Rn 45
In der Praxis wird überwiegend die vorläufige Insolvenzverwaltung mit der Anordnung eines allgemeinen Zustimmungsvorbehalts nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 kombiniert (Normalfall der schwachen vorläufigen Insolvenzverwaltung). Dies bietet sich auch dann an, wenn der Schuldner noch über einen laufenden Geschäftsbetrieb verfügt, insbesondere um die spätere Insolvenzmasse nicht mit zusätzlichen Masseverbindlichkeiten aus dem Insolvenzantragsverfahren nach § 55 Abs. 2 zu belasten (siehe auch die Kommentierung bei § 21 Rdn. 55 ff.). Dabei ist der vorläufige Verwalter ohne Verfügungsbefugnis natürlich bei Fortführung des Geschäftsbetriebes gezwungen, die Bezahlung der in diesem Verfahrensstadium in Anspruch genommenen Leistungen auch später noch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens sicherzustellen. Dies kann zum einen durch eine gerichtliche Einzelermächtigung des vorläufigen Verwalters zur Begründung von Masseverbindlichkeiten geschehen oder zum anderen durch das sog. Treuhandkontenmodell (s. u. Rdn. 52 ff.). Europarechtlich gilt die Anordnung einer schwachen vorläufigen Insolvenzverwaltung für Art. 19 EuInsVO nur dann als "Eröffnung eines Insolvenzverfahrens", wenn diese mit einem allgemeinen Zustimmungsvorbehalt kombiniert wird.
Rn 46
Der vorläufige schwache Insolvenzverwalter war berechtigt und zur Vermögenssicherung wohl auch verpflichtet, die Genehmigung von Belastungsbuchungen im Einziehungsverfahren auf dem Bankkonto des Insolvenzschuldners durch entsprechenden Widerspruch gegen das Kontokorrentanerkenntnis zu verhindern. Durch die Umstellung auf das SEPA-Lastschriftverfahren zum 01.02.2014 sind die Buchungen nunmehr insolvenzfest (s. u. Rdn. 88). Der vorläufige schwache Verwalter wird darüber hinaus ohne eine ausdrückliche insolvenzgerichtliche Anordnung nicht Besitzer des Schuldnervermögens oder auch nur einzelner Vermögensgegenstände; Entscheidungsträger z. B. bei Rückgabe von Mietsachen, bleibt insoweit der Insolvenzschuldner. Eine solche Anordnung kann weiterhin dann sinnvoll sein, wenn der Schuldner seinen Geschäftsbetrieb bereits vollständig eingestellt hat, andererseits aber dort noch werthaltige Vermögensgegenstände sicherzustellen sind und einer laufenden Verwaltung bedürfen, um deren Wert zu erhalten.
Rn 47
Hat das Gericht lediglich einzelne, konkret bezeichnete Verfügungen verboten (besonderes Verfügungsverbot) oder deren Wirksamkeit an eine Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters gebunden (besonderer Zustimmungsvorbehalt), spricht man von einer besonderen Verfügungsbeschränkung. Sie kommt beispielsweise in Betracht für Verfügungen in Bezug auf einen bestimmten Gegenstand. Verfügt der Schuldner aber über einen von der besonderen Verfügungsbeschränkung erfassten Vermögensgegenstand, führt dies lediglich zu einer relativen Unwirksamkeit (siehe die Kommentierung zu § 21 Rdn. 16).
Rn 48
In Ausnahmefällen ist es denkbar, einen vorläufigen Insolvenzverwalter zu bestellen, ohne jegliche Verfügungsbeschränkung nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 anzuordnen. Dies kann im Hinblick auf § 55 Abs. 4 aus Gründen der Verhältnismäßigkeit geboten sein. Eine Erhöhung des Haftungsrisikos für das Gericht muss nicht zwingend die Folge sein. Auch ein solcher vorläufiger Insolvenzverwalter hat nämlich die Auskunfts- und Eingriffsrechte aus § 22 Abs. 3 (s. u. Rdn. 106 ff.) und kann daher eine effektive Überwachung eines grundsätzlich kooperierenden Schuldners sicherstellen. Er ähnelt damit dem vorläufigen Sachwalter des § 270 a Abs. 1 Satz 2 und wirkt bereits kraft seines Amtes disziplinierend auf den Schuldner.