Rn 9
Bewegliche Sachen sind grundsätzlich pfändbar. Abweichungen zu den Vorschriften der Einzelzwangsvollstreckung ergeben sich bei den wichtigsten Pfändungsschutzvorschriften; dem Pfändungsschutz bei Persönlichen Sachen und Hausrat (§§ 811 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, 36 Abs. 3 InsO) sowie bei erwerbsnotwendigen Gegenständen (§ 811 Abs. 1 Nr. 3, 4, 5, 6,7, 9 ZPO, 36 Abs. 2 Nr. 1, 2 InsO).
3.1.1 Persönliche Sachen, Hausrat
Rn 10
Persönliche Sachen wie Hausrat sind in der Einzelzwangsvollstreckung grundsätzlich unpfändbar, soweit der Schuldner sie zu einer seiner Berufsfähigkeit und Verschuldung angemessenen, bescheidenen Lebens- und Haushaltsführung benötigt (§ 811 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) und der mögliche Erlös nicht außer Verhältnis zum Gebrauchswert für den Schuldner liegt (§ 812 ZPO). Bei der Verhältnismäßigkeit ist nicht nur der objektive Wert, sondern auch der Gebrauchswert für den Schuldner zu berücksichtigen. Aus der Verwertung gebrauchten Hausrats wird ohnehin üblicherweise kein nennenswerter Erlös zu erzielen sein, so dass meist das von der Norm geforderte offensichtliche Missverhältnis zwischen Wert und voraussichtlichem Verwertungserlös vorliegt. Hausrat des Schuldners fällt also i.d.R. nicht in die Insolvenzmasse.
Rn 11
Der Wortlaut des § 36 Abs. 3 unterscheidet sich von § 812 ZPO lediglich darin, dass § 36 Abs. 3 die Zugehörigkeit von Hausrat zur Masse unter der Voraussetzung der Unverhältnismäßigkeit ohne Ermessensspielraum ausscheidet ("gehören nicht zur Insolvenzmasse"), während § 812 ZPO nach dem Wortlaut lediglich einen Ermessensspielraum eröffnet ("sollen nicht gepfändet werden"). Allerdings ist § 812 ZPO für den Gerichtsvollzieher als Mussvorschrift auszulegen, so dass in der Sache keine Abweichung besteht.
3.1.2 Erwerbsnotwendige Gegenstände
Rn 12
Erwerbsnotwendige Gegenstände sind in der Einzelzwangsvollstreckung grundsätzlich unpfändbar (§ 811 Abs. 1 Nr. 3, 4, 5, 6, 7, 9 ZPO). Grundnorm dabei ist § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO; die Norm differenziert für die Pfändbarkeit ausdrücklich danach, ob die Erwerbstätigkeit überwiegend auf persönlicher Leistung beruht oder wesentlich auch auf der Ausnutzung von Sach- und Kapitalmitteln. Aus diesem Grund sind berufliche Gegenstände für Freiberufler wie Rechtsanwälte, Ärzte, Architekten, Steuerberater, aber auch für selbstständige Handwerker oder Musiker regelmäßig unpfändbar. Diese Unpfändbarkeit hätte in einem Insolvenzverfahren die Konsequenz, dass der Insolvenzverwalter keinen Einfluss auf die Fortführung der schuldnerischen Tätigkeit hat und die Verwertung unmöglich wird. Insofern wird in der Literatur eine teleologische Reduktion des § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO gefordert. In der Rechtsprechung findet die Diskussion zutreffenderweise keine Resonanz.
Rn 13
In der Landwirtschaft und in einer Apotheke werden zu einem erheblichen wenn nicht überwiegenden Teil Sach- und Kapitalmittel ausgenutzt. Trotzdem sind Gegenstände, die dem Betrieb einer Landwirtschaft oder dem Betrieb einer Apotheke dienen, in der Einzelzwangsvollstreckung unpfändbar (§ 811 Abs. 1 Nr. 4, 9 ZPO). Diese systemwidrige Ausnahme von der Pfändbarkeit sollte die Versorgung der Bevölkerung mit landwirtschaftlichen Produkten und Arzneimitteln sicherstellen. Wenn dieser Pfändungsschutz sich im Insolvenzverfahren fortsetzte, könnten weder Apotheken noch landwirtschaftliche Betriebe im Insolvenzverfahren fortgeführt oder verwertet werden. Schon das machte die erst nachträglich eingeführte Rückausnahme des § 36 Abs. 3 InsO erforderlich. Darüber hinaus ist fraglich, ob die Begründung für diese Pfändungsschutzvorschriften heute noch trägt.
3.1.3 Geschäftsbücher
Rn 14
Geschäftsbücher sind in der Einzelzwangsvollstreckung nach § 811 Abs. 1 Nr. 11 ZPO nicht pfändbar. Die gesetzliche Abwägung zwischen Befriedigungsinteresse des Gläubigers und Schutzbedürfnis des Schuldners ergibt für die Einzelzwangsvollstreckung, dass das Interesse des Gläubigers an der Verwertung der Geschäftsbücher geringer ist, als das Interesse des Schuldners an...