Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 27. August 1992 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Beklagte bezüglich der Kläger zu 1, 3, 4, 5, 7, 36, 37, 38, 41, 55, 57, 59, 94, 99, 108, 113, 114, 114 a und 115 verurteilt worden ist, das entsprechend dem Ergebnis der Abschichtungsbilanz noch zu beziffernde Abfindungsguthaben an diese zu bezahlen (Urteilsausspruch zu 11 2 b). Im Übrigen wird die Revision der Beklagten zurückgewiesen (Urteilsausspruch zu 11 2 a). Im Umfang der Aufhebung wird die Sache, auch zur Entscheidung über die Kosten der Rechtsmittelverfahren, an das Landgericht München I zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Kläger verlangen von der Beklagten, einer Publikumsgesellschaft, die sich mit dem Erwerb von und der Beteiligung an musikalischen Werken und Filmproduktionen befaßt, die Rückzahlung ihrer als atypische stille Gesellschafter gezahlten Einlagen, nachdem sie die Beteiligungen im Februar/März 1991 fristlos gekündigt haben. Die im Revisionsverfahren verbliebenen 18 (von ursprünglich 134) Kläger haben ihre Einlagen an den von der Beklagten als Treuhänder benannten Steuerberater W. gezahlt, der die Gelder unter im einzelnen zwischen den Parteien streitigen Umständen nicht an die Beklagte, sondern an eine Firma A. weitergeleitet hat. Die Beklagte vertritt deshalb die Auffassung, mangels Leistung der Einlagen stehe diesen Klägern ein Auseinandersetzungsanspruch nicht zu. Das Landgericht hat die Beklagte auf den Hauptantrag der Kläger verurteilt, die Einlagen zurückzuzahlen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das erstinstanzliche Urteil aufgehoben, die Beklagte aber auf den Hilfsantrag der Kläger – bezüglich der noch beteiligten Kläger durch streitiges Endurteil, ansonsten aufgrund eines Anerkenntnisses – verurteilt, eine Abschichtungsbilanz zu erstellen und das entsprechend dem Ergebnis der Abschichtungsbilanz noch zu beziffernde Abfindungsguthaben an die Kläger zu bezahlen. Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten.
Entscheidungsgründe
Da die Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten waren, ist durch Versäumnisurteil, jedoch aufgrund umfassender Sachprüfung zu entscheiden (BGHZ 37, 79, 81ff.). Die Revision ist teilweise begründet und führt im Umfang der Aufhebung zur Zurückverweisung an das Landgericht.
1. Das Berufungsgericht geht zunächst zu Recht davon aus, daß die 18 im Revisionsverfahren verbliebenen Kläger atypische stille Gesellschafter der Beklagten geworden sind. Auf die gegen diese Feststellung des Berufungsgerichts erhobenen Verfahrensrügen, mit denen die Revision beanstandet, daß das Berufungsgericht Angriffs- und Verteidigungsmittel, welche die Kläger erst nach Schluß der mündlichen Verhandlung vorgebracht haben, bei seiner Entscheidung berücksichtigt hat, kommt es nicht an. Denn diese Feststellung erweist sich schon aufgrund des unstreitigen Sachverhalts als richtig. Die Beklagte hat unter Einschaltung einer Vertriebsagentur mittels eines Prospektes Kapitalanleger geworben. Der Prospekt enthält ein Angebot zum Abschluß eines Gesellschaftsvertrages, an das die Beklagte bis zum 31. Dezember 1991 „unwiderruflich” gebunden war. Demgegenüber findet sich in der ebenfalls im Prospekt abgedruckten Beitrittserklärung der Vorbehalt, daß der Vertrag erst zustandekomme, sobald die Beklagte ihn angenommen habe. Diese auf den ersten Blick widersprüchlichen Willenserklärungen kann der Senat nach objektiven Kriterien selber auslegen, weil sie sich – ähnlich wie bei der Werbung für den Beitritt zu einer Publikumsgesellschaft – an eine unbestimmte Vielzahl potentieller Anleger wenden (vgl. zur Auslegung von Gesellschaftsverträgen von Publikumsgesellschaften Sen. Urt. v. 28. September 1978 – II ZR 218/77, WM 1978, 1399, 1400; v. 30. April 1979 – II ZR 57/78, WM 1979, 672). Der scheinbare Widerspruch löst sich auf, wenn die Beitrittserklärung als Annahme des Angebots, an das die Beklagte bis zum 31. Dezember 1991 gebunden war, und die „Annahme” durch die Beklagte lediglich als der Zeitpunkt verstanden wird, von dem ab der Gesellschaftsvertrag Wirkung entfalten sollte. Die „Annahme” in diesem Sinne erfolgte, als die Beklagte auch den noch im Revisionsverfahren verbliebenen Klägern nach deren Beitrittserklärungen weit vor dem 31. Dezember 1991 die an alle stillen Gesellschafter gerichteten Informationsschreiben zusandte.
2. Entgegen der von der Revision angegriffenen Auffassung des Berufungsgerichts kommt es für das Bestehen eines Anspruchs auf Erstellung einer Auseinandersetzungsbilanz nicht darauf an, ob die Kläger mit der Zahlung auf das Treuhänderkonto des Steuerberaters W. bereits ihre Einlageschuld erfüllt haben oder ob diese Verpflichtung erst bei Weiterleitung der Gelder an die Beklagte erloschen wäre. Das Berufungsgericht hat die für die Auseinandersetzung einer atypischen stillen Gesellschaft geltenden Grundsätze verkannt.
Während bei dem Ausscheiden des typischen stillen Gesellschafters, der nur an den Erträgen des Unternehmens beteiligt ist, eine Gewinnermittlungsbilanz zu erstellen ist (vgl. Schlegelberger/K. Schmidt, HGB 5. Aufl. § 235 n.F. Rdn. 16), bestimmt sich die Ermittlung des Auseinandersetzungsguthabens des atypischen stillen Gesellschafters, der schuldrechtlich am Gesellschaftsvermögen beteiligt ist, über einen Treuhänder bei der Geschäftsführung mitwirkt und durch diesen die Informations- und Kontrollrechte gemäß § 716 BGB ausübt, nach anderen Grundsätzen. Der Geschäftsinhaber ist verpflichtet, dem Ausscheidenden das zu zahlen, was er bei der Auseinandersetzung erhalten würde, wenn die Gesellschaft zur Zeit seines Ausscheidens tatsächlich aufgelöst worden wäre. Dazu bedarf es der Aufstellung einer Abschichtungsbilanz (Vermögensbilanz), in die nicht nur die Buchwerte, sondern die wirklichen Werte des Betriebsvermögens einzustellen sind; darüber hinaus ist er an den offenen Rücklagen und an dem Geschäftswert zu beteiligen. Der atypische stille Gesellschafter wird also nicht mit dem gegebenenfalls berichtigten Buchwert seiner Einlage abgefunden, sondern erhält ein Auseinandersetzungsguthaben, das sich von dem eines Gesellschafters einer offenen Handelsgesellschaft nicht unterscheidet und dessen Wert sich nach dem tatsächlichen Geschäftswert bestimmt (Paulick/Blaurock, Hdb. der stillen Gesellschaft, 4. Aufl. S. 307, 311; Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, 3. Aufl. S. 87; Schlegelberger/K. Schmidt a.a.O., Rdn. 56, 58, 60). Genau das haben die Parteien in dem vom Berufungsgericht nicht erwähnten § 10 des Gesellschaftsvertrages vereinbart, der dem ausscheidenden stillen Gesellschafter eine Abfindung entsprechend dem Wert des Gesellschaftsanteils zuspricht.
Die Beklagte ist danach verpflichtet, eine Auseinandersetzungsbilanz in Form einer Vermögensbilanz zu erstellen. Der Anspruch auf Zahlung der rückständigen Einlage, sofern er besteht, wäre dabei nur ein unselbständiger Rechnungsposten.
Für das Bestehen des Anspruchs auf Erstellung einer Auseinandersetzungsbilanz kommt es deshalb nicht auf die vom Berufungsgericht für erheblich gehaltene und von der Revision zur Überprüfung gestellte Frage an, ob die Einlageschuld bereits durch die Zahlung an den Steuerberater W. erfüllt worden ist. Dieser Streit kann nach Aufstellung der Bilanz ausgetragen werden. Der stille Gesellschafter hat dann die Wahl zwischen einer auf die Zahlung seines Abfindungsguthabens gerichteten Leistungsklage und einer Feststellungsklage, mit deren Hilfe er einzelne Streitpunkte der Abfindungsbilanz gerichtlich überprüfen lassen kann (BGHZ 26, 25, 29f.; MünchKomm.-Ulmer, BGB 2. Aufl. S. 738 Rdn. 22, 23; Paulick/Blaurock a.a.O., S. 314, 315). Nach Vorliegen der Auseinandersetzungsbilanz vermag er seinen Abfindungsanspruch in zahlenmäßig bestimmter Höhe geltend zu machen, indem er ausgehend von der Bilanz im einzelnen darlegt, in welchen Punkten und aus welchem Grund er einzelne Rechnungsposten nicht für richtig hält. Das Prozeßgericht hat dazu in den Gründen seines Urteils Stellung zu nehmen. Diese Stellungnahme ist notwendige Grundlage der Entscheidung über den Zahlungsantrag.
3. Die Revision hat hingegen Erfolg, soweit sie sich gegen die Verurteilung der Beklagten wendet, das entsprechend dem Ergebnis der Abschichtungsbilanz noch zu beziffernde Abfindungsguthaben an die Kläger zu bezahlen. Das Berufungsurteil leidet insoweit an einem Verfahrensmangel. Zwar rügt die Revision die Verletzung des Gesetzes in bezug auf das Verfahren nicht; das ist jedoch unschädlich, weil es sich um einen von Amts wegen zu berücksichtigenden Verfahrensmangel handelt (§ 559 Abs. 2 ZPO).
Bei den auf die Erteilung einer Abschichtungsbilanz und die Zahlung des noch zu bestimmenden Abfindungsguthabens gerichteten Hilfsanträgen handelt es sich um prozessuale Erklärungen, die der Senat eigenständig und ohne Bindung an die Auslegung des Berufungsgerichts auslegen kann (vgl. BGH, Urt. v. 9. Mai 1990 – VIII ZR 237/89, NJW 1990, 2683, 2684). Mit diesen Hilfsanträgen wollten die Kläger erkennbar eine Stufenklage gemäß § 254 ZPO erheben. Zwar haben die Kläger das Verhältnis dieser beiden Anträge zueinander nicht gekennzeichnet. Auch hat der Klägervertreter bei seiner Antragstellung das besondere Verfahren der Stufenklage, nämlich die abgesonderte Antragstellung, Verhandlung und Entscheidung über jede Stufe, außer acht gelassen, indem er in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht beide Anträge nebeneinander gestellt hat. Die Formulierung der Anträge, insbesondere die Ankündigung, den Zahlungsantrag noch zu beziffern, ist jedoch für eine Stufenklage typisch. In der Situation der Kläger drängte sich die Erhebung einer Stufenklage aus Sach- und Kostengründen geradezu auf. Verweigert oder verzögert nämlich der Geschäftsinhaber die Berechnung des Abfindungsguthabens des stillen Gesellschafters, so kann dieser auf die Vornahme der Auseinandersetzung klagen; mit dieser Klage verbindet er zweckmäßigerweise die Klage auf Zahlung seines Guthabens, wobei die Angabe des genauen Betrages bis zu dessen Feststellung vorbehalten wird (Paulick/Blaurock a.a.O., S. 314; MünchKomm.-Ulmer a.a.O., S. 738 Rdn. 22f. m.w.N.). Die von dem Berufungsgericht in dem auf einen Urteilsergänzungsantrag der Kläger ergangenen Urteil vom 25. März 1993 vertretene Auslegung der Klageanträge als Fall einer objektiven Klagehäufung gemäß § 260 ZPO verbietet sich daher.
Hinzu kommt, daß der auf die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines noch zu beziffernden Abfindungsguthabens gerichtete Antrag keinen vollstreckungsfähigen Inhalt hat und deshalb wegen eines Verstoßes gegen den Bestimmtheitsgrundsatz des § 253 Abs. 2 Satz 2 ZPO unzulässig ist. Bei einer Klage auf Zahlung einer Geldleistung ist grundsätzlich die Angabe des begehrten Betrages erforderlich; eine der Fallgruppen, in denen ausnahmsweise ein unbezifferter Klageantrag zulässig ist, weil das Gericht den Anspruch der Höhe nach konkretisiert und vollstreckbar festlegt, ist hier nicht gegeben. Der Klageantrag wäre mithin – außer im Fall der Stufenklage – als unzulässig abzuweisen gewesen; darauf, daß die Beklagte sich rügelos eingelassen und diesen Antrag bezüglich der weiteren am Revisionsverfahren nicht mehr beteiligten Kläger sogar anerkannt hat, kommt es nicht an (vgl. BGH, Urt. v. 24. Mai 1972 – IV ZR 65/71, NJW 1972, 1373, 1374 a.E.). Der auf diesem Klageantrag beruhende Urteilstenor weist keinen mit der Zwangsvollstreckung durchsetzbaren Anspruch der Kläger aus. Der zu vollstreckende Anspruch muß sich nämlich aus der Urteilsformel ergeben, wobei der übrige Urteilsinhalt ergänzend herangezogen werden kann; die Leistung ist aber dann nicht hinreichend bestimmt, wenn der Betrag nur aus dem Inhalt eines anderen Schriftstücks, hier der von der Beklagten vorzulegenden Auseinandersetzungsbilanz, ermittelt werden kann (Zöller/Stöber, ZPO 18. Aufl. § 704 Rdn. 3, 4).
Das Berufungsgericht hat damit gegen den für die Stufenklage geltenden Grundsatz der abgesonderten Entscheidung auf jeder Stufe verstoßen. Ein Urteil gleichzeitig über die erste und die dritte Stufe hätte nicht ergehen dürfen. Das stellt einen von Amts wegen zu berücksichtigenden Verfahrensmangel dar. Dem Urteilsausspruch fehlt es an der gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erforderlichen Bestimmtheit, er enthält keinen vollstreckungsfähigen Inhalt. Ein derartiger Mangel ist trotz der Bestimmungen der §§ 554, 559 ZPO in jeder Lage des Rechtsstreits ebenfalls von Amts wegen zu berücksichtigen.
4. Die Sache ist zur Verhandlung und Entscheidung auf der Leistungsstufe an das Landgericht zurückzuverweisen, weil das Berufungsgericht bei richtiger Entscheidung seinerseits hätte zurückverweisen müssen. Dem Landgericht wird auch die Entscheidung über die Kosten der Rechtsmittel übertragen, wobei darauf hinzuweisen ist, daß der Kläger zu 67 seine Revision zurückgenommen hat.
Fundstellen
Haufe-Index 609366 |
NJW-RR 1994, 1185 |