Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerberaterhaftung für Mehrsteuern aus verdeckter Gewinnausschüttung wegen Gesellschaftergeschäftsführergehalt. Verjährungsbeginn
Leitsatz (amtlich)
Zur Vertragspflicht eines steuerlichen Beraters, den Schaden einer GmbH infolge verdeckter Gewinnausschüttung zu ersetzen, die durch Zuwendung von Geschäftsführergehalt an den Alleingesellschafter entstanden ist.
Leitsatz (redaktionell)
Eine Ersatzpflicht erstreckt sich auch auf den Nachteil, der sich daraus ergibt, daß nach fester Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs eine Schadensersatzleistung des Steuerberaters bei der GmbH als Betriebseinnahme zu behandeln ist und deswegen das zu versteuernde Einkommen der Gesellschaft erhöht, so daß auch insoweit Körperschaftsteuer anfällt.
Normenkette
BGB § 675; KStG § 8 Abs. 3 S. 2; StBerG §§ 33, 68, 72
Verfahrensgang
OLG München (Urteil vom 03.05.1996; Aktenzeichen 23 U 5423/95) |
LG München I (Urteil vom 20.09.1995; Aktenzeichen 2 HKO 20898/94) |
Tenor
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden die Urteile der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts München I vom 20. September 1995 und des 23. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 3. Mai 1996 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Widerklageanspruch der Beklagten auf Schadensersatz in Höhe von 813.380,– DM – nebst 5 % Zinsen ab Erhebung der Widerklage – wegen der verdeckten Gewinnausschüttung betreffend das Geschäftsführergehalt abgewiesen worden ist.
Dieser Anspruch ist dem Grunde nach gerechtfertigt.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die beklagte GmbH verlangt von der klagenden Steuerberatungsgesellschaft, deren Klage wegen einer Honorarforderung erledigt ist, im Wege der Widerklage Schadensersatz, weil die Klägerin Mehrsteuern wegen verdeckter Gewinnausschüttung verschuldet habe.
Die Klägerin betreute die Beklagte von 1980 bis 1994 in allen steuerlichen Angelegenheiten. Aufgrund einer Außenprüfung 1994 bewertete das Finanzamt Zuwendungen der Beklagten an ihren Alleingesellschafter und -geschäftsführer als verdeckte Gewinnausschüttungen. Diese betrafen u.a. das Gehalt für 1986 bis einschließlich 1989 in Höhe von insgesamt 460.000 DM.
Am 18. Dezember 1982 hatte sich der Gesellschafter-Geschäftsführer von der Beklagten eine erfolgsabhängige Tantieme gewähren lassen; in der Urkunde heißt es, daß „ab dem Wirtschaftsjahr 1984 … die Bezüge neu geregelt” werden. Nach einer schriftlichen Vereinbarung vom 20. Dezember 1984 war der Gesellschafter-Geschäftsführer ab 1985 für die Beklagte „als betriebswirtschaftlicher Berater freiberuflich tätig” geworden und hatte für Beratungsleistungen 200 DM je Arbeitsstunde berechnen können; diese Vereinbarung war auf unbestimmte Zeit abgeschlossen worden. In den Jahren 1986 bis einschließlich 1989 hatte die Klägerin steigende Beträge für das Geschäftsführergehalt als Rückstellungen in die Bilanzen aufgenommen. Zum 31. Dezember 1990 hatte die Klägerin den Gesamtbetrag von 460.000 DM auf ein „Verrechnungskonto” gebucht, das die Beklagte für ihren Gesellschafter-Geschäftsführer führte; dadurch war eine entsprechende Gehaltsforderung mit einem Kontoguthaben der Beklagten saldiert worden. Dies wertete die Finanzbehörde als verdeckte Gewinnausschüttung, weil vorher keine klare Vereinbarung getroffen worden sei. Deswegen wurden mit Bescheiden vom Februar 1995 Körperschaft- und Gewerbesteuern nachgefordert.
Landgericht und Oberlandesgericht haben die Schadenersatzforderung abgewiesen. Sie wird von der Revision in Höhe von 813.380,– DM nebst Zinsen weiterverfolgt.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt dazu, daß – unter entsprechender Änderung der vorinstanzlichen Urteile – der Widerklageanspruch der Beklagten dem Grunde nach insoweit für gerechtfertigt zu erklären ist, als Ersatz der Mehrsteuern wegen der verdeckten Gewinnausschüttung bezüglich des Geschäftsführergehalts verlangt wird (§ 304 Abs. 1 ZPO). Ein solches Grundurteil ist auch im Revisionsverfahren zulässig (BGH, Urt. v. 15. Dezember 1994 – IX ZR 18/94, BGHR ZPO § 304 Abs. 1 – Revisionsgericht 1).
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Klägerin habe substantiiert dargelegt, daß sie den Gesellschafter-Geschäftsführer der Beklagten über das Erfordernis einer im voraus getroffenen und eindeutigen Gehaltsvereinbarung aufgeklärt habe. Mit Rücksicht darauf habe die Beklagte nicht vorgetragen, daß die Klägerin 1986 bis 1989 habe annehmen müssen, der Gesellschafter-Geschäftsführer der Beklagten kenne die Notwendigkeit einer solchen Vereinbarung nicht. Jedenfalls fehle ein zulässiges Beweisangebot der Beklagten.
Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
II.
1. Aus dem unstreitigen Vorbringen ergibt sich, daß die Klägerin ihre Pflichten aus dem Steuerberatungsvertrag der Parteien verletzt hat, wie die Revision zu Recht geltend macht.
Im Rahmen seines Auftrags hat der Steuerberater seinen Mandanten, von dessen Belehrungsbedürftigkeit er grundsätzlich auszugehen hat (BGH, Urt. v. 7. Mai 1991 – IX ZR 188/90, WM 1991, 1303, 1304), umfassend zu beraten und ungefragt über alle bedeutsamen steuerlichen Einzelheiten und deren Folgen zu unterrichten. Insbesondere muß der Steuerberater seinen Auftraggeber möglichst vor Schaden bewahren; deswegen muß der Steuerberater den nach den Umständen sichersten Weg zu dem erstrebten steuerlichen Ziel aufzeigen und sachgerechte Vorschläge zu dessen Verwirklichung unterbreiten (BGHZ 129, 386, 396 m.w.N.). Diese Aufgabe schließt die Pflicht ein, den Mandanten auf die Gefahr einer Steuerbelastung aus verdeckter Gewinnausschüttung hinzuweisen und dieser Gefahr durch geeignete Maßnahmen und Empfehlungen entgegenzuwirken (BGH, Urt. v. 24. März 1982 – IVa ZR 303/80, WM 1982, 556, 557; v. 15. April 1997 – IX ZR 70/96, WM 1997, 1396, 1397).
Zuwendungen an einen beherrschenden Gesellschafter werden nur unter strengen Voraussetzungen als Betriebsausgaben anerkannt. In solchen Fällen kann der Nachweis, daß die Gesellschaft denselben Vorteil bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters auch einem Nichtgesellschafter gewährt hätte, nur erbracht werden, wenn die Zuwendung – auch der Höhe nach – auf einer klaren, im voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung beruht. Die tatsächliche Durchführung setzt voraus, daß vereinbarte Vergütungen auch gezahlt worden sind. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, so kann eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegen, die das zu versteuernde Einkommen nicht senkt (§§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG, 7 GewStG). Diese ist eine Vermögensminderung, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt ist, sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer – den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden – offenen Ausschüttung steht (BGH, Urt. v. 25. Februar 1987 – IVa ZR 162/85, WM 1987, 721, 723; v. 7. November 1991 – IX ZR 3/91, WM 1992, 308, 309; v. 15. April 1997 – IX ZR 70/96, aaO; BFH BStBl II 1978, 234, 236; 1988, 786, 787 f; 1992, 690; 1993, 247, 248; DB 1995, 2451; ZIP 1997, 1963, 1964).
a) Mit dem Berufungsgericht kann zugunsten der Klägerin – gemäß deren Behauptung – davon ausgegangen werden, daß diese den Gesellschafter-Geschäftsführer der Beklagten vor Ende 1986 auf die Notwendigkeit einer Gehaltsvereinbarung hingewiesen hat. Damit hat die Klägerin aber ihre vertragliche Beratungspflicht noch nicht vollständig erfüllt. Die Klägerin hätte die Vereinbarung einer einwandfreien Tätigkeitsvergütung rechtzeitig anregen (vgl. BGH, Urt. v. 7. November 1991 – IX ZR 3/91, aaO) und auf die Notwendigkeit der tatsächlichen Durchführung hinweisen müssen. Die Klägerin hat selbst nicht behauptet, daß sie auch insoweit ihre Beratungspflicht erfüllt habe.
Der Hinweis des Berufungsgerichts auf die Tantiemeregelung vom 18. Dezember 1982 ist verfehlt. Falls diese der Klägerin bekannt war, so war offensichtlich, daß diese keine steuerlich ausreichende Gehaltsvereinbarung für die Zukunft war, weil danach ab 1984 „die Bezüge neu geregelt” werden sollten.
Kannte die Klägerin die Vereinbarung der Beklagten mit ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer vom 20. Dezember 1984, auf die sie verwiesen hat, so mußte sie erkennen, daß diese unklar und deswegen für eine steuerliche Anerkennung unzureichend war. Diese Abrede bezog sich auf freiberufliche betriebswirtschaftliche Beratungsleistungen, nicht aber auf ein Entgelt für die übliche Geschäftsführertätigkeit. Die Höhe der Vergütung wurde einer Berechnung zu einem beliebigen Zeitpunkt überlassen. Auch darüber hätte die Klägerin den Gesellschafter-Geschäftsführer der Beklagten aufklären müssen, falls sie die Vereinbarung gekannt hat.
b) Eine weitere Pflichtverletzung der Klägerin ergibt sich daraus, daß sie unstreitig in den Jahren 1986 bis einschließlich 1989 steigende Beträge für das Geschäftsführergehalt als Rückstellungen in die Bilanzen aufgenommen hat. Dies hätte die Klägerin aufgrund ihrer vertraglichen Schadensverhütungspflicht veranlassen müssen, sich zu vergewissern, ob die Beklagte und deren Gesellschafter-Geschäftsführer eine Gehaltsvereinbarung geschlossen hatten und durchführten, die eine steuerliche Anerkennung der entsprechenden Aufwendungen als Betriebsausgaben sicherte.
Insoweit wird die vom Steuerberater geschuldete Tätigkeit nicht unzulässig ausgeweitet. Ein Steuerberater, der nur einen auf bestimmte Aufgaben beschränkten Auftrag erhalten hat, braucht grundsätzlich nicht Vorgänge steuerlich zu prüfen, die ihm bei Gelegenheit der Erfüllung dieses Auftrags bekannt werden und dazu in keiner unmittelbaren Beziehung stehen (BGHZ 128, 358, 361; BGH, Urt. v. 11. Mai 1995 – IX ZR 130/94, NJW 1995, 2842). Die Klägerin hatte dagegen im Rahmen eines Dauermandats die steuerlichen Interessen der Beklagten umfassend zu wahren. Daraus ergab sich die Vertragspflicht der Klägerin, ihre Mandantin vor einem Schaden durch verdeckte Gewinnausschüttung zu schützen.
Die Klägerin hatte damals triftigen Anlaß zur Annahme, die Beklagte laufe wegen fehlender Fachkenntnis Gefahr, einen Steuernachteil infolge verdeckter Gewinnausschüttung zu erleiden. Mit den Rückstellungen wegen des Geschäftsführergehalts hat die Klägerin zum Ausdruck gebracht, daß es sich nach ihrer Ansicht um Aufwendungen der Beklagten handelte, die wahrscheinlich oder sicher, aber hinsichtlich ihrer Höhe oder des Zeitpunktes ihres Eintritts unbestimmt waren (vgl. § 249 Abs. 2 HGB). Die damit verbundenen Umstände drängten einem Fachmann die Frage auf, ob die Beklagte eine steuerlich ausreichende, den Angaben entsprechende Gehaltsvereinbarung mit ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer geschlossen hatte und gegebenenfalls ordnungsgemäß durchführte. Falls die Klägerin die Vereinbarung vom 20. Dezember 1984 gekannt hat, so mußte sie klären, ob die darin geregelten „Beratungsleistungen” im Zusammenhang mit dem Geschäftsführergehalt standen und gegebenenfalls der Gesellschafter-Geschäftsführer der Beklagten seine Arbeitsstunden gemäß der Abrede berechnet hatte. Nach dem Klagevortrag hat die Beklagte ihrem Geschäftsführer im maßgeblichen Zeitraum kein Gehalt gezahlt. Nach alledem hätte die Klägerin zur Vermeidung eines Steuernachteils ihrer Mandantin sich insoweit vergewissern, die Beklagte vor der Gefahr einer verdeckten Gewinnausschüttung warnen und zu deren Vermeidung Vorschläge unterbreiten müssen. Die Klägerin hat selbst nicht behauptet, daß sie diese Vertragspflicht erfüllt habe.
c) An den Pflichtverletzungen ändert es nichts, falls die Klägerin gemäß ihrer Behauptung die Verbuchung der Gehälter auf Anweisung des Gesellschafter-Geschäftsführers der Beklagten vorgenommen hat. Aus der Sicht der Klägerin konnte eine solche Weisung darauf beruhen, daß infolge fehlender Fachkenntnis steuerliche Nachteile nicht bedacht worden waren (vgl. BGH, Urt. v. 13. März 1997 – IX ZR 81/96, WM 1997, 1392, 1393 f).
2. Es ist davon auszugehen, daß die Pflichtverletzungen der Klägerin auf Fahrlässigkeit beruhen (§ 276 BGB). Bei Beachtung der erforderlichen Sorgfalt hätte sie die Pflichtwidrigkeit ihres Verhaltens erkennen und die sich daraus ergebenden Nachteile für ihre Mandantin verhindern können und müssen.
3. Die für eine Schadensersatzpflicht der Klägerin gemäß §§ 249 ff BGB bedeutsame Frage, was geschehen wäre, wenn die Klägerin sich vertragsgerecht verhalten hätte, ist im vorliegenden Falle nach dem Beweis des ersten Anscheins zugunsten der Beklagten zu beantworten (vgl. BGHZ 123, 311). Nach der Lebenserfahrung ist davon auszugehen, daß der Gesellschafter-Geschäftsführer der Beklagten – gemäß seinem Vorbringen – nach rechtzeitiger und vollständiger Beratung durch die Klägerin eine steuerlich ausreichende Gehaltsvereinbarung mit der Beklagten geschlossen und durchgeführt hätte. Dies war nämlich die einzige Möglichkeit, eine Steuerbelastung der Beklagten wegen verdeckter Gewinnausschüttung zu vermeiden. Dann wären keine Mehrsteuern angefallen. Die Klägerin hat zwar allgemein behauptet, die äußeren Umstände und die Handlungsweise der Beklagten sprächen dafür, daß eine ernsthafte Vereinbarung nicht gewollt gewesen sei. Damit hat sie aber den gegen sie sprechenden Anschein nicht erschüttert; sie hat keine Tatsachen vorgebracht, die den Schluß zuließen, die Beklagte hätte sich über ihren Rat und ihre Warnung hinweggesetzt (vgl. BGH, Urt. v. 27. Mai 1993 – IX ZR 66/92, WM 1993, 1513, 1516).
4. a) Für den Erlaß eines Grundurteils reicht es aus, daß die Widerklageforderung wegen der schuldhaften Pflichtverletzung der Klägerin mit hoher Wahrscheinlichkeit in irgendeiner Höhe besteht (vgl. BGHZ 111, 125, 133). Dies ist zumindest hinsichtlich einer Nachforderung von Gewerbesteuer der Fall (§ 7 GewStG).
b) Die Revisionserwiderung ist der Ansicht, bei einer sogenannten „Einmann”-GmbH wie der Beklagten entfalle ein Schaden infolge Nachforderung von Körperschaftsteuer wegen der verdeckten Gewinnausschüttung, weil die zusätzliche Steuerbelastung der Gesellschaft auf den Ausschüttungsbetrag (§§ 8 Abs. 3 Satz 2, 27 Abs. 1, 3 Satz 2 KStG) angerechnet werde auf die persönliche Einkommensteuerschuld ihres Alleingesellschafters (§§ 20 Abs. 1 Nr. 3, 36 Abs. 2 Nr. 3 EStG).
Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Der Bundesfinanzhof lehnt es in ständiger Rechtsprechung grundsätzlich ab, den Steuernachteil der Gesellschaft infolge der verdeckten Gewinnausschüttung mit dem Anrechnungsvorteil des Gesellschafters gleichsam zu saldieren (BFH BStBl II 1984, 723, 725; 1987, 733, 735; 1989, 1029, 1030; 1993, 635, 636; zustimmend Jonas GmbHR 1987, 233, 238; a.A. Knobbe – Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht 9. Aufl. § 19 I 3 c – S. 664 ff –; Streck, KStG 4. Aufl. § 8 Anm. 112 ff, jeweils m.w.N.; vgl. BVerfG GmbHR 1993, 595); dieser Rechtsprechung hat sich die Finanzverwaltung angeschlossen (BMF-Schreiben vom 6. August 1981 – BStBl I 1981, 599 – und vom 23. April 1985 – DB 1985, 1437 –). Der Bundesfinanzhof hat lediglich für möglich gehalten, daß die einmal eingetretene verdeckte Gewinnausschüttung durch eine spätere Vermögenserhöhung überlagert werden könnte, wenn ein auch steuerlich zu berücksichtigender Vorteilsausgleich vorliege; dies setze voraus, daß Leistungen der Gesellschaft durch Leistungen des Gesellschafters aufgewogen würden und der Vorteilsausgleich bei Gesellschaften mit beherrschenden Gesellschaftern auf einer im voraus getroffenen, klaren und eindeutigen Vereinbarung beruhe (BFH BStBl II 1993, 635, 636). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Falle nicht dargelegt worden.
Nach dieser Praxis der Finanzbehörden und der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs kommt auch ein Schaden der Beklagten infolge nachgeforderter Körperschaftsteuer in Betracht, den die haftpflichtige Klägerin nach §§ 249 ff BGB zu ersetzen hat. Damit setzt sich der Senat nicht in Widerspruch zu seinem Urteil vom 7. November 1991 (IX ZR 3/91, WM 1992, 308, 310), auf das die Revisionserwiderung verweist. In jenem Fall war nach dem Vorbringen der Parteien zu klären, in welchem Umfang Gesellschafter angerechnete Körperschaftsteuer an die GmbH „weitergeleitet” hatten; für eine solche Prüfung besteht hier kein Anlaß. Vielmehr hat der Senat in jenem Urteil die rechtliche Verschiedenheit der Einmann-GmbH und ihres Gesellschafters auch für die schadensrechtliche Beurteilung betont (aaO; vgl. auch BGH, Urt. v. 30. Januar 1995 – II ZR 42/94, WM 1995, 663, 664 f).
c) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung erstreckt sich die Ersatzpflicht der Klägerin auf den Nachteil, der sich daraus ergibt, daß nach fester Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFHE 104, 134, 136; BFH BStBl II 1977, 220; 1992, 686, 687 ff) eine Schadensersatzleistung des Steuerberaters als Betriebseinnahme zu behandeln ist und deswegen das zu versteuernde Einkommen der Gesellschaft erhöht, so daß auch insoweit Körperschaftsteuer anfällt (vgl. BGH, Urt. v. 9. November 1978 – VII ZR 19/78, WM 1979, 161, 162). Der Bundesfinanzhof hat sich mit den Einwänden des Schrifttums, auf das die Revisionserwiderung verweist, auseinandergesetzt und eine Änderung seiner Rechtsprechung abgelehnt (BStBl II 1992, 686, 687 ff).
5. Die Beklagte trifft kein schadensursächliches Mitverschulden (§§ 254, 278 BGB).
Der Einwand des mitwirkenden Verschuldens greift in der Regel dann nicht ein, wenn die Verhütung des entstandenen Schadens nach dem Vertragsinhalt dem in Anspruch genommenen Schädiger oblag. Deswegen kann grundsätzlich dem Geschädigten nicht ein Mitverschulden angerechnet werden, weil er eine Gefahr, zu deren Vermeidung er einen Fachmann hinzugezogen hat, bei genügender Sorgfalt selbst hätte erkennen und abwenden können. Anders ist dies dann, wenn eine Schadensursache im Bereich der Eigenverantwortung des Geschädigten entstanden ist und dieser diejenige Sorgfalt außer acht gelassen hat, die nach der Sachlage erforderlich erschien, um sich selbst vor Schaden zu bewahren (BGH, Urt. v. 20. Juni 1996 – IX ZR 106/95, WM 1996, 1832, 1835 f; v. 15. April 1997 – IX ZR 70/96, aaO).
a) Nach dem Steuerberatungsvertrag der Parteien war es allein Sache der Klägerin, die Beklagte über die Besonderheiten und strengen Anforderungen von Finanzverwaltung und -gerichten für die steuerliche Anerkennung von Zuwendungen an einen beherrschenden Gesellschafter zu unterrichten (vgl. BGH, Urt. v. 15. April 1997 – IX ZR 70/96, aaO). Daran ändert es nichts, daß der Gesellschafter-Geschäftsführer der Beklagten nach dem Klagevortrag steuerliche Kenntnisse hatte, weil er eine betriebswirtschaftliche Ausbildung und sich mit Steuersparmodellen befaßt hatte. Diese Umstände gewährleisteten nicht, daß der Gesellschafter-Geschäftsführer der Beklagten alle steuerlich bedeutsamen Umstände einer verdeckten Gewinnausschüttung kannte und diese ohne fachkundige Hilfe vermeiden konnte. Auch deswegen hat die Beklagte die Klägerin hinzugezogen. Dementsprechend darf sich selbst ein Mandant mit einschlägiger Vorbildung auf eine einwandfreie Vertragserfüllung durch seinen Berater verlassen (vgl. BGH, Urt. v. 19. Dezember 1991 – IX ZR 41/91, NJW 1992, 820; v. 24. Juni 1993 – IX ZR 216/92, WM 1993, 1889, 1894).
b) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung ist der Beklagten auch nicht deswegen ein Mitverschulden vorzuwerfen, weil sie die Steuerbescheide nicht angegriffen hat mit der Begründung, die Vereinbarung vom 20. Dezember 1984 sei ausreichend. Ein solches Vorgehen versprach schon deshalb keinen Erfolg, weil nicht gemäß dieser Vereinbarung verfahren worden ist.
6. Die Verjährungseinrede ist unbegründet (§§ 68, 72 Abs. 1 StBerG). Die Verjährung des vertraglichen Ersatzanspruchs der Beklagten hat mit der Bekanntgabe der Steuerbescheide von Februar 1995 begonnen (vgl. BGHZ 129, 386, 388 m.w.N.). Die Erhebung der Widerklage im Dezember 1994 wegen des sich daraus ergebenden Schadens infolge der verdeckten Gewinnausschüttung bezüglich des Geschäftsführergehalts steht einer Verjährung vor Erledigung dieses Rechtsstreits entgegen (§§ 209 Abs. 1, 211, 217 BGB).
7. Danach hat das Berufungsgericht mit sachverständiger Hilfe noch aufzuklären, in welchem Umfang die geltend gemachten Mehrsteuern entstanden sind, weil die Verrechnung von Gehältern des Gesellschafter-Geschäftsführers der Beklagten für 1986 bis einschließlich 1989 in Höhe von insgesamt 460.000 DM zum 31. Dezember 1990 mit Forderungen der Beklagten als verdeckte Gewinnausschüttung gewertet worden ist (§ 287 ZPO).
Fundstellen
Haufe-Index 2078680 |
DB 1998, 669 |
DStRE 1998, 334 |
HFR 1998, 764 |
NJW 1998, 1486 |
Inf 1998, 255 |
NZG 1998, 397 |
WM 1998, 301 |
ZIP 1998, 648 |
AG 1998, 231 |
VersR 1998, 999 |
GmbHR 1998, 282 |
StB 1998, 116 |