Entscheidungsstichwort (Thema)
Grenzen der Beratungstätigkeit eines Steuerberaters
Leitsatz (amtlich)
Steuerberatung: Rechtsberatung
- Hat der Steuerberater die Rechtsberatung als einen Teil seiner steuerberatenden Tätigkeit für seinen Mandanten aufgefaßt und sie sich auch als solche vergüten lassen, so läßt dies auf die Geschäftsmäßigkeit der Rechtsbesorgung schließen.
- Hat der Steuerberater für seinen Mandanten eine Einkommensteuererklärung zu fertigen, so ist bei gemeinschaftlicher Veranlagung die Ehefrau des Auftraggebers in den Schutzbereich des Steuerberatungsvertrags einbezogen.
Leitsatz (redaktionell)
Wird ein steuerlicher Berater von einem Ehemann, der zusammen mit seiner Ehefrau gemeinschaftlich veranlagt wird, mit der Anfertigung der Einkommensteuererklärung beauftragt, so ist es selbstverständlich, daß er nicht nur die auf die Verhältnisse des Ehemanns, sondern auch die auf die Verhältnisse der Ehefrau bezüglichen Fragen richtig beantworten, von der Ehefrau steuerliche Nachteile abwenden und ihr steuerliche Vorteile sichern muß.
Normenkette
StBerG § 1; RBerG Art. 1 § 1; BGB § 675
Verfahrensgang
OLG München (Urteil vom 19.01.1983; Aktenzeichen 20 U 4380/82) |
LG München I (Urteil vom 19.08.1982; Aktenzeichen 6 O 20214/81) |
Tatbestand
Der Ehemann der Klägerin, H O, war Inhaber eines Unternehmens, das sich mit dem Vertrieb von Fleisch- und Wurstwaren befaßte; er führte in dieser Eigenschaft die Firma G O. Er wurde vom Beklagten steuerlich beraten. Hierüber hatte er folgende Auftragsbestätigung erteilt:
„Ich/wir beauftrage(n) hierdurch Herrn … (Beklagten), Steuerbevollmächtigter … mit nachstehenden Angelegenheiten:
Erstellung der Jahresabschlüsse einschließlich Gewinn- und Verlustrechnung Jahressteuererklärungen Buchführungsarbeiten Beratung in allen steuerlichen Angelegenheiten einschließlich Rechtsbehelfe …. Für etwaige bei der Durchführung des Auftrags verschuldete Vermögensschäden haftet der Auftragnehmer nur bis zur Höhe der Deckungssumme von DM 100.000,- der von ihm unterhaltenen Berufshaftpflichtversicherung. Eine weitergehende Haftung bedarf besonderer schriftlicher Vereinbarung. Die Haftung ist zeitlich auf drei Jahre beschränkt. Eine Haftung aus mündlichen Erklärungen und Auskünften ist ausgeschlossen, wenn sie nicht schriftlich bestätigt werden. …. Der Auftrag wird nach den standesüblichen Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Berufsausübung erledigt. M, den 2.1.1978 H. O”
Der Beklagte entwarf einen Darlehensvertrag, der das Datum vom 20. März 1978 trug und von der Klägerin und ihrem Ehemann unterzeichnet wurde. Das Schriftstück hatte folgenden Wortlaut:
- „Der Darlehensgeber gewährt dem Darlehensnehmer ein Darlehen über DM 250.000,– …; dieser Betrag wurde dem Darlehensnehmer bereits auf seinem Bankkonto … zur Verfügung gestellt.
- Die Laufzeit des Darlehens ist unbestimmt; das Darlehen kann frühestens zum 31.12.1981 unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 6 Monaten zum Kalenderjahrende gekündigt werden.
- Das Darlehen wird mit einem Zinssatz von 6 v.H. verzinst. Die Zinsen von monatlich DM 1.250,– werden zum Monatsende an den Darlehensgeber ausbezahlt.
- …
- Zur Sicherstellung des Darlehens übereignet der Darlehensgeber (sic) dem Darlehensnehmer (sic) sein Betriebsvermögen, sofern dies nicht anderweitig sicherungsübereignet ist.
- …
- … Mündliche Nebenabreden zu diesem Vertrag fehlen. Änderungen des Vertrages bedürfen der Schriftform.”
In einer vom 4. April 1978 datierenden Abrechnung über seine steuerberatenden Leistungen stellte der Kläger der Firma G O unter anderem auch folgende Leistung in Rechnung:
„Beratung hinsichtlich des Darlehensvertrages mit Ihrer Ehefrau … DM 95,–”
Am 30.4.1981 fiel der Ehemann der Klägerin in Konkurs. Die Klägerin kündigte das Darlehen fristlos. Der Konkursverwalter hielt die Sicherungsübereignung gemäß Ziffer 5 des Darlehensvertrages für unwirksam und weigerte sich, die von der Klägerin geforderten, zum Betriebsvermögen gehörenden Gegenstände zum Zwecke der abgesonderten Befriedigung herauszugeben.
Eine Quote für nichtbevorrechtigte Konkursgläubiger ist unstreitig nicht zu erwarten.
Die Klägerin trägt vor, aus dem Verkauf des gemeinsamen Hauses Ende 1977 sei nach Ablösung der Belastungen ein Betrag von hauptsächlich DM 350.000,– verblieben, der am 16.2.1978 auf das Geschäftskonto der Firma O überwiesen worden sei. Sie habe mit dem Beklagten die Frage erörtert, wie der ihr gehörende Kaufpreisanteil buchhalterisch zu behandeln sei. Er habe erklärt, daß der Anteil, soweit er im Geschäft verbleiben solle, als Darlehen zu verbuchen sei. Sie habe daraufhin dem Beklagten mitgeteilt, daß in dem Betrag von DM 350.000,– eigene Gelder in Höhe DM 250.000,– enthalten seien. Der Beklagte habe von sich aus angeboten, einen entsprechenden Vertrag zu entwerfen. Zwischen ihnen beiden sei besprochen worden, daß eine Sicherheit in den Vertrag aufgenommen werde.
Die Klägerin verlangt im vorliegenden Rechtsstreit vom Beklagten Ersatz ihres Schadens, den sie mit 172.906,84 DM beziffert. Sie stützt sich dabei auch auf eine Abtretung ihres Ehemannes. Hilfsweise begehrt sie Zahlung dieses Betrages Zug um Zug gegen Abtretung des Darlehensrückzahlungsanspruchs.
Der Beklagte hat zunächst behauptet, der Ehemann der Klägerin habe befürchtet, die Klägerin würde ihr Geld sofort aus der „Firma” abziehen, sobald es in der Ehe kriseln würde. Aus diesem Grunde habe er den Beklagten mit dem Entwurf eines Darlehensvertrages beauftragt, in dem die Bedingungen für den Ehemann möglichst günstig gestaltet werden sollten. Er, der Beklagte habe daraufhin den Rohentwurf eines Darlehensvertrages gefertigt; er habe sowohl die Klägerin als auch deren Ehemann darauf aufmerksam gemacht, daß die genaue Formulierung des Vertrages einem Rechtsanwalt übertragen werden müsse. Die Klägerin habe erwidert, daß sie sowieso die Absicht habe, den Vertrag durch einen Anwalt überprüfen zu lassen. Bei der Abfassung des Textes habe er sich von dem Wunsch des Ehemannes der Klägerin, ein Abziehen des Geldes der Klägerin zu erschweren, leiten lassen; aus diesem Grund habe er vorgesehen, daß eine Kündigung frühestens zum 31. Dezember 1981 möglich sein soll und die Darlehensvaluta in 10 gleichen Jahresraten zurückzuzahlen sei.
In der Berufungsinstanz hat der Beklagte demgegenüber vorgetragen, er habe dem Ehemann der Klägerin mitgeteilt, daß nach seinen, des Beklagten, Feststellungen das Unternehmen erheblich verschuldet sei. Der Ehemann der Klägerin habe daraufhin ein Darlehen seiner Ehefrau in Höhe von DM 250.000,– in Aussicht gestellt. Um den Geldzufluß ordnungsgemäß verbuchen zu können, habe er den Rohentwurf eines Darlehensvertrages gefertigt. Er sei angewiesen worden, dabei ausschließlich die Belange der Firma G O zu berücksichtigen; er habe deshalb auch einen unter dem Marktzins liegenden Zinssatz eingesetzt.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihre Anträge weiter.
Entscheidungsgründe
I.
1. Bei der Prüfung der Frage, ob der Klägerin vertragliche Ansprüche gegen den Beklagten zustehen, legt das Berufungsgericht den „spezifizierten Vortrag des Beklagten” in der Berufungserwiderung zugrunde, der die Klägerin weder in ihrer Stellungnahme zur Berufungserwiderung noch sonst widersprochen habe. Er sei nur für die Firma G O, nicht aber für die Klägerin steuerberatend tätig geworden. Die Klägerin habe sich sogar geweigert, ihm eine Vollmacht zu erteilen. Wenn er dem Finanzamt eine Mitteilung über den Verkauf eines Grundstücks der Eheleute O gemacht habe, so sei dies nur auf ausdrückliche Bitte des Zeugen H O und nur, um diesem Zeugen einen Gefallen zu tun, geschehen. Die Klägerin habe ihn, den Beklagten, auch niemals in steuerlichen Angelegenheiten um Rat gefragt.
2. Bei diesen Überlegungen geht das Berufungsgericht von einem falschen Ausgangspunkt aus. Es kommt nicht darauf an, was der Beklagte tatsächlich getan hat, sondern darauf, wozu er sich vertraglich verpflichtet hatte. Diese Frage ist an Hand der vom Ehemann der Klägerin ausgestellten Auftragsbestätigung zu beurteilen. Es wird von keiner Seite behauptet, daß dieses Schriftstück nur zum Scheine ausgestellt sei, daß es einen vom Wortlaut abweichenden Sinn habe oder die zwischen den Vertragsparteien getroffenen Vereinbarungen unrichtig wiedergebe. Danach gehörte zu den vertraglichen Aufgaben des Beklagten auch die Erstellung der „Jahressteuererklärungen”, also auch die der Einkommensteuererklärung. Da die Eheleute O gemeinschaftlich veranlagt wurden, mußte sich die vom Beklagten anzufertigende Steuererklärung notwendigerweise auf das Einkommen der Klägerin erstrecken. Die steuerberatende Tätigkeit des Beklagten sollte somit auch der Klägerin zugute kommen. Ob die Klägerin durch den Vertrag unmittelbar das Recht erworben hatte, Leistung an sich selbst zu fordern (§ 328 BGB), braucht hier nicht entschieden zu werden. Sie war zumindest in den Schutzbereich des zwischen ihrem Ehemann und dem Beklagten abgeschlossenen Vertrages einbezogen. Wenn ein steuerlicher Berater von einem Ehemann, der zusammen mit seiner Ehefrau gemeinschaftlich veranlagt wird, mit der Anfertigung der Einkommensteuererklärung beauftragt wird, so ist es selbstverständlich, daß er nicht nur die auf die Verhältnisse des Ehemanns, sondern auch die auf die Verhältnisse der Ehefrau bezüglichen Fragen richtig beantworten, von der Ehefrau steuerliche Nachteile abwenden und ihr steuerliche Vorteile sichern muß. Es ist demnach unzutreffend, wenn das Berufungsgericht annimmt, der Beklagte habe gegenüber der Klägerin keine vertraglichen Sorgfaltspflichten gehabt.
Was der Beklagte zur Begründung seiner gegenteiligen Auffassung vorbringt, ist rechtlich unerheblich:
a) Das gilt insbesondere für die unstreitige Tatsache, daß die Klägerin dem Beklagten keine Vollmacht erteilt hat. Einer solchen Vollmacht bedurfte der Beklagte zur Erfüllung seiner vertraglichen Verpflichtungen nicht. Nach § 60 Abs. 1 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung 1977 (ebenso nach § 60 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung 1981) sind Steuererklärungen grundsätzlich vom Steuerpflichtigen persönlich zu unterzeichnen; sie können sich hierbei nicht durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen.
b) Der Beklagte meint, er sei nur der steuerliche Berater der Fa. G O, nicht aber der der Eheleute O gewesen. Wenn das Finanzamt ihm Schriftstücke, die den privaten Bereich des Ehemanns der Klägerin und der Klägerin selbst betroffen haben, zugeleitet habe, so sei dies allein darauf zurückzuführen, daß bei Einzelkaufleuten die Steuernummer der Firma gleichzeitig auch die private Steuernummer sei.
Das ist eine schiefe Betrachtungsweise. Die Firma G O war kein selbständiger Rechtsträger, sondern lediglich der Name, dessen sich der Ehemann der Klägerin im geschäftlichen Verkehr bediente. Auch in steuerlicher Hinsicht ist nicht zwischen dem Privatmann H O und der Firma G O zu unterscheiden; steuerpflichtig ist nicht die Firma als solche, sondern ihr Inhaber. Die Ansicht des Beklagten wäre auch dann verfehlt, wenn sie dahin aufzufassen wäre, daß er nur für den geschäftlichen Bereich als steuerlicher Berater bestellt worden sei. Das geltende Einkommensteuerrecht kennt keine getrennte Besteuerung des geschäftlichen und des privaten Einkommens des Steuerpflichtigen. In die – einheitliche – Einkommensteuererklärung sind sowohl Daten aus der geschäftlichen als auch aus der persönlichen Sphäre aufzunehmen. Ein steuerlicher Berater, der mit der Erstellung der Einkommensteuererklärung beauftragt ist, ist daher genötigt, sich auch mit privaten Angelegenheiten seines Mandanten zu befassen.
c) Schließlich kann aus dem Umstand, daß der Beklagte niemals eine Einkommensteuererklärung für die Eheleute O abgegeben hat, nicht ohne weiteres geschlossen werden, daß diese Aufgabe nachträglich stillschweigend aus dem vertraglichen Tätigkeitsbereich des Beklagten herausgenommen worden wäre. Dies kann sich daraus erklären, daß das Mandat des Beklagten erloschen ist, bevor eine neue Einkommensteuererklärung abzugeben war. Das Beratungsverhältnis endete am 20. Juli 1980; erst am 30. April 1980 hatte der Beklagte eine weitere Verlängerung der Frist zur Abgabe der Einkommensteuererklärung für 1978 beantragt.
3. Ein Steuerberater oder Steuerbevollmächtigter, der nicht gleichzeitig Rechtsbeistand oder Rechtsanwalt ist, ist seinem Vertragspartner und den in den Schutzbereich des Mandatsvertrages einbezogenen Personen gegenüber verpflichtet, sich bei seiner rechtsberatenden und rechtsbesorgenden Tätigkeit auf die in § 1 des Steuerberatungsgesetzes genannten Rechtsgebiete zu beschränken, soweit er nicht als Wirtschaftsprüfer im Rahmen des § 4 Nr. 2 Rechtsberatungsgesetz zur Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten befugt ist. Für die Angehörigen der steuerberatenden Berufe ist das Dauermandat charakteristisch. Zwischen ihnen und ihren Mandanten entwickelt sich häufig ein sehr enges Vertrauensverhältnis. Dies kann dazu führen, daß an sie auch solche Angelegenheiten herangetragen werden, die nicht zu ihrem beruflichen Wirkungskreis gehören, wie z.B. die Abfassung von Darlehens- und Gesellschaftsverträgen. Der steuerliche Berater gefährdet die Interessen seines Mandanten, wenn er einem solchen Ansinnen nachgibt oder sich sogar selbst um die Übertragung solcher Angelegenheiten bemüht und damit eine Aufgabe übernimmt, die er im allgemeinen mangels fachlicher Qualifikation nicht sachgerecht erledigen kann. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob er im konkreten Einzelfall mit der Bearbeitung allgemein-rechtlicher Angelegenheiten gegen § 1 des Rechtsberatungsgesetzes verstoßen hat; insbesondere kommt es nicht darauf an, ob es sich dabei um eine geschäftsmäßige Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten gehandelt hat. Ergibt es sich für einen steuerlichen Berater, daß sein Mandant Hilfe in allgemein-rechtlichen Angelegenheiten benötigt, dann hat er ihn an einen Rechtsanwalt oder gegebenenfalls an einen Notar zu verweisen. Auch der Beklagte leugnet dies im Grunde nicht. Er trägt selbst vor, daß er den Eheleuten O die Zuziehung eines Rechtsanwalts empfohlen habe; er selbst habe nur einen „Rohentwurf” gefertigt, der als Grundlage für den vom Rechtsanwalt zu fertigenden endgültigen Entwurf dienen sollte. Diese Sachdarstellung kann jedoch nicht zur Grundlage des Revisionsurteils gemacht werden, weil sie bestritten und vom Tatrichter noch nicht geprüft ist.
4. Damit erledigt sich auch das Argument, der Beklagte habe wegen der Gegenläufigkeit der Interessen des Darlehensgebers und des Darlehensnehmers gegenüber der Klägerin keine Sorgfaltspflichten zu beachten gehabt. Beide Ehegatten waren in gleicher Weise daran interessiert, daß der Text des Darlehensvertrages nicht von einer fachlich unzureichend qualifizierten Kraft entworfen wurde; der Beklagte hätte daher nicht die Interessen seines Mandanten beeinträchtigt, wenn er den Eheleuten die Zuziehung eines Rechtsanwalts empfohlen hätte. Es kommt demnach nicht mehr darauf an, ob gerade hinsichtlich der dinglichen Absicherung des Darlehens ein Interessengegensatz zwischen den Eheleuten bestand. Aber auch in dieser Hinsicht ist der Gedankengang des Berufungsgerichts nicht frei von Rechtsfehlern. Die Vereinbarung einer Sicherungsübereignung war an sich nicht geeignet, im Falle einer Auseinandersetzung zwischen den Ehegatten die Rechtsverfolgung der Klägerin zu erleichtern. Wenn sich der Ehemann der Klägerin geweigert hätte, nach erfolgter Kündigung die Darlehensvaluta zurückzuzahlen oder die fälligen Zinsen zu entrichten, wäre die Klägerin auch bei einer wirksamen Sicherungsübereignung zur Klageerhebung gezwungen gewesen. Mit einer solchen Auseinandersetzung war im übrigen, solange zwischen den Ehegatten Einvernehmen bestand, nicht ernsthaft zu rechnen. Wenn es aber zu einer Scheidung oder zu einer vorzeitigen Aufhebung der Zugewinngemeinschaft gekommen wäre, wäre die Darlehensforderung in den Zugewinnausgleichsanspruch eingegangen. Die Rechtsstellung des Ehemanns der Klägerin gegenüber seiner Ehefrau wäre also durch eine wirksame Sicherungsübereignung nicht wesentlich beeinträchtigt worden.
Von großer Bedeutung war dagegen die Sicherungsklausel für das Verhältnis zu den anderen Gläubigern ihres Ehemanns. Sie verhinderte, daß durch eine Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Ehemanns oder durch die Eröffnung des Konkursverfahrens der Klägerin das im Geschäft ihres Ehemanns investierte Kapital entzogen wurde. Daran war aber auch der Ehemann interessiert: Wäre es der Klägerin gelungen, eine abgesonderte Befriedigung ihres Darlehensanspruchs zu erreichen, dann hätte die Darlehensvaluta beiden Ehegatten auch nach der Konkurseröffnung für ihren Lebensunterhalt zur Verfügung gestanden. Auch der Beklagte hat dies so gesehen; denn er hat es nicht als einen Verstoß gegen die Treuepflicht gegenüber seinem Mandanten angesehen, in dem von ihm gefertigten Entwurf eine Sicherungsübereignung zu Gunsten der Klägerin vorzusehen; daß es nicht zu einer wirksamen Sicherungsübereignung kam, war von ihm nicht beabsichtigt.
5. Nach alledem ist es auch unerheblich, daß der Ehemann der Klägerin dem Beklagten keinen ausdrücklichen Auftrag zur Einfügung einer Sicherungsübereignungsklausel in den Darlehensvertrag gegeben hat. Wenn der Beklagte es übernahm, den Darlehensvertrag zu entwerfen, mußte er einen sachgerechten Entwurf liefern; er mußte also in ihn die Klausel aufnehmen, die nach der für ihn erkennbaren Interessenlage offensichtlich geboten war.
II.
Bei der Prüfung der Frage, ob der Beklagte gegen § 1 des Rechtsberatungsgesetzes verstoßen und sich dadurch gemäß § 823 Abs. 2 BGB schadensersatzpflichtig gemacht hat, geht das Berufungsgericht zutreffend davon aus, daß eine geschäftsmäßige Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten nur dann anzunehmen ist, wenn der Berater die Absicht hat, eine rechtsberatende (oder rechtsbesorgende) Tätigkeit in gleicher Weise zu wiederholen und sie dadurch zu einem dauernden und wiederkehrenden Bestandteil seiner Beschäftigung zu machen. Dabei darf jedoch nicht außer Acht gelassen werden, daß die Wiederholungsabsicht als eine innere Tatsache in der Regel einem direkten Beweis nicht zugänglich ist. Der Richter muß sich deshalb mit äußeren Anzeichen für diese Absicht begnügen. Dazu kann u.U. bereits der Umstand ausreichen, daß der Berater für seine rechtsberatende oder rechtsbesorgende Tätigkeit ein Honorar gefordert hat (Schorn, Rechtsberatung 2. Aufl. S. 111; Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Breithaupt, Sammlung, 1971, Seite 609, 612 oben).
Besondere Bedeutung kommt jedoch im vorliegenden Fall der Tatsache zu, daß der Beklagte den Entwurf des Darlehensvertrages als einen Teil seiner steuerberatenden Tätigkeit aufgefaßt und auch als solche abgerechnet hat. In einem solchen Fall muß angenommen werden, daß der steuerliche Berater bereit ist, die Rechtsbesorgung bei sich bietender Gelegenheit – auch für andere Mandanten – zu wiederholen. Irgendwelche Anhaltspunkte dafür, daß es sich bei dem Entwurf des Darlehensvertrages um einen einmaligen Ausnahmefall gehandelt haben könnte, liegen nicht vor. Der Beklagte hatte keine Veranlassung, den Eheleuten O dadurch entgegenzukommen, daß er für sie Arbeiten erledigte, die außerhalb des Rahmens seiner üblichen beruflichen Tätigkeit lag. Es ist auch nicht behauptet worden, daß die Anfertigung des Entwurfs von den Eheleuten O als besondere Gefälligkeit erbeten oder von dem Beklagten als eine solche bezeichnet worden wäre. Gegen die Annahme einer Gefälligkeitsleistung spricht im übrigen bereits das vom Beklagten geforderte und erhaltene Entgelt.
III.
Wenn man – wie dies bei richtiger rechtlicher Betrachtungsweise geboten ist – die Pflichtverletzung des Beklagten darin sieht, daß er eine nicht zu seinem beruflichen Tätigkeitsbereich gehörende Aufgabe übernommen und die Eheleute O nicht an einen Anwalt oder Notar verwiesen hat, dann läßt sich der Kausalzusammenhang zwischen ihr und dem eingetretenen Schaden nicht ohne weiteres mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung verneinen. Hätte nämlich der Beklagte pflichtgemäß der Klägerin und ihrem Ehemann empfohlen, sich an einen Rechtsanwalt oder Notar zu wenden, so hätte der Schaden vermieden werden können, wenn die Eheleute O dieser Empfehlung gefolgt wären und der zugezogene Jurist einen sachgerechten Darlehensentwurf gefertigt hätte. Ob das der Fall gewesen wäre, wird das Berufungsgericht nach § 287 ZPO zu beurteilen haben. Soweit vertragliche Ansprüche zur Erörterung stehen, wird das Berufungsgericht die in BGHZ 61, 118 dargelegten Grundsätze zu beachten haben.
IV.
Im übrigen wird es für die Entscheidung des Rechtsstreits wesentlich darauf ankommen, ob der Beklagte, wie er behauptet, lediglich einen „Rohentwurf” des Darlehensvertrages gefertigt und den Eheleuten O die Zuziehung eines Rechtsanwalts empfohlen hat. Beide Behauptungen hängen miteinander zusammen; wenn sich die erstgenannte als unrichtig erweisen sollte, so kann dies auch Auswirkungen auf die Glaubhaftigkeit der zweiten haben.
Ferner wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, ob der Sicherungsklausel nicht im Wege der Auslegung unter Berücksichtigung des Vorbringens des Beklagten ein Inhalt gegeben werden kann, der den von der Rechtsprechung aufgestellten Gültigkeitsanforderungen entspricht.
Gegebenenfalls wird das Berufungsgericht auch das beiderseitige Vorbringen zu der im Vertrag vorgesehenen Haftungsbeschränkung auf 100.000,– DM zu würdigen haben.
Fundstellen
Haufe-Index 2027368 |
NJW 1986, 1050 |