Entscheidungsstichwort (Thema)
Benennung von Zahlungsempfängern / Steuerberaterhaftung
Leitsatz (amtlich)
Belehrt der steuerliche Berater über die Anforderungen, die an Barquittungen zu stellen sind, falsch und führt dies dazu, daß die Finanzbehörde die quittierten Beträge nicht als Betriebsausgaben anerkennt, kann die Haftung des steuerlichen Beraters entfallen, wenn der Mandant die ihm möglichen und zumutbaren Angaben vor Erlaß der nachteiligen Änderungsbescheide nicht nachholt.
Normenkette
BGB § 254 Abs. 2, § 675 a.F.; AO § 160
Verfahrensgang
OLG München (Urteil vom 14.09.1999; Aktenzeichen 5 U 1940/99) |
LG München I (Urteil vom 01.12.1998; Aktenzeichen 28 O 3420/98) |
Tenor
Auf die Revision wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 14. September 1999 insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Beklagten erkannt ist.
Die Klage wird insgesamt als unbegründet abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Eine Angehörige des Klägers (fortan: Zedentin) betrieb nach dessen Vortrag in den Streitjahren 1989 bis 1993 einen Handel mit gebrauchten Paletten und Gitterboxen, die sie fortlaufend gegen Barzahlung ankaufte. Die ihr über die behaupteten Kaufpreise erteilten Quittungen wurden von den Verkäufern – insgesamt zwölf Personen – im Empfängerfeld des Quittungsformulars nur mit dem Nachnamen unterzeichnet. Angaben zu den Vornamen und den Anschriften der Zahlungsempfänger fehlen durchgängig. In ihren jährlichen Steuererklärungen setzte die Zedentin unter anderem die quittierten Beträge in voller Höhe als Betriebsausgaben ab. Im Anschluß an eine im April 1996 durchgeführte Außenprüfung erließ das Finanzamt am 17. März 1997, 27. Mai 1997 und 13. Juni 1997 geänderte Gewerbesteuer-, Umsatzsteuer- und Einkommensteuerbescheide. Darin ließ es die Zahlungen für den Einkauf der Paletten und Gitterboxen in Anwendung des § 160 AO nur in Höhe von rund 20 % zum Abzug zu, weil die Zedentin die Zahlungsempfänger nicht im Einzelnen benannt habe. Die Zedentin hat die Änderungsbescheide angefochten; bestandskräftige Entscheidungen liegen noch nicht vor.
Der Beklagte beriet die Zedentin seit April 1989 steuerlich. Mit Abtretungsvereinbarung vom 20. Februar 1998 hat die Zedentin Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit der steuerlichen Beratung an den Kläger abgetreten. Dieser begehrt im vorliegenden Rechtsstreit die Feststellung, daß der Beklagte verpflichtet sei, ihm denjenigen Schaden zu ersetzen, welcher der Zedentin an erhöhten Einkommensteuerzahlungen für die Jahre 1990 bis 1993 entstanden sei, weil er sie über den nach § 143 Abs. 3 AO notwendigen Inhalt der Aufzeichnungen zum Wareneingang nicht unterrichtet habe.
Das Landgericht hat das im ersten Rechtszug als Leistungsklage formulierte Klagebegehren als unzulässig angesehen. Das Berufungsgericht hat der auf ein Feststellungsbegehren umgestellten Klage mit der Einschränkung entsprochen, daß der Beklagte dem Kläger den Schaden zur Hälfte zu ersetzen habe. Mit der Revision erstrebt der Beklagte die vollständige Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe
Das Rechtsmittel hat Erfolg; die Klage ist unbegründet.
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
Dem Kläger stehe der abgetretene Schadensersatzanspruch dem Grunde nach zu. Im ersten Beratungsgespräch am 6. April 1989 habe die Zedentin eine Reihe von Quittungen dabei gehabt. Sie habe unter Bezugnahme hierauf die Frage gestellt, ob die quittierten Beträge als Betriebsausgaben abgesetzt werden könnten. Der Beklagte habe diese Frage bejaht, ohne darüber zu belehren, welche Einzelangaben nach § 143 Abs. 3 AO notwendig seien, damit das Finanzamt die Barquittungen anerkenne. Damit habe der Beklagte seine Pflicht zur steuerlichen Beratung verletzt. Die Zedentin treffe jedoch an der Verursachung des Schadens ein Mitverschulden von 50 v.H. Die Zedentin könne auch jetzt noch im Rahmen des steuerlichen Rechtsmittelverfahrens die Namen und Anschriften ihrer Lieferanten benennen. Die Benennung hätte zur Folge, daß möglicherweise keine oder nur geringere Nachforderungen auf die Zedentin zukämen.
II.
Diese Erwägungen vermögen einen Schadensersatzanspruch des Klägers gegen den Beklagten – auch einen hälftigen – nicht zu rechtfertigen.
1. Gegen die Zulässigkeit der nur noch im Streit befindlichen Feststellungsklage bestehen keine Bedenken. Soweit die Revision im Anschluß an die landgerichtliche Entscheidung Zweifel an der Abtretbarkeit des ursprünglich gegen den Beklagten gerichteten Befreiungsanspruchs der Zedentin an den Kläger äußert (vgl. BGHZ 12, 136, 141; BGH, Urt. v. 12. März 1993 – V ZR 69/92, WM 1993, 1557, 1559), ist über diesen Anspruch nicht mehr zu entscheiden. Der Schaden, der dem Beklagten angelastet wird und den der Kläger festgestellt wissen will, ist mit der Bekanntgabe der nachteiligen Änderungsbescheide an die Zedentin im Jahre 1997 entstanden (vgl. BGHZ 119, 69, 73; 129, 386, 388; BGH, Urt. v. 27. November 1997 – IX ZR 141/96, WM 1998, 779, 780). Der Schadensersatzanspruch konnte mithin am 20. Februar 1998 an den Kläger abgetreten werden.
2. Der Beklagte hat als Steuerberater im Rahmen seines Auftrags seinen Mandanten umfassend zu beraten und ungefragt über alle bedeutsamen steuerlichen Einzelheiten und deren Folgen zu unterrichten. Insbesondere muß der Steuerberater seinen Auftraggeber möglichst vor Schaden bewahren; deswegen muß er den sichersten Weg zu dem erstrebten steuerlichen Ziel aufzeigen und sachgerechte Vorschläge zu dessen Verwirklichung unterbreiten. Er hat den Mandanten in die Lage zu versetzen, eigenverantwortlich seine Rechte und Interessen wahren und eine Fehlentscheidung vermeiden zu können (BGHZ 129, 386, 396; BGH, Urt. v. 18. Dezember 1997 – IX ZR 153/96, WM 1998, 301, 302).
a) Betriebsausgaben, die durch Barquittungen nachgewiesen werden sollen, werden nur unter strengen Voraussetzungen anerkannt. Nach § 160 AO sind sie steuerlich regelmäßig nicht zu berücksichtigen, wenn der Steuerpflichtige dem Verlangen der Finanzbehörde nicht nachkommt, die Empfänger genau zu benennen. Durch diese Regelung soll sichergestellt werden, daß nicht nur bei dem Steuerpflichtigen der steuermindernde Posten, sondern auch beim Geschäftspartner der korrespondierende steuererhöhende oder -begründende Posten berücksichtigt wird (vgl. BFH/NV 1996, 802; Tipke/Kruse, AO und FGO 16. Aufl. § 160 AO Rn. 3). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs gilt dies auch für Zahlungen, die den Wareneinkauf betreffen (BFH BStBl. II 1986, 318, 320). Diese Regelung läuft auf eine Art Gefährdungshaftung hinaus (vgl. BFH/NV 1993, 633, 634). Wer sich darauf einläßt, daß sein Geschäftspartner seine Identität nicht preisgibt, oder wer seinen Gläubiger oder Leistungsempfänger zwar kennt, ihn aber gleichwohl nicht nennt, gefährdet den Steueranspruch, den der Fiskus gegen den Gläubiger und Empfänger hat (BFH/NV 1999, 698, 699; Tipke/Kruse aaO). Nach Sinn und Zweck der Bestimmung muß die Benennung des Empfängers so genau sein, daß seine Person ohne besondere Schwierigkeiten bestimmt und ermittelt werden kann. Im Regelfall ist es daher erforderlich, daß der zutreffende (volle) Name und die richtige Adresse angegeben werden, so daß der Empfänger ohne weiteres erreicht werden kann (BFH/NV 1993, 633, 634; 1996, 801, 802).
b) Nach den von der Revision hingenommenen Feststellungen des Berufungsgerichts waren die im vorausgegangenen Zeitraum der Zedentin erteilten Barquittungen Gegenstand der Besprechung vom 6. April 1989, sei es, daß sie unmittelbar vorlagen, sei es, daß die Zedentin ihren Inhalt mit Worten beschrieben hat. In beiden Fällen hätte der Beklagte erkennen können und müssen, daß die Quittierung von Barzahlungen erheblichen Umfangs auf den üblichen Quittungsformularen, die nicht einmal zwingend ein besonderes Feld für die Angabe der Anschrift des Zahlungsempfängers enthalten, steuerrechtlich in hohem Maße risikobehaftet war. Denn diese Handhabung des Wareneinkaufs entsprach ersichtlich nicht den Anforderungen der § 143 Abs. 3 Nr. 2, § 160 Abs. 1 AO. Der Beklagte hätte deshalb bereits im April 1989 darauf dringen müssen, daß die Zedentin die Abwicklung ihrer Geschäfte den steuerlichen Erfordernissen anpaßte.
3. Dieses Versäumnis führt jedoch nicht bereits zur Haftung des Beklagten. Seine Schadensersatzpflicht setzt unter anderem weiter voraus, daß der Zedentin ein Schaden im Rechtssinne entstanden ist, also ein Nachteil infolge des Verlustes oder der Vorenthaltung einer Vermögensposition, die ihr nach der Rechtsordnung zustand (vgl. BGHZ 125, 27, 34; 145, 256, 259; BGH, Urt. v. 28. September 1995 – IX ZR 158/94, WM 1995, 2075, 2077). Hatte die Zedentin nach der materiellen Rechtslage keinen Anspruch auf die Absetzung der quittierten Beträge, so fehlt ein ersatzfähiger Schaden.
a) Nach § 4 Abs. 4 EStG sind Betriebsausgaben die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlaßt sind. Berücksichtigungsfähig können daher überhaupt nur tatsächlich erbrachte Aufwendungen „gezahlte Ausgaben”) sein (vgl. BFH BStBl. II 1981, 333, 336; BFH/NV 1993, 633, 634; Schmidt/Heinicke, EStG 20. Aufl. § 4 Rn. 472, § 11 Rn. 12 und Rn. 30 Stichwort „Barzahlung”). Steht dagegen fest, daß die Ausgaben nicht gemacht, sondern fingiert worden sind, ist § 160 AO nicht anwendbar. Die Nichtabzugsfähigkeit ergibt sich dann daraus, daß § 4 Abs. 4 EStG nicht erfüllt ist (Kruse/Tipke aaO § 160 Rn. 4). Wie die Revision mit Recht rügt, trifft das Berufungsgericht zu den Ausgaben der Zedentin für Paletten und Gitterboxen keine Feststellungen. Im unstreitigen Teil des Tatbestandes des Berufungsurteils ist hierzu lediglich ausgeführt, die Zedentin betreibe einen Handel mit gebrauchten Paletten und Gitterboxen, die sie erwerbe und weiterveräußere; in den Entscheidungsgründen knüpft das Berufungsgericht unter II 3 an die „geltend gemachten Betriebsausgaben” an und unterstellt damit, daß den umstrittenen Barquittungen entsprechende Lieferungen zugrunde lagen. Dies hatte der Beklagte in den Vorinstanzen ausdrücklich bestritten (Schriftsätze vom 2. Juli 1998, S. 6; vom 3. Mai 1999, S. 16 f, 21; v. 13. Juli 1999, S. 7 ff). Für das Revisionsverfahren ist deshalb davon auszugehen, daß die von dem Kläger behaupteten Ausgaben nicht angefallen sind.
b) Auf dieser tatsächlichen Grundlage durfte das Berufungsgericht, was die Revision mit Recht rügt, die von dem Kläger begehrte Feststellung nicht aussprechen. Denn der Auftraggeber hat für einen Regreßanspruch gegen seinen steuerlichen Berater Art und Höhe des geltend gemachten Schadens darzulegen und gemäß § 287 ZPO zu beweisen (BGHZ 129, 386, 400; BGH, Urt. v. 27. Mai 1993 – IX ZR 66/92, WM 1993, 1513, 1516; Zugehör, WM Sonderbeilage 4/2000 S. 19 unter b). Ohne Feststellungen zum Schaden beruht das Berufungsurteil auf der rechtsfehlerhaften Überbürdung der Darlegungs- und Beweislast auf den Beklagten. Es ist daher aufzuheben.
III.
Der Rechtsstreit ist zur Endentscheidung im Sinne einer Klageabweisung reif, ohne daß weitere Feststellungen zu treffen sind. Insbesondere kann dahinstehen, ob die Zedentin – wie der Kläger unter Beweisantritt vorträgt – die im Kassenbuch verzeichneten und durch die streitigen Barquittungen belegten Zahlungen für Paletten und Gitterboxen tatsächlich aufgewandt hat.
1. Die Feststellung des Berufungsgerichts, die Zedentin hätte nach Durchführung der Außenprüfung und vor Erlaß der Änderungsbescheide die Namen und Anschriften ihrer Lieferanten benennen können, läßt die Haftung des Beklagten nach § 254 Abs. 2 BGB vollständig entfallen.
a) Die gegen diese Feststellung des Berufungsgerichts erhobene Gegenrüge greift nicht durch. Das Berufungsgericht brauchte die Zeugin F. zu der Behauptung des Klägers nicht zu hören, der Ankauf bis Januar 1992 sei ausschließlich über N. erfolgt und der Zeugin sei bis zu dessen Tod im Januar 1992 unbekannt geblieben, wer als Ankäufer bei den einzelnen Geschäften aufgetreten sei. Das Berufungsgericht hat nämlich weiter festgestellt, die Zeugin sei nach dem Tod des N. von denselben Personen beliefert worden wie zuvor, und hat ferner berücksichtigt, daß die Zeugin – nach dem eigenen Vorbringen des Klägers – bei dem Ankauf der Waren selbst zugegen gewesen sei. Der Hinweis auf die Vertragsabwicklung bis Januar 1992 stellt deshalb die Kenntnis der Zeugin von den Namen und Anschriften der Lieferanten nicht in Frage.
b) Der Geschädigte hat grundsätzlich im Rahmen des § 254 BGB geeignete und zumutbare Rechtsbehelfe zu ergreifen, um den ihm drohenden Schaden abzuwenden oder zu mindern (BGHZ 90, 17, 32; BGH, Urt. v. 23. Mai 1991 – III ZR 73/90, NJW-RR 1991, 1458; v. 20. Januar 1994 – IX ZR 46/93, WM 1994, 948, 949). Soweit der Mitverschuldensvorwurf reicht, kann das Schadensersatzbegehren auch in vollem Umfang unbegründet sein (vgl. BGH, Urt. v. 23. Mai 1991 aaO S. 1459). Ein die Haftung ausschließendes Mitverschulden kann sich auch daraus ergeben, daß der Geschädigte sich darauf beschränkt, sich gegenüber der Behörde Einwendungen vorzubehalten, ohne die von dieser geforderten tatsächlichen Angaben nachzuholen. So liegt der Fall hier.
c) Gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 FGO ist § 160 AO im finanzgerichtlichen Verfahren entsprechend anwendbar. Daraus ergibt sich nach allgemeiner Auffassung unter anderem, daß der Steuerpflichtige die von der Finanzbehörde verlangte Angabe des Gläubigers oder Empfängers sogar noch vor den Finanzgerichten nachholen kann (BFH BStBl. II 1986, 318, 320; Klein/Rüsken aaO § 160 Rn. 31; Tipke/Kruse aaO § 96 FGO Rn. 55). Dann war dies erst recht im Besteuerungsverfahren möglich. Die Zedentin hätte deshalb, nachdem der Betriebsprüfer die Rechnungserstellung in der Schlußbesprechung der Außenprüfung vom 11. Dezember 1996 beanstandet hatte (vgl. S. 9 und 19 des vom Kläger mit der Klageschrift vorgelegten Berichts über die Außenprüfung vom 13. Dezember 1996), die Empfänger der Betriebsausgaben auf das Verlangen der Finanzbehörde hin mit vollem Namen und der Adresse so genau bezeichnen müssen, daß sie ohne eigene (zusätzliche) Ermittlungen der Finanzbehörde hätten festgestellt werden können (vgl. BFH/NV 1993, 633, 634; 1996, 801, 802; BFH BStBl. II 1996, 51, 52; Klein/Rüsken aaO § 160 Rn. 7; Tipke/Kruse aaO § 160 AO Rn. 16). Die Angaben waren, weil sie ohne weiteres nachgeholt werden konnten, auch erfolgversprechend.
d) Sie waren der Zedentin auch zumutbar. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs begründet der Einkauf von Waren, die von einer namentlich nicht bekannten Person geliefert wurden, den Verdacht auf Schwarzmarktgeschäfte und legt die Annahme nahe, daß die Nichtbenennung des Empfängers der Zahlungen diesem die Nichtversteuerung seiner Gewinne sichern soll (vgl. BFH BStBl. II 1986, 318, 320; Tipke/Kruse aaO § 160 Rn. 8). Dies gilt insbesondere dann, wenn die Gesamtheit der streitigen Zahlungen – wie hier mit ca. 2 Mio. DM in dem Zeitraum von vier Jahren – so hoch liegt, daß mögliche Steuerverkürzungen gewichtiger zu bewerten sind als der Arbeitsaufwand des Steuerpflichtigen bei der Benennung der Empfänger (hier: zwölf Personen) und als das Interesse dieser Empfänger, ihre Wohnsitzfinanzämter nicht zu unterrichten (vgl. BFH BStBl. II 1989, 995, 996). Besondere Umstände, die das Verlangen nach Empfängerbenennung ausnahmsweise als unzumutbar erscheinen lassen (vgl. hierzu Kruse/Tipke aaO § 160 Rn. 11 f), wurden von dem Kläger in den Tatsacheninstanzen nicht vorgetragen. Insbesondere entbinden ungewöhnliche Marktverhältnisse und allgemeine Unsitten den Steuerpflichtigen nicht davon, sich nach den Gepflogenheiten eines ordnungsgemäßen Geschäftsverkehrs zu richten, sich notfalls im nachhinein über die Identität der Zahlungsempfänger zu vergewissern und diese den Finanzbehörden preiszugeben (vgl. BFH BStBl. II 1989, 995, 996).
2. Daran ändert es im Ergebnis nichts, daß Feststellungen zu der Höhe der von dem Kläger behaupteten Aufwendungen für den Einkauf der Paletten und Gitterboxen fehlen. Die Frage, ob dem Mandanten infolge eines Beratungsfehlers ein ersatzfähiger Schaden entstanden ist, hat der Regreßrichter grundsätzlich unter Einbeziehung der im maßgebenden Zeitpunkt geltenden höchstrichterlichen Rechtsprechung zu entscheiden (BGHZ 145, 256, 261 ff). Nach der danach einschlägigen ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, die schon zu der Vorgängervorschrift des § 205a RAO entwickelt wurde (vgl. BFHE 70, 447, 448 f; 128, 1, 4; BFH BStBl. II 1981, 333, 336), ist es für die Anwendung des § 160 AO unerheblich, ob das Finanzamt oder das Finanzgericht von der Verausgabung der geltend gemachten Aufwendungen überzeugt ist oder nicht (vgl. BFHE 128, 1, 4; BFH BStBl. II 1989, 995, 996; 1998, 51, 53; BFH/NV 1993, 633, 634; BT-Drucks. VI 1982 S. 146; Kruse/Tipke aaO § 160 Rn. 4).
IV.
Der Senat hat daher in der Sache abschließend zu entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO a.F.). Die Klage ist als unbegründet abzuweisen. Der Senat ist an der getroffenen sachlichen Entscheidung nicht durch den vorausgegangenen Verfahrensgang gehindert. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann das Rechtsmittelgericht ein die Klage als unzulässig abweisendes Prozeßurteil auch dann durch ein sachabweisenden Urteil ersetzen, wenn nur der Kläger das (erste) Rechtsmittel eingelegt hat. Denn durch die Abweisung der Klage als unzulässig ist dem Kläger keine Rechtsposition irgendwelcher Art zuerkannt worden (BGHZ 23, 36, 50; BGH, Urt. v. 21. April 1988 – VII ZR 372/86, NJW 1988, 1982, 1983).
Unterschriften
Kreft, Kirchhof, Fischer, Ganter, Kayser
Fundstellen
Haufe-Index 917226 |
BFH/NV Beilage 2003, 182 |
DB 2003, 1899 |
DStR 2003, 23 |
DStRE 2003, 892 |
HFR 2003, 904 |
WPg 2003, 493 |
NWB 2003, 1816 |
BGHR 2003, 732 |
EBE/BGH 2003, 117 |
NJW-RR 2003, 931 |
EWiR 2003, 503 |
StuB 2003, 864 |
WM 2003, 1623 |
ZIP 2003, 803 |
MDR 2003, 686 |
VersR 2004, 71 |
BBV 2004, 39 |
BFH/NV-Beilage 2003, 182 |
BRAK-Mitt. 2003, 121 |
KammerForum 2003, 280 |
WPK-Mitt. 2003, 213 |