Rn 8
Neben der Antragsberechtigung und dem Erfordernis eines Widerspruchs muss der Insolvenzplan den Beteiligten voraussichtlich schlechter stellen, als er ohne einen solchen stünde (§ 251 Abs. 1 Nr. 2). Abzustellen ist dabei darauf, ob eine Schlechterstellung des Beteiligten durch den Plan wahrscheinlicher ist als eine Nichtschlechterstellung und dass er dies auch glaubhaft macht. Die Vorschrift des § 251 Abs. 1 Nr. 2 soll jedem Beteiligten den Wert garantieren, den seine Rechtsposition im Insolvenzverfahren noch hat. Zu vergleichen sind also die wirtschaftlichen Positionen des Gläubigers bei Abwicklung des Insolvenzverfahrens nach den Vorschriften der Insolvenzordnung und bei Durchführung des Insolvenzplans. Ob für die Abwicklung im Regelinsolvenzverfahren als Vergleichswerte Fortführungs- oder Zerschlagungswerte anzusetzen sind, richtet sich danach, welches Szenario wahrscheinlicher ist.
Rn 9
Handelt es sich bei dem Schuldner um eine natürliche Person, ist gemäß § 245a bei der Prüfung der Schlechterstellung davon auszugehen, dass die zum Zeitpunkt der Planabstimmung geltenden Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Schuldners während der gesamten Verfahrensdauer unverändert bleiben. Sofern ein Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt wurde, ist weiterhin zu vermuten, dass diese auch gewährt wird, § 245a Satz 2. Durch diese gesetzlichen Vermutungen soll die Prognose des Gerichts erleichtert werden.
Rn 10
Im Vergleichs- und Zwangsvergleichsrecht musste ein Verstoß gegen "das gemeinsame Interesse der Vergleichsgläubiger" (§ 79 Nr. 4 VerglO; § 188 Abs. 1 Nr. 2 KO) bzw. eine "unangemessene Benachteiligung eines Teils der Gläubiger" (§ 16 Abs. 5 Satz 3 GesO) vorliegen, damit der Minderheitenschutz seine Wirkung entfalten konnte und das Gericht den Vergleich zu verwerfen hatte. § 251 übernimmt den Begriff des gemeinsamen Interesses nicht, sondern stellt auf das spezielle Interesse des einzelnen Beteiligten ab, wodurch der einschränkende Ansatz der GesO (statt eines gemeinsamen Interesses aller Gläubiger genügte dort bereits ein benachteiligter Teil dieser Gruppe) fortgesetzt wurde. Die präzisere Formulierung soll die Anwendung des § 251 erleichtern, indem lediglich die Interessen des antragstellenden Gläubigers in die Betrachtung der Schlechterstellung einzubeziehen sind.
Rn 11
Während des Gesetzgebungsverfahrens war vorgesehen, dass durch die Einfügung des Tatbestandsmerkmals einer "nicht unerheblichen" Schlechterstellung eine gewisse Betroffenheit des jeweiligen Antragstellers erforderlich sein sollte. Diese sinnvolle Reduzierung des Minderheitenschutzes auf die spürbar betroffenen Fälle konnte sich leider nicht durchsetzen. Es wurde zwar erkannt, dass mit der Gesetz gewordenen Bestimmung ein nicht immer leicht zu kalkulierendes Risiko für das Zustandekommen des Insolvenzplans verbunden ist, weil trotz ausgiebiger Verhandlungen und des Erreichens der notwendigen Mehrheiten der Plan immer noch daran scheitern kann, dass das Gericht die für einzelne widersprechende Gläubiger vorgesehenen Leistungen als nicht dem notwendigen Mindeststandard entsprechend ansieht. Dieser Gefahr soll jedoch in der Praxis dadurch begegnet werden, dass der Insolvenzverwalter sich gerade in Fällen unmaßgeblicher Schlechterstellung eines Beteiligten vom Widerspruch und Antrag eines Beteiligten durch die Gewährung von Zusatzleistungen "freikauft". Zu dieser Lösung kommt die Bundesregierung, indem sie sich auf Art. 14 GG stützt und die Geltendmachung einer durch diese Norm geschützten Rechtsposition nicht per se als missbräuchlich anzusehen vermag. Daher müsse der Beteiligte sein – ihm von der Rechtsordnung zugewiesenes – Recht auf Beanstandung auch einer nur geringfügigen Schlechterstellung in jedem Fall geltend machen dürfen, so dass er für den Fall, dass er auf eine Ausübung verzichtet, einen Ausgleich zu erhalten habe.
Rn 12
Eine andere Möglichkeit, das Schlechterstellungsrisiko auszuschließen, ist die vollständige Umwandlung von Gläubigerforderungen in (Optionen auf) Eigenkapital, wobei § 230 Abs. 2 zu beachten ist.