Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen der Geschäftsführer einer GmbH, die einem Kapitalanleger vertraglich zur Beratung verpflichtet ist, dem Anleger auch persönlich aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen schadensersatzpflichtig sein kann.
Orientierungssatz
Die Ausführungen des Gerichts bezüglich der persönlichen Haftung eines Angestellten eines Handelsgeschäfts oder eines selbständigen Handelsvertreters aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen (vergleiche BGH, 1983-07-04, II ZR 220/82, BGHZ 88 67 und BGH, 1983-11-14, II ZR 184/82, WM IV 1984, 117) gelten für den Geschäftsführer einer GmbH, der für diese als gesetzlicher Vertreter handelt, entsprechend (Abgrenzung BGH, 1988-03-02, VIII ZR 380/86, WM IV 1988, 781 und BGH, 1988-10-05, VIII ZR 325/87, WM IV 1988, 1673). Für ihn kann nicht deshalb etwas anderes gelten, weil das Vertrauen in eine juristische Person weitgehend an die natürlichen Personen, die für sie handeln, anknüpfen.
Tatbestand
Der Kläger kam aufgrund seines Interesses an einer Vermögensanlage in der Schweiz im Jahre 1981 mit der Beklagten zu 2 in Kontakt, die unter der Bezeichnung „Fachbüro für betriebliche Finanzplanung und individuelle Vermögensanlagen GmbH” tätig war. Alleingesellschafter der Beklagten zu 2 und einer ihrer beiden Geschäftsführer war damals der Beklagte zu 1. Mit Schreiben vom 15. November 1982 übersandte die Beklagte zu 2 dem Kläger eine „Verkaufsofferte über ein 6-Familienhaus in F. bei O. (Red.: Schweiz) im Bauherrenmodell deutschen Steuerrechts” (Anlage K 60/GA 258). In dieser Verkaufsofferte war die jährliche Mieteinnahme mit 78.720 sfr und die Eigenkapitalrendite nach Steuer mit 9,36% angegeben. Weiter heißt es:
„Die Zahlen dieser Berechnung sind mit größter Sorgfalt und nach dem neuesten Kenntnisstand erarbeitet und sollten sich in beide Richtungen nur geringfügig verändern können, ohne das Gesamtbild zu beeinträchtigen. Eine Gewähr kann jedoch nicht übernommen werden.”
Für die angegebene Höhe der jährlichen Mieteinnahmen gab es jedoch keine Grundlage.
Das Angebot fand das Interesse des Klägers. Die Beklagte zu 2 übersandte ihm die Vertragsentwürfe für das Bauherrenmodell, darunter die von ihr stammenden Entwürfe für den Treuhandvertrag sowie die Vereinbarung mit den Grundstücksverkäufern und der Generalunternehmerin, der I.. Vor Abschluß des Vertrages am 13. Dezember 1982 verlangte der Beklagte zu 1 die Provision für die Vermittlung des Objekts, sonst könne nicht protokolliert werden. Nachdem der Beklagte zu 1 eine Rückzahlungsverpflichtung unterzeichnet hatte für den Fall, daß die nach Schweizer Recht für das Grundstücksgeschäft erforderliche Ausländerbewilligung nicht bis zum 30. Juni 1983 vorliege (Anlage K 10/GA 46), übergab ihm der Kläger einen Scheck über 27.000 sfr. An der darauffolgenden Besprechung, die zum Abschluß der Vereinbarung des Klägers mit den Grundstücksverkäufern und der Generalunternehmerin führte, nahm auch der Beklagte zu 1 teil. Der Entwurf wurde durch eine Erklärung der Verkäufer und der Generalunternehmerin ergänzt, durch die dem Kläger für das erste Jahr nach Fertigstellung ein Mietertrag von 78.000 sfr zuzüglich Nebenkosten und eine öffentlich genehmigte Miete von 78.000 sfr garantiert wurde. Der Vertrag sollte unwirksam sein, falls bis zum 30. Juni 1983 keine gültige Ausländerbewilligung für den Kläger vorliege.
Der Grundstücksinspektor des Kantons Solothurn erteilte am 4. März 1983 zwar die Ausländerbewilligung, setzte aber die höchstzulässige Jahresmiete auf 63.120 sfr fest. Nachdem bis zum 30. Juni 1983 keine Abänderung der Ausländerbewilligung erreicht werden konnte, betrachteten der Kläger, die Verkäufer und die Generalunternehmerin die geschlossenen Verträge als hinfällig.
Der Kläger verlangt von den Beklagten Ersatz des Schadens, der ihm dadurch entstanden sei, daß er auf ihre Angaben über die erzielbaren jährlichen Mieteinnahmen vertraut habe.
Das Landgericht hat der Klage ganz überwiegend stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 35.505,64 sfr und 21.208,42 DM nebst 4% Zinsen seit dem 18. Juni 1986 zu zahlen. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.
Mit der Revision erstrebt der Beklagte zu 1 die volle Abweisung der gegen ihn gerichteten Klage. Der Kläger hat Anschlußrevision eingelegt mit dem Antrag, die Berufung des Beklagten in Höhe weiterer 5.500 sfr und 13,63 DM nebst Zinsen zurückzuweisen. Dabei geht es um die Erstattung der Gebühren, die der Kläger an Rechtsanwalt Dr. D. gezahlt hat, weil dieser für ihn den Antrag auf Erteilung der Ausländerbewilligung gestellt habe.
Entscheidungsgründe
I. Revision des Beklagten zu 1
1. Nach Ansicht des Berufungsgerichts haftet dem Kläger nicht nur die Beklagte zu 2 auf Schadensersatz, sondern auch der Beklagte zu 1. Der Kläger habe gegen ihn Anspruch auf Ersatz seines Vertrauensschadens aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen im Rahmen der Anbahnung vertraglicher Beziehungen zwischen ihm und den Grundstücksverkäufern sowie der Generalunternehmerin.
Seine Haftung werde nicht dadurch ausgeschlossen, daß er Geschäftsführer der als Vermittlerin tätigen Beklagten zu 2 gewesen sei. Der Beklagte zu 1 habe einen in seiner Person begründeten Vertrauenstatbestand geschaffen und somit eine besondere Gewähr für die Richtigkeit der Angaben in der Verkaufsofferte der Beklagten zu 2 geboten. Zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 1 habe ein häufiger persönlicher Kontakt bestanden; der Kläger habe den Beklagten zu 1 oft in seinem Büro aufgesucht. Ebenso wie die Beklagte zu 2 habe sich der Beklagte zu 1 als Spezialist für Bauherrenmodelle deutschen Steuerrechts in der Schweiz vorgestellt und sich als Fachmann für den Schweizer Immobilienmarkt bezeichnet. Daß der Kläger dem Beklagten zu 1 Vertrauen entgegengebracht habe, werde um so verständlicher, als es sich bei der Beklagten zu 2 um eine juristische Person handele und die bei ihr vorhandene Sachkunde aus dem Wissen und der Erfahrung der natürlichen Personen herrühre, denen als Geschäftsführern die Leitung des Unternehmens obliege. Hinzu komme, daß der Kläger und der Beklagte zu 1 im Jahr 1982 bei der Abwicklung eines größeren Geschäfts im Rahmen der früheren Tätigkeit des Klägers bei der Dr. Sch. + Dr. H. GmbH zusammengearbeitet hätten. Da der Beklagte zu 1 in haftungsbegründender Weise eigenes Vertrauen in Anspruch genommen habe, brauche nicht mehr entschieden zu werden, ob er auch ein unmittelbares wirtschaftliches Eigeninteresse an dem Vertragsabschluß gehabt habe.
2. Diese Ausführungen werden von der Revision mit Erfolg angegriffen.
Das Berufungsgericht geht allerdings zutreffend davon aus, daß eine Haftung aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen nicht erfordert, daß der in Anspruch genommene Verhandlungspartner auch Beteiligter des angestrebten Vertrages ist oder werden soll. Vorvertragliche Pflichten können auch denjenigen treffen, der als Vertreter oder zwischen den Parteien stehender Vertragsvermittler in besonderem Maße persönliches Vertrauen in Anspruch nimmt und dem solches von seinem Verhandlungspartner auch entgegengebracht wird. Ein derartiger Sachverhalt kann gegeben sein, wenn der Vertragsvermittler mit Hinweis auf seine außergewöhnliche Sachkunde oder seine besondere persönliche Zuverlässigkeit dem Verhandlungspartner eine zusätzliche, von ihm persönlich ausgehende Gewähr für das Gelingen des in Aussicht genommenen Geschäfts bietet (vgl. BGH, Urteil vom 12. Februar 1986 – IVa ZR 76/84, WM 1986, 517, 518 = ZIP 1986, 562, 563). Danach kann ausnahmsweise auch der Geschäftsführer einer GmbH persönlich haften, der für die bei den Vertragsverhandlungen als Vermittlerin tätige Gesellschaft handelt (vgl. BGH, Urteile vom 2. März 1988 – VIII ZR 380/86, WM 1988, 781, 783 = ZIP 1988, 505, 506 und vom 5. Oktober 1988 – VIII ZR 325/87, WM 1988, 1673, 1674 = ZIP 1988, 1543, 1544).
Diese Haftung scheitert hier nicht bereits daran, daß der Beklagte zu 1 bei den Handlungen, die als Verschulden bei Vertragsverhandlungen gewertet werden könnten, zugleich für die Beklagte zu 2 tätig war. Das – insoweit nicht angegriffene – Berufungsurteil hat die Beklagte zu 2, deren Geschäftsführer der Beklagte zu 1 war, bereits zur Leistung von Schadensersatz an den Kläger verurteilt. Das Berufungsgericht hat dies damit begründet, daß zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2 ein Auskunfts- und Beratungsvertrag hinsichtlich der Vermittlung einer Kapitalanlage bestanden habe, den die Beklagte zu 2 durch ihre falschen Angaben in der Verkaufsofferte vom 15. November 1982 (die ihr anderer Geschäftsführer unterschrieben hatte) verletzt habe. An den Verhandlungen, die der Kläger mit den Grundstückseigentümern und der Generalunternehmerin auf der Grundlage der Angaben der Verkaufsofferte geführt hat, war der Beklagte zu 1 jedenfalls auch als gesetzlicher Vertreter der Beklagten zu 2 beteiligt. Sein Verhalten dabei (vgl. dazu unten I 3b) ist daher der Beklagten zu 2 als Vertragsverletzung zuzurechnen. Dies schließt aber nicht aus, daß der Beklagte zu 1 aufgrund desselben Verhaltens auch selbst aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen haftet, wenn er einen eigenen Haftungstatbestand dadurch erfüllt hat, daß er – wie der Kläger behauptet – diesem gegenüber ein besonderes persönliches Vertrauen in Anspruch genommen hat. Der Umstand, daß aufgrund seines Verhaltens bereits die Beklagte zu 2 haftet, kann kein Grund sein, den Beklagten zu 1 von einer eigenen Haftung zu entlasten (vgl. dazu auch BGH, Urteil vom 21. März 1967 – VI ZR 164/65, WM 1967, 480; BGHZ 70, 337, 344; vgl. weiter Steffen in RGRK, BGB 12. Aufl. § 164 Rdn. 4; Hohloch NJW 1979, 2369, 2373f. m.w.Nachw.).
Aus den im Berufungsurteil getroffenen Feststellungen ergibt sich jedoch nicht, daß der Beklagte zu 1, wie erforderlich, bei seiner Tätigkeit im Rahmen der Vertragsverhandlungen in besonderem Maß persönliches Vertrauen in Anspruch genommen hat. Für die Eigenhaftung des Geschäftsführers einer GmbH gilt insoweit nichts anderes als für die persönliche Haftung eines Angestellten eines Handelsgeschäfts oder eines selbständigen Handelsvertreters aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen (vgl. dazu BGHZ 88, 67, 69f.; BGH, Urteil vom 14. November 1983 – II ZR 184/82, WM 1984, 127, 128). Wie der Bundesgerichtshof in den genannten Urteilen ausgeführt hat, genügt es zur Begründung der Eigenhaftung eines solchen Erfüllungsgehilfen nicht, daß er über eine für seine Tätigkeit erforderliche Sachkunde verfügt und auf diese hinweist. Er erweckt dadurch kein weiteres Vertrauen, als daß sein Geschäftsherr – was der Geschäftspartner ohnedies erwarten kann – einen sachkundigen Vertreter eingesetzt hat. Die Annahme, der Erfüllungsgehilfe habe Vertrauen für sich und nicht für seinen Geschäftsherrn in Anspruch genommen, läßt sich danach grundsätzlich nur rechtfertigen, wenn jener nicht nur auf seine besondere Sachkunde verweist, sondern dem Kunden zusätzlich in zurechenbarer Weise den Eindruck vermittelt, er werde persönlich mit seiner Sachkunde die ordnungsgemäße Abwicklung des Geschäfts selbst dann gewährleisten, wenn der Kunde dem Geschäftsherrn nicht oder nur wenig vertraut oder sein Verhandlungsvertrauen sich als nicht gerechtfertigt erweist. Für den Geschäftsführer einer GmbH, der für diese als gesetzlicher Vertreter handelt, kann nicht deshalb etwas anderes gelten, weil das Vertrauen in eine juristische Person weitgehend an die natürlichen Personen, die für sie handeln, anknüpft. Dem steht die gesetzliche Haftungsordnung bei der GmbH (§ 13 Abs. 1 und 2 GmbHG) entgegen, die nicht durch eine Ausweitung der Haftung ihrer gesetzlichen Vertreter aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen umgangen werden darf. Wer mit einer GmbH in geschäftlichen Kontakt tritt, muß davon ausgehen, daß auch die Verpflichtungen aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis, das durch Handeln eines gesetzlichen Vertreters der Gesellschaft bei der Anbahnung von Vertragsverhandlungen entsteht, grundsätzlich nur die vertretene Gesellschaft treffen. Eine andere Beurteilung ist auch dann nicht gerechtfertigt, wenn der handelnde Geschäftsführer der GmbH, wie dies hier der Fall war, auch ihr Alleingesellschafter ist.
Umstände, die dafür sprechen, daß der Beklagte zu 1 persönlich ein besonderes, seine eigene Haftung begründendes Vertrauen des Klägers in Anspruch genommen hat, lassen sich den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht entnehmen.
Daß der Beklagte zu 1 im Rahmen seiner Tätigkeit für die Beklagte zu 2 (anderes ist nicht festgestellt) häufigen persönlichen Kontakt mit dem Kläger hatte und ihn oft in seinem Büro aufsuchte, besagt dafür ebensowenig etwas wie die Tatsache, daß der Kläger und der Beklagte zu 1 im Jahr 1982 bei der Abwicklung eines größeren Geschäfts zusammengearbeitet haben, bei dem der Kläger für seine frühere Arbeitgeberin, die Dr. Sch. + Dr. H. GmbH, handelte.
Zusätzliche erhebliche Gesichtspunkte, die für eine persönliche Haftung des Beklagten zu 1 aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen sprechen könnten und die das Berufungsgericht übergangen hat, kann auch der Kläger in seiner Revisionserwiderung nicht aufzeigen.
Nach dem bisherigen Vorbringen der Parteien liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, daß der Beklagte zu 1 ein so starkes wirtschaftliches Eigeninteresse am Vertragsschluß hatte, daß dies Grundlage für seine Haftung aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen sein könnte. Das Interesse an der Erlangung der Provision, die die Beklagte zu 2 mit dem Kläger vereinbart hatte, genügt dafür nicht. Dies gilt unabhängig davon, ob der Beklagte zu 1 die Provision für die Beklagte zu 2 vereinnahmt hat, oder ob er – wie der Kläger behauptet – die Provision für sich persönlich herausverlangt hat. Auch im zweiten Fall hätte der Beklagte zu 1 lediglich ein mittelbares Interesse an dem Vertragsschluß gehabt, das nicht – wie erforderlich – die Feststellung zuläßt, daß er wirtschaftlich gleichsam in eigener Sache beteiligt war (vgl. BGH, Urteile vom 17. Mai 1984 – II ZR 199/83, WM 1984, 960, 961, vom 23. Oktober 1985 – VIII ZR 210/84, WM 1985, 1526, 1528 = ZIP 1986, 26, 29 und vom 11. Oktober 1988 – X ZR 57/87, WM 1988, 1888, 1889 = ZIP 1988, 1576, 1577).
3. Das gegen den Beklagten zu 1 ergangene Urteil kann auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen auch nicht aus anderen Gründen aufrechterhalten werden.
a) Der Ansicht des Klägers, der Beklagte zu 1 hafte auch nach den Grundsätzen der Prospekthaftung, kann nicht gefolgt werden. Die schriftliche Verkaufsofferte der Beklagten zu 2, in der die falsche Angabe über die zu erwartende jährliche Miethöhe enthalten war, sollte lediglich der Werbung eines Kapitalanlegers für den Erwerb eines Grundstücks im sogenannten Bauherrenmodell dienen. Auch wenn das Werbeschreiben für eine Mehrzahl von Personen bestimmt gewesen sein sollte, ging es somit lediglich um die Förderung des Abschlusses einzelner noch auszuhandelnder Verträge zwischen einzelnen Privatpersonen. Auf einen Fall dieser Art sind die Rechtsgrundsätze nicht anwendbar, die die Rechtsprechung für eine Werbung entwickelt hat, mit der Anleger durch unrichtige oder unvollständige Emissionsprospekte zur Beteiligung an einer sogenannten Publikumskommanditgesellschaft veranlaßt werden sollen (vgl. dazu BGH, Urteile vom 4. Mai 1981 – II ZR 193/80, WM 1981, 1021, 1022 = ZIP 1981, 1076, 1077, vom 18. April 1983 – II ZR 192/82, WM 1983, 554 = ZIP 1983, 663, 664 und vom 2. April 1984 – II ZR 122/83, WM 1984, 766, 767).
b) Es kommt jedoch eine Haftung des Beklagten zu 1 wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung des Klägers in Betracht (§ 826 BGB). Nach der Behauptung des Klägers wußte der Beklagte zu 1 aufgrund seiner Erfahrung auf dem Schweizer Immobilienmarkt, daß für die Angabe jährlicher Mieteinnahmen von 78.720 sfr in der Verkaufsofferte der Beklagten zu 2 keine Grundlage bestand.
Der Beklagte zu 1 hat jedes Verschulden bestritten. Für das weitere Verfahren ist hierzu darauf hinzuweisen, daß für die Annahme sittenwidrigen Handelns im Sinne des § 826 BGB ein leichtfertiges und gewissenloses Verhalten genügen kann. Vorsatz ist nicht erforderlich (BGH, Urteil vom 17. September 1985 – VI ZR 73/84, WM 1985, 1531, 1533 m.w.Nachw.). Für das Merkmal einer vorsätzlichen Schädigung genügt die Feststellung eines bedingten Vorsatzes, was lediglich voraussetzt, daß der Handelnde die Entstehung eines Schadens für möglich gehalten und in Kauf genommen hat (BGH, Urteile vom 5. März 1975 – VIII ZR 230/73, WM 1975, 559, 560 und vom 18. Februar 1986 – X ZR 95/85, NJW-RR 1986, 1150, 1151 m.w.Nachw.).
Die Beklagten haben selbst vorgetragen (Schriftsatz vom 11. August 1986 S. 11/GA 158), die Beklagte zu 2 habe keine Möglichkeit gehabt, die in der Verkaufsofferte enthaltene Mietangabe zu überprüfen. Sie habe diese auch nicht selbst kalkuliert, sondern von den Verkäufern des Grundstücks erhalten.
Es ist nicht ersichtlich, warum für den Beklagten zu 1 etwas anderes gelten sollte. Gleichwohl hat die Beklagte zu 2, die sich als Fachbüro für individuelle Vermögensanlagen bezeichnet, in ihrer Verkaufsofferte von einer jährlichen Mieteinnahme von 78.720 sfr und einer Eigenkapitalrendite (nach Steuer) von 9,36% gesprochen und erklärt, die Zahlen dieser Berechnungen seien „mit größter Sorgfalt und nach dem neuesten Kenntnisstand erarbeitet und sollten sich in beide Richtungen nur geringfügig verändern können, ohne das Gesamtbild zu beeinträchtigen”. Der Beklagte zu 1 hat sich seinerseits am 13. Dezember 1982 an den Verhandlungen, die der Kläger mit den Grundstückseigentümern und der Generalunternehmerin auf der Grundlage dieser Angaben geführt hat, beteiligt, ohne den Kläger darüber aufzuklären, daß die Beklagte zu 2 die dargelegten Angaben ihrer Verkaufsofferte entgegen ihrer anderslautenden Erklärung ungeprüft übernommen hatte. Bei dieser Sachlage ist zu prüfen, ob dem Beklagten zu 1 nicht eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung des Klägers im Sinne des § 826 BGB vorzuwerfen ist. Die notwendige Abwägung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalles muß dem Tatrichter überlassen bleiben.
II. Anschlußrevision des Klägers
Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen, soweit der Kläger Schadensersatz dafür verlangt, daß er die Gebührenforderung des Rechtsanwalts Dr. D. in Höhe von 5.500 sfr durch Scheckzahlung (Scheckkosten 13,63 DM) beglichen hat. Wie aus dem unstreitigen Rechnungsdatum vom 10. Februar 1983 hervorgeht, ging es dabei um die Anwaltsgebühren für die Einreichung des Antrags auf Erteilung der Ausländerbewilligung, nicht, wie das Berufungsgericht annimmt, um die Anwaltskosten für das verwaltungsgerichtliche Verfahren.
Mit der Anschlußrevision wendet sich der Kläger erfolgreich dagegen, daß seine Klage insoweit abgewiesen worden ist. Rechtsanwalt Dr. D. wurde unstreitig zum Zweck der Durchführung des Grundstückskaufvertrags von den Herren S. und L. namens des Klägers beauftragt, Antrag auf Erteilung der für das Geschäft erforderlichen Ausländerbewilligung zu stellen. Dies geschah jedenfalls mit Einverständnis des Klägers. Dieser war daher gegenüber Rechtsanwalt Dr. D. Honorarschuldner. In ihrem Schreiben vom 8. Februar 1983 (Anlage K 67) haben die Herren S. und L. zudem den Kläger als zahlungspflichtig bezeichnet. Unter diesen Umständen hat der Kläger an Rechtsanwalt Dr. D. nicht rechtsgrundlos gezahlt. Wird im weiteren Verfahren die Schadensersatzpflicht des Beklagten zu 1 dem Grunde nach festgestellt, umfaßt der Schadensersatzanspruch des Klägers daher auch die insoweit geltend gemachten Aufwendungen des Klägers.
Fundstellen
Haufe-Index 650402 |
BB 1989, 2356 |
NJW 1990, 389 |
ZIP 1989, 1455 |
JuS 1990, 234 |
GmbHR 1990, 31 |