Rn 9
Die Möglichkeit der Stundung der Verfahrenskosten besteht für jeden Insolvenzschuldner, der eine natürliche Person ist, unabhängig davon, ob der Schuldner die Voraussetzungen für die Durchführung eines vereinfachten (Verbraucher-)Insolvenzverfahrens erfüllt oder den Bestimmungen des Regelinsolvenzverfahrens unterfällt.
Rn 10
Voraussetzung ist zunächst, dass der Schuldner einen zulässigen Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung gemäß § 287 gestellt hat. Dieser Antrag soll mit dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens verbunden werden. Wird der Antrag nicht zeitgleich mit dem Eröffnungsantrag gestellt, ist er innerhalb von zwei Wochen nach Erteilung des Hinweises des Insolvenzgerichts gemäß § 20 zu stellen.
Fehlt der Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung und wird er nicht fristgemäß nachgeholt, kommt eine Verfahrenskostenstundung nicht in Betracht.
Der Antrag auf Restschuldbefreiung setzt einen eigenen Antrag des Schuldners auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen voraus. Die Stundung wird nicht von Amts wegen gewährt. Nach Eingang eines Gläubigerantrags auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens hat deswegen das Insolvenzgericht den Schuldner darauf hinzuweisen, dass er zur Erreichung der Restschuldbefreiung nicht nur einen entsprechenden Antrag, sondern darüber hinaus auch einen Eigenantrag auf Insolvenzeröffnung stellen muss. Dafür ist dem Schuldner eine richterliche Frist zu setzen. Der Schuldner soll nicht aus Rechtsunkenntnis die Chance auf die Restschuldbefreiung verlieren. Ein fehlerhafter, unvollständiger oder verspäteter Hinweis des Insolvenzgerichts, durch den regelmäßig das Recht des Schuldners auf das rechtliche Gehör verletzt wird, darf jenem daher ebenfalls nicht zum Nachteil gereichen.
Rn 11
Mithin hat ein Schuldner, der eine natürliche Person ist, seine Restschuldbefreiung anstrebt und nicht in der Lage ist, die Verfahrenskosten aufzubringen, ggf. drei Anträge zu stellen:
- Eröffnungsantrag,
- Antrag auf Restschuldbefreiung gemäß § 287,
- Stundungsantrag gemäß § 4a.
Rn 12
Antragsberechtigt sowohl für den Restschuldbefreiungsantrag als auch für den Stundungsantrag ist ausschließlich der Schuldner. Während dies für den Restschuldbefreiungsantrag eindeutig aus dem Gesetzeswortlaut folgt, ergibt sich dies für den Stundungsantrag zwar nicht ganz zweifelsfrei aus dem Wortlaut des Abs. 1, jedoch aus dem Umstand, dass der Antrag auf Verfahrenskostenstundung auch mit zusätzlichen Obliegenheiten verbunden ist (z.B. die Erwerbsobliegenheit gemäß § 4c Nr. 4, die bereits im eröffneten Verfahren gilt). Die Entscheidung, ob ein Antrag auf Verfahrenskostenstundung gestellt wird, liegt demgemäß ausschließlich beim Schuldner.
Rn 13
Dem Antrag auf Verfahrenskostenstundung hat der Schuldner eine Erklärung beizufügen, ob ein Grund zur Versagung der Restschuldbefreiung aufgrund einer rechtskräftigen Verurteilung wegen einer Straftat nach den §§ 283 bis 283c StGB vorliegt, § 290 Abs. 1 Nr. 1.
Rn 14
Die Stundung der Verfahrenskosten und der damit verbundene Einsatz öffentlicher Mittel soll nur dann erfolgen, wenn das Ziel, auch den völlig mittellosen Schuldnern den Weg zu einem wirtschaftlichen Neuanfang zu ebnen, erreichbar erscheint. Dies ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn bereits bei Einleitung des Insolvenzverfahrens feststeht, dass ein offensichtlicher Versagungsgrund für die begehrte Restschuldbefreiung gegeben ist.
Rn 14a
Nach der Rechtsprechung zu § 4a InsO in der bis zum 1. Juli 2014 geltenden Fassung kam eine Stundung der Verfahrenskosten nicht in Betracht, wenn die Restschuldbefreiung aus anderen als den in § 4a InsO a.F. genannten Gründen offensichtlich nicht erreicht werden konnte. Es sollten nicht öffentliche Mittel für eine Stundung eingesetzt werden, wenn von Anfang an feststand, dass die Restschuldbefreiung letztlich versagt werden würde. Darüber hinaus wurde eine Stundung dann nicht gewährt, wenn die Restschuldbefreiung aus anderen Gründen offensichtlich nicht erreicht werden konnte, etwa weil der Schuldnerantrag unzulässig war oder weil die wesentlichen am Verfahren teilnehmenden Forderungen gemäß § 302 InsO von der Restschuldbefreiung ausgeschlossen waren. Ob und in welchem Umfang an dieser Rechtsprechung nach der Neufassung des § 4a InsO durch Art. 1 des Gesetzes zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte vom 15. Juli 2013 festgehalten werden kann, hatte der BGH zunächst offengelassen. Für den Fall, dass eine Restschuldbefreiung unabhängig vom Vorliegen eines Versagungsgrundes offensichtlich nicht erreicht werden kann, weil die wesentlichen am Verfahren teilnehmenden Forderungen gemäß § 302 InsO von der Restschuldbefreiung ausgeschlossen sind, hält der BGH auf Basis einer Entscheidung vom 13.02.2020 nunmehr fest. Eine Stundung der Verfahrenskosten kommt in einem solchen Fall nicht in Betracht. Der Wortlaut des § 4a Abs. 1 InsO schließt eine Ablehnung der Stundung aus anderen als den...