Rn 1

Die in § 222 geregelte Gruppenbildung geht zurück auf die Erfahrungen aus dem US-amerikanischen Reorganisationsrecht, das diese Form der Verwertungsentscheidung bereits seit Langem kennt. Für die Beteiligten kommt der Gruppenbildung deshalb ganz wesentliche Bedeutung zu, weil damit die Grundlage für die den Gläubigern durch den Plan im gestaltenden Teil angebotenen Quoten gelegt wird. Abhängig davon, in welcher Gruppe ein Insolvenzgläubiger eingeordnet wird, kann seine Quotenerwartung variieren. Die Gruppenbildung ist folglich ein wesentliches Strukturelement eines jeden Insolvenzplans. In ihm werden die den Gläubigern zustehenden Rechte nicht individuell für jeden einzelnen Gläubiger, sondern für bestimmte Gläubigergruppen festgelegt. Das kann/wird/muss im Einzelfall nicht immer zu gerechten Ergebnissen führen, dient jedoch einer effizienten "Selbstkoordinierung der Beteiligten".[1] Als Korrektiv bleibt den Beteiligten der auf das Schlechterstellungsverbot beschränkte Minderheitenschutzantrag gem. § 251.

 

Rn 2

Da für die Auslegung von § 222 Art. 3 GG von zentraler Bedeutung ist,[2] ist es dementsprechend notwendig, die verschiedenen Rechtsstellungen der Beteiligten zu definieren und festzustellen, wie die Situation der Betroffenen einerseits ohne Insolvenzplan aussähe und was sie andererseits bei Umsetzung des Plans erwarten können.

 

Rn 3

Um diese vergleichende Darstellung nicht nur übersichtlich zu gestalten, sondern insbesondere auch die Gleichbehandlung gleichartiger Sachverhalte zu gewährleisten, ist es unumgänglich, Beteiligte gleicher Rechtsstellung in Gruppen zusammenzufassen und innerhalb jeder Gruppe wiederum Beteiligte mit gleichen wirtschaftlichen Interessen einheitlich zu betrachten. Daraus folgt, dass es auch möglich ist, innerhalb der nach Abs. 1 zu bildenden, sich an der Rechtsstellung der Beteiligten ausrichtenden Gruppen weiter zu differenzieren. Diese können also entsprechend der unterschiedlichen wirtschaftlichen Interessen weiter aufgespalten werden.[3]

 

Rn 4

Aus der in § 226 Abs. 1 normierten Verpflichtung, innerhalb einer Gruppe allen Beteiligten gleiche Rechte anzubieten, folgt zugleich, dass wegen der Pflicht, nur Gläubiger mit gleicher Rechtsstellung in eine Gruppe aufzunehmen (§ 222 Abs. 1 Satz 1), auch sog. Mischgruppen verboten sind. Als Mischgruppe ist es beispielsweise anzusehen, wenn gesicherte und ungesicherte Gläubiger in einer Gruppe zusammengefasst werden. Konsequenz hieraus ist es beispielsweise, dass die Forderung eines Absonderungsgläubigers gegebenenfalls aufzuspalten ist: in einen werthaltigen, weil durch das Absonderungsrecht gedeckten Teil und einen nicht werthaltigen, also der Gruppe der nicht nachrangigen Gläubiger zuzuordnenden Teil.[4] Über das Mischgruppenverbot hilft auch nicht der Hinweis auf § 226 Abs. 2 Satz 1 (Zulässigkeit der Gruppenungleichbehandlung mit Zustimmung aller Beteiligten) hinweg, solange durch die Mischgruppe alle Beteiligten dieser Gruppe – zu Lasten der anderen Gruppen anderer Gläubiger – bessergestellt werden.[5]

 

Rn 5

Zulässig sind indes auch sog. Ein-Gruppen-Pläne.[6] Das gilt dann, wenn alle Gläubiger eine gleiche Rechtsstellung besitzen und auch ihre wirtschaftlichen Interessen vergleichbar sind. Das ist z.B. anzunehmen, wenn ein Schuldner keinen Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung gestellt hat. Dann ist es nicht zu beanstanden, wenn die Bildung einer Gruppe von Gläubigern mit nach § 302 von der Restschuldbefreiung ausgenommenen Forderungen unterlassen wurde.

 

Rn 6

Dem Planinitiator obliegt die Bildung der Plangruppen.[7] Er kann damit im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben auch strategische Erwägungen zur Erlangung der erforderlichen Abstimmungsmehrheiten im Erörterungstermin in die Gruppenbildung einfließen lassen.[8] Das bedeutet insbesondere, dass es kein Missbrauchsverbot gibt, solange bei der Gruppenbildung die in § 222 verankerten Leitlinien beachtet werden. Im Ergebnis hat der Planersteller bei der Bildung der Plangruppen ein weites Ermessen, das auch nicht einer Zweckmäßigkeitskontrolle des Insolvenzgerichts unterliegt.

 

Rn 7

Die Gruppenbildung muss im Insolvenzplan näher erläutert werden. Das erfordert die Mitteilung, nach welchen Vorschriften die Gruppen gebildet worden sind. Ferner ist zu erläutern, nach welchen Kriterien die Abgrenzung der Gruppen erfolgte. Dazu muss dargelegt werden, aufgrund welcher gleichartigen insolvenzbezogenen wirtschaftlichen Interessen eine bestimmte Gruppe gebildet wurde und ob alle Beteiligten, deren wichtigsten insolvenzbezogenen wirtschaftlichen Interessen übereinstimmen, derselben Gruppe zugeordnet wurden.[9] Letzteres verbietet es, dass Gläubiger mit gleicher Rechtsstellung und gleichartigen wirtschaftlichen Interessen mehreren Untergruppen zugeordnet.[10] Die Erläuterungen der Gruppenbildung müssen auf den konkreten Fall bezogen sein.[11]

 

Rn 8

Fehlt es an der Erläuterung der Gruppenbildung, ist der Plan im Rahmen der Vorprüfung nach § 231 Abs. 1 i.V.m. § 222 Abs. 2 Satz 3 zurückzuweisen, es s...

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