Leitsatz (amtlich)
Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die neben dem Wortlaut eines Gesetzes, das der Ergänzung bedarf, weitere Regelungen enthält, unterliegt insoweit der Kontrolle nach den §§ 9 bis 11 AGBG, als zu prüfen ist, ob und wie der Verwender das Gesetz ergänzt hat.
Klauseln in Allgemeinen Bedingungen über die kapitalbildende Lebensversicherung, die die Beitragsfreistellung, die Kündigung des Vertragsverhältnisses sowie den Rückkaufswert und die Abschlußkosten regeln, sind wegen Intransparenz unwirksam, wenn sie dem Versicherungsnehmer etwaige wirtschaftliche Nachteile nicht deutlich vor Augen führen.
Eine Klausel in Allgemeinen Bedingungen über die kapitalbildende Lebensversicherung, die die Überschußermittlung und -beteiligung regelt, ist nicht deshalb wegen Intransparenz unwirksam, weil die Klausel die Berechnungsmethoden nicht aufzeigt, wenn die Regelung insgesamt erkennen läßt, daß die Überschüsse variieren können. Der Versicherer ist nicht verpflichtet anzugeben, in welcher Weise er von gesetzlich eingeräumten Bilanzierungsspielräumen Gebrauch machen wird.
Normenkette
AGBG §§ 8-9; VVG §§ 174, 176, 1 S. 2; VAG § 81c
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth |
OLG Nürnberg |
Nachgehend
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 29. Februar 2000 teilweise aufgehoben. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 28. Juli 1999 teilweise abgeändert.
Der Beklagten wird es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes – und für den Fall, daß dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 500.000 DM, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre, zu vollziehen an den Vorstandsmitgliedern der Beklagten) verboten, beim Abschluß von Kapital-Lebensversicherungen die nachfolgend genannten Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu verwenden und/oder sich bei der Abwicklung bereits abgeschlossener Kapital-Lebensversicherungsverträge auf die nachfolgend genannten Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu berufen, soweit dies nicht gegenüber einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen oder einem Kaufmann im Betrieb seines Handelsgewerbes geschieht:
1. „§ 4 Wann können Sie die Versicherung kündigen oder beitragsfrei stellen?
Kündigung und Auszahlung des Rückkaufswerts
(3) Nach Kündigung erhalten Sie einen vertraglich festgelegten Rückkaufswert vermindert um eventuell rückständige Beiträge. Der Rückkaufswert entspricht nicht der Summe der von Ihnen eingezahlten Beiträge, sondern dem nach anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik berechneten Deckungskapital zum Kündigungszeitpunkt, vermindert um einen als angemessen angesehenen Abzug.
Umwandlung in eine beitragsfreie Versicherung
(6) Anstelle einer Kündigung nach Absatz 1 können Sie unter Beachtung der dort genannten Termine und Fristen schriftlich verlangen, von der Beitragszahlungspflicht befreit zu werden. In diesem Fall setzen wir die Versicherungssumme auf eine beitragsfreie Summe herab, die gemäß § 174 Absatz 2 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) nach den anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik errechnet wird. Der aus Ihrer Versicherung für die Bildung der beitragsfreien Summe zur Verfügung stehende Betrag ist der Rückkaufswert, vermindert um eventuell rückständige Beiträge.”
2. „§ 15 Wie werden die Abschlußkosten erhoben und ausgeglichen?
Die mit dem Abschluß Ihrer Versicherung verbundenen und auf sie entfallenden Kosten, etwa die Kosten für Beratung, Anforderung von Gesundheitsauskünften und Ausstellung des Versicherungsscheins, werden Ihnen nicht gesondert in Rechnung gestellt. Den Teil dieser Kosten, der bei der Berechnung des Deckungskapitals*) angesetzt wird, verrechnen wir nach einem aufsichtsrechtlich geregelten Verfahren mit Ihren ab Versicherungsbeginn eingehenden Beiträgen, soweit diese nicht für Versicherungsleistungen und Verwaltungskosten vorgesehen sind.
*) Ein Deckungskapital müssen wir für jeden Versicherungsvertrag bilden, um zu jedem Zeitpunkt den Versicherungsschutz gewährleisten zu können. Dessen Berechnung wird nach § 65 des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) und §§ 341e, 341f des Handelsgesetzbuches (HGB) sowie den dazu erlassenen Rechtsverordnungen geregelt.”
Dem Kläger wird die Befugnis zugesprochen, die Urteilsformel mit der Bezeichnung des verurteilten Verwenders auf Kosten der Beklagten im Bundesanzeiger, im übrigen auf eigene Kosten bekanntzumachen.
Im übrigen werden die Rechtsmittel zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 1/3 und die Beklagte 2/3.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger ist ein gemeinnütziger Verbraucherschutzverein auf dem Gebiet des Versicherungswesens. Die Beklagte ist eine deutsche Lebensversicherungsaktiengesellschaft. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit bestimmter Klauseln in den von der Beklagten verwandten Allgemeinen Bedingungen für die kapitalbildende Lebensversicherung (ALB). In diesen Bedingungen heißt es unter anderem:
„§ 4 Wann können Sie die Versicherung kündigen oder beitragsfrei stellen?
Kündigung und Auszahlung des Rückkaufswertes
(1) …
(3) Nach Kündigung erhalten Sie einen vertraglich festgelegten Rückkaufswert vermindert um eventuell rückständige Beiträge. Der Rückkaufswert entspricht nicht der Summe der von Ihnen eingezahlten Beiträge, sondern dem nach anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik berechneten Deckungskapital zum Kündigungszeitpunkt, vermindert um einen als angemessen angesehenen Abzug.
(4) Eine Übersicht über die Garantiewerte (Rückkaufswerte und beitragsfreie Versicherungssummen) ist im Versicherungsschein abgedruckt. Dort werden Sie auch über die Höhe des Rückkaufswertabzugs informiert.
(5) Zusätzlich erhalten Sie bei Kündigung die aus der Überschußbeteiligung vorhandenen Werte (siehe Tarifbedingungen).
Umwandlung in eine beitragsfreie Versicherung
(6) Anstelle einer Kündigung nach Absatz 1 können Sie unter Beachtung der dort genannten Termine und Fristen schriftlich verlangen, von der Beitragszahlungspflicht befreit zu werden. In diesem Fall setzen wir die Versicherungssumme auf eine beitragsfreie Summe herab, die gemäß § 174 Absatz 2 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) nach den anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik errechnet wird. Der aus Ihrer Versicherung für die Bildung der beitragsfreien Summe zur Verfügung stehende Betrag ist der Rückkaufswert, vermindert um eventuell rückständige Beiträge.
§ 15 Wie werden die Abschlußkosten erhoben und ausgeglichen?
Die mit dem Abschluß Ihrer Versicherung verbundenen und auf sie entfallenden Kosten, etwa die Kosten für Beratung, Anforderung von Gesundheitsauskünften und Ausstellung des Versicherungsscheins, werden Ihnen nicht gesondert in Rechnung gestellt. Den Teil dieser Kosten, der bei der Berechnung des Deckungskapitals*) angesetzt wird, verrechnen wir nach einem aufsichtsrechtlich geregelten Verfahren mit Ihren ab Versicherungsbeginn eingehenden Beiträgen, soweit diese nicht für Versicherungsleistungen und Verwaltungskosten vorgesehen sind.
*) Ein Deckungskapital müssen wir für jeden Versicherungsvertrag bilden, um zu jedem Zeitpunkt den Versicherungsschutz gewährleisten zu können. Dessen Berechnung wird nach § 65 des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) und §§ 341e, 341f des Handelsgesetzbuches (HGB) sowie den dazu erlassenen Rechtsverordnungen geregelt.
§ 17 Wie sind Sie an den Überschüssen beteiligt?
Überschußermittlung
(1) Um zu jedem Zeitpunkt der Versicherungsdauer den vereinbarten Versicherungsschutz zu gewährleisten, bilden wir Rückstellungen. Die zur Deckung dieser Rückstellungen erforderlichen Mittel werden angelegt und erbringen Kapitalerträge. Aus diesen Kapitalerträgen, den Beiträgen und den angelegten Mitteln werden die zugesagten Versicherungsleistungen erbracht sowie die Kosten für Abschluß und Verwaltung des Vertrages gedeckt. Je größer die Erträge aus den Kapitalanlagen sind, je weniger vorzeitige Versicherungsfälle eintreten und je kostengünstiger wir arbeiten, um so größer sind dann entstehende Überschüsse, an denen wir Sie und die anderen Versicherungsnehmer beteiligen. Die Überschußermittlung erfolgt nach den Vorschriften des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) und des Handelsgesetzbuches (HGB) und den zu diesen Gesetzen erlassenen Rechtsverordnungen.
Überschußbeteiligung
(2) Die Überschußbeteiligung nehmen wir nach Grundsätzen vor, die § 81c des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) und der dazu erlassenen Rechtsverordnung entsprechen und deren Einhaltung die Aufsichtsbehörde überwacht.
(3) Nach diesen Grundsätzen sind von uns gleichartige Versicherungen in einem Abrechnungsverband und zum Teil innerhalb eines Abrechnungsverbandes nach zusätzlichen Kriterien in einem Gewinnverband zusammengefaßt worden. Von den Kapitalerträgen kommt den Versicherungsnehmern als Überschußbeteiligung mindestens der in der Rechtsverordnung zu § 81c VAG festgelegte Anteil zugute, abzüglich der Beträge, die für die zugesagten Versicherungsleistungen benötigt werden. Bei günstiger Sterblichkeitsentwicklung und Kostensituation können weitere Überschüsse hinzukommen. Der so ermittelte Überschuß wird – soweit er den Verträgen nicht direkt gutgeschrieben wird – in die Rückstellung für Beitragsrückerstattung (RfB) eingestellt. Die in die RfB eingestellten Mittel dürfen wir grundsätzlich nur für die Überschußbeteiligung der Versicherungsnehmer verwenden. Mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde können wir die RfB ausnahmsweise zur Abwendung eines Notstandes (z.B. Verlustabdeckung) heranziehen (§ 56a VAG) oder bei sehr ungünstigem Risikoverlauf bzw. einem eventuellen Solvabilitätsbedarf den in der Rechtsverordnung zu § 81c VAG genannten Prozentsatz der für die Überschußbeteiligung zu verwendenden Erträge unterschreiten.
(4) Ihre Versicherung gehört zum Gewinnverband N-Tarife (bei Einmalbeitragsversicherungen zum Gewinnverband Kapitalbildende N-Tarife gegen Einmalbeitrag) im Abrechnungsverband Einzel-Kapitalversicherung. Jede einzelne Versicherung innerhalb dieser Gewinnverbände erhält Anteile an den Überschüssen des Abrechnungsverbandes Einzel-Kapitalversicherung. Die Höhe dieser Anteile wird vom Vorstand unseres Unternehmens auf Vorschlag des verantwortlichen Aktuars unter Beachtung der gesetzlichen und aufsichtsrechtlichen Bestimmungen jährlich festgelegt und im Geschäftsbericht veröffentlicht. Die Mittel für diese Überschußanteile werden den Überschüssen des Geschäftsjahres oder der Rückstellung für Beitragsrückerstattung entnommen. In einzelnen Versicherungsjahren, insbesondere etwa im ersten Versicherungsjahr, kann eine Zuteilung von Überschüssen entfallen, sofern dies sachlich gerechtfertigt ist.
Vorausberechnungen
(5) Die Überschußanteile, die sich für den Anspruchsberechtigten ergeben, hängen in ihrer Höhe vor allem von den Kapitalerträgen, aber auch vom Verlauf der Sterblichkeit und von der Entwicklung der Kosten ab. Die Höhe der Überschußanteile, die von Jahr zu Jahr ermittelt und zugesagt werden, kann sich daher ändern. Verbindliche Angaben über die Höhe der künftigen Überschußbeteiligung sind nicht möglich.
(6) Über den Verlauf der Überschußbeteiligung unter der Voraussetzung, daß die heute gültigen Überschußanteile unverändert bleiben, können Sie sich anhand unserer Beispielsrechnungen informieren, die wir Ihnen auf Wunsch zur Verfügung stellen.”
Der Kläger hat zuletzt beantragt, der Beklagten unter Ordnungsgeldandrohung zu untersagen, folgende Klauseln bei Abschluß von Kapitallebensversicherungen zu verwenden oder sich bei Abwicklung bereits abgeschlossener Kapitallebensversicherungsverträge auf sie zu berufen: die Regelungen des § 4 Abs. 3 und 6 ALB, sowie des § 15 ALB insgesamt, ferner § 17 Abs. 1 und 2 ALB und folgende Teile aus § 17 ALB:
(3) „… Von den Kapitalerträgen kommt den Versicherungsnehmern als Überschußbeteiligung mindestens der in der Rechtsverordnung zu § 81c VAG festgelegte Anteil zugute, abzüglich der Beträge, die für die zugesagten Versicherungsleistungen benötigt werden. Bei günstiger Sterblichkeitsentwicklung und Kostensituation können weitere Überschüsse hinzukommen.
(4) … Die Höhe dieser Anteile wird vom Vorstand unseres Unternehmens auf Vorschlag des verantwortlichen Aktuars unter Beachtung der gesetzlichen und aufsichtsrechtlichen Bestimmungen jährlich festgelegt und im Geschäftsbericht veröffentlicht.”
Die Klage blieb in beiden Vorinstanzen erfolglos. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat hinsichtlich der Klauseln § 4 Abs. 3 und 6, § 15 ALB Erfolg. Diese Bestimmungen sind unwirksam. Dagegen haben die vom Kläger angegriffenen Teile des § 17 ALB Bestand.
I. § 4 Abs. 3 und 6 ALB
1. a) Das Berufungsgericht hält die Regelung des § 4 Abs. 3 und 6 ALB für kontrollfrei mit Ausnahme des Abs. 3 Satz 2 letzter Halbs., weil die Klausel – von der Ausnahme abgesehen – der gesetzlichen Regelung der §§ 174 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, 176 Abs. 3 Satz 1 VVG entspreche. Die Revisionserwiderung vertritt die Auffassung, die gesamte Klausel sei der gerichtlichen Inhaltskontrolle entzogen, denn der Rückkaufswert würde auch nach anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik – die Klausel hinweggedacht – aufgrund der gesetzlichen Regelung berechnet, so daß eine Abweichung vom Gesetz, die Prüfungsgegenstand sein könnte, nicht vorliege. Das trifft nicht zu.
b) Nach § 8 AGBG sind Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nur dann einer Inhaltskontrolle nach den §§ 9 bis 11 AGBG zu unterziehen, wenn sie von Rechtsvorschriften abweichen oder diese ergänzen. Danach sind Klauseln, die Rechtsvorschriften nur wiedergeben und in jeder Hinsicht mit ihnen übereinstimmen (sogenannte deklaratorische Klauseln) der Inhaltskontrolle entzogen. Bei solchen Klauseln verbietet sich eine Inhaltskontrolle schon wegen der Bindung des Richters an das Gesetz; sie liefe auch leer, weil an die Stelle der unwirksamen Klausel gemäß § 6 AGBG doch wieder die inhaltsgleiche gesetzliche Bestimmung treten würde (BGHZ 91, 55, 57 m.w.N.). Allerdings ist fraglich, ob die bloße Wiedergabe einer gesetzlichen Regelung in Allgemeinen Versicherungsbedingungen in den Fällen jedenfalls auf ihre Transparenz für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer hin zu prüfen ist, in denen über die gesetzliche Regelung hinaus ein nicht zu übergehendes Bedürfnis des Versicherungsnehmers nach weiterer Unterrichtung besteht (vgl. Brandner in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz 9. Aufl. § 8 Rdn. 32a). Diese Frage braucht hier aber nicht beantwortet zu werden, weil § 4 Abs. 3 und 6 ALB sich nicht darauf beschränkt, auf eine gesetzliche Regelung zu verweisen oder sie wiederzugeben. Der gesetzlichen Regelung des § 176 Abs. 3 Satz 1 VVG entspricht lediglich der Hinweis in § 4 Abs. 3 ALB darauf, daß der Rückkaufswert nach den anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik zu berechnen ist. Das gleiche gilt für § 4 Abs. 6, in dem ebenfalls auf die anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik entsprechend § 174 Abs. 2 VVG verwiesen wird. Die in den gesetzlichen Vorschriften erwähnten anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik stellen nur einen Rahmen dar, innerhalb dessen sich die Berechnung halten muß. Das System zur Ermittlung der Rückkaufswerte ist zwar durch anerkannte Regeln der Versicherungsmathematik vorgegeben, enthält aber doch Spielräume, die durch geschäftspolitische Entscheidungen des jeweiligen Unternehmens ausgefüllt werden (vgl. Reimer Schmidt in Prölss, Versicherungsaufsichtsgesetz 11. Aufl. § 10a Rdn. 24). Diese Entscheidungen haben auch bei Anwendung der anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik bei der Berechnung des Rückkaufswerts unmittelbaren Einfluß auf dessen Höhe, so daß unterschiedliche Rückkaufswerte das Ergebnis sein können. Außerdem besagen die §§ 174 Abs. 2 und 176 Abs. 3 VVG nichts darüber, ob der Versicherer gehalten ist, die Höhe der Rückkaufswerte bei Vertragsschluß mit dem Versicherungsnehmer zu vereinbaren, oder ob sich der Versicherer vorbehalten darf, diese Leistung im Falle der Kündigung des Vertrages im Rahmen der anerkannten Regeln selbst zu bestimmen. Insofern bedarf die gesetzliche Regelung der Ergänzung. Dies hat die Beklagte auch erkannt. Sie hat in § 4 Abs. 3 ALB den Rückkaufswert als „vertraglich festgelegt” bezeichnet und zur weiteren Unterrichtung des Versicherungsnehmers hinzugefügt, daß der Rückkaufswert nicht der Summe der von ihm eingezahlten Beiträge entspricht. Damit stellt sich § 4 Abs. 3 und 6 ALB nicht als bloße Wiedergabe einer gesetzlichen Regelung dar. Die Klausel unterliegt deshalb in vollem Umfang der Kontrolle nach den §§ 9 bis 11 AGBG. Der Zweck des § 8 AGBG zu verhindern, daß gesetzliche Regelungen durch die gerichtliche Kontrolle modifiziert werden (vgl. BT-Drucks. 7/3919, S. 22), bleibt unberührt.
c) Einer Überprüfung des § 4 Abs. 3 und 6 ALB steht auch nicht entgegen, daß § 8 AGBG weder eine Kontrolle der Preise noch der Leistungsangebote ermöglichen soll. Da das Gesetz den Vertragspartnern grundsätzlich freistellt, Leistung und Gegenleistung im Vertrag frei zu bestimmen, unterliegen bloße Abreden über den unmittelbaren Gegenstand der Hauptleistung (sogenannte Leistungsbeschreibung) der gesetzlichen Inhaltskontrolle nach dem AGB-Gesetz ebensowenig wie Vereinbarungen über das von dem anderen Teil zu erbringende Entgelt (ständige Rechtsprechung, BGHZ 93, 358, 360; Senatsurteil vom 22. November 2000 – IV ZR 235/99 – VersR 2001, 184 unter II 1 a). Der gerichtlichen Inhaltskontrolle entzogene Leistungsbeschreibungen sind solche, die Art, Umfang und Güte der geschuldeten Leistung festlegen. Klauseln, die das Hauptleistungsversprechen einschränken, verändern, ausgestalten oder modifizieren, sind hingegen inhaltlich zu kontrollieren. Damit bleibt für die der Überprüfung entzogene Leistungsbeschreibung nur der enge Bereich der Leistungsbezeichnungen, ohne deren Vorliegen mangels Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit des wesentlichen Vertragsinhalts ein wirksamer Vertrag nicht mehr angenommen werden kann (ständige Rechtsprechung BGHZ 127, 35, 41; Senatsurteil vom 22. November 2000 aaO).
Zu diesen der Inhaltskontrolle entzogenen Leistungsbeschreibungen gehört § 4 Abs. 3 und 6 ALB nicht. Das Hauptleistungsversprechen hat die Beklagte in den jeweiligen Tarifbedingungen niedergelegt, in denen sie neben dem vom Versicherungsnehmer monatlich zu zahlenden Beitrag die jeweilige Versicherungssumme nennt, die sie bei Eintritt des Versicherungsfalls zu leisten hat. Die Regelungen im Falle einer Kündigung des Vertrages oder bei Befreiung von der Beitragszahlungspflicht modifizieren lediglich das Hauptleistungsversprechen. Sie stellen es selbst nicht dar.
2. a) Das Berufungsgericht hat ausgeführt, auch wenn man die Kontrollfähigkeit aller vom Kläger beanstandeten Teile des § 4 ALB unterstelle, sei die Wirksamkeit der Regelung zu bejahen. Sie genüge dem Transparenzgebot. Die Beklagte sei nicht gehalten, dem Kunden zu erläutern, nach welchen, im einzelnen äußerst komplexen Berechnungsarten der Rückkaufswert festgestellt werde. Die Beklagte brauche auch nicht deutlich zu machen, daß sie bei Anwendung anderer ebenfalls anerkannter Regeln der Versicherungsmathematik die Möglichkeit habe, den Rückkaufswert anders zu bestimmen. Es genüge, daß die Beklagte die Rückkaufswerte im Versicherungsschein tabellarisch aufführe, sie für verbindlich erkläre und den Abzug im Sinne des § 176 Abs. 4 VVG abschließend festlege. Damit habe die Beklagte keinen Spielraum mehr, durch Auswahl einer oder mehrerer anerkannter Regeln der Versicherungsmathematik die Höhe der Rückkaufswerte später zu beeinflussen.
Entgegen der Auffassung des Klägers sei die Regelung des § 4 ALB auch nicht deshalb intransparent, weil dem Kunden nicht offenbart werde, daß als Folge der Zillmerung zu Beginn des Versicherungsverhältnisses längere Zeit kein Rückkaufswert vorhanden sein könne. Aus der Tabelle erschließe sich ohne weiteres, daß in den ersten Jahren nach Vertragsschluß kein und danach nur ein weit unter der Summe der gezahlten Prämien liegender Rückkaufswert gegeben sei. Die konkrete Angabe des Rückkaufswertes und der beitragsfreien Versicherungssumme erst im Versicherungsschein sei vom Gesetzgeber gestattet. Aus § 10a VAG ergebe sich, daß die Feststellung in der Verbraucherinformation, also z.B. im Versicherungsschein genüge. Die Beklagte nehme auch in zulässiger Form in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen auf die im Versicherungsschein aufgeführten Rückkaufswerte Bezug.
b) Diese Ausführungen treffen im Ansatz zu, genügen der Forderung nach Transparenz der Regelung aber noch nicht in dem erforderlichen Umfang. § 4 Abs. 3 und 6 ALB benachteiligt den Versicherungsnehmer vielmehr wegen Verstoßes gegen das sich aus § 9 AGBG ergebende Transparenzgebot unangemessen und ist deshalb unwirksam. Nach dem Transparenzgebot ist der Verwender Allgemeiner Versicherungsbedingungen entsprechend den Grundsätzen von Treu und Glauben gehalten, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Dabei kommt es nicht nur darauf an, daß die Klausel in ihrer Formulierung für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer verständlich ist. Vielmehr gebieten Treu und Glauben auch, daß die Klausel die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen so weit erkennen läßt, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann (BGHZ 141, 137, 143 m.w.N.). Diesen Anforderungen entspricht § 4 Abs. 3 und 6 ALB nicht.
aa) Die kapitalbildende Lebensversicherung steht zumindest teilweise im Wettbewerb mit Angeboten über andere Kapitalanlagen. Der potentielle Kunde ist deshalb auf Informationen angewiesen, die ihm für seine Entscheidung bei Vertragsschluß einen Vergleich der unterschiedlichen Angebote – auch von anderen Versicherungsunternehmen – erlauben. Diesem berechtigten Informationsbedürfnis kommen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Beklagten mit § 4 nicht in ausreichendem Maße nach.
bb) Nach § 176 Abs. 3 VVG hat der Versicherer bei der Ermittlung des Zeitwertes, der dem Rückkaufswert gleichsteht, für den Fall der Kündigung anerkannte Regeln der Versicherungsmathematik zugrunde zu legen. Auch wenn diese dem Versicherer einen Spielraum gewähren, braucht er dem potentiellen Versicherungsnehmer aber nicht im einzelnen mitzuteilen, welche Methode er zur Ermittlung des Zeitwertes anwendet, wenn er – wie hier – das Ergebnis der Berechnung in Form einer Tabelle garantierter Rückkaufswerte, wenn auch ohne garantierte Überschußbeteiligung, genau darstellt. Dem am Abschluß eines Vertrages Interessierten wäre mit einer solchen Mitteilung auch nur in sehr begrenzter Weise gedient. Er selbst dürfte kaum in der Lage sein, aufgrund der Bekanntgabe einer Berechnungsmethode den Rückkaufswert zu berechnen. Er müßte sich der Hilfe Dritter bedienen, ein Umstand, der seinem Informationsbedürfnis bei Vertragsschluß nicht entspricht. Sein Interesse geht dahin, möglichst schnell und übersichtlich über den Zeitwert unterrichtet zu werden, damit er prüfen kann, ob diese Art des Vertrages seinem Interesse auch für den Fall entspricht, daß er vor dem vorgesehenen Vertragsende Prämienzahlungen vermindern, einstellen oder das eingezahlte Kapital wieder ausgezahlt erhalten möchte, soweit es nicht für die Deckung der Risikolebensversicherung verwandt wurde. Eine klare Übersicht über die Rückkaufswerte kommt auch demjenigen entgegen, der das Angebot eines Versicherungsunternehmens mit anderen oder mit Angeboten anderer Kapitalanlagen vergleichen möchte. Insbesondere hat der Versicherungsnehmer mit der Tabelle eine Entscheidungshilfe, der bei Veränderung seiner Verhältnisse vor der Frage steht, ob er den Lebensversicherungsvertrag dennoch unverändert lassen oder ihn beitragsfrei stellen oder den Rückkaufswert, soweit vorhanden, sich auszahlen lassen möchte.
Die Tabelle der Beklagten beantwortet auch die von § 176 Abs. 3 VVG nicht behandelte Frage, ob die Beklagte erst später bei Kündigung oder Beitragsfreistellung ihre Leistungen durch die Nutzung des ihr eingeräumten Spielraums einseitig bestimmen kann. Die Beklagte hat sich insoweit schon bei Vertragsschluß gebunden, indem sie die in der Tabelle aufgeführten Werte gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 ALB als vertraglich festgelegt und in § 4 Abs. 4 als Garantiewerte bezeichnet. Deshalb entspricht eine Tabelle über garantierte Rückkaufswerte grundsätzlich dem Erfordernis der Transparenz.
Die Tabelle der Beklagten ist aber nicht in vollem Umfang geeignet, dem Versicherungsnehmer die wirtschaftlichen Nachteile vor Augen zu führen, die er im Falle einer Kündigung oder Beitragsfreistellung hinnehmen muß. Wie sich aus § 15 ALB ergibt, belastet die Beklagte das Konto des Versicherungsnehmers sofort bei Versicherungsbeginn mit sämtlichen Abschlußkosten. Dazu gehören auch die gegebenenfalls erheblichen Vermittlungsprovisionen. Die Beklagte erstattet diese Beträge im Falle der Kündigung auch nicht anteilig der abgelaufenen Zeit. Dies hat zur Folge, daß der Versicherungsnehmer bei einer Kündigung innerhalb der ersten zwei Jahre überhaupt keine Leistungen der Beklagten erhält, weil nach dieser Berechnungsmethode der Zeitwert gleich Null ist. Das geht aus der Tabelle, die Bestandteil des Versicherungsscheins ist, nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit hervor. Sie weist zu Beginn keinen Rückkaufswert mit Null auf. Es reicht nicht aus, wenn der Versicherungsnehmer dies selber erst durch einen Vergleich mit den in der Tabelle angeführten Daten der Laufzeit und dem Abschlußdatum ermitteln muß. Dasselbe gilt für die beitragsfreie Versicherungssumme, die ebenfalls in der Tabelle aufgeführt ist. Zwar hat die Beklagte auch eine Tabelle zur Akte gereicht, die den garantierten Rückkaufswert für die ersten beiden Jahre mit „0” bezeichnet. Nach ihrem Vortrag erhält der Versicherungsnehmer diese Tabelle aber lediglich auf Anforderung. Für ausreichende Durchschaubarkeit dieses wirtschaftlichen Nachteils hat die Beklagte jedoch von sich aus zu sorgen.
cc) Dem Informationsbedürfnis des Versicherungsnehmers kann es genügen, wenn in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen auf andere Unterlagen, die den Bedingungen beigefügt sind, ausdrücklich verwiesen wird. Dies kann der gewünschten Übersichtlichkeit Allgemeiner Versicherungsbedingungen dienen, die bei zunehmendem Umfang eine Orientierung des Versicherungsnehmers erschweren. Eine Verweisung ohne nähere Angaben in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen verbietet sich aber dann, wenn sie einen wirtschaftlichen Nachteil des Versicherungsnehmers von erheblichem Gewicht betrifft. So liegt der Fall hier.
Mit § 4 Abs. 4 ALB verweist die Beklagte auf die im Versicherungsschein abgedruckte Tabelle über die Rückkaufswerte und beitragsfreien Versicherungssummen. Zwar erklärt sie in § 4 Abs. 3 ALB, daß der Rückkaufswert nicht der Summe der vom Versicherungsnehmer eingezahlten Beiträge entspricht. Diese Erläuterung führt dem Versicherungsnehmer aber nicht das volle Ausmaß seiner wirtschaftlichen Nachteile bei einer Kündigung oder Beitragsfreistellung vor Augen. Bei einer Kündigung verliert er nicht nur in den ersten zwei Jahren die eingezahlten Beiträge ganz. Auch in den weiteren Jahren beträgt der garantierte Rückkaufswert nach der Tabelle der Beklagten bis zum 19. Jahr der Laufzeit weniger als die bis dahin eingezahlten Prämien. Über solche wirtschaftlichen Folgen muß der Versicherungsnehmer bei Vertragsschluß an der Stelle der Allgemeinen Versicherungsbedingungen in den Grundzügen unterrichtet werden, an der die Regelung der Kündigung und Beitragsfreistellung angesprochen ist. Daß an anderer Stelle, z.B. hier in § 15 ALB, dem Versicherungsnehmer weitere Informationen über die Verrechnung von Abschlußkosten gegeben werden, behebt den Mangel an Transparenz in § 4 ALB nicht. Denn zum einen sind § 4 und § 15 ALB räumlich zu weit voneinander getrennt und zum anderen regeln diese Bestimmungen, wie auch die Revisionserwiderung erkennt, jeweils unterschiedliche Sachverhalte.
II. § 15 ALB
1. Der in § 15 ALB enthaltene Hinweis zur Berechnung des Deckungskapitals auf die §§ 65 VAG, 341e, 341f HGB und die dazu erlassenen Rechtsverordnungen entzieht die Regelung weder ganz noch teilweise der Kontrolle nach §§ 9 bis 11 AGBG. Ebenso wie bei § 4 Abs. 3 und 6 ALB handelt es sich um gesetzliche Vorschriften, deren Anwendung unternehmerische Entscheidungen voraussetzt und die dem Versicherer innerhalb eines vorgegebenen Rahmens einen Spielraum lassen. Eine Klausel, die solche gesetzlichen Regelungen – wie hier – ergänzt, unterliegt der Inhaltskontrolle. Diese führt nicht zu einer von § 8 AGBG nicht gewollten richterlichen Kontrolle gesetzlicher Vorschriften.
2. a) Das Berufungsgericht sieht in § 15 ALB keinen Verstoß gegen § 9 AGBG. Die Klausel sei hinreichend transparent, weil mit ihr nicht nur mitgeteilt werde, daß für den Abschluß der Versicherung und die Versicherungsleistung Kosten anfielen, die mit den Prämien verrechnet würden. Darüber hinaus werde im Versicherungsschein der Verlauf garantierter Rückkaufswerte durch die Tabelle veranschaulicht. Damit werde dem Kunden verdeutlicht, daß und welche Beträge insgesamt von seinen Prämienzahlungen in Abzug kämen. Zu einer weiteren Offenbarung der innerbetrieblichen Kalkulation sei die Beklagte nicht verpflichtet. Insoweit bestehe auch kein Interesse des Kunden an einer weiteren Information.
Dem folgt der Senat nicht.
b) Allerdings ist § 15 ALB nicht gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG unwirksam. Die in der Klausel geregelte Verrechnung der Abschlußkosten mit den Beiträgen bei Beginn der Vertragslaufzeit weicht nicht, wie die Revision zu meinen scheint, von wesentlichen Grundgedanken einer gesetzlichen Regelung in unangemessener Weise ab. Die Verrechnung einmaliger Abschlußkosten ab Beginn des Vertragsverhältnisses mit Ansprüchen auf künftige Beiträge (sogenanntes Zillmern) ist gesetzlich nicht untersagt. Im Gegenteil setzt § 65 Nr. 2 VAG, wonach Höchstbeträge für das Zillmern durch Rechtsverordnung festgesetzt werden sollen, das Zillmern als grundsätzlich zulässig voraus (vgl. Mayer in Prölss, VAG aaO § 65 Rdn. 15; Kaulbach in Fahr/Kaulbach, VAG 2. Aufl. § 65 Rdn. 6). Mit der grundsätzlichen Zulässigkeit ist aber noch nicht gesagt, daß das Versicherungsunternehmen im Verhältnis zu seinem Vertragspartner, dem Versicherungsnehmer, von der Möglichkeit dieser Art der Verrechnung von Abschlußkosten Gebrauch machen darf. Deshalb bedarf es einer entsprechenden Vereinbarung (vgl. Mayer, aaO), wie sie die Beklagte mit § 15 ALB auch anstrebt.
c) § 15 ALB genügt aber den Anforderungen des Transparenzgebots nicht. Den ersten Satz der Klausel, daß die mit dem Abschluß der Versicherung verbundenen Kosten nicht gesondert in Rechnung gestellt werden, versteht der Versicherungsnehmer als ihm günstig. Umso mehr muß dem Versicherungsnehmer an derselben Stelle in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen verdeutlicht werden, daß die nachfolgende Regelung der Verrechnung für ihn einen erheblichen wirtschaftlichen Nachteil für den Fall bedeutet, daß er von seinem gesetzlichen Recht (§§ 176, 174 VVG) Gebrauch macht, den Vertrag in den ersten Jahren zu kündigen oder beitragsfrei zu stellen. Der wirtschaftliche Nachteil eines erheblichen Verlustes seiner eingezahlten Prämien wird dem Versicherungsnehmer mit der im zweiten Satz des § 15 ALB beschriebenen Regelung nicht hinreichend verdeutlicht. Zwar kann – ebenso wie bei § 4 ALB, dazu oben unter I 2 b aa – eine Tabelle zur Darstellung der wirtschaftlichen Folgen hilfreich sein, wenn sie garantierte Rückkaufswerte so darstellt, daß der Versicherungsnehmer leicht erkennen kann, in welcher Weise das Anwachsen des Kapitals durch die Verrechnung mit den Abschlußkosten belastet wird. Die notwendige Durchschaubarkeit für den Versicherungsnehmer wird aber erst dann erreicht, wenn in der Klausel auf die Tabelle hingewiesen und im Wortlaut der Klausel im Ansatz auf die wirtschaftlichen Folgen der Verrechnung deutlich genug aufmerksam gemacht wird. Dies gilt umso mehr, als die Beklagte im ersten Satz des § 15 ALB einige Beispiele anfallender Kosten nennt, gerade aber die besonders ins Gewicht fallende Vermittlungsprovision unerwähnt läßt.
III. § 17 ALB
1. Das Berufungsgericht sieht § 17 Abs. 1 Satz 5 und Abs. 2 als nicht kontrollfähig an. Einer Prüfung stehe § 8 AGBG entgegen, denn diese beiden Klauseln wiederholten nur gesetzliche Vorschriften oder nähmen auf sie Bezug. Letztlich könne aber dahinstehen, ob diese beiden Klauseln selbständig oder wegen einer sich aus dem Zusammenhang mit anderen Klauselbestandteilen eventuell ergebenden Intransparenz kontrollfähig seien, denn § 17 ALB verstoße weder durch die vorgenannten noch durch die vom Kläger beanstandeten weiteren Klauselteile gegen das Gebot der Transparenz. Im einzelnen führt das Berufungsgericht aus:
a) Durch die Regelung des § 17 Abs. 1 ALB zur Überschußermittlung sei § 9 AGBG nicht verletzt. Die Beklagte sei nicht verpflichtet, die ihr bei der Ermittlung des Überschusses eingeräumten Spielräume zu offenbaren. Sie brauche keine Hinweise darauf zu geben, daß oder wie sie durch die Art der Bilanzierung die Höhe des festgestellten Überschusses beeinflussen könne. Zur Begründung bezieht sich das Berufungsgericht auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 23. November 1994 (BGHZ 128, 54), das durch die Deregulierung nicht überholt sei. Durch die Neufassung der §§ 10 und 10a VAG seien die Pflichten der Versicherungsunternehmen, in ihren Allgemeinen Versicherungsbedingungen umfassendere Informationen zur Überschußermittlung aufzunehmen, nicht erweitert worden. Soweit dem Versicherer nach den Vorschriften zur Erstellung des Jahresabschlusses Spielräume bei der Ermittlung des Überschusses verblieben, sei dies vom Gesetzgeber gebilligt und folglich nicht als unangemessene Benachteiligung anzusehen.
b) Auch § 17 Abs. 2, 3 und 4 ALB zur Überschußbeteiligung verstoße nicht gegen § 9 AGBG. In § 10 VAG sei geregelt, daß die Allgemeinen Versicherungsbedingungen vollständige Angaben über die Grundsätze und Maßstäbe enthalten müßten, nach denen die Versicherten an den Überschüssen teilnehmen. Es müsse aber gesehen werden, daß gerade solche Bestimmungen sehr komplex seien. Es sei unmöglich, dem durchschnittlichen Versicherungskunden die Auswirkungen des § 81c VAG und der Verordnung über die Mindestbeitragsrückerstattung in der Lebensversicherung (ZRQuotenV vom 23.7.1996 – BGBl. I S. 1190) in der für Allgemeine Versicherungsbedingungen erforderlichen gedrängten, übersichtlichen und verständlichen Form zu vermitteln. Unter Beachtung dieses Gesichtspunktes entsprächen die Darlegungen in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Beklagten zur Überschußbeteiligung dem Transparenzgebot. Durch die Formulierung, daß die Überschußbeteiligung gesetzlichen Regelungen entspricht, werde nicht der Eindruck erweckt, die gesetzlichen Bestimmungen ließen nur eine bestimmte Berechnung zu. Die Ausführung in Abs. 3, daß den Versicherungsnehmern mindestens ein bestimmter Anteil zukomme, beinhalte die Aussage, hinsichtlich des über den Mindestanteil hinausgehenden Betrages liege ein gewisses Bestimmungsrecht der Beklagten vor.
2. Die Revision wendet dagegen ein, die Vertragsbestimmungen des § 17 ALB gäben keinen Aufschluß darüber, wie der verteilungsfähige Überschuß der Beklagten zu ermitteln sei, welchen Anteil an Überschuß die Beklagte an die Versicherungsnehmer auszuschütten habe und in welcher Höhe der Versicherungsnehmer einen Anspruch auf Überschußbeteiligung geltend zu machen berechtigt sei. Vielmehr behalte sich die Beklagte einseitige Bestimmungsrechte vor. Zumindest dies müsse dem Versicherungsnehmer verdeutlicht werden. Zwar könne der Versicherungsnehmer den Bestimmungen entnehmen, daß ihm eine Überschußbeteiligung in Aussicht gestellt werde. Er erfahre aber weder, welchen Überschuß die Beklagte als verteilungsfähig zu ermitteln habe, noch welcher Anteil ihm daran zustehe. Die Angaben darüber müßten in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen aber so konkret und ausführlich sein, daß die Überschußmasse nachprüfbar und manipulationsfrei festgelegt werde und jeder Versicherungsnehmer einen bestimmten, jährlich nachprüfbaren Anspruch feststellen könne.
Die Regelungen des § 17 ALB seien nicht hinreichend transparent. Daß die Überschußermittlung nach den Vorschriften des Versicherungsaufsichtsgesetzes und des Handelsgesetzbuches und den zu diesen Gesetzen erlassenen Rechtsverordnungen erfolge, sage dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer nichts. Er erkenne z.B. nicht, daß der Versicherer bei der Bilanzierung einen erheblichen Spielraum habe durch die Bewertung von Vermögensgegenständen und die Abschreibung von Kapitalanlagen. Wenn die Beklagte zur Überschußbeteiligung in § 17 Abs. 2 ALB von sogenannten „Grundsätzen” auszugehen verspreche, so sage auch dies dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer nichts über den ihm zustehenden Anteil an dem Überschuß.
Die Angriffe der Revision führen nicht zum Erfolg.
3. Es kann dahinstehen, ob Teile des § 17 ALB der gerichtlichen Wirksamkeitskontrolle entzogen sind, wie das Berufungsgericht meint. Denn auch die Kontrollfähigkeit des § 17 ALB insgesamt unterstellt, sind die mit dieser Klausel getroffenen Regelungen zur Überschußermittlung und -beteiligung nicht unwirksam.
a) In § 17 Abs. 1 ALB, der die Überschußermittlung zum Gegenstand hat, liegt keine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers im Sinne des § 9 AGBG. In den ersten Sätzen des § 17 Abs. 1 ALB erläutert die Beklagte im Grundsatz, aus welchen Quellen Überschüsse entstehen können. Diese Erläuterung ist – von Fragen der Transparenz zunächst abgesehen – der Sache nach schon keine Benachteiligung. Aber auch die Anwendung der in § 17 Abs. 1 ALB genannten Vorschriften des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) und des Handelsgesetzbuches (HGB) und den zu diesen Gesetzen erlassenen Rechtsverordnungen benachteiligen den Versicherungsnehmer nicht unangemessen. Der Revision ist zuzugeben, daß der Beklagten mit der Anwendung dieser Gesetze ein gewisser Spielraum für unternehmerische Entscheidungen bei der Bilanzierung zur Verfügung steht. Die Nutzung dieses Spielraums kann die Feststellung des Überschusses unmittelbar beeinflussen. Das Unternehmen kann z.B. in einem gewissen, vom Gesetz zugelassenen Rahmen stille Reserven bilden, die zu Lasten des Überschusses gehen. Die Nutzung dieser Möglichkeit kann aber nicht als eine unangemessene und damit unzulässige Benachteiligung angesehen werden. Aus dem Gesetz ergibt sich nicht, daß ein Versicherungsunternehmen gegenüber dem Versicherungsnehmer gegen Treu und Glauben verstößt, wenn es die ihm vom Gesetz eingeräumten Bilanzierungsspielräume nutzt. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Versicherungsvertrag, denn der Versicherer hat nicht versprochen, in anderer Weise zu verfahren.
Dennoch könnte in § 17 Abs. 1 ALB eine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers liegen, wenn diesem gegenüber mit der Regelung über die Überschußermittlung der Eindruck erweckt würde, durch die Anwendung der genannten Gesetze käme es notwendig zu einer Überschußermittlung, die nicht variieren könne. Eine solche Vorstellung von einem eindeutigen Ergebnis der Überschußermittlung vermittelt § 17 Abs. 1 ALB aber nicht. Es ist richtig, worauf die Revision hinweist, daß die Mitteilung des Versicherers, er werde bestimmte Gesetze und Rechtsverordnungen anwenden, dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht viel sagt. Sie sagt aber auch nicht, daß der Versicherungsnehmer mit einem Ergebnis der Überschußermittlung rechnen kann, das eindeutig aus der Anwendung dieser Vorschriften folgt. Im Gegenteil muß der Versicherungsnehmer schon deshalb mit erheblichen Unsicherheiten bei der Frage rechnen, ob überhaupt ein Überschuß ermittelt werden kann und gegebenenfalls in welcher Höhe, weil ihm in § 17 Abs. 1 ALB erläutert wird, daß der etwaige Überschuß aus Kapitalerträgen herrührt und von den Kosten für den Abschluß des Vertrages und der Verwaltung beeinflußt wird. Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer weiß, daß diese Faktoren nicht konstant sind und deshalb der Überschuß variieren wird. Selbst dem wirtschaftlich nicht bewanderten Versicherungsnehmer wird die Unsicherheit der Höhe des Überschusses verdeutlicht, indem es in § 17 Abs. 1 ALB ausdrücklich heißt: „Je größer die Erträge aus den Kapitalanlagen sind, je weniger vorzeitige Versicherungsfälle eintreten und je kostengünstiger wir arbeiten, umso größer sind dann entstehende Überschüsse, an denen wir Sie und die anderen Versicherungsnehmer beteiligen.” Da § 17 Abs. 1 ALB insgesamt dem Versicherungsnehmer deutlich macht, daß er mit einer bestimmten Höhe des Überschusses nicht rechnen kann, ist diese Klausel auch nicht dadurch in einer ihn benachteiligenden Weise intransparent, daß er den aus der Anwendung der gesetzlichen Regelungen bei der Bilanzierung sich ergebenden Spielraum nicht erkennt.
Soweit die Revision meint, die Angaben zur Ermittlung der Überschußbeteiligung müßten in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen so konkret und ausführlich dargestellt sein, daß jeder Versicherungsnehmer einen bestimmten, jährlich nachprüfbaren Anspruch feststellen kann, verlangt sie Unmögliches. Von einem Versicherer kann nicht mehr verlangt werden, als er zu leisten in der Lage ist. Zunächst kann der Versicherer bei Abschluß eines über viele Jahre laufenden Lebensversicherungsvertrages nicht schon bei Vertragsschluß abstrakt festlegen, unter welchen Umständen er in welcher Weise die Bilanzierungsspielräume ausfüllen werde. Des weiteren und vor allem können einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer die Grundsätze zur Bilanzierung nach dem Versicherungsaufsichtsgesetz und dem Handelsgesetzbuch nicht in verständlicher Weise dargelegt werden. Es muß deshalb genügen, daß der Versicherer in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen auf die Anwendung dieser Gesetze hinweist.
b) Mit § 17 Abs. 2 und 3 Satz 2 ALB verweist die Beklagte zur Überschußbeteiligung auf § 81c VAG und die dazu erlassene Rechtsverordnung. Der Revision ist darin zuzustimmen, daß eine Überschußbeteiligung auf der Grundlage der aufsichtsrechtlichen Vorschriften noch keine Festlegung auf eindeutige Maßstäbe bedeutet. § 81c Abs. 1 Satz 1 VAG spricht von einem Mißstand, wenn bei überschußberechtigten Versicherungen keine „angemessene” Zuführung zur Rückstellung für Beitragsrückerstattung erfolgt. Auch die aufgrund § 81c Abs. 3 VAG erlassene ZRQuotenV bestimmt keine eindeutigen Maßstäbe zur Überschußbeteiligung (vgl. Kollhosser in Prölss, VAG aaO § 81c Rdn. 12). Sie regelt lediglich die Mindestzuführung zur Rückstellung für Beitragsrückerstattung (RfB, vgl. § 17 Abs. 3 ALB). Die Klausel wäre dann unter dem Gesichtspunkt einer unangemessenen Benachteiligung, § 9 AGBG, zu beanstanden, wenn die Beklagte als verpflichtet anzusehen wäre, sich auf genauere Maßstäbe zur Überschußbeteiligung schon bei Vertragsschluß festzulegen, etwa indem sie bestimmte Prozentsätze nennt (vgl. Schwintowski in Berliner Kommentar, VVG 1999, Vorbem. §§ 159-178 Rdn. 64). Eine solche Verpflichtung besteht indessen nicht. Es gibt keinen Rechtsgrund, aus dem sie herzuleiten wäre. Im übrigen hat sich die Beklagte mit § 17 Abs. 3 ALB vertraglich vorbehalten, von der ihr gesetzlich eingeräumten Möglichkeit Gebrauch zu machen, etwa im Falle von Verlusten zu deren Abdeckung auch die Rückstellung für Beitragsrückerstattung heranzuziehen und bei einem etwaigen Solvabilitätsbedarf den in der ZRQuotenV genannten Prozentsatz für die Überschußbeteiligung zu unterschreiten. Mit diesem Vorbehalt geriete die Beklagte in Widerspruch, wenn sie sich schon bei Vertragsschluß auf feste Maßstäbe zur Überschußbeteiligung festlegte.
Die Regelung zur Überschußbeteiligung verstößt auch nicht gegen das Transparenzgebot. Der Vorbehalt anderweitiger Verwendung von Überschüssen ist auch dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer in den wirtschaftlichen Folgen verständlich. Soweit die Beklagte die sich aus § 81c VAG und der ZRQuotenV ergebenden Regelungen nicht weiter erläutert, liegt darin keine unangemessene Benachteiligung. Das Transparenzgebot verlangt eine dem Versicherungsnehmer verständliche Darstellung nur soweit, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann (vgl. BGHZ 141, 137, 143). Die Regelungen des § 81c VAG und der dazu ergangenen Rechtsverordnung sind indessen so komplex und kompliziert, daß sie einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht weiter erklärt werden können.
§ 17 Abs. 4 Satz 3 ALB greift der Kläger an, weil dieser Teil der Klausel nach seiner Meinung zur Irreführung des Versicherungsnehmers und zur Intransparenz beitrage. Dem kann nicht gefolgt werden. Satz 3 des § 17 Abs. 4 ALB gibt den Inhalt des § 56a Abs. 1 Satz 1 VAG wieder. Diese Regelung selbst ist dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer verständlich. Daß die übrigen Regelungen des § 17 ALB nicht gegen § 9 AGBG verstoßen, wurde bereits ausgeführt. Dieses Ergebnis ändert sich durch die teilweise Wiedergabe des § 56a VAG nicht.
c) Da sich aus den öffentlich-rechtlichen Vorschriften des § 10 Abs. 1 Nr. 7 VAG und des § 10a Abs. 1 VAG i.V. mit Anlage D Abschnitt I Nr. 2a, wonach der Versicherer Angaben über die für die Überschußermittlung und -beteiligung geltenden Berechnungsgrundsätze und Maßstäbe machen muß, nichts anderes als oben ausgeführt ableiten läßt, braucht nicht weiter darauf eingegangen zu werden, ob und inwieweit diesen Vorschriften Wertungen des Gesetzgebers zu entnehmen sind, die auch Einfluß auf den Inhalt privatrechtlicher Vertragsgestaltung haben.
Unterschriften
Terno, Prof. Römer, Dr. Schlichting, Seiffert, Wendt
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 09.05.2001 durch Heinekamp Justizsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 600053 |
BGHZ |
BGHZ, 354 |
BB 2001, 1427 |
DB 2001, 2186 |
NJW 2001, 2014 |
NWB 2001, 1811 |
BGHR 2001, 542 |
EBE/BGH 2001, 179 |
EWiR 2001, 649 |
JR 2001, 500 |
JurBüro 2001, 554 |
Nachschlagewerk BGH |
ZAP 2001, 1013 |
ZIP 2001, 1052 |
MDR 2001, 1055 |
NJ 2001, 297 |
NVersZ 2001, 308 |
VersR 2001, 841 |
VuR 2001, 237 |
VuR 2001, 297 |
ZBB 2001, 280 |