Rn 2
Das Verteilungsverfahren teilt die bestehenden Ansprüche zunächst in drei Klassen ein. Die Kosten des Verfahrens, die Neumasseverbindlichkeiten sowie die Altmasseverbindlichkeiten. Eine nachfolgende Klasse erhält nur dann Zahlungen, wenn die vorhergehende vollständig befriedigt wurde. Reicht die Masse hierzu nicht aus, kommt es innerhalb dieser Klasse zu einer quotalen Befriedigung. Zur Möglichkeit eines Insolvenzplans s. § 208 Rn. 24.
Rn 3
In analoger Anwendung der §§ 187 ff. ist Grundlage der Verteilung ein vom Verwalter aufzustellendes Verteilungsverzeichnis, das entsprechend § 196 Abs. 2 der Zustimmung des Insolvenzgerichts bedarf. In dieses Verzeichnis sind sowohl die Neu- als auch die Altmassegläubiger, nicht aber die Insolvenzgläubiger aufzunehmen. Eine analoge Anwendung der §§ 197 ff. ist ausgeschlossen, weil insoweit § 211 spezielle Regelungen trifft. Eine Versammlung der Massegläubiger findet nicht statt (dazu schon § 208 Rn. 19).
Rn 4
Es spielt keine Rolle, ob der betreffende Masseanspruch auf Geld oder eine andere Leistung gerichtet ist. Mangels einer § 60 Abs. 1 KO entsprechenden Ausschlussvorschrift ("… soweit diese Ansprüche auf einen Geldbetrag gerichtet sind …") findet § 45 Anwendung, so dass die Gläubiger von Sachleistungen künftig eine Umrechnung nebst anteiliger Kürzung des Betrags in Kauf nehmen müssen und somit die nicht erklärbare bisherige Privilegierung der Sachgläubiger entfällt.
Rn 5
Die gesetzlichen Vorgaben der InsO sind einseitig dispositiv (halbzwingend), so dass ein Gläubiger mit einer Forderung im Rang zurücktreten kann, z. B. um die Eröffnung des Verfahrens zu ermöglichen. Allerdings ist umgekehrt – wie bisher auch – kein "Aufsteigen" von Forderungen in einen besseren Rang durch zweiseitige Vereinbarung zwischen Gläubiger und Verwalter möglich.
Rn 6
Der Insolvenzverwalter darf die Verteilungsordnung des § 209 nicht dadurch unterlaufen, dass er im Hinblick auf die bevorstehende Anzeige der Masseunzulänglichkeit (künftige Alt-)Massegläubiger befriedigt. Ebenfalls der Gefahr der persönlichen Inanspruchnahme nach § 61 ist der Verwalter dann ausgesetzt, wenn er unbedacht Zahlungen unmittelbar vor Anzeige vornimmt.
2.1 Verfahrenskosten (§ 209 Abs. 1 Nr. 1)
Rn 7
Zuerst sind die in § 54 aufgezählten Masseverbindlichkeiten zu begleichen, also die Gerichtskosten sowie die Vergütungen und die Auslagen des vorläufigen Insolvenzverwalters, des Insolvenzverwalters und der Mitglieder des Gläubigerausschusses. Diese Ansprüche müssen vom Verwalter in vollem Umfang befriedigt werden, andernfalls handelt es sich nicht um einen Fall der Masseunzulänglichkeit, sondern um Massearmut, so dass die restliche Masse nach § 207 Abs. 3 zu verteilen wäre. Weil kein Gläubiger erwarten kann, dass Verwalter und Gericht zu seinen Gunsten unentgeltlich tätig werden, ist der Vorrang dieser Verbindlichkeiten sachgerecht. Es gibt keine – bisher so bezeichneten vorrangigen (vgl. § 59 Abs. 1 Nr. 1 und 2 KO) – Masseschulden mehr, die im Rang vor den Kosten des Verfahrens stehen.
2.2 Neumasseverbindlichkeiten (§ 209 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2)
Rn 8
Anschließend werden von den weiteren Masseforderungen zunächst die nach der Anzeige (zu deren genauen Zeitpunkt vgl. § 208 Rn. 15) der Masseunzulänglichkeit begründeten Ansprüche befriedigt. Der Entstehungszeitpunkt von Masseforderungen ist damit von entscheidender Bedeutung für den Rang.
Rn 9
Um insoweit Schwierigkeiten zu vermeiden, hat der Gesetzgeber die Behandlung von Ansprüchen aus gegenseitigen Verträgen und Dauerschuldverhältnissen in § 209 Abs. 2 zusätzlich präzisiert. Auch diese haben allerdings – unter den dort näher genannten Voraussetzungen – den Rang des § 209 Abs. 1 Nr. 2, so dass die Ansprüche nach § 209 Abs. 1 Nr. 2 und diejenigen nach § 209 Abs. 2 eine gemeinsame Gruppe bilden.
2.2.1 Forderungen, bei deren Gegenforderungen der Verwalter Erfüllung verlangt (§ 209 Abs. 2 Nr. 1)
Rn 10
Wählt der Verwalter bei einem gegenseitigen Vertrag nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit die Erfüllung, so liegt eine Neumasseverbindlichkeit i. S. d. § 209 Abs. 1 Nr. 2 vor. Hat beispielsweise der Schuldner vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen Kaufvertrag geschlossen, der von beiden Seiten noch nicht erfüllt wurde, und wählt der Insolvenzverwalter erst nach der Anzeige (zum genauen Zeitpunkt vgl. § 208 Rn. 15) die Erfüllung dieses Vertrags, so ist der Erfüllungsanspruch des Vertragspartners vorrangig zu befriedigen, obwohl der Vertragsschluss und damit die Entstehung der Verbindlichkeit noch vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens und damit zwingend vor Anzeige der Masseunzulänglichkeit gelegen hat.
Rn 11
Lehnt der Insolvenzverwalter in Anwendung des § 103 die Erfüllung des Vertrags – nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit – hingegen ab, so ist der daraus resultierende Schadensersatzanspruch wegen ...