Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewertung der von den Gesellschaftern zu erbringenden Leistungen
Leitsatz (amtlich)
Die Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft haben in dem gesetzlich zulässigen Rahmen (§ 138 BGB) freie Hand, wie sie die von den einzelnen Gesellschaftern zu erbringenden Leistungen bewerten. Sie können daher im allseitigen Einverständnis bei Bareinlagen den Wert höher oder niedriger als den Verkehrswert der Einlage ansetzen.
Zur Frage, wie der Abfindungsanspruch eines ausscheidenden Gesellschafters zu bewerten ist, wenn die verbleibenden Gesellschafter das Unternehmen fortführen.
Normenkette
HGB §§ 109, 138
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 2. Zivilsenates des Oberlandesgerichtes in Bamberg vom 30. April 1953 aufgehoben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Kläger schlossen als die alleinigen Gesellschafter von zwei offenen Handelsgesellschaften am 24. Oktober 1945 mit dem Beklagten einen schriftlichen Vertrag, durch den die Kläger den Beklagten als dritten Gesellschafter in ihre beiden Handelsgesellschaften aufnahmen. Nach dem weiteren Inhalt des Vertrages sollten die Bilanzen der beiden Gesellschaften per 30. Juni 1945 beschleunigt fertiggestellt werden und sodann sollte nach ihrer Fertigstellung die Festlegung der Kapitaleinlagen der nunmehr drei Gesellschafter erfolgen, wobei sich die Einlagen der beiden Kläger und die des Beklagten möglichst wie 2 : 2 : 1 verhalten sollten. Ferner wurde der Beklagte zur Teilnahme an der Geschäftsführung und Vertretung beider Gesellschaften für berechtigt und verpflichtet erklärt.
Anlaß zum Abschluß dieses Vertrages bildete die Tatsache, daß über die beiden Gesellschaften am 19. Oktober 1945 die treuhänderische Verwaltung nach dem MilRegG Nr. 52 angeordnet worden war. Die Parteien glaubten, durch diesen Vertrag den Nachteilen aus der Anwendung des MilRegG Nr. 52 begegnen zu können, da der Beklagte, mit dem die Kläger seit langem persönlich bekannt waren und, der jahrelang ihr Buchprüfer gewesen war, politisch Verfolgter während des NS-Regimes gewesen war.
Der Beklagte zahlte in der Zeit bis zur Währungsreform in Teilbeträgen 90.000 RM bei den beiden Gesellschaften ein. Die in dem Gesellschaftsvertrag vorgesehene Festlegung der Kapitaleinlagen erfolgte jedoch nicht; auch wurde der Beklagte als Geschäftsführer der Gesellschaften nicht tätig. Ebenfalls unterblieb seine Eintragung als Gesellschafter im Handelsregister.
Nach der Währungsreform kam es zwischen den Parteien zu Verhandlungen über eine Aufgabe der Beteiligung des Beklagten an den beiden Gesellschaften sowie über die Höhe der ihm zu leistenden Abfindung. Am 23. Februar 1949 schrieb der Beklagte den Klägern, er habe Ihnen am 31. Januar 1949 erklärt, daß er mit Rückwirkung ab 21. Juni 1948 kein Einkommen mehr als offener Handelsgesellschafter aus den beiden Gesellschaften beziehen wolle, daß eine abschließende Vereinbarung über die Höhe seiner Abfindung erst nach einer endgültigen Regelung des Lastenausgleichs und der Einkommenssteuer zum 21. Juni 1948 erfolgen könne, und daß er vorschlage, ihm zunächst monatliche Teilbeträge von DM 14.000 zu überweisen.
Diesem Vorschlag kamen die Kläger nach. Nachdem die ersten beiden Raten von insgesamt 42.000 DM bezahlt waren, fragte der Beklagte mit Schreiben vom 22. Mai 1949 an, ob er mit Rücksicht auf seine anderweitigen geschäftlichen Pläne damit rechnen könne, weitere 5 Raten zu erhalten; insgesamt würden sich dann die Auszahlungen auf 112.000 DM stellen. Hierbei nahm er in diesem Schreiben darauf Bezug, die Kläger hätten im Februar 1949 miteinander abgesprochen, ihm als Abfindung 125.000 DM anzubieten, die erbetenen Raten würden sich daher auf weniger als 125.000 DM stellen. Die Kläger zahlten insgesamt 112.000 DM an den Beklagten.
Die Kläger machen wegen dieser Zahlungen gegen den Beklagten Ansprüche wegen ungerechtfertigter Bereicherung geltend und verlangen von ihm mit der Klage Rückzahlung eines Teilbetrages von 20.000 DM. Sie haben ausgeführt, der Vertrag vom 24. Oktober 1945 sei als Scheinvertrag oder zumindest als bewußter Verstoß gegen das MilRegG Nr. 5 nichtig. Nach seinem Inhalt sei der Vertrag zudem nur ein Vorvertrag, da es zum wirksamen Abschluß des beabsichtigten Gesellschaftsvertrages weiterer Vereinbarungen bedurft habe, die nicht getroffen worden seien. Demzufolge seien die Zahlungen des Beklagten in Höhe von 90.000 RM keine Gesellschaftseinlage gewesen, sondern von diesem ohne rechtlichen Grund gezahlt worden. Der Beklagte habe daher gegen die Gesellschafter nur einen im Verhältnis 10:1 umgestellten Bereicherungsanspruch gehabt. Sie – die Kläger – hätten in Unkenntnis dieser Rechtslage ihre Abfindungszahlungen an den Beklagten entrichtet, so daß sie den überzahlten Betrag nunmehr nach den §§ 812, 814 BGB vom Beklagten zurückverlangen könnten. Der Beklagte ist diesen Rechtsausführungen der Kläger in allen Punkten entgegengetreten.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgen die Kläger ihren Klageanspruch weiter, während der Beklagte um Zurückweisung der Revision bittet.
Entscheidungsgründe
1. Das Berufungsgericht legt zunächst aufgrund tatsächlicher Erwägungen dar, daß der Vertrag vom 24. Oktober 1945 weder nach § 117 BGB noch nach Art V des MilRegG Nr. 52 nichtig sei. Diese Darlegungen sind aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Das ist hinsichtlich des § 117 BGB den getroffenen und von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen über die ernsthaften Vorstellungen der Parteien beim Abschluß dieses Vertrages ganz offensichtlich. Aber auch im Hinblick auf Art. V des MilRegG Nr. 52 bestehen insoweit keine Bedenken. Das Berufungsgericht hat festgestellt, daß die Parteien durch den Abschluß des Vertrages vom 24. Oktober 1945 nicht bewußt gegen das Verbot des MilRegG Nr. 52 verstoßen oder dieses Gesetz umgehen wollten. Vielmehr sprächen die gesamten Umstände für das Gegenteil, daß nämlich die erforderliche Genehmigung der Militärregierung zu dem Vertrage habe nachgesucht werden sollen und auch nachgesucht worden wäre, falls sich dieses bei Aufrechterhaltung der Beschlagnahme als notwendig erwiesen hätte. Gerade die Person des Beklagten, der zum Kreis der politisch Verfolgten gehöre, habe auch die Erwartung gerechtfertigt, daß die erforderliche Genehmigung erteilt werden würde. Die Revision stellt diese Ausführungen zur rechtlichen Nachprüfung und hebt dabei hervor, daß das Berufungsgericht die gesamten Umstände in tatsächlicher Hinsicht nicht entsprechend gewürdigt habe. Diese Bedenken der Revision sind jedoch niht begründet. Das Berufungsgericht brauchte sich bei der Würdigung des Sachverhaltes nicht mit jedem einzelnen Umstand tatsächlicher Art ausdrücklich auseinander zu setzen. Die leitenden Erwägungen des Berufungsgerichtes, die für die vorgenommene Würdigung maßgeblich waren, sind aus den Ausführungen des Berufungsgerichtes ersichtlich und tragen diese Würdigung in ausreichender Form. Auch in rechtlicher Hinsicht bestehen gegen diese Auffassung keinerlei Bedenken; diese entspricht vielmehr der jetzt allein geltenden Meinung über die Auslegung des MilRegG Nr. 52.
2. Desweiteren ist das Berufungsgericht der Ansicht, daß es sich bei dem Vertrag vom 24. Oktober 1945 nicht um einen Vorvertrag, sondern um einen Gesellschaftsvertrag handle, der seinem Inhalte nach unmittelbar die Aufnahme des Beklagten in die beiden Gesellschaften der Kläger zum Ziel gehabt und auch herbeigeführt habe. Diese Ausführungen werden von der Revision nicht mehr angegriffen. Sie sind auch unter Berücksichtigung der vom Berufungsgericht angeführten tatsächlichen Umstände aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
3. Schließlich legt das Berufungsgericht dar, daß das Gesellschaftsverhältnis zwischen den Parteien durch eine Vereinbarung vom 31. Januar 194 sein Ende gefunden habe und der Beklagte damit aus den beiden Gesellschaften wieder ausgeschieden sei. Entgegen der Ansicht des Beklagten sei für sein Ausscheiden eine Einigung über die Höhe seines Abfindungsguthabens nicht Voraussetzung gewesen. Auch diese Ausführungen lassen einen Rechtsirrtum nicht erkennen. Bei dem einverständlichen Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer oHG ist es allein eine Frage der Vereinbarung zwischen den Beteiligten, ob das Ausscheiden erst nach Festsetzung des Abfindungsguthabens oder unbeschadet einer solchen Festsetzung sofort wirksam werden soll. Die Beteiligten haben insoweit völlig freie Hand. Welche dieser beiden Gestaltungsmöglichkeiten im einzelnen Fall gewählt ist, ist eine Tatfrage, die unter Berücksichtigung der jeweils obwaltenden Umstände und der gegebenen Interessenverflechtung der Beteiligten zu beantworten ist. Dieser Rechtslage ist sich das Berufungsgericht bewußt gewesen. Die Auffassung des Berufungsgerichtes ist daher für die Revisionsinstanz bindend, da sie auch im einzelnen eine fehlsame rechtliche Beurteilung nicht erkennen läßt.
4. Soweit die Kläger an den Beklagten als Abfindung für sein Ausscheiden aus den beiden Gesellschaften einen Betrag von ca. 92.000 DM gezahlt haben, können die Kläger nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichtes einen Rückforderungsanspruch unter dem rechtlichen Gesichtpunkt der ungerechtfertigten Bereicherung nicht geltend machen, und zwar unabhängig davon, ob dem Beklagten im Zeitpunkt seines Ausscheidens ein Abfindungsanspruch in dieser Höhe zugestanden hat oder nicht. Das Berufungsgericht hat nämlich festgestellt, daß die Kläger dem Beklagten diesen Betrag unbeschadet einer etwaigen Rechtspflicht aus dem Gefühl des Dankes für seine Unterstützung im Herbst 1945 gezahlt hätten. Danach konnte sich der Beklagte, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, nach Treu und Glauben darauf verlassen, daß die Kläger diese Leistungen gegen sich gelten lassen wollten, einerlei wie auch immer der Schuldgrund für diese Leistungen beschaffen war. Denn es entspricht gefestigter Rechtsprechung (RGZ 144, 91 m.w.Nachw.), daß ein Rückforderungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung ausgeschlossen ist, wenn dem Leistungsempfänger durch das Verhalten des Leistenden erkennbar gemacht worden ist, daß dieser die Leistung auch für den Fall bewirken wollte, daß keine Verpflichtung hierzu bestehe. Hierin kommt der allgemein geltende Grundsatz zum Ausdruck, daß es mit Treu und Glauben unvereinbar ist, den Schuldner, der sich mit Rücksicht auf die vom Gläubiger selbst eingenommene Haltung längere Zeit in bestimmter Weise geschäftlich eingerichtet hat, nachträglich und unvermutet in seinen Berechnungen und Maßnahmen zu stören. Wenn demgegenüber die Revision unter Berufung auf RGZ 154, 396 meint (vgl auch RGRK BGB § 81 Bem. 2), daß ein Zweifel, wie das Verhalten des Leistenden zu deuten wäre, zu Lasten des Beklagten gehe, so übersieht die Revision, daß nach den Feststellungen des Berufungsgerichtes insofern ein Zweifel über die Tragweite des Verhaltens der Kläger und die Auslegung ihres Verhaltens gerade nicht besteht, also insoweit hier für eine Anwendung der in RGZ 154, 396 dargelegten Grundsatzes kein Raum ist. Daran ändern auch die weiteren Ausführungen der Revision in diesem Zusammenhang nichts. Wenn sich diese auch gegen die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichtes über die Auslegung des Verhaltens der Kläger richten, so geschieht das doch nur mit tatsächlichen, nicht auch mit rechtlichen Erwägungen, so daß diese Darlegungen der Revision für die Revisionsinstanz unbachtlich sind. Es ist also unter Berücksichtigung der tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichtes ein Rückforderungsanspruch der Kläger gegen den Beklagten nicht gegeben, soweit sie diesem einen Betrag von etwa 92.000 DM gezahlt haben.
5. Soweit die Kläger dem Beklagten über den Betrag von etwa 92.000 DM hinaus weitere 20.000 DM oder mehr gezahlt haben, kommt es dagegen für die Frage, ob die Kläger einen Rückforderungsanspruch haben, darauf an, wie hoch der Abfindungsanspruch des Beklagten bei seinem Ausscheiden aus den beiden Gesellschaften gewesen ist.
Die Höhe des Abfindungsanspruchs richtet sich danach, welchen Wert das Gesellschaftsvermögen in dem Zeitpunkt gehabt hat, der im Innenverhältnis der Parteien für das Ausscheiden der Beklagten maßgeblich ist. Weiterhin ist für die Höhe des Anspruchs bedeutsam, wie hoch der Kapitalanteil des Beklagten in dem maßgeblichen Zeitpunkt gewesen ist und in welchem Verhältnis sein Kapitalanteil zu den Kapitalanteilen der beiden Kläger gestanden hat. Die zahlenmäßige Höhe des Abfindungsanspruchs ergibt sich dann in der Weise, daß der Wert des Gesellschaftsvermögens im Zeitpunkt des Eintritts des Beklagten in dem gleichen Verhältnis, in dem die Kapitalanteile der drei Gesellschafter zueinander stehen, aufgeteilt und die dem Kapitalanteil des Beklagten entsprechende Verhältniszahl vom Wert des Gesellschaftsvermögens als Höhe des Abfindungsanspruches des Beklagten zugrunde gelegt wird, und daß eine etwaige Werterhöhung oder Wertminderung beim Gesellschaftsvermögen als Höhe des Abfindungsanspruches (einschließlich der stillen Reserven und des good will des Unternehmens) während der Zugehörigkeit des Beklagten zu den Gesellschaften nach dem Gewinn- oder Verlustverteilungsschlüssel anteilig auch auf den Beklagten verteilt wird (RG JW 1936, 3118; DR 1941, 1301; Weipert RGRK HGB § 138 Bem. 34; Hueck, Das Recht der offenen Handelsgesellschaft 2. Auflage § 29 II 5 a ß).
a) Das Berufungsgericht ist der Meinung, daß es zu einer kapitalmäßigen Beteiligung des Beklagten an den beiden Gesellschaften nicht gekommen sei. Die Einzahlungen die der Beklagte in Höhe von 90.000 DM geleistet habe, stellten keine Einlagen im Sinne einer gesellschaftsrechtlichen Kapitalbeteiligung dar, da weder der Umfang der vom Beklagten zu erbringenden Leistung festgesetzt noch eine Einigung über die Bewertung seiner Einzahlungen erzielt worden sei. Nach Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses könnten auch die fehlende Festsetzung sowie die fehlende Einigung nicht mehr nachgeholt werden. Diese Ausführungen des BGH sind unrichtig. Ausgangspunkt bildet in diesem Zusammenhang die Tatsache, daß der Beklagte mit seinem Eintritt in die beiden Gesellschaften das Recht und unter Umständen auch die Pflicht hatte, Zahlungen als gesellschaftliche Einlagen zu erbringen. Von diesem Recht hat der Beklagte durch seine Einzahlungen in Höhe von 90.000 RM Gebrauch gemacht. Das ist auch von den beiden anderen Gesellschaftern anerkannt worden, da die Zahlungen des Beklagten als gesellschaftliche Einlagen angenommen und als solche in den Büchern der Gesellschaften verbucht haben. Damit war der Beklagte mit einem Kapitalanteil an den beiden Gesellschaften beteiligt.
b) Wie hoch sich dieser Kapitalanteil des Beklagten im Zeitpunkt seiner Einzahlungen stellte, hängt davon ab, in welcher Weise die Gesellschafter diese RM-Zahlungen des Beklagten bewerteten oder nach ihren Vereinbarungen zu bewerten hatten. Diese Bewertung braucht sich nicht mit dem Nominalbetrag der geleisteten RM-Zahlungen zu decken. In dem gesetzlich zulässigen Rahmen (§ 138 BGB) haben die Gesellschafter bei der Bewertung aller Einlagen völlig freie Hand; sie können sie im allseitigen Einverständnis bei Bareinlagen höher oder niedriger als den Nominalwert der Einlage, bei Sacheinlagen höher oder niedriger als den Verkehrswert der Einlage ansetzen. Dagegen hat eine solche Bewertung nicht die Bedeutung, daß erst durch sie die als Einlage erbrachte und angenommene Leistung eines Gesellschafters zu einer gesellschaftsrechtlichen Einlage wird und daß erst sie eine Kapitalbeteiligung dieses Gesellschafters an dem gemeinsamen Vermögen herbeiführt.
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichtes haben die Parteien die RM-Zahlungen des Beklagten nicht mit ihrem Nominalwert für die Festlegung seines Kapitalanteiles zugrunde legen wollen. Denn bei den beiden Gesellschaften entsprachen die ausgewiesenen Kapitalanteile der Kläger nicht ihrem wahren Wert, vielmehr ergaben sich aus den Bilanzen der beiden Gesellschaften erhebliche Rücklagen, so daß der Wert der Kapitalanteile der Kläger wesentlich über dem Nominalbetrag ihres Kapitalkontos lag. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichtes war dieser Umstand für die Parteien entscheidend, die Bewertung der Einlagen des Beklagten einer besonderen Vereinbarung durch die Gesellschafter vorzubehalten, um so den Wert seiner Leistungen in ein rechtes Verhältnis zu den vorhandenen Kapitalanteilen der Kläger zu rücken. Diese Auslegung der Vereinbarung der Parteien über die Festlegung des Kapitalanteiles des Beklagten, die in zutreffender Weise unter Berücksichtigung der gegebenen Verhältnisse in den beiden Gesellschaften vorgenommen worden ist, ist für die Revisionsinstanz bindend. Sie schließt demgemäß die Möglichkeit aus, die vom Beklagten geleisteten RM-Zahlungen mit ihrem Nominalwert als ersten Rechnungsposten für die Berechnung des Kapitalanteiles des Beklagten zugrunde zu legen.
c) Im Gegensatz zur Auffassung des Berufungsgerichtes folgt hieraus aber nicht, daß nunmehr für die Berechnung des Abfindungsguthabens des Beklagten jeder Anhaltspunkt fehle, da die Parteien eine Bewertung der Einzahlungen des Beklagten für die Festlegung seines Kapitalanteiles nicht vorgenommen haben. Bei einer solchen Sachlage ist es vielmehr die Aufgabe des Gerichtes, daß über die Höhe des Abfindungsguthabens zu entscheiden hat, die Bewertung der Einlagen unter Berücksichtigung der für die Parteien maßgeblichen Bewertungsmaßstäbe selbst vorzunehmen. Das bedeutet im Hinblick auf die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichtes, daß der wahre wirtschaftliche Wert der Kapitalanteile der Kläger unter Berücksichtigung der Rücklagen und des good will des Unternehmens in dem Zeitpunkt als der Beklagte seine RM-Zahlungen erbrachte, in RM-Währung zu ermitteln und dann in das entsprechende Verhältnis zum Nominalwert der RM-Zahlungen des Beklagten zu setzen ist. Sollten sich, was freilich aus den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichtes nicht ersichtlich ist, den Parteien beim Abschluß des Vertrages vom 24. Oktober 1945 noch weitere Bewertungsgesichtspunkte vorgeschwebt haben, so wären auch diese bei der nunmehr durch das Gericht vorzunehmenden Bewertung noch zu berücksichtigen.
d) Der so zu errechnende Kapitalanteil des Beklagten im Zeitpunkt seiner RM-Einzahlungen bildet sodann den Ausgangspunkt für die weitere Feststellung, wie hoch dieser Kapitalanteil in dem für die Berechnung des Abfindungsanspruchs maßgeblichen Zeitpunktes gewesen ist. Für diese Feststellung ist die Entwicklung maßgebend, die der Kapitalanteil des Beklagten unter Berücksichtigung der zugeschriebenen Gewinne und der stattgefundenen Entnahmen bis zu dem maßgeblichen Zeitpunkt genommen hat.
Nachdem auf diese Weise der Kapitalanteil des Beklagten in dem für sein Ausscheiden entscheidenden Zeitpunkt festgestellt ist, muß für die Bestimmung seines Abfindungsanspruchs die Höhe des Kapitalanteils der Kläger in dem gleichen Zeitpunkt ermittelt werden. Maßgeblich ist nach den vorstehenden Ausführungen sodann weiter der Wert des Gesellschaftsvermögens in dem hier entscheidenden Zeitpunkt. Für diesen Wert kommt es nicht auf den in der Bilanz ausgewiesenen Wert des Gesellschaftsvermögens an, sondern auf den wirklichen Wert des lebenden Unternehmens einschließlich aller stillen Reserven und einschließlich des good will des Unternehmens. Denn die Parteien haben für den Fall des Ausscheidens eines Gesellschafters keine abweichenden Vereinbarungen über die Berechnung des Abfindungsguthabens getroffen, so daß hier entgegen der Auffassung der Revision insoweit der tatsächliche Wert des lebenden Unternehmens maßgeblich ist. Das folgt ohne weiteres daraus, daß der Beklagte bis zu seinem Ausscheiden an dem tatsächlichen Wert des lebenden Unternehmens beteiligt war und daß nunmehr sein Anteil an dem gesamten Gesellschaftsvermögen den verbleibenden Gesellschaftern zugewachsen ist. Daher ist es in dieser Hinsicht auch ohne Bedeutung, ob der Beklagte an der Schaffung oder der Erhaltung der stillen Reserven und des good will des Unternehmens durch tätige Mitarbeit oder auf sonstige Weise beteiligt war. Es kann demgemäß auch nicht nur auf die Rügen der Revision, die sich gegen dahingehende Feststellungen des Berufungsgerichtes richten, ankommen.
Bei der Feststellung des Wertes des Gesellschaftsvermögens ist nach § 738 II BGB eine Schätzung möglich. Diese muß sich jedoch nach objektiven Gesichtspunkten erfolgen und bedarf stets konkreter Unterlagen, so daß im allgemeinen hierbei in jedem Fall ein Sachverständigengutachten erforderlich ist. Soweit dieser Wert eine Änderung gegenüber dem Wert des Gesellschaftsvermögens in dem Zeitpunkt, als der Beklagte in die beiden Gesellschaften eintrat, erfahren hat, handelt es sich dabei in Wirklichkeit um einen Gewinn oder Verlust.
Da dieser auf die Gesellschafter nicht nach der Höhe ihrer Kapitalanteile, sondern nach dem Gewinn- oder Verlustverteilungsschlüssel umzulegen ist, muß dieser auch bei der Berechnung des Abfindungsanspruches des Beklagten geschehen. Daraus folgt, daß sich das Abfindungsguthaben der Beklagten danach errechnet, daß der Wert des Gesellschaftsvermögens beim Eintritt des Beklagten in die Gesellschaften im Verhältnis der festgestellten Kapitalanteile der Gesellschafter aufgeteilt und die dem Kapitalanteil des Beklagten entsprechende Verhältnisziffer um den Betrag vermehrt oder vermindert wird, der bei einer Werterhöhung oder Wertminderung des Gesellschaftsvermögens als Gewinn- oder Verlustverteilungsschlüssel auf den Beklagten entfällt.
6. Das Berufungsgericht hat diese für die Bestimmungen des Abfindungsanspruchs maßgeblichen Grundsätze verkannt. Insbesondere durfte es nicht im Wege freier Schätzung die Höhe dieses Anspruchs bestimmen, da die Vorschrift des § … II BGB hierfür keine Handhabe bietet. Auch ist es rechtlich nicht möglich, in diesem Zusammenhang das Angebot der Kläger in ihrem Schreiben vom 20. Oktober 1949 auf Zahlung einer Gesamtabfindung in Höhe von 125.000 DM heranzuziehen. Denn dieses Angebot haben die Kläger ausdrücklich davon abhängig gemacht, daß auf der genannten Basis bis zum 5. November 1949 eine endgültige Vereinbarung zustande komme.
Unstreitig hat der Beklagte jedoch dieses Angebot nicht angenommen; er vertritt vielmehr noch heute den Standpunkt, daß sein Abfindungsanspruch noch erheblich höher liege. Es kann daher für die Entscheidung über den Klageanspruch von den Feststellungen des Berufungsgerichtes über die Höhe des Abfindungsanspruches des Beklagten nicht ausgegangen werden.
Entgegen der Ansicht der Revisionsbeantwortung ist es aber auch nicht möglich, unter Berücksichtigung der für die Bestimmung des Abfindungsanspruchs maßgeblichen Grundsätze schon jetzt und ohne weitere Feststellungen zu dem Ergebnis zu gelangen, daß dieser Anspruch mindestens in Höhe der von den Klägern gezahlten Beiträge besteht. Denn die Höhe dieses Anspruches ist von so vielen bisher unbestimmten Größen abhängig, daß sich darüber mit der erforderlichen Gewißheit vorerst nichts Endgültiges sagen läßt. Es muß daher das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden, damit die noch erforderlichen Feststellungen getroffen werden können.
7. In der erneuten Verhandlung wird das Berufungsgericht auch noch eine Feststellung darüber zu treffen haben, welcher Zeitpunkt für die Berechnung des Abfindungsanspruchs des Beklagten nach den getroffenen Vereinbarungen maßgeblich ist. Es ist insoweit noch unklar, ob hierfür der letzte Augenblick der alten RM-Währung oder der Zeitpunkt des Inkrafttretens der DM-Währung in Betracht kommt. Für die Berechnung des Abfindungsanspruchs kann das von wesentlicher Bedeutung sein, da im ersten Fall weder die Währungsgewinne noch die Währungsverluste, im zweiten Fall dagegen beide zugunsten und zu Lasten des Beklagten zu berücksichtigen wären. Im ersten Fall würde nämlich die RM-Schlußbilanz, allerdings unter Auflösung der stillen Reserven und unter Berücksichtigung des good will, im zweiten Fall in der gleichen Weise die DM Eröffnungsbilanz als Ausgangszeitpunkt für die aufzustellende Abschichtungsbilanz heranzuziehen sein. Bei der Feststellung, welcher dieser beiden Zeitpunkte für die Berechnung des Abfindungsguthabens in Betracht kommt, wird das Berufungsgericht von den Vorstellungen der Parteien, insbesondere von der Vorstellung des Beklagten auszugehen haben, wie sie für die getroffene Vereinbarung über den entscheidenden Zeitpunkt maßgeblich gewesen war. Wenn dabei auch die Vorstellung des Beklagten, auf diese Weise eine Heranziehung zu der damals erwarteten Soforthilfe vermeiden zu können, von Bedeutung gewesen sein sollte, so ist es insoweit ohne Belang, daß er das durch die Vereinbarung eines zurückliegenden Zeitpunktes für sein Ausscheiden freilich nicht erreichen konnte. Denn eine solche Vereinbarung erlangt nur im Verhältnis zwischen den Parteien, also nur schuldrechtlich rückwirkende Kraft, ändert aber nichts an der Tatsache, daß der Beklagte bis zum Abschluß der Vereinbarung vom 31. Januar 1949 Gesellschafter und damit auch Träger des Gesellschaftervermögens geblieben war. Dieser Umstand berührt jedoch nicht die Tatsache, daß gleichwohl eine solche Vorstellung für die Auslegung der Vereinbarung von Bedeutung ist.
8. Die Entscheidung über die Kosten der Revision ist dem Berufungsgericht vorzubehalten, da eine abschließende Entscheidung zur Sache noch nicht möglich ist.
Fundstellen
Haufe-Index 609471 |
BGHZ, 130 |
NJW 1955, 1025 |
DNotZ 1955, 526 |
MDR 1955, 467 |