtlich)
Zur Wirksamkeit eines vor der Eheschließung vereinbarten Verzichts auf den Versorgungsausgleich.
Normenkette
BGB §§ 138, 242, 1408 Abs. 2, 2 S. 1
Verfahrensgang
OLG Köln (Beschluss vom 19.10.1994) |
AG Köln |
Tenor
Die weitere Beschwerde gegen den Beschluß des 27. Zivilsenats als Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Köln vom 19. Oktober 1994 wird auf Kosten der Antragsgegnerin zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 1.000 DM.
Tatbestand
I.
Vor Eingehung der Ehe am 30. Juli 1984 schlossen die Parteien am 27. Juli 1984 einen notariell beurkundeten Ehevertrag, in dem sie u.a. Gütertrennung vereinbarten und gegenseitig auf die Hälfte eines gesetzlichen Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt verzichteten. Zum Versorgungsausgleich heißt es darin:
1. Für den Fall der Scheidung unserer Ehe wird der Versorgungsausgleich ausgeschlossen (§ 1408 Abs. 2 BGB).
Wird die Ehe geschieden, so kann derjenige Ehegatte, der unter der Herrschaft des alten Scheidungsrechts (Verschuldensprinzip) ohne Verschulden geschieden worden wäre, von dem anderen verlangen, wirtschaftlich so gestellt zu werden, wie wenn der Versorgungsausgleich nicht ausgeschlossen worden wäre. Die Beweislast trägt derjenige Ehegatte, der diesen Anspruch geltend macht.
2. Die Parteien werden vom amtierenden Notar über die Bedeutung des Ausschlusses des Versorgungsausgleichs belehrt, ferner darüber, daß der Ausschluß unwirksam ist, wenn innerhalb eines Jahres nach Vertragsschluß der Antrag auf Scheidung der Ehe gestellt wird.
Zur Zeit der Eheschließung erwartete die am 8. Dezember 1957 geborene Ehefrau (Antragsgegnerin) ein Kind, das am 2. Dezember 1984 zur Welt kam. Ein zweites Kind ging aus der Ehe der Parteien am 3. Februar 1988 hervor. Beide Kinder hatten bei der Geburt Mißbildungen an den Beinen (Klumpfüße), die therapeutische Maßnahmen bis zum Ende der Wachstumsperiode erforderlich machen.
Nachdem sich die Parteien im Januar 1992 getrennt hatten, stellte der Ehemann am 18. November 1993 den Scheidungsantrag. Die Ehefrau stimmte der Scheidung zu, beantragte aber die Durchführung des Versorgungsausgleichs, weil sie die ehevertragliche Regelung über dessen Ausschluß für sittenwidrig und damit nichtig hielt.
Das Amtsgericht – Familiengericht – schied durch Verbundurteil die Ehe der Parteien und sprach u.a. aus, daß ein öffentlich-rechtlicher Versorgungsausgleich nicht stattfinde.
Mit dem hiergegen eingelegten Rechtsmittel verfolgte die Ehefrau ihr Begehren weiter, daß der Versorgungsausgleich durchgeführt wird. Das Oberlandesgericht wies die Beschwerde zurück (veröffentlicht in FamRZ 1995, 929). Dagegen richtet sich die – zugelassene – weitere Beschwerde der Ehefrau.
Entscheidungsgründe
II.
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Nach der Beurteilung des Oberlandesgerichts verstößt der ehevertraglich vereinbarte Ausschluß des Versorgungsausgleichs nicht gegen die guten Sitten und ist deshalb nicht gemäß § 138 BGB nichtig. Es hat dazu im wesentlichen ausgeführt:
§ 1408 Abs. 2 Satz 1 BGB sehe als Ausdruck der Vertragsfreiheit vor, daß durch Ehevertrag auch der Versorgungsausgleich ausgeschlossen werden könne. Eine Grenze ergebe sich allerdings aus § 138 BGB. Ob eine Vereinbarung im Einzelfall gegen die guten Sitten verstoße, was heiße, dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden zuwiderlaufe, hänge von ihrem aus Inhalt, Beweggrund und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter ab, wobei sich aus dem zeitlichen Abstand zu einer nicht beabsichtigten, sondern nur für denkbar gehaltenen Scheidung zusätzliche Gesichtspunkte ergeben könnten. Es reiche für sich nicht aus, wenn der Vertrag in dem Bestreben abgeschlossen worden sei, sich von sämtlichen nachteiligen Folgen einer Scheidung freizuzeichnen.
Hier hätten die Parteien neben dem Ausschluß des Versorgungsausgleichs eine diesen ersetzende Regelung getroffen, wonach ein Ehegatte unter der Voraussetzung, daß er unter Geltung alten Rechts schuldlos geschieden worden wäre, von dem anderen verlangen könne, wirtschaftlich so gestellt zu werden, als wäre der Ausschluß nicht vereinbart worden. Insbesondere im Hinblick auf die dem Anspruchsteller auferlegte Beweislast habe diese Regelung zwar nur eingeschränkte Bedeutung, könne aber dennoch zum Tragen kommen. Auf nachehelichen Unterhalt sei nicht vollständig verzichtet worden, sondern nur in Höhe der Hälfte des gesetzlichen Anspruchs, Wenn schon ein totaler Ausschluß des Versorgungsausgleichs und des nachehelichen Unterhalts durch voreheliche Vereinbarung für sich nicht als sittenwidrig anzusehen sei, müsse dies erst recht für den vorliegenden Fall des Teilausschlusses gelten.
Beweggrund für den Abschluß des Vertrages sei auf seiten des Ehemannes das Miterleben der Trennung und Scheidung der Ehefrau von ihrem ersten Mann gewesen. Das habe er bei seiner Parteivernehmung glaubhaft und naheliegend bekundet. Er habe die Folgen einer möglichen Scheidung befürchtet und diese für sich ausschließen wollen. Auf seiten der Ehefrau sei Beweggrund gewesen, daß der Ehemann andernfalls die Ehe mit ihr nicht eingegangen wäre, sie dies aber gewünscht habe. Möglicherweise habe sie auch angenommen, der Ehevertrag werde in nicht ferner Zukunft aufgehoben. Die beiderseitigen Beweggründe gäben jedenfalls nichts für eine Beurteilung des Vertrages als sittenwidrig her.
Gleiches gelte für den Zweck des Vertrages. Es könne insbesondere nicht angenommen werden, dadurch habe bewußt die Unterhaltsbedürftigkeit eines Ehegatten zu Lasten der Sozialhilfe herbeigeführt werden sollen. Da der Ehemann die Eingehung der Ehe von dem Vertragsschluß abhängig gemacht habe, habe die Ehefrau keine Aussicht gehabt, über das im Ehevertrag Zugebilligte hinaus rechtliche Vorteile zu erwerben. Den Vorwurf, der Ehemann habe sie zum Abschluß des Vertrages gezwungen, habe die Ehefrau in zweiter Instanz nicht mehr erhoben. Selbst wenn der Ehemann gedroht hätte, die Ehe ohne vorherigen Abschluß des Vertrages nicht einzugehen, wäre dies nicht sittenwidrig gewesen. Da er frei über die Eheschließung habe entscheiden können, habe er diese auch in der geschehenen Weise von dem modifizierten Ausschluß des Versorgungsausgleichs und dem teilweisen Verzicht auf Unterhalt abhängig machen können.
Diese Ausführungen halten den Angriffen der weiteren Beschwerde stand.
Die Möglichkeit, den Versorgungsausgleich durch Ehevertrag schon bei Eingehung der Ehe auszuschließen (§ 1408 Abs. 2 Satz 1 BGB), ist im Gesetzgebungsverfahren zum 1. EheRG nach Anrufung des Vermittlungsausschusses in das Gesetz aufgenommen worden (vgl. BT-Drucks. 7/4694 S. 13). Nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit sollten Heiratswillige nicht gezwungen sein, den Versorgungsausgleich für ihre Ehe hinzunehmen. Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen insoweit nicht (vgl. BVerfG FamRZ 1980, 326, 334 und 1985, 1007). Der Vermeidung von Mißbräuchen dient allein die durch § 1408 Abs. 2 Satz 2 BGB eingeführte Jahresfrist für den Bestand der Ehe, auf die hier in Nr. 2 der notariellen Urkunde hingewiesen worden ist. Demgemäß findet auch eine Inhaltskontrolle durch das Gericht nicht statt, wie sie bei Vereinbarungen anläßlich der Ehescheidung aufgrund des § 1587 o Abs. 2 Satz 2 BGB vorgesehen ist (vgl. dazu Senatsbeschluß vom 24. Februar 1982 – IVb ZB 746/80 – FamRZ 1982, 471); die Wirksamkeit des Ausschlusses hängt insbesondere nicht von zusätzlichen Bedingungen ab, wie etwa der Vereinbarung einer Gegenleistung oder Abfindung (vgl. Senatsbeschluß vom 27. September 1995 – XII ZB 75/93 – FamRZ 1995, 1482, 1484). Schutz davor, daß der Ehevertrag aus Unerfahrenheit oder Gesetzesunkenntnis abgeschlossen wird, bietet die aus § 17 BeurkG folgende Belehrungspflicht des beurkundenden Notars. Der Ausschluß des Versorgungsausgleichs kann daher nicht schon dann als sittenwidrig angesehen werden, wenn er in Kenntnis des Umstands vereinbart wird, der andere Teil werde nicht in der Lage sein, eine eigene Altersversorgung aufzubauen, und demgemäß Gefahr besteht, daß er im Falle der Scheidung zum Sozialfall wird (vgl. Rolland Familienrecht § 1408 Rdn. 29; Bastian/Roth-Stielow/Schmeiduch 1. EheRG § 1408 Rdn. 9; Reinartz NJW 1977, 81, 82 f; Hoffmann NJW 1977, 235, 236; Langenfeld NJW 1978, 1503, 1505). Es müssen vielmehr besondere Umstände hinzutreten, wenn im Einzelfall das Unwerturteil der Sittenwidrigkeit begründet sein soll (vgl. Rolland aaO; Gernhuber/Coester-Waltjen, Lehrbuch des Familienrechts 4. Aufl. § 28 II 8 S. 345 f).
Hier macht die weitere Beschwerde geltend, der Ehemann habe die Ehefrau seinerzeit im fünften Schwangerschaftsmonat darauf festgelegt, auf eigene Erwerbstätigkeit zu verzichten und sich ganz dem erwarteten Kind zu widmen, während er gleichzeitig die Eheschließung von einem Verzicht auf eine eigene Altersversorgung, auf Unterhalt und Zugewinnausgleich abhängig gemacht habe. Der Ehemann habe sich auf diese Weise Einfluß auf die Erziehung des erwarteten Kindes sichern wollen, habe aber ein bereits bestehendes Verhältnis zu einer anderen Frau nicht abgebrochen. Insgesamt habe er die Zwangslage, in der sich die Ehefrau infolge ihrer Schwangerschaft befunden habe, in einer Weise ausgebeutet, die dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden zuwiderlaufe.
Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Da der Ehemann – ungeachtet der Schwangerschaft der Ehefrau – von einer Eheschließung hätte absehen und sich auf die rechtlichen Verpflichtungen eines nichtehelichen Vaters hätte zurückziehen können, kann von einer zu mißbilligenden Ausbeutung einer Zwangslage der Ehefrau nicht ausgegangen werden. Insoweit kann auf die zutreffenden Erwägungen des Oberlandesgerichts zu diesem Punkt verwiesen werden (vgl. zum Unterhaltsverzicht der Ehefrau in der gleichen Lage Senatsurteil vom 9. Juli 1992 – XII ZR 57/91 – FamRZ 1992, 1403, 1404). Nicht festgestellt ist, der Ehemann habe die Ehefrau darauf „festgelegt”, auf eine Erwerbstätigkeit nach der Eheschließung zu verzichten und infolgedessen keine weiteren Versorgungsanwartschaften zu erwerben – eine Erwerbstätigkeit war ohnehin im Hinblick auf die Betreuungsbedürftigkeit des erwarteten Kindes jedenfalls nach dessen Geburt problematisch. Nicht festgestellt ist weiter, daß der Ehemann zum fraglichen Zeitpunkt die Beziehung zu einer anderen Frau nicht abgebrochen hätte, so daß dahinstehen kann, ob dieser Umstand für die hier vorzunehmende Beurteilung von Bedeutung wäre. Bei dieser Sachlage hat das Oberlandesgericht ohne Rechtsirrtum die Voraussetzungen des § 138 BGB verneint, da besondere Umstände, die das Unwerturteil der Sittenwidrigkeit begründen könnten, nicht vorliegen.
Unbegründet sind die in diesem Zusammenhang vorgebrachten Verfahrensrügen der weiteren Beschwerde. Es wird kein Rechtsfehler aufgezeigt, soweit das Oberlandesgericht den Angaben des Ehemannes über seine Beweggründe hinsichtlich des Vertragsschlusses bei seiner förmlichen Einvernahme Glauben geschenkt hat, obwohl er sich, wie geltend gemacht wird, im Verfahren insoweit widersprüchlich eingelassen habe. Die Beurteilung der Glaubwürdigkeit ist dem Tatrichter überlassen und im Rechtsbeschwerdeverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht nachprüfbar (vgl. etwa BayObLG FamRZ 1985, 534, 536; Keidel/Kuntze FGG 13. Aufl. § 27 Rdn. 47). Soweit die Übergehung eines Beweisangebots durch die Zeugin S. gerügt wird, die bei „einigen Gesprächen” der Parteien zugegen gewesen sein soll, wird übersehen, daß das Gericht im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit weder an Beweisanträge der Beteiligten gebunden noch verpflichtet ist, alle Beweisanträge zu berücksichtigen (vgl. Senatsbeschluß vom 12. Juli 1984 – IVb ZB 95/83 – FamRZ 1984, 1084, 1085; Keidel/Amelung a.a.O. § 12 Rdn. 86). Es hat vielmehr über den Umfang der von Amts wegen durchzuführenden Ermittlungen (§ 12 FGG) nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden und kann diese abschließen, wenn von einer weiteren Beweisaufnahme kein sachdienliches, die Entscheidung beeinflussendes Ergebnis zu erwarten ist. Hier hat das Oberlandesgericht über die Umstände, die zudem nur unsubstantiiert in das Wissen der Zeugin gestellt worden sind, beide Parteien förmlich einvernommen (zur Zulässigkeit vgl. Keidel/Amelung a.a.O. § 15 Rdn. 46 ff). Daß es sich von einer zusätzlichen Einvernahme der Zeugin S. sodann kein sachdienliches Ergebnis versprochen hat, ist nicht als ermessensfehlerhaft anzusehen.
2. Das Oberlandesgericht hat sich weiter die Frage vorgelegt, ob die Ehefrau aufgrund der Entwicklung der Umstände nach dem Vertragsschluß unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage die Durchführung des Versorgungsausgleichs verlangen könne, und hat diese Frage verneint. Es hat dazu erwogen, Geschäftsgrundlage des Ausschlusses des Versorgungsausgleichs sei nicht die Vorstellung gewesen, die Ehefrau werde nach der Geburt des ersten Kindes alsbald wieder einer Erwerbstätigkeit nachgehen und dadurch eigene Versorgungsanwartschaften erwerben können, woran sie später vor allem durch die Geburt des zweiten Kindes und die Behinderung beider Kinder gehindert worden sei. Von einem Fehlgehen gemeinsamer Vorstellungen und Erwartungen bei Vertragsschluß könne nicht ausgegangen werden.
Die weitere Beschwerde hält diese Betrachtungsweise für zu eng. Das Oberlandesgericht hätte nach ihrer Auffassung berücksichtigen müssen, daß der Ehemann bei Abschluß des Ehevertrages dessen vorläufigen Charakter betont und zugesagt habe, der Vertrag werde bei einem guten Verlauf der Ehe wieder aufgehoben. Dies sei für die Ehefrau wesentliche Grundlage gewesen, ihn überhaupt abzuschließen. Auch seien beide Parteien davon ausgegangen, daß das erste Kind gesund zur Welt kommen und nicht einer besonderen Pflege bedürfen werde. Bei ihrem Wunsch nach einem weiteren Kinde habe die Ehefrau auf die Zusage des Ehemannes hinsichtlich des vorläufigen Charakters des Ehevertrages vertraut. Auch hätten beide Seiten gehofft, daß dieses Kind nicht auch behindert sein würde.
Auch damit vermag die weitere Beschwerde nicht durchzudringen. Das Oberlandesgericht ist in anderem Zusammenhang der Frage nachgegangen, ob und inwieweit der Ehemann seinerzeit eine Wiederaufhebung des Ehevertrages zugesagt habe, und ist zu dem Ergebnis gelangt, daß der genaue Inhalt des diesbezüglichen Gesprächs sich nicht feststellen lasse; es könne nur davon ausgegangen werden, der Ehemann habe ohne konkrete Festlegungen Äußerungen in der Richtung getan, der Vertrag könne bei einem guten Verlauf der Ehe wieder aufgehoben werden. Die diesbezügliche Beweiswürdigung läßt keinen Rechtsfehler erkennen und ist daher für den Senat bindend. Da von einem Wegfall der Geschäftsgrundlage nur ausgegangen werden kann, wenn konkrete Vorstellungen und Erwartungen beider Vertragspartner bei Vertragsschluß fehlgegangen sind, entbehren die Folgerungen, die die weitere Beschwerde aus dem angeblich vorläufigen Charakter des Vertrages zieht, der erforderlichen tatsächlichen Grundlage. Was die Behinderung der beiden Kinder betrifft, liegen keine verläßlichen Anhaltspunkte dafür vor, daß der Geschäftswille der Parteien bei Vertragsschluß auf dem Nichteintritt dieser offenbar schicksalhaften und unvorhersehbaren Entwicklung aufbaute.
3. Daß der Ehemann entgegen seinen Äußerungen über eine mögliche Wiederaufhebung des Vertrages von vornherein eine solche Bereitschaft nur vorgespiegelt habe, hat das Oberlandesgericht nicht feststellen können. Es hat dazu ausgeführt, der Umstand, daß eine Wiederaufhebung bis zur Trennung der Parteien tatsächlich nicht erfolgt sei, lasse nicht sicher darauf schließen, der Ehemann habe eine solche Bereitschaft von Anfang an nicht gehabt. Eine bestimmte Frist sei nicht ins Auge gefaßt worden. Ob eine Ehe gut verlaufe, lasse sich, wenn überhaupt, nur nach geraumer Zeit beurteilen. Die Ehe der Parteien sei nicht von langer Dauer gewesen. Möglicherweise sei der Ehemann auch erst während der Ehe anderen Sinnes geworden. Der Umstand, daß er nach der Behauptung der Ehefrau ein Verhältnis zu einer anderen Frau unterhalten habe, lasse nicht den sicheren Schluß zu, daß er den Willen zur Wiederaufhebung des Vertrages nur vorgetäuscht habe.
Gegen diese Ausführungen wendet sich die weitere Beschwerde ebenfalls ohne Erfolg. Soweit sie wiederum eine kritische Prüfung der Glaubwürdigkeit der Angaben des Ehemannes vermißt, kann auf das oben unter 1. Dargelegte verwiesen werden. Soweit sie geltend macht, auch dann, wenn der Ehemann nur vage die Wiederaufhebung des Ehevertrages bei einem guten Verlauf der Ehe zugesagt habe, sei der Vorwurf des Verschuldens bei Vertragsschluß begründet, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts war der Wunsch der Ehefrau, den Ehemann zur Eheschließung zu bewegen, auf ihrer Seite bestimmendes Motiv für den Abschluß des Vertrages. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, daß für ihre Entscheidung die „vage” Äußerung des Ehemannes über den vorläufigen Charakter des Ehevertrages von einer Bedeutung gewesen sei, die die Anwendung der Grundsätze über das Verschulden bei Vertragsschluß rechtfertigen könnte. Auch in diesem Zusammenhang brauchte das Oberlandesgericht aus dem von ihm angeführten Grund nicht aufzuklären, ob der Ehemann die Ehefrau durch ein Verhältnis zu einer anderen Frau hintergangen hat; dasselbe gilt im übrigen für die Behauptung des Ehemannes, die Ehe habe sich deswegen nicht glücklich entwickelt, weil die Ehefrau ein Verhältnis mit einem anderen Mann begonnen habe.
4. Das Oberlandesgericht hat schließlich die Frage aufgeworfen, ob dem Ehemann nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) eine Berufung auf den Ausschluß des Versorgungsausgleichs verwehrt sei. Es hat diese Frage verneint und dazu erwogen: Es stehe nicht fest, daß die Ehefrau bis zur Erreichung der Altersgrenze nicht in der Lage sein werde, ihre bereits bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte erworbenen Rentenanwartschaften von monatlich 593,32 DM in der Weise aufzustocken, daß sie im Rentenalter ihren Mindestbedarf selbst decken könne. Nach Vollendung des 16. Lebensjahres ihres zweiten Kindes sei ihr eine volle Erwerbstätigkeit zuzumuten. Das werde in ca. zehn Jahren der Fall sein, wenn sie selbst im Alter von 47 Jahren stehe. Zuvor könne sie bereits Teilzeitbeschäftigungen ausüben. In der Zeit, in der sie vom Ehemann die Hälfte des gesetzlichen Unterhalts zu beanspruchen habe, könne sie auch Vorsorgeunterhalt fordern und auf diese Weise ihre Alterssicherung verbessern.
In der Rechtsprechung des Senats ist anerkannt, daß es Ehegatten im Einzelfall verwehrt sein kann, sich auf einen an sich wirksamen Unterhaltsverzicht des anderen Teils zu berufen, wenn dies aufgrund einer späteren Entwicklung mit dem Grundsatz von Treu und Glauben unvereinbar ist, insbesondere wenn und solange überwiegende schutzwürdige Interessen gemeinschaftlicher Kinder der Geltendmachung des Verzichts entgegenstehen (vgl. Senatsurteile vom 24. April 1985 – IVb ZR 22/84 – FamRZ 1985, 788, 789, vom 28. November 1990 – XII ZR 16/90 – FamRZ 1991, 306, 307 und vom 9. Juli 1992 aaO). Es erscheint zweifelhaft, ob die hierzu entwickelten Grundsätze auf den Fall des Verzichts auf den Versorgungsausgleich übertragen werden können, weil das Wohl gemeinschaftlicher Kinder im allgemeinen nicht berührt wird und eine Prognose der Bedürfnislage des verzichtenden Ehegatten im Rentenalter mit erheblichen Unsicherheiten behaftet ist. Der vorliegende Fall nötigt nicht zu einer abschließenden Beantwortung dieser Frage. Nach den zutreffenden Ausführungen des Oberlandesgerichts ist die Ehefrau in der Lage, nach dem Scheitern der Ehe, die nicht von langer Dauer war, noch in erheblichem Umfang Versorgungsanwartschaften zu ihren bereits vorhandenen hinzu zuerwerben (s.a. OLG Hamburg FamRZ 1991, 1317). Nicht auszuschließen ist weiter, daß der ihr verbliebene hälftige Anspruch auf nachehelichen Unterhalt auch noch in ihrem Rentenalter Bedeutung hat. Bei dieser Sachlage erscheint es jedenfalls nicht als unerträglich, daß der Ehemann sich auf den bei Eingehung der Ehe vereinbarten Verzicht beruft. Was die weitere Beschwerde dagegen vorbringt, greift nicht durch. Auch in diesem Punkt ist die Entscheidung des Oberlandesgerichts somit nicht zu beanstanden.
Unterschriften
Blumenröhr, Zysk, Gerber, Sprick, Weber-Monecke
Fundstellen
Haufe-Index 1128071 |
NJW 1997, 126 |
Nachschlagewerk BGH |
JZ 1997, 411 |
MDR 1997, 169 |