Rn 1

Entgegen dem Wortlaut der Überschrift enthält die Bestimmung keine Regelungen zur Zulässigkeit des Insolvenzverfahrens im eigentlichen Sinne. Geregelt ist vielmehr, welche Rechtsträger und besonderen Vermögensmassen einem Insolvenzverfahren unterfallen können. § 11 bestimmt dementsprechend die Insolvenzfähigkeit, d.h. die Möglichkeit, als Schuldner an einem Insolvenzverfahren beteiligt zu sein.

 

Rn 2

Die Insolvenzfähigkeit ist insoweit grundsätzlich gleichzusetzen mit der Rechtsfähigkeit des Zivilrechts und der Parteifähigkeit des Zivilprozessrechts. Nicht relevant ist in diesem Zusammenhang die Prozessfähigkeit, da auch über das Vermögen einer prozessunfähigen Person ein Insolvenzverfahren durchgeführt werden kann. In einem derartigen Verfahren handelt für sie der gesetzliche Vertreter.[1]

 

Rn 3

Eine Ausnahme hinsichtlich der Entsprechung von Insolvenzfähigkeit und Parteifähigkeit ist für die Sonderinsolvenzverfahren über den Nachlass, über das Gesamtgut einer fortgesetzten Gütergemeinschaft und über das Gesamtgut einer Gütergemeinschaft, das von den Ehegatten gemeinschaftlich verwaltet wird, zu machen, des Weiteren hinsichtlich der ausdrücklich statuierten Insolvenzfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts.

 

Rn 4

Die Vorschrift enthält eine Zusammenfassung derjenigen Rechtsträger und Vermögensmassen, über die ein selbstständiges Insolvenzverfahren als Gesamtvollstreckungsverfahren stattfinden kann,[2] wobei die vorgenommenen Aufzählungen nicht abschließend sind, wie nachfolgend zu zeigen ist. Die Vorschrift des § 11 Abs. 1 ist mit dem Grundgesetz auch insoweit vereinbar, als sie die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer politischen Partei oder eines ihrer Gebietsverbände zulässt.[3] Die Norm wurde mit Wirkung zum 01.01.2024 durch das Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetz (MoPeG) in Bezug auf die Konsolidierung des Rechts der Gesellschaft bürgerlichen Rechts angepasst.[4] Es handelt es sich jeweils um eine Folgeänderung und redaktionelle Anpassung, die mit der gesetzlichen Anerkennung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts und der Einführung des Gesellschaftsregisters einhergeht. Unter dem in der Insolvenzordnung bisher wiederkehrenden Begriff der Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit versteht § 11 Abs. 2 Nr. 1 die offene Handelsgesellschaft, die Kommanditgesellschaft, die Partnerschaftsgesellschaft, die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die Partenreederei und die Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung. All diese Gesellschaftsrechtsformen sind zukünftig unter dem besser verständlichen Oberbegriff der rechtsfähigen Personengesellschaft zusammenzufassen. Dazu zählt insbesondere auch die Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung, die ausweislich § 1 EWIVAG aufgrund ihrer strukturellen Nähe zu den Personengesellschaften in der Bundesrepublik Deutschland als Sonderform der offenen Handelsgesellschaft zählt. Eine inhaltliche Änderung ist mit dieser terminologischen Klarstellung nicht verbunden.[5] Weiterhin nicht zu den rechtsfähigen Personengesellschaften zählen demgegenüber die Gesellschaft bürgerlichen Rechts in Gestalt der nicht rechtsfähigen Gesellschaft und die stille Gesellschaft.

[1] HambKomm-InsR/Linker, § 11 InsO Rn. 5.
[2] Uhlenbruck-Hirte, § 11 Rn. 1; HambKomm-InsR/Linker, § 11 InsO Rn. 1.
[4] BT-Drs. 19/27635; BT-Drs. 19/30942.
[5] BT-Drs. 19/27635, S. 203.

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