Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerhinterziehung
Leitsatz (redaktionell)
1. Auch wenn das Finanzamt den Erben nicht aufgefordert hat, die vom Testamentsvollstrecker erstellte Erbschaftsteuererklärung mitzuunterschreiben, macht sich der Erbe gegebenenfalls einer Steuerhinterziehung schuldig, wenn er die Unvollkommenheit der Angaben und deren steuerverkürzende Auswirkungen nachträglich vor Ablauf der Festsetzungsfrist erkannt haben muss und deren Berichtigung unterlässt.
2. Zwar ist die Pflicht zur Berichtigung von Erklärungen i. S. von § 153 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO eine von der Primärpflicht zur Abgabe einer inhaltlich zutreffenden Steuererklärung unabhängige eigenständige Pflicht, die erst dann entsteht, wenn ein Steuerpflichtiger nachträglich erkennt, dass eine von ihm oder für ihn abgegebene Erklärung unrichtig oder unvollständig ist und dass es dadurch zu einer Verkürzung von Steuern kommen kann oder bereits gekommen ist. Dass es sich um unterschiedliche Pflichten handelt und beide Vorgänge zeitlich weit auseinanderliegen können, steht der Zuordnung der unterlassenen Berichtigung zu der Abgabe der unrichtigen Steuererklärung als einem einheitlichen historischen Vorgang nicht entgegen.
Normenkette
AO § 370 Abs. 1 Nr. 2, § 153 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; ErbStG § 31 Abs. 5 S. 2; StGB §§ 52-53
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 06.04.2006) |
Tenor
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 6. April 2006 in den Fällen I.2.a und I.2.b der Urteilsgründe (Fälle 1 und 2 der Anklage) mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen; insoweit trägt die Staatskasse die Kosten des Rechtsmittels und die hierdurch dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die weiteren Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Tatbestand
Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf der Steuerhinterziehung in zwei Fällen sowie des versuchten Betruges aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Hinsichtlich eines weiteren Tatvorwurfs des versuchten Betruges (Fall 3 der Anklage) hat es das Verfahren wegen Fehlens einer Prozessvoraussetzung eingestellt. Gegen dieses Urteil richtet sich die auf eine Verfahrens- und die Sachrüge gestützte Revision der Staatsanwaltschaft, die vom Generalbundesanwalt vertreten wird. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge Erfolg, soweit die Staatsanwaltschaft die Freisprechung des Angeklagten vom Vorwurf der Steuerhinterziehung in zwei Fällen beanstandet. Im Übrigen ist es unbegründet.
I.
1. Mit ihrer Anklage hat die Staatsanwaltschaft dem Angeklagten zur Last gelegt, gemeinschaftlich mit dem gesondert verfolgten Steuerberater R. eine Steuerhinterziehung mit einer Verkürzungssumme von 19,5 Mio. DM begangen zu haben. R. habe als Testamentsvollstrecker nach dem Tod des Vaters des Angeklagten aufgrund eines gemeinsam mit dem Angeklagten gefassten Tatentschlusses in einer beim Finanzamt eingereichten Erbschaftsteuererklärung bewusst Nachlasswerte im Umfang von 65,1 Mio. DM verschwiegen (Fall 1 der Anklage).
Ferner habe R. – ebenfalls gemeinsam mit dem Angeklagten – im Rahmen eines Einspruchs gegen einen ablehnenden Stundungsbescheid mit falschen Angaben über die finanzielle Situation eines von dem Angeklagten im Wege der Erbfolge erworbenen Unternehmens zu Unrecht eine zinslose Stundung der festgesetzten Erbschaftsteuer von 10,9 Mio. DM erwirkt, wodurch ein Zinsschaden von mehr als 1 Mio. DM entstanden sei (Fall 2 der Anklage).
Weiterhin habe der Angeklagte im August 2002 in einem seinem pflichtteilsberechtigten Bruder M. S. übersandten Nachlassverzeichnis bewusst Nachlasswerte im Umfang von 24,8 Mio. DM verschwiegen, damit dieser täuschungsbedingt einen Teil seines Pflichtteilsanspruchs in Höhe von 6,2 Mio. DM nicht geltend machen werde (Fall 3 der Anklage).
Schließlich habe der Angeklagte seinem Bruder im Juni 2004 ein geändertes Nachlassverzeichnis übergeben, in dem er zu Unrecht angegeben habe, ein Privathaus in Oregon (USA) habe zum Todeszeitpunkt des Erblassers nicht in dessen, sondern im Eigentum des Angeklagten gestanden (Fall 4 der Anklage).
2. Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
a) Der Angeklagte ist Alleinerbe des am 5. Mai 2001 verstorbenen Wissenschaftlers und Unternehmers M. Sch.. Das Rohvermögen des Nachlasses hat einen Wert von ungefähr 177 Mio. DM, wovon etwa 102 Mio. DM auf in- und ausländisches Betriebsvermögen entfallen. Kernstück des Nachlasses ist die vom Erblasser aufgebaute B. -Unternehmensgruppe. Deren Hauptgesellschaft ist die auf Medizintechnik spezialisierte B. M. T. GmbH & Co. I. KG mit Sitz in Berlin. Der Erblasser war alleiniger Kommanditist dieser Gesellschaft sowie Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Komplementär-GmbH.
Testamentsvollstrecker wurde der vormals mitangeklagte Steuerberater und Wirtschaftsprüfer R., ein langjähriger Vertrauter des Erblassers und dessen Berater in allen geschäftlichen sowie privaten Finanz- und Steuerangelegenheiten. Er identifizierte sich „hochgradig” mit dem Unternehmen und den Zielen des Erblassers. Die Testamentsvollstreckung durch R. lag im Interesse des Angeklagten, der die Unternehmensführung drei Jahre nach dem Tod des Erblassers übernehmen sollte. Bereits am 21. Mai 2001 vereinbarte er deshalb schriftlich mit R., die Unternehmensgruppe B. als Lebenswerk des Erblassers „intensiv und einverständlich” fortzuführen. R. verpflichtete sich in dieser Vereinbarung, den Angeklagten über seine Verwaltungstätigkeit als Testamentsvollstrecker laufend zu unterrichten, einzelne Maßnahmen mit ihm abzustimmen und ihm Einsicht in die Nachlass- und Firmenunterlagen zu gewähren. Im Gegenzug verpflichtete sich der Angeklagte, R. für die Testamentsvollstreckung einen Stundensatz von 200 DM zuzüglich Spesen sowie eine Abschlussvergütung von 500.000 DM zu zahlen, wobei die Steuerberatertätigkeit des R. gesondert vergütet werden sollte.
Zum Nachlass gehörten auch sämtliche Gesellschaftsanteile im Gesamtwert von umgerechnet 1,4 Mio. DM an der P. F. S. (im Folgenden: PFS), einer US-amerikanischen Kapitalgesellschaft, in deren Bestand sich wertvolle Fluggeräte befanden, von denen der Angeklagte und R. Kenntnis hatten. Es bestand zudem ein Darlehensrückzahlungsanspruch gegenüber der PFS in Höhe von umgerechnet 38,2 Mio. DM, den der Angeklagte durch Veräußerung eines Flugzeuges im Sommer 2001 teilweise realisierte. Der Erblasser hatte weitere Guthaben in den USA in Höhe von umgerechnet 3,7 Mio. DM.
Am 5. Juni 2001 suchte der Angeklagte mit R. die Privatbank W. & Co. Privatbankiers und die Zürcher Kantonalbank in Zürich auf, um ein Depot des Erblassers mit einem Wert von umgerechnet 20,8 Mio. DM sowie ein Privatkonto, das beim Ableben des Erblassers ein Guthaben von umgerechnet rund 70.000 DM aufwies, auf den Namen des Angeklagten umschreiben zu lassen. Die Erträge aus diesen Vermögenswerten in der Schweiz hatte R. für den Erblasser zu dessen Lebzeiten in seinen Einkommensteuererklärungen nicht angegeben.
Am 8. Juni 2001 übergab R. dem Angeklagten eine „vorläufige Erbschaftsteuerberechnung”, die von einem Betriebsvermögen von 89,9 Mio. DM, einem Gesamtvermögen von rund 100 Mio. DM und einem sich daraus ergebenden Pflichtteilsanspruch des Bruders des Angeklagten, des Zeugen M. S., in Höhe von 25 Mio. DM ausging. Sie schloss – unter Berücksichtigung des Entlastungsbetrages für Betriebsvermögen nach dem ErbStG – mit einem Erbschaftsteuerbetrag von 11,9 Mio. DM. Dieser Berechnung war eine Kopie des die Steuersätze enthaltenden Gesetzeswortlautes des § 19 ErbStG beigefügt.
Nachdem das Finanzamt am 11. September 2001 R. als Testamentsvollstrecker zur Abgabe der Erbschaftsteuererklärung aufgefordert hatte (§ 31 Abs. 5 Satz 1 ErbStG), notierte der Angeklagte am 2. Oktober 2001 in sein Geschäftsbuch:
- „DM 11 – 15 M. Erbschaftsteuer …
- 90 M f steuerl. Zwecke
- nur inländisches Vermögen
- Abgabe Steuererklärung 18.10.01
- Stundungsmögl. wg. Betriebsgefährdung …”.
Von der Möglichkeit, von dem Angeklagten als Erben die Mitunterzeichnung der Erbschaftsteuererklärung zu verlangen (§ 31 Abs. 5 Satz 2 ErbStG), machte das Finanzamt keinen Gebrauch.
b) R. verschwieg in der von ihm am 4. Dezember 2001 in seiner Eigenschaft als Testamentsvollstrecker beim Finanzamt eingereichten und als „vorläufig” bezeichneten Erbschaftsteuererklärung die ausländischen Vermögenswerte des Erblassers mit Ausnahme eines Bankkontos über 200.000 DM, zu dem er fälschlich angab, der Kontostand liege noch nicht vor. Ferner machte R. keine Angaben zu einem Privathaus in Oregon (USA), das im Jahr 1996 mit Geldmitteln des Erblassers erworben worden war. Der Angeklagte hatte ihm hierzu am 3. Dezember 2001 schriftlich mitgeteilt, das Haus sei auf Wunsch seines Vaters von ihm direkt erworben worden. Das Landgericht konnte insoweit weder ausschließen, dass der Erblasser beim Erwerb im Jahr 1996 als Vertreter des Angeklagten aufgetreten war, noch, dass er dem Angeklagten das Haus geschenkt hatte.
Abgesehen von dem Schreiben des Angeklagten vom 3. Dezember 2001 konnte das Landgericht weder einen Schriftwechsel noch mündliche Absprachen zwischen dem Angeklagten und R. über den Inhalt der Erbschaftsteuererklärung feststellen. „Vermutlich” im Rahmen einer Besprechung am 4. Dezember 2001 erhielt der Angeklagte von R. eine Abschrift der Erbschaftsteuererklärung, die er in seinen Unterlagen abheftete. In Unkenntnis der verschwiegenen Nachlassgegenstände setzte das Finanzamt die Erbschaftsteuer mit Bescheid vom 18. Dezember 2001 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung auf 10,9 Mio. DM fest.
c) Mit demselben Steuerbescheid wurde die von R. gemäß § 28 ErbStG beantragte Stundung der Erbschaftsteuer abgelehnt. Dagegen legte R. am 16. Januar 2002 auch im Namen des Angeklagten Einspruch ein, wobei er das Auslandsvermögen weiterhin verschwieg. Hierauf stundete das Finanzamt die Erbschaftsteuer schließlich zinslos bis zum 18. Dezember 2003. Nach Durchsuchungsmaßnahmen am 20. August 2003 beim Angeklagten und bei R. nahm das Finanzamt die Stundung zurück.
d) Am 8. November 2001 übermittelte R. dem pflichtteilsberechtigten Bruder des Angeklagten, M. S., ein nicht unterschriebenes Nachlassverzeichnis, in dem der Nachlasswert unrichtig mit 111,5 Mio. DM angegeben war und in dem das vorgenannte Auslandsvermögen – mit Ausnahme des „Privathauses” – nicht enthalten war. M. S. verlangte auch über einen anwaltlichen Vertreter Erläuterung zu ausländischen, insbesondere schweizerischen Konten. Nachdem er nähere Informationen über die Fluggesellschaft PFS und deren Flugzeuge erlangt hatte, bezichtigte er den Angeklagten der Lüge und verwies darauf, dass zum Nachlass Schwarzgeldkonten in Millionenhöhe gehörten. R. und der Angeklagte übersandten ihm im August 2002 und März 2003 ein zweites und ein drittes Nachlassverzeichnis über einen Nachlasswert von 142,2 bzw. 117 Mio. DM, die wiederum nicht vollständig waren. Am 5. November 2003 stellte M. S. Strafantrag gegen den Angeklagten wegen Betruges.
e) Im Juni 2004 wurde M. S. ein vom Angeklagten unterschriebenes viertes Nachlassverzeichnis über einen Nachlasswert von 122,6 Mio. DM übergeben. Es enthielt anstelle des Privathauses in Oregon nurmehr eine Geldschenkung zum Erwerb der Immobilie in Höhe von 200.000 US-Dollar. Im Hinblick darauf stellte M. S. im Juli 2004 gegen den Angeklagten einen weiteren Strafantrag wegen Betruges. Insgesamt leistete der Angeklagte an seinen Bruder M. S. bislang Pflichtteilszahlungen in Höhe von 18,7 Mio. EUR.
3. Der Angeklagte hat den äußeren Geschehensablauf sowie – mit Ausnahme der Eigentümerstellung an dem Haus in Oregon – seine Kenntnis von den zum Nachlass gehörenden Vermögensgegenständen eingeräumt. Einen gemeinsamen Tatplan mit R. und jedes Wissen um eine Steuerverkürzung hat er jedoch bestritten. R. habe die steuerlichen Erklärungen selbständig und eigenverantwortlich abgegeben und keine Rücksprachen mit ihm gehalten. Mit der Thematik der Stundung sei er ebenso wenig befasst gewesen wie mit der Erbschaftsteuererklärung selbst. Er habe sich auf R. verlassen und die beantragte Stundung als „Selbstläufer” angesehen.
Die Strafkammer hat die Einlassung des Angeklagten zum Vorwurf der Steuerhinterziehung als nicht mit der für eine Verurteilung notwendigen Sicherheit widerlegbar erachtet. Sie hat sich die Überzeugung gebildet, dass es dem Testamentsvollstrecker R. aufgrund seiner Persönlichkeit, seiner Stellung im Unternehmen und seines persönlichen Verhältnisses zum Erblasser zuzutrauen sei, die Erbschaftsteuerhinterziehung eigenständig und ohne Absprache mit dem Angeklagten vorgenommen zu haben. Wegen seiner Mitwirkung am Verschweigen ausländischer Vermögenswerte in der Zeit vor dem Erbfall habe R. ein eigenes Motiv zur Abgabe weiterer unvollständiger Steuererklärungen gehabt. Zudem sei eine intensive Zusammenarbeit mit dem Angeklagten bei der Erstellung der Erbschaftsteuerklärung nicht feststellbar. Zwar ergebe sich angesichts der allgemein engen Zusammenarbeit zwischen R. und dem Angeklagten der Verdacht, dass auch der wesentliche Inhalt der Erbschaftsteuererklärung abgesprochen gewesen sein könnte. Mangels objektiver Anhaltspunkte hierfür sei aber nicht ausschließbar, dass R. die Steuerhinterziehung allein begangen habe. Auch von einem späteren Erkennen der Unrichtigkeit der eingereichten Erbschaftsteuererklärung mit der Folge einer strafbaren Unterlassung der Berichtigung der Erklärung durch den Angeklagten (§ 370 Abs. 1 Nr. 2, § 153 Abs. 1 AO) konnte sich das Landgericht – jenseits von Zweifeln, ob eine solche Tat überhaupt von der Anklage erfasst war – nicht überzeugen.
4. Soweit dem Angeklagten im Hinblick auf das zweite Nachlassverzeichnis ein versuchter Betrug zum Nachteil des M. S. zur Last lag, hat das Landgericht das Verfahren wegen eines Verfahrenshindernisses eingestellt. Der Geschädigte habe – auch unter Berücksichtigung des dritten Nachlassverzeichnisses – die Strafantragsfrist gemäß § 77b Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 263 Abs. 4, § 247 StGB versäumt.
5. Vom Vorwurf des versuchten Betruges durch Übergabe des vierten Nachlassverzeichnisses hat das Landgericht den Angeklagten aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Es konnte sich nicht vom Vorliegen einer Täuschung überzeugen. Die Eigentumslage an dem Haus in Oregon sei nicht aufzuklären. Im Übrigen fehle es im Blick auf die vorangegangenen Auseinandersetzungen des Angeklagten mit seinem Bruder und auf dessen Misstrauen an einem Täuschungsvorsatz.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision der Staatsanwaltschaft hat mit der Sachrüge Erfolg, soweit der Angeklagte vom Vorwurf der Steuerhinterziehung freigesprochen worden ist; eines Eingehens auf die Verfahrensrüge bedarf es daher nicht. Jenseits davon deckt die Revision keinen Rechtsfehler auf. Im Fall 3 der Anklage fehlt es an der Verfahrensvoraussetzung eines rechtzeitigen Strafantrages. Hinsichtlich Fall 4 der Anklage ist die Beweiswürdigung des Landgerichts revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden.
1. Die Sachrüge führt im Fall 1 der Anklage zur Aufhebung der Freisprechung des Angeklagten vom Vorwurf der Steuerhinterziehung, weil die Beweiswürdigung des Landgerichts sachlichrechtlicher Nachprüfung nicht standhält.
a) Allerdings muss es das Revisionsgericht grundsätzlich hinnehmen, wenn der Tatrichter einen Angeklagten freispricht, weil er Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters; die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich darauf, ob diesem Rechtsfehler unterlaufen sind. Dies ist in sachlichrechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; BGH wistra 2007, 18, 19; BGH NJW 2006, 925, 928 m.w.N., insoweit in BGHSt 50, 299 nicht abgedruckt; BGH, Urteil vom 21. Juni 2007 – 5 StR 532/06). Der Überprüfung unterliegt ebenfalls, ob das Landgericht überspannte Anforderungen an die für die Verurteilung erforderliche Gewissheit gestellt hat (st. Rspr.; vgl. BGH NStZ-RR 2005, 147; BGH NStZ 2004, 35, 36; BGH wistra 1999, 338, 339; jeweils m.w.N.). Ein Rechtsfehler kann auch darin liegen, dass der Tatrichter eine nach den Feststellungen nicht nahe liegende Schlussfolgerung gezogen hat, ohne konkrete Gründe anzuführen, die dieses Ergebnis stützen können. Denn es ist weder im Hinblick auf den Zweifelssatz noch sonst geboten, zugunsten eines Angeklagten Tatvarianten zu unterstellen, für deren Vorliegen keine zureichenden Anhaltspunkte vorhanden sind (st. Rspr.; BGH NStZ-RR 2003, 371; BGH NStZ 2004, 35, 36; BGH, Urteil vom 21. Juni 2007 – 5 StR 532/06).
b) Hier erweist sich die Beweiswürdigung als lückenhaft und widersprüchlich. Das Landgericht hat mehrere gewichtige den Angeklagten belastende Umstände unbeachtet gelassen. Darüber hinaus lässt die Beweiswürdigung die gebotene Gesamtschau mit dem Verhalten des Angeklagten in der zivilrechtlichen Auseinandersetzung über die Höhe des Pflichtteils mit M. S. vermissen.
aa) Allerdings können und müssen die Gründe auch eines freisprechenden Urteils nicht jeden irgendwie beweiserheblichen Umstand ausdrücklich würdigen. Das Maß der gebotenen Darlegung hängt vielmehr von der jeweiligen Beweislage und insoweit von den Umständen des Einzelfalls ab; dieser kann so beschaffen sein, dass sich die Erörterung bestimmter einzelner Beweisumstände erübrigt. Insbesondere wenn das Tatgericht auf Freispruch erkennt, obwohl nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung gegen den Angeklagten ein ganz erheblicher Tatverdacht besteht, muss es jedoch in seine Beweiswürdigung und deren Darlegung die ersichtlich möglicherweise wesentlichen gegen den Angeklagten sprechenden Umstände und Erwägungen einbeziehen und in einer Gesamtwürdigung betrachten (BGH wistra 2007, 18, 19; 2002, 430 m.w.N.).
bb) Diesen Anforderungen wird die Beweiswürdigung des Landgerichts nicht gerecht. Es fehlt schon die gebotene Auseinandersetzung mit dem Umstand, dass R. dem Angeklagten bereits am 8. Juni 2001 eine „vorläufige Erbschaftsteuerberechnung” vorgelegt hatte, insbesondere ferner mit der Notiz des Angeklagten vom 2. Oktober 2001 zur abzugebenden Steuererklärung (UA S. 14) und mit dem Fax vom 14. September 2002 (UA S. 17). Diese vom Landgericht festgestellten Gegebenheiten enthalten gewichtige Indizien, die das Landgericht in der Beweiswürdigung hätte erörtern müssen (vgl. auch BGH wistra 2005, 33, 34). Denn diese Umstände sprechen gegen die Richtigkeit der Einlassung des Angeklagten, R. habe die steuerlichen Erklärungen selbständig und eigenverantwortlich abgegeben und mit ihm keine Rücksprachen gehalten.
So stimmt die dem Angeklagten von R. übergebene vorläufige Erbschaftsteuerberechnung, bei der erkennbar bereits das später gegenüber dem Finanzamt nicht erklärte Auslandsvermögen außer Ansatz geblieben ist, im Wesentlichen mit den Werten des aufgrund der unrichtigen Erbschaftsteuererklärung ergangenen Steuerbescheids überein, der die von R. … erwartete, aber zu niedrige Festsetzung von Erbschaftsteuer enthält. Diese Steuerberechnung lag dem Angeklagten, der seine Kenntnis von den zum Nachlass gehörenden Vermögensgegenständen eingeräumt hat, bereits mehrere Monate vor Abgabe der Erbschaftsteuererklärung vor.
Der sich aus dieser Berechnung ergebende Steuerbetrag steht auch im Einklang mit der Notiz des Angeklagten vom 2. Oktober 2001 „DM 11 – 15 M. Erbschaftsteuer”. Das Landgericht hätte in diesem Zusammenhang insbesondere würdigen müssen, welche Bedeutung dem Vermerk des Angeklagten „nur inländisches Vermögen” zukam. Hierzu musste sich das Landgericht auch deshalb gedrängt sehen, weil der Angeklagte am 5. Juni 2001 – und damit nur drei Tage vor dem Erhalt der vorläufigen Steuerberechnung – mit dem zu diesem Zeitpunkt noch nicht zum Testamentsvollstrecker ernannten R. zur Umschreibung von Auslandskonten des Erblassers auf sich in die Schweiz reiste, zumal da er wegen der Anordnung der Testamentsvollstreckung zu einer Verfügung hierüber ohne Zustimmung des Testamentsvollstreckers nicht berechtigt war (vgl. § 2211 Abs. 1 BGB).
Auch kam ersichtlich der Frage Bedeutung zu, ob und inwieweit der Angeklagte die ausländischen Bankkonten tatsächlich auf sich umschreiben ließ und gegebenenfalls für welche Zwecke er die Bankguthaben verwendete, insbesondere ob er nach einer Umschreibung der Konten auf sich hieraus erzielte Kapitalerträge in seiner Einkommensteuererklärung angab. Denn die Verwendung dieser Vermögenswerte kann Schlüsse auch darauf zulassen, ob der Angeklagte – wie bereits der Erblasser – dieses Auslandsvermögen der Besteuerung durch den deutschen Fiskus insgesamt entziehen wollte.
Auf die Erörterung dieser Umstände durfte das Landgericht schon deshalb nicht verzichten, weil es die von dem Angeklagten aufgestellte Behauptung, er sei von R. nicht eingeweiht worden, selbst als fernliegende und nicht der Lebenserfahrung entsprechende Möglichkeit gewertet hat (UA S. 23). Bei einer solchen Sachlage müssen die Urteilsgründe erkennen lassen, dass sich das Landgericht mit allen für die Entscheidung wesentlichen Gesichtspunkten auseinandergesetzt hat, die geeignet sind, das Beweisergebnis zu beeinflussen (vgl. BGH StV 1986, 421; 1983, 360). Daran fehlt es hier.
Schließlich erweist sich auch die Annahme des Landgerichts, eine Tendenz des Angeklagten, sich „über die steuerrechtlichen Angelegenheiten zu unterrichten und sich ein eigenes Bild zu machen”, sei nicht ersichtlich, als nicht nachvollziehbar. Gegen diese Annahme spricht bereits der Umstand, dass der Angeklagte am 2. Oktober 2001 in seinem Geschäftsbuch sowohl die Höhe der zu erwartenden Erbschaftsteuerfestsetzung als auch den Zeitpunkt der Abgabe der Steuererklärung vermerkte, obwohl er selbst zur Abgabe einer Erbschaftsteuererklärung überhaupt nicht verpflichtet war (§ 31 Abs. 5 ErbStG). Hinzu kommt, dass die Höhe der Erbschaftsteuerschuld, die im Wesentlichen aus dem geerbten Betriebsvermögen resultiert, für die Unternehmensführung von ganz wesentlicher Bedeutung war. An ihr hatte aber der Angeklagte, der das Unternehmen nach Beendigung der dreijährigen Testamentsvollstreckung übernehmen wollte, erhebliches Interesse. Denn nach den Feststellungen hatte er bereits am 21. Mai 2001 schriftlich mit R. vereinbart, „das Lebenswerk des Erblassers, die ‚B.’, intensiv und einverständlich fortzuführen” (UA S. 12), weshalb R. den Angeklagten über seine Verwaltungstätigkeit als Testamentsvollstrecker laufend zu unterrichten hatte. Die Strafkammer geht selbst davon aus, dass diese Vereinbarung „Ausdruck des gemeinsamen Willens von Testamentsvollstrecker und Erben (war), anstehende Entscheidungen einvernehmlich und zum Wohle des Unternehmens zu treffen” (UA S. 28).
Im Übrigen lässt das Urteil auch Feststellungen zum Einlassungsverhalten des vormaligen Mitangeklagten R. vermissen. Zwar hatte dieser zunächst als Mitangeklagter ein Schweigerecht und dann als Zeuge gemäß § 55 StPO ein Auskunftsverweigerungsrecht, von dem er auch Gebrauch gemacht hat (UA S. 4). Da R. aber der zentrale und unmittelbare Zeuge für die Frage ist, ob eine Absprache mit dem Angeklagten über den Inhalt der Erbschaftsteuererklärung vorgelegen hat, wäre in der Beweiswürdigung zu referieren gewesen, wie sich R. im Ermittlungsverfahren (vgl. UA S. 36) eingelassen hat.
cc) Eine weitere erhebliche Lücke besteht darin, dass die Beweiswürdigung die gebotene Gesamtbetrachtung mit den Feststellungen zu den Betrugsvorwürfen nicht enthält (vgl. auch BGH NStZ 2002, 48, 49). Das Landgericht hätte das Verhalten des Angeklagten im Zusammenhang mit der Erstellung der Nachlassverzeichnisse für den pflichtteilsberechtigten Bruder M. … S. auch im Rahmen der Prüfung des Tatvorwurfs der Steuerhinterziehung erörtern müssen. Denn nach den Urteilsfeststellungen fehlten auch in den ersten drei Nachlassverzeichnissen die wesentlichen ausländischen Nachlasswerte. Das Landgericht hätte sich daher mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob aus dem Umstand, dass der Angeklagte Vermögenswerte gegenüber M. S. verschwiegen hat, Schlüsse auf ein mögliches Interesse des Angeklagten, dass der Testamentsvollstrecker eine unvollständige Erbschaftsteuererklärung abgibt, gezogen werden können. Denn hierin könnte eine einheitliche Vorgehensweise zum Verschweigen der ausländischen Vermögenswerte zum Ausdruck kommen, zumal da der Pflichtteil ein Abzugsposten bei der Berechnung der Erbschaftsteuerschuld ist. Dies gilt insbesondere angesichts des Umstands, dass der Angeklagte das in gleicher Weise wie die Erbschaftsteuererklärung unvollständige dritte Nachlassverzeichnis vom 28. März 2003 allein unterschrieben (UA S. 21) und im Telefax vom 14. September 2002 von „unsere Erbschaftsteuererklärung” gesprochen hatte (UA S. 17).
c) Der Freispruch in diesem Fall kann auch deshalb keinen Bestand haben, weil das Landgericht eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen Steuerhinterziehung durch Unterlassen aufgrund unterlassener Berichtigung (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 153 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO) – unter der Prämisse des Landgerichts, dass der Angeklagte nicht nachweislich vorsätzlich an der Steuerhinterziehung des R. mitgewirkt habe – mit einer noch deutlich kargeren Beweiswürdigung verneint hat (UA S. 37 f.), die aus denselben Gründen unzulänglich ist.
Entgegen der gegenteiligen Neigung des Landgerichts (UA S. 39) umfasst der von der Anklage beschriebene Lebenssachverhalt auch den Umstand, dass der Angeklagte die von R. beim Finanzamt eingereichte Erbschaftsteuererklärung nicht nachträglich berichtigt hat. Erkennt ein Steuerpflichtiger nachträglich vor Ablauf der Festsetzungsfrist, dass eine von ihm oder für ihn abgegebene Steuererklärung unrichtig oder unvollständig ist und dass es dadurch zu einer Verkürzung von Steuern kommen kann oder bereits gekommen ist, so ist er verpflichtet, dies unverzüglich anzuzeigen und die erforderliche Richtigstellung vorzunehmen (§ 153 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO). Die von R. beim Finanzamt eingereichte Steuererklärung war jedenfalls auch für den Angeklagten im Sinne des § 153 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO i.V.m. § 31 Abs. 5 Satz 1 ErbStG abgegeben. Denn als Erbe war er gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG Steuerschuldner. Dem Umstand, dass das Finanzamt von der Möglichkeit, von dem Angeklagten eine Mitunterzeichnung der Steuererklärung zu verlangen (§ 31 Abs. 5 Satz 2 ErbStG), keinen Gebrauch gemacht hat, kommt für die Frage der Berichtigungspflicht keine Bedeutung zu.
Die Frage, ob der Angeklagte die von R. abgegebene Erbschaftsteuererklärung nachträglich hätte berichtigen müssen, bezieht sich unmittelbar auf den im Anklagesatz geschilderten Sachverhalt und betrifft daher ein- und dieselbe Tat im prozessualen Sinn (§ 264 StPO); zu dem mit der Anklage dem Tatrichter unterbreiteten historischen Lebensvorgang gehört somit auch die unterlassene Berichtigung einer gegebenenfalls nachträglich als unrichtig erkannten Steuererklärung (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO). Der verfahrensrechtliche Tatbegriff umfasst das gesamte Verhalten des Angeklagten, soweit es mit dem durch den Eröffnungsbeschluss bezeichneten geschichtlichen Vorkommnis nach der Auffassung des Lebens einen einheitlichen Vorgang bildet (BGHSt 45, 211, 212). Zwar ist die Pflicht zur Berichtigung von Erklärungen im Sinne von § 153 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO eine von der Primärpflicht zur Abgabe einer inhaltlich zutreffenden Steuererklärung unabhängige eigenständige Pflicht, die erst dann entsteht, wenn ein Steuerpflichtiger nachträglich erkennt, dass eine von ihm oder für ihn abgegebene Erklärung unrichtig oder unvollständig ist und dass es dadurch zu einer Verkürzung von Steuern kommen kann oder bereits gekommen ist. Der Umstand, dass es sich um unterschiedliche Pflichten handelt, steht aber hier der Zuordnung der unterlassenen Berichtigung zu dem von der Anklage geschilderten Geschehen als einem einheitlichen historischen Vorgang nicht entgegen.
Freilich bilden mehrere im Sinne von § 53 StGB sachlichrechtlich selbständige Handlungen nur dann eine einheitliche prozessuale Tat, wenn die einzelnen Handlungen nicht nur äußerlich ineinander übergehen, sondern wegen der ihnen zugrundeliegenden Vorkommnisse unter Berücksichtigung ihrer strafrechtlichen Bedeutung auch innerlich derart miteinander verknüpft sind, dass der Unrechts- und Schuldgehalt der einen Handlung nicht ohne die Umstände, die zu der anderen Handlung geführt haben, richtig gewürdigt werden kann und ihre getrennte Würdigung und Aburteilung als unnatürliche Aufspaltung eines einheitlichen Lebensvorgangs empfunden wird (st. Rspr.; vgl. BGHSt 49, 359, 362; 29, 288, 292 f.). Insbesondere für das Verhältnis von Diebstahl und Hehlerei ist anerkannt, dass auch bei sich rechtlich oder tatsächlich wechselseitig ausschließenden Straftatbeständen die für die Annahme eines einheitlichen geschichtlichen Lebensvorgangs erforderliche innere Verknüpfung zweier zeitlich und räumlich getrennter Vorgänge vorliegen kann, wenn die in der Anklage nach Objekt, Ort und Zeit der Handlung konkretisierte Straftat Grundlage für die Verurteilung wegen der anderen Straftat bildet. Denn in einem solchen Fall hat der Tatrichter im Hinblick auf denselben Gegenstand die vorangegangene Tat zu erörtern und sie nach Ort, Zeit und anderen Umständen einzugrenzen (vgl. BGHSt 35, 172, 174; BGH NStZ 1999, 523, 524).
Im Verhältnis von Steuerhinterziehung durch aktives Tun (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO) durch Abgabe einer unrichtigen Steuererklärung zu einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) wegen Nichtberichtigung der nachträglich als unrichtig erkannten Steuererklärung gilt nichts anderes. Zum einen beziehen sich beide Tatvarianten auf denselben Steueranspruch; zum anderen kann der Tatrichter nur dann prüfen, ob eine Berichtigungspflicht gemäß § 153 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO bestanden hat, wenn er geklärt hat, ob sich der Angeklagte wegen einer nach Ort, Zeit und konkretem Steueranspruch eingegrenzten Steuerhinterziehung strafbar gemacht hat. Hierin liegt der innere Zusammenhang, der die zwei getrennten Vorgänge zu einem einheitlichen geschichtlichen Lebenssachverhalt verbindet. Der Umstand, dass beide Vorgänge zeitlich weit auseinanderliegen können, steht der Annahme einer einheitlichen Tat im prozessualen Sinn nicht entgegen (vgl. auch BGHSt 38, 37, 40).
2. Die Beweiswürdigung zur ungerechtfertigten Erlangung einer zinslosen Stundung der Erbschaftsteuer gemäß § 28 ErbStG – ein Steuervorteil im Sinne des § 370 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 Satz 2 AO – hängt mit dem ersten Vorwurf der Erbschaftsteuerhinterziehung derart eng zusammen, dass sie mit der Aufhebung des deshalb erfolgten Freispruchs die Grundlage verliert. Der Freispruch ist auch insoweit aufzuheben, wenngleich nicht ausgeschlossen erscheint, dass insoweit die weiteren speziellen Erwägungen des Landgerichts (UA S. 32 f.) auch bei abweichender Beurteilung der Beweislage zum ersten Tatvorwurf einer Verurteilung für sich allein entgegenstehen könnten.
3. Bestand hat dagegen die Einstellung des Verfahrens im Fall 3 der Anklage wegen des Verfahrenshindernisses eines rechtzeitigen Strafantrages des Antragsberechtigten. Da sich der Tatvorwurf des versuchten Betruges gegen einen Angehörigen (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 StGB) richtete, hatte der Anzeigeerstatter M. S. die dreimonatige Strafantragsfrist des § 77b Abs. 1 StGB zu beachten. Zum Zeitpunkt des Strafantrags gegen den Angeklagten am 5. November 2003 war diese Frist indes bereits verstrichen.
a) Nach § 77b Abs. 2 Satz 1 StGB beginnt die Strafantragsfrist mit Ablauf des Tages, an dem der Berechtigte von der Tat und der Person des Täters Kenntnis erlangt. Bei einer versuchten Straftat ist insoweit die Kenntnis von der letzten auf den Tatbestandserfolg gerichteten Handlung maßgebend (LG Konstanz NJW 1984, 1767, 1768; Stree/Sternberg-Lieben in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 77b Rdn. 8; Jähnke in LK 11. Aufl. § 77b Rdn. 6). Für den Tatversuch kann damit die Antragsfrist schon vor einer Vollendung der Tat abgelaufen sein. Tritt diese noch ein, beginnt mit der Beendigung der Tat eine neue Strafantragsfrist (vgl. LG Konstanz aaO).
b) Die Kenntnis von Tat und Täter erfordert nicht die Gewissheit über sämtliche Einzelheiten des strafrechtlichen Geschehens, sondern lediglich das Wissen von Tatsachen, die einen Schluss auf die wesentlichen Tatumstände und den Täter zulassen (BGHSt 44, 209, 212; Stree/Sternberg-Lieben aaO § 77b Rdn. 10 m.w.N.; Tröndle/Fischer, StGB 54. Aufl. § 77b Rdn. 4; Jähnke aaO § 77b Rdn. 8). Das Ausmaß der erforderlichen Tatsachenkenntnis bestimmt sich danach, ob dem Berechtigten gemäß dem Standpunkt eines besonnenen Menschen der Entschluss zugemutet werden kann, gegen den anderen mit dem Vorwurf einer strafbaren Handlung hervorzutreten und die Strafverfolgung herbeizuführen (BGHSt aaO; Jähnke aaO Rdn. 7).
c) Ausgehend von diesen Maßstäben hat das Landgericht den Zeitpunkt der Kenntnis des Pflichtteilsberechtigten M. S. von Tat und Täter rechtsfehlerfrei bestimmt. Die letzte und damit maßgebende Täuschungshandlung war hier die Übersendung des vom Angeklagten unterzeichneten dritten Nachlassverzeichnisses am 28. März 2003 an M. S.. Hierzu steht die Übergabe des vierten Nachlassverzeichnisses am 1. Juni 2004, als der Strafantrag gegen den Angeklagten bereits gestellt war, nicht mehr in natürlicher Handlungseinheit. Denn die dem Angeklagten insoweit zur Last gelegte Täuschung bezieht sich nicht mehr auf die bisher verschwiegenen Nachlasswerte, sondern erstmals auf die Eigentumsverhältnisse an dem Haus in Oregon.
Zum Zeitpunkt der Übergabe des dritten Nachlassverzeichnisses im März 2003 hatte der Pflichtteilsberechtigte M. S. bei der gebotenen wertenden Betrachtung aber bereits ausreichende Kenntnis von Tat und Täter. Die wesentlichen Tatsachen für die Strafbarkeit wegen versuchten Betruges sind hier das Verschweigen der zum Nachlass gehörenden ausländischen Bankkonten sowie der Beteiligung des Erblassers an der Fluggesellschaft PFS einschließlich der Dimension der verschwiegenen Nachlasswerte. Diese Umstände waren M. S. spätestens im Februar 2003 bekannt. Das teuerste Fluggerät und die Fluggesellschaft PFS als Nachlassgegenstände hatte M. S. bereits im Juni 2002 sicher entdeckt. Auf die schweizerischen Konten wies er bereits im November 2001 hin; im Jahr 2002 nannte er auch amerikanische Konten. Er hatte auch eine zutreffende Vorstellung von der Größenordnung der verschwiegenen Nachlasswerte. Der Umstand, dass M. S. erst im Oktober 2003 durch Akteneinsicht Gewissheit über die Tat und über die genaue Höhe der verschwiegenen Vermögenswerte erlangte, steht der Annahme einer für einen Strafantrag ausreichenden Kenntnis bereits im März 2003 nicht entgegen.
4. Die Freisprechung des Angeklagten vom Tatvorwurf eines durch Übergabe des vierten Nachlassverzeichnisses begangenen Betrugsversuchs im Fall 4 der Anklage hat ebenfalls Bestand; insoweit liegt ein fristgemäßer Strafantrag vor. Im Gegensatz zu den Fällen 1 und 2 der Anklage hält hier die Beweiswürdigung des Tatrichters revisionsgerichtlicher Nachprüfung stand.
Das Landgericht hat alle maßgeblichen für und gegen eine Tatbegehung durch den Angeklagten sprechenden Umstände berücksichtigt und hat sie in einer Gesamtschau gewertet. Dass es sich im Ergebnis nicht davon überzeugen konnte, dass das Hausgrundstück in Oregon noch zum Zeitpunkt des Erbfalls im Eigentum des Erblassers stand und nicht bereits mit Erwerb oder kurz danach im Wege einer Vorschenkung auf den Angeklagten übertragen wurde, ist daher revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden.
Unterschriften
Basdorf, Raum, Brause, Schaal, Jäger
Fundstellen
Haufe-Index 1813739 |
BFH/NV Beilage 2008, 64 |
NStZ 2008, 411 |
wistra 2008, 22 |
wistra 2008, 384 |
PStR 2007, 252 |
BFH/NV-Beilage 2008, 64 |