Entscheidungsstichwort (Thema)
Hilfeleistung in Steuersachen bei der Erfüllung von Buchführungspflichten. kein Werbeverbot für mechanische Buchungstätigkeiten
Leitsatz (redaktionell)
1. § 6 Nr. 3 StBerG 1975 gibt nur die in der Rechtsanwendung gefundene Bestimmung des Begriffs der geschäftsmäßigen Hilfeleistung bei der Erfüllung von Buchführungspflichten im Sinne des § 107a Abs. 1 Satz 2 RAO a.F. wieder, wonach rein technische, mehr oder weniger mechanische Tätigkeiten, die eine kaufmännisch eingerichtete Buchhaltung erfordert, nicht als „Hilfeleistung” im Sinne des § 107a RAO a.F. angesehen wurden, so daß ein Buchhalter freiberuflich ohne Verstoß gegen die Vorschrift so lange tätig werden konnte, als er nicht selbständig kontierte.
2. Das Werbeverbot des § 8 Abs. 1 StBerG 1975 gilt nicht für die nach § 6 Nr. 3 StBerG 1975 freigegebene Durchführung mechanischer Arbeitsgänge.
3. Die Verfassungsbeschwerde ist verspätet erhoben, soweit sie sich gegen § 80 Abs. 5 und 7 AO 1977 richtet. Die dort geregelte Zurückweisung von Bevollmächtigten und Beiständen war im wesentlichen bereits in § 107 RAO a.F. enthalten.
Normenkette
AO § 107a Abs. 1 S. 2; AO 1977 § 80 Abs. 5, 7; StBerG 1975 § 6 Nr. 3, § 8 Abs. 1
Gründe
1. Soweit sich der Beschwerdeführer dagegen wendet, daß ihm nur die Durchführung mechanischer Buchführungsarbeiten, jedoch nicht das Kontieren von Belegen und das Erteilen von Buchungsanweisungen gestattet ist, ist die Jahresfrist des § 93 Abs. 2 BVerfGG nicht eingehalten. Die Jahresfrist wird durch die Neufassung einer bereits bestehenden gesetzlichen Regelung nicht neu in Lauf gesetzt, wenn die Norm zwar in ihrem Wortlaut redaktionell geändert, in ihrem materiellen Gehalt und ihrem Anwendungsbereich jedoch unverändert geblieben ist (vgl. BVerfGE 12, 139 [141]).
Bereits nach § 107a Abs. 1 Satz 2 RAO in der Fassung des § 119 Abs. 2 des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Steuerberater und Steuerbevollmächtigten vom 16. August 1961 (BGBl. I S. 1301) umfaßte die den steuerberatenden Berufen vorbehaltene geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen „die Hilfeleistung bei der Erfüllung von Buchführungspflichten, die aufgrund von Steuergesetzen bestehen”. Die Vorschrift wurde dahin ausgelegt, daß rein technische, mehr oder weniger mechanische Tätigkeiten, die eine kaufmännisch eingerichtete Buchhaltung erfordert, nicht als „Hilfeleistung” im Sinne des § 107a RAO a.F. angesehen wurden, so daß ein Buchhalter freiberuflich ohne Verstoß gegen die Vorschrift so lange tätig werden konnte, als er nicht selbständig kontierte (vgl. BGHZ 54, 306 = NJW 1971, S. 40; Maaßen, FR 1971, S. 60 [62]; Tipke-Kruse, AO/FGO, § 107 RAO a.F., Rdnr. 12). An diesem Rechtszustand hat sich durch die Übernahme der allgemeinen Vorschriften über die Befugnis zur Hilfeleistung in Steuersachen aus der Abgabenordnung in das Steuerberatungsgesetz durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Steuerberatungsgesetzes vom 24. Juni 1975 (BGBl. I S. 1509) nichts geändert. Die zusätzlich aufgenommene Vorschrift des § 6 Nr. 3 StBerG 1975 gibt nur die in der Rechtsanwendung gefundene Bestimmung des Begriffs der geschäftsmäßigen Hilfeleistung bei der Erfüllung von Buchführungspflichten im Sinne des § 107a Abs. 1 Satz 2 RAO a.F. wieder.
2. Soweit sich der Beschwerdeführer gegen das Werbeverbot des § 8 Abs. 1 StBerG 1975 wendet, fehlt der Verfassungsbeschwerde das Rechtsschutzbedürfnis. Die von dem Beschwerdeführer vorgenommene Auslegung, daß die Vorschrift untersage, für die nach § 6 Nr. 3 StBerG 1975 freigegebene Durchführung mechanischer Arbeitsgänge zu werben, wird überwiegend nicht für zutreffend gehalten. Insbesondere geht die Finanzverwaltung von einer solchen Auslegung der Vorschrift bei ihrer praktischen Handhabung nicht aus. Auch der Beschwerdeführer hat weder behauptet noch belegt, daß ihm die Werbung für die Durchführung mechanischer Arbeitsgänge bei der Führung von Büchern und Aufzeichnungen im Einzelfall untersagt worden sei.
3. Die Verfassungsbeschwerde ist auch verspätet erhoben, soweit sie sich gegen § 80 Abs. 5 und 7 AO 1977 richtet. Die dort geregelte Zurückweisung von Bevollmächtigten und Beiständen war im wesentlichen bereits in § 107 RAO a.F. enthalten. Soweit sich der Beschwerdeführer gegen das Steuerberatungsgesetz insgesamt wendet, ist seine Verfassungsbeschwerde unzulässig, da er nicht dargelegt hat, inwiefern er durch die einzelnen Vorschriften in seinen Grundrechten betroffen sein soll.
4. Wegen der Verfassungswidrigkeit des Buchführungsprivilegs der steuerberatenden Berufe wird im übrigen auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juni 1980 –1 BvR 697/77 – verwiesen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Fundstellen