Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit der Vergnügungssteuer für Gewinnspielautomaten
Leitsatz (redaktionell)
§ 21 Abs.1, 2 VergnStG NW sind, soweit sie Gewinnapparate betreffen, bis Ende 1957 mit dem Grundgesetz vereinbar: es handelt sich um eine Vergnügungssteuer, nicht um eine in die Bundeskompetenz fallende gewerberechtliche Regelung, die auch mit Art.12 Abs.1 GG und Art.3 Abs.1 GG vereinbar ist.
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 70 Abs. 1, Art. 72, 74 Nr. 11, Art. 100 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 Nrn. 1, 3, Abs. 2a; GewO § 33d; VergnStG NW § 2 Abs. 2 Nr. 7, § 21 Abs. 1-2; BVerfGG § 80 Abs. 2
Verfahrensgang
OVG für das Land NRW (Vorlegungsbeschluss vom 09.11.1957; Aktenzeichen III A 648/57) |
Gründe
A. – I.
1. Das Bereithalten von Glücksspielgeräten in der Öffentlichkeit war von jeher als Glücksspiel strafbar, sofern nicht eine behördliche Erlaubnis dazu erteilt war (so § 360 Abs. 1 Nr. 14 StGB von 1871; § 284 Abs. 1 StGB in der im wesentlichen noch heute geltenden Fassung des Gesetzes gegen das Glücksspiel vom 23. Dezember 1919 – RGBl. S. 2145).
Die Erteilung der behördlichen Erlaubnis hatte die Reichsregierung in Ausführungsvorschriften vom 27. Juli 1920 (RGBl. S. 1482) näher geregelt; darin war die Erlaubnis zum öffentlichen Glücksspiel und damit auch zum Aufstellen von Glücksspielgeräten beschränkt auf Jahrmärkte, Schützenfeste und ähnliche unter freiem Himmel gelegentlich stattfindende Veranstaltungen von vorübergehender Dauer.
2. Um die erst durch den Strafrichter zu klärenden Zweifel auszuschließen, ob das Spiel an einem bestimmten Spielgerät mit Gewinnmöglichkeit ohne behördliche Erlaubnis als Glücksspiel strafbar oder als Geschicklichkeitsspiel erlaubt war, sah das Gesetz vom 18. Dezember 1933 (RGBl. I S. 1080) für das Aufstellen von Spielgeräten mit Gewinnmöglichkeit jeder Art – Gewinnapparaten –, also nicht nur von reinen Glücksspielgeräten, ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt durch Einfügung des § 33 d in die Gewerbeordnung vor; diese Bestimmung lautete in der bis zum 1. Oktober 1960 gültigen – durch das Vierte Bundesgesetz zur Änderung der Gewerbeordnung vom 5. Februar 1960 (BGBl. I S. 61) ersetzten – Fassung:
(1) Wer gewerbsmäßig auf öffentlichen Wegen, Straßen, Plätzen oder an anderen öffentlichen Orten mechanisch betriebene Spiele und Spieleinrichtungen, die die Möglichkeit eines Gewinnes bieten, aufstellen will, bedarf dazu der Genehmigung der Ortspolizeibehörde.
(2) Der Reichswirtschaftsminister erläßt im Einvernehmen mit dem Reichsminister des Innern die zur Durchführung erforderlichen Rechts- und Verwaltungsanordnungen; er kann auch Bestimmungen ergänzenden Inhalts erlassen. Insbesondere ist er befugt, zu bestimmen, welche Arten mechanisch betriebener Spiele und Spieleinrichtungen die Ortspolizeibehörde nach Abs. 1 genehmigen kann. Der Reichswirtschaftsminister kann im Einvernehmen mit dem Reichsminister des Innern diese Befugnis auch auf eine andere Stelle übertragen. …
In Ausführung von § 33 d Abs. 2 haben der Reichswirtschaftsminister und der Bundeswirtschaftsminister Rechtsverordnungen, der Bundeswirtschaftsminister auch Verwaltungsanordnungen erlassen.
3. Die Verordnung zur Durchführung des § 33 d GewO vom 25. Juni 1934 (RGBl. I S. 524) führte die Zulassung von Bauarten ein und übertrug die Zulassung der Bauart eines Spielgerätes der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt. Die Aufstellung eines so zugelassenen Spielgerätes wurde durch Verordnung vom 22. Mai 1935 (RGBl. I S. 683) wiederum auf Jahrmärkte, Schützenfeste und ähnliche, gelegentlich unter freiem Himmel stattfindende Veranstaltungen von vorübergehender Dauer beschränkt.
Diese Regelung blieb über das Inkrafttreten des Grundgesetzes hinaus im wesentlichen bestehen.
Erst die 2. Änderungsverordnung vom 13. August 1953 (BGBl. I S. 935) ließ die Aufstellung der Gewinnspielgeräte auch in geschlossenen Räumen zu und führte einen Höchsteinsatz (von 0,10 DM), einen Höchstgewinn (von 1,– DM) und eine Mindestdauer des Spielablaufs (von 15 Sekunden) ein. Hierbei beließ es im wesentlichen die 3. Änderungsverordnung vom 12. Dezember 1955 (BGBl. I S. 751), indem sie als zulässigen Ort der Aufstellung ausdrücklich Gast-, Schank- oder Speisewirtschaften, Spielhallen und Wettannahmestellen der Buchmacher bezeichnete; in jedem solchen Betrieb durften höchsten zwei Spielgeräte aufgestellt werden.
4. Für die Zulassung von Bauarten hat der Bundeswirtschaftsminister der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt Richtlinien gegeben, die mehrfach geändert worden sind. Die hier maßgebende Fassung vom 31. Juli 1956 (BWMBl. S. 345) enthält zusätzlich folgende Grundsätze:
Der Einsatz ist auf 0,10 DM unabänderlich festgelegt. Bei einer Spieldauer von weniger als 30 Sekunden muß nach der Wahrscheinlichkeitsrechnung mindestens jedes fünfte Spiel gewinnen und müssen mindestens 60% des Einsatzes als Gewinn zurückgezahlt werden; bei einer Spieldauer von 30 bis 60 Sekunden muß das Gewinnverhältnis mindestens 50%, bei weiterer Verlängerung der Spieldauer darf es geringer sein. Die Zulassungsdauer einer Bauart wird auf drei Jahre begrenzt.
Entsprechend diesen Richtlinien ließ die Physikalisch-Technische Bundesanstalt die Bauart eines Gerätes durch einen dem Hersteller (Fabrikanten) erteilten Zulassungsschein zu. Für jedes Stück einer zugelassenen Bauart (Nachbaugerät) wurde ein Zulassungszeichen und ein Abdruck des Zulassungsscheins ausgegeben.
II.
Das Bereithalten von Spielgeräten ist Gegenstand der Vergnügungssteuer. Diese beruht auf dem allgemeinen Gedanken, daß demjenigen, der sich ein Vergnügen leistet, auch eine zusätzliche Abgabe für die Allgemeinheit zugemutet werden kann; sie hat sich jedoch – insbesondere im 19. Jahrhundert als Steuer für öffentliche Vergnügungen, wie Schauspiele, Tanzvergnügungen – allgemein in der Gestalt entwickelt, daß sie nicht unmittelbar von dem sich Vergnügenden für seinen Aufwand, sondern von dem Veranstalter des Vergnügens für die Veranstaltung erhoben wurde. Von jeher ist sie den Gemeinden zugeflossen.
1. Die Steuergesetzgebung des Reiches ermächtigte und verpflichtete die Gemeinden, eine Vergnügungssteuer zu erheben (Landessteuergesetz vom 30. März 1920 – RGBl. S. 402, § 12 – und Finanzausgleichsgesetz vom 23. Juni 1923 in der Fassung vom 27. April 1926 – RGBl. 1923 I S. 494 und 1926 I S. 203, § 13 bzw. 14). Die auf Grund gesetzlicher Ermächtigung vom Reichsrat erlassenen „Bestimmungen über die Vergnügungssteuer” vom 9. Juni 1921 (RGBl. S. 856) – Reichsratsbestimmungen – wurden mehrfach geändert und galten in der Fassung vom 7. Juni 1933 (RGBl. I S. 351) auch nach 1945 fort. Sie unterschieden die Kartensteuer, die nach Preis und Zahl der ausgegebenen Eintrittskarten berechnet war (Art. II § 5), und die Pauschsteuer; bei ihr war der Steuermaßstab verschieden, teils die Roheinnahme, teils das Vielfache des Einzelpreises, teils der Wert des zum Vergnügen bereitgestellten Gegenstandes. So wurde für Volksbelustigungen, wie Veranstaltungen zum Ausspielen von Geld und für Glücksräder täglich das – nach der Frontlänge gestaffelte – Vielfache des Einzelpreises oder Einsatzes, für andere näher bezeichnete Veranstaltungen eine Pauschsteuer nach der Größe des benutzten Raumes erhoben (Art. II § 1 Abs. 2 Nr. 2 in Verbindung mit § 17 Abs. 1 Nr. 7, § 20). Art. II § 18 berechnete für „das Halten eines Spiel-, Geschicklichkeits- oder ähnlichen Apparates” in Gast- und Schankwirtschaften eine Pauschsteuer in Höhe von 1/2 % des gemeinen Wertes des Apparates für jeden angefangenen Betriebsmonat.
Für die britische Zone erhöhte die Verordnung Nr. 34 der Britischen Militärregierung (ABl. Nr. 11 S. 249) vom 1. Juli 1946 ab die Vergnügungssteuer nicht unerheblich, so den Steuersatz für das Halten eines Spielapparates von bisher 1/2 v.H. auf 3/4 v.H.
2. Das Land Nordrhein-Westfalen regelte durch Gesetz vom 5. November 1948 (GV. NW. 1949 S. 9) die Vergnügungssteuer in enger Anlehnung an die Reichsratsbestimmungen neu. Das Gesetz sah für Volksbelustigungen, z.B. Veranstaltungen zum Ausspielen von Geld und für Glücksräder, als tägliche Pauschsteuer das – nach der Frontlänge gestaffelte – Vielfache des Einzelpreises oder Einsatzes vor (Art. II § 1 Abs. 2 Nr. 2, § 18 Abs. 2 Nr. 7); für „das Halten eines … Spiel-, Geschicklichkeits- oder ähnlichen Apparates…in Gast- und Schankwirtschaften” berechnete es die Steuer nach dem gemeinen Werte des Apparates und setzte den Steuersatz für jeden angefangenen Betriebsmonat auf 1 v.H., mindestens 5,– DM fest (Art. II § 19 Abs. 1 und 2).
Hiermit stimmte der von einer Länderkommission im Juni 1952 ausgearbeitete Entwurf eines Gesetzes über die Vergnügungssteuer im wesentlichen überein.
3. Sowohl die Reichsratsbestimmungen wie das Vergnügungssteuergesetz 1948 und der Länderentwurf erlaubten den Gemeinden, durch Satzung abweichende Bestimmungen zu treffen, insbesondere die steuerliche Belastung zu erhöhen, jedoch nicht, sie zu vermindern.
4. Entsprechend dem Entwurf der Länderkommission erließen die meisten Länder in den Jahren 1955 bis 1957 Vergnügungssteuergesetze, Nordrhein-Westfalen das Gesetz über die Vergnügungssteuer vom 16. Oktober 1956 (GV. NW. S. 295 = GS. NW. S. 605) – VStG 1956 –. Es übernimmt im wesentlichen die frühere Regelung, macht – wie bisher – die Steuerpflicht von dem Willen der Gemeinden unabhängig (§ 1) und überläßt diesen lediglich Abweichungen in der Form begrenzter Erhöhungen. Es ist am 1. Dezember 1956 in Kraft getreten (§ 32).
Als einen Steuergegenstand sieht es auch das „Halten von Musik-, Spiel- und Geschicklichkeitsapparaten” vor (§ 2 Abs. 2 Nr. 7). Sein § 21 lautet auszugsweise:
III. Pauschsteuer
§ 21
Nach dem Werte
(1) Die Pauschsteuer für das Halten eines Musik-, Schau-, Scherz-, Spiel-, Geschicklichkeits- oder ähnlichen Apparates in Gast- und Schankwirtschaften … ist nach dem Erstanschaffungspreis des Apparates … zu berechnen.
(2) Die Steuer beträgt für jeden angefangenen Betriebsmonat für die in Absatz 1 bezeichneten Apparate 1/2 v.H. des Erstanschaffungspreises, mindestens aber 10.– DM. Bei Apparaten mit Gewinnmöglichkeit beträgt die Mindeststeuer 30.– DM.
(3) Die Gemeinde kann den Steuerbetrag abweichend von Absatz 2 mit dem Pflichtigen vereinbaren, wenn der Nachweis des Erstanschaffungspreises im Einzelfall besonders schwierig ist oder die Vereinbarung zu einer Vereinfachung der Berechnung führt.
(4) Die Steuer ist innerhalb der ersten 14 Tage eines jeden Kalendervierteljahres zu entrichten.
(5) Der Eigentümer oder derjenige, dem der Apparat … zur Ausnutzung überlassen ist, hat die Aufstellung des Apparates … vor der(en) Aufstellung der Gemeinde anzuzeigen. …
(6) …
(7) …
III.
Die Kläger der 68 Ausgangsverfahren hatten einen oder mehrere Gewinnapparate in Gastwirtschaften in Gemeinden des Landes Nordrhein-Westfalen aufgestellt, teils hauptgewerblich, teil nebengewerblich.
Sie sind für Dezember 1956 oder die Anfangsmonate des Jahres 1957 von den jeweiligen Gemeinden zur Vergnügungssteuer herangezogen worden. Hiergegen haben sie den Verwaltungsrechtsweg beschritten und die Freistellung von der Steuer begehrt. Sie halten das VStG 1956, soweit es Gewinnapparate besteuert, für verfassungswidrig, weil der Landesgesetzgeber unzuständig sei, das Aufstellergewerbe ungleich behandle und erdrossele. Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen hat durch gleichlautende Beschlüsse vom 9. November 1957 diese Verwaltungsstreitverfahren ausgesetzt und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber eingeholt, ob § 21 Abs. 1 und 2 des Vergnügungssteuergesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 16. Oktober 1956 gegen Art. 105 Abs. 2 des Grundgesetzes verstößt.
Es verneint zwar die Kompetenz des Landesgesetzgebers weder für die Vergnügungssteuer im allgemeinen noch für eine Apparatesteuer schlechthin, wohl aber für die Steuer, wie sie in der zur Prüfung vorgelegten Vorschrift für Apparate mit Gewinnmöglichkeit ausgestaltet sei.
Diese Pauschsteuer lasse sich nicht unter die Verbrauch- oder Verkehrsteuern einordnen. Bei ihnen könne Steuergegenstand nur ein einmaliges Ereignis oder ein fortdauerndes Geschehen sein. Das Veranstalten von Vergnügen sei ein solches Geschehen. Bei der Apparatesteuer sei aber Steuergegenstand das bloße Halten des Apparates; auf seine Benutzung stelle das Gesetz nicht ab. Das Halten aber sei ein Zustand, kein Geschehen.
Auch die Bemessungsgrundlage, nämlich der Erstanschaffungspreis oder die Stückzahl, sei nicht auf den Vorgang des Verbrauchs oder Verkehrs ausgerichtet. Der gemeine Wert, die Bemessungsgrundlage der früheren vergnügungssteuerlichen Regelungen, habe noch einen gewissen, wenn auch nur sehr schwachen Rückschluß auf den wahrscheinlichen Umfang der Benutzung zugelassen; ein teurer Apparat finde mehr Spieler als ein billiger. Der Erstanschaffungspreis biete dagegen wegen der möglichen Abnutzung und Veraltung keinen solchen Anhalt. Praktisch komme es auf diesen Maßstab nicht mehr an, weil wegen des regelmäßigen Erstanschaffungspreises von 600,– bis 800,– DM stets der Mindestbetrag von monatlich 30,– DM, also ein fester, nach der Stückzahl berechneter Betrag zu entrichten sei. Daß diese Bemessungsgrundlage überhaupt keinen Rückschluß auf den mutmaßlichen oder wahrscheinlichen Umfang der Benutzung des Apparates zulasse, unterliege keinem Zweifel.
Die Apparatesteuer des § 21 sei vielmehr positiv unter die Realsteuern einzuordnen als eine Art besonderer Gewerbekapitalsteuer. Ihr Gegenstand sei nämlich der im Halten des Apparates – dazu gehöre das In-Betrieb-Stellen – liegende Gewerbebetrieb. Die Steuer müsse auch, wie die Gewerbesteuer, aus dem Ertrag der Apparate bestritten werden, weil ihre Überwälzung auf die Spieler bundesrechtlich (§ 33 d der Gewerbeordnung und seine Durchführungsregelungen) ausgeschlossen sei. Bemessungsgrundlage der Apparatesteuer sei ein Teil des Gewerbekapitals. Für eine derart ausgestaltete Steuer habe der Bund die konkurrierende Kompetenz (Art. 105 Abs. 2 Nr. 3 GG); im Gewerbesteuergesetz habe er von ihr bereits Gebrauch gemacht. Das Land Nordrhein-Westfalen sei demnach auch nicht etwa gemäß Art. 70 Abs. 1 GG zum Erlaß der vorgelegten gesetzlichen Bestimmung zuständig gewesen.
IV.
1. Von den in § 77 und § 80 Abs. 5 BVerfGG bezeichneten Stellen hat sich nur die Landesregierung, die den Verfahren beigetreten ist, geäußert. Sie hält die zur Prüfung vorgelegten Bestimmungen für verfassungsmäßig.
2. Die Kläger der Ausgangsverfahren bestreiten nicht die Kompetenz des Landes für die Vergnügungssteuer allgemein und insbesondere auf den Spielaufwand durch Gewinnapparate nach Maßgabe der Reichsratssätze. In der „Aufstockung” dieser Sätze sehen sie jedoch keine bloße Erhöhung der Vergnügungssteuer, sondern eine Änderung der Art der Steuer, für die dem Lande die Gesetzgebungsbefugnis fehle, einen Einbruch in die gewerberechtliche Regelung des Bundes. Insbesondere wirke die aufgestockte Steuer auf den Beruf des Automatenaufstellers erdrosselnd; damit verstoße sie gegen die Grundrechte der Gleichheit, der Berufsfreiheit und des Eigentums.
Der erhöhte Mindestsatz von 30,– DM sei weder tatsächlich noch rechtlich auf die Spieler abwälzbar. Es sei technisch unmöglich gewesen, bereits im Zeitpunkt der Steuererhöhung die Gewinnchancen für die Spieler zu verringern. Ihre allmähliche spätere Verringerung scheitere an der Lebenswirklichkeit, die eine durchschnittliche Gewinnquote bei „Blindspielen” und „Bestspielen” von ungefähr 72-75 % ergeben habe. Apparate mit ungünstigeren, etwa auf das zulässige Mindestmaß herabgesetzten Gewinnchancen würden selbst dann vom spielenden Publikum nicht benützt werden, wenn es überhaupt keine Apparate mit günstigeren Möglichkeiten gäbe; dies werde ein Sachverständiger bestätigen. Dem materiellen Gehalt nach handele es sich also, wie das vorlegende Gericht zu Recht angenommen habe, um eine zweite, gleichheitswidrige landesrechtliche Gewerbekapitalsteuer zu Lasten der gewerbsmäßigen Aufsteller.
Soweit die Steuererhöhung das Aufstellergewerbe auch nur eindämme, durchkreuze das Land die mit der gewerberechtlichen Regelung verfolgten Intentionen des Bundes. Die Typisierung der Bauart der Apparate durch die minutiöse gewerberechtliche Regelung führe zu niedrigen und häufigen Gewinnen, halte also das Spielrisiko gering und nehme damit den so eingeengten Spielen den Charakter des Glücksspiels im strafrechtlichen Sinne, mache sie zu wertneutralen Spielen. Das Land dürfe daher wohl die neue Steuerquelle, deren Voraussetzung der Bund selbst geschaffen habe, erschließen, dürfe aber das durch die bundesrechtliche Regelung geprägte Berufsbild des gewerbsmäßigen Aufstellers nicht antasten und sei gehindert, im Mantel einer Steuer der bundesrechtlichen Regelung des Aufstellergewerbes und der Zulässigkeit der Aufstellung von Gewinnapparaten weitere Einschränkungen mit dem Ziel auch nur einer Eindämmung hinzuzufügen.
Die erhöhte Steuer verletze aus verschiedenen Gründen den Gleichheitssatz. Insbesondere diskriminiere der Gesetzgeber der Vergnügungssteuer das Aufstellergewerbe, indem er der Ehrlichkeit der Aufsteller bei den monatlichen Angaben des Kasseninhalts grundsätzlich mißtraue. Wie bei der Umsatzsteuer sei ein individueller Besteuerungsmaßstab möglich.
Darüber hinaus erdrossele die erhöhte Steuer das Aufstellergewerbe und verstoße dadurch insbesondere gegen Art. 12 und Art. 14 GG. Daß das Aufstellergewerbe noch nicht zusammengebrochen sei, beweise nicht das Gegenteil, denn die Verwaltungsgerichte hätten die teilweise Vollziehung der Steuerbescheide in weitem Umfange ausgesetzt, die Gemeinden einen Teil der Steuer gestundet.
Zur Unterstützung ihrer Ausführungen haben die Kläger der Ausgangsverfahren folgende Gutachten vorgelegt: 1. zwei Gutachten des Prof. Dr. Heinz Meilike vom 26. Oktober 1955 und vom 24. Februar 1960; 2. zwei Gutachten des Prof. Dr. Gerhard Wacke vom 28. Januar 1956 und vom 22. August 1960; 3. ein Gutachten des Prof. Dr. Armin Spitaler vom 1. Dezember 1961.
3. Die Beklagten der Ausgangsverfahren halten, soweit sie sich geäußert haben, die Vorlagen für unzulässig, weil die Ungültigkeit der Sonderbestimmungen für Gewinnapparate zu einer mindestens gleich hohen Besteuerung nach den allgemeinen Bestimmungen des VStG 1956 führe, also für die Entscheidung unerheblich sei. Zudem fehle es bei drei Vorlagen an einem anfechtbaren Steuerbescheid und ordnungsmäßigen Vorverfahren.
Die zur Prüfung vorgelegte Norm halten die Gemeinden unter Überreichung des Rechtsgutachtens des Professors Dr. Werner Flume vom 15. Januar 1959 für verfassungsmäßig. Unter anderem haben sie vorgetragen, das Mindestgewinnverhältnis von 60% beruhe auf den Zulassungsrichtlinien, also Verwaltungsanweisungen und nicht auf objektivem Bundesrecht. Eine erdrosselnde Wirkung der Steuer wäre zwar unzulässig, sei aber weder beabsichtigt noch tatsächlich vorhanden.
4. Der Bundesfinanzhof hält die Gewinnapparatesteuer für eine Aufwandsteuer im Sinne einer Verkehrsteuer mit örtlich bedingtem Wirkungskreis, jedenfalls nicht für eine besondere Gewerbekapitalsteuer.
5. Der Bundesminister für Wirtschaft hat in seiner Äußerung vom 5. Dezember 1955 zu einer Verfassungsbeschwerde gegen eine Steuer von 3% des Erstanschaffungspreises auf Gewinnapparate nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 und 2 des Vergnügungssteuergesetzes des Landes Rheinland-Pfalz vom 14. März 1955 die Abwälzbarkeit dieser Steuer verneint und ihre Unvereinbarkeit mit der gewerberechtlichen Regelung für möglich gehalten.
V.
Der gemäß § 14 Abs.5 BVerfGG gebildete Ausschuß hat die 68 Normenkontrollverfahren dem Ersten Senat zugewiesen. Dieser hat sie durch Beschluß vom 16. Dezember 1958 zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbunden.
In der mündlichen Verhandlung waren die Landesregierung, die Kläger und ein Teil der Beklagten der Ausgangsverfahren vertreten. Die Frage, ob der durch das VStG 1956 auf 30,– DM erhöhte Mindestsatz das Aufstellergewerbe tatsächlich erdrossele, wurde zurückgestellt.
Als Sachverständiger wurde Regierungsrat Dr. Martin Klemt, Sachbearbeiter bei der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig, im wesentlichen über die verschiedenen Bauarten der Gewinnapparate und ihre Verwendung gehört.
B.
Die Vorlagen sind zulässig.
Für die vom Oberverwaltungsgericht zu treffenden Entscheidungen kommt es auf die Gültigkeit des § 21 Abs. 1 und 2 VStG 1956 an. Wie die Begründung der Vorlagen ergibt, bejaht das Oberverwaltungsgericht die prozessualen Voraussetzungen für eine Sachentscheidung und sieht sich an ihr allein durch seine Überzeugung von der Kompetenzwidrigkeit und damit Nichtigkeit der zur Prüfung gestellten Norm gehindert. Von seinem Rechtsstandpunkt aus müßte es zugunsten der Anfechtungskläger entscheiden, im anderen Falle zugunsten der Gemeinden.
1. Entgegen dem scheinbar weitergehenden Tenor der Vorlagebeschlüsse will das Oberverwaltungsgericht, wie die Begründung seiner Beschlüsse ergibt, dem Bundesverfassungsgericht nur die Frage vorlegen, ob § 21 Abs. 1 und Abs. 2 VStG 1956 insoweit gültig ist, als er die Vergnügungssteuer für Gewinnapparate regelt; dagegen ist die bezeichnete Vorschrift, soweit sie sich auf andere Apparate bezieht, für die Ausgangsverfahren offenbar unerheblich und daher im vorliegenden Normenkontrollverfahren nicht nachprüfbar.
2. Auch zeitlich bedarf die vom Oberverwaltungsgericht gestellte Frage der Einschränkung. Für die Entscheidung der Ausgangsverfahren kommt es nur auf die Rechtslage vom Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Dezember 1956 bis zum Ende des Jahres 1957 an. Nur auf diesen Zeitraum kann sich der Tenor dieses Teilurteils erstrecken.
Später haben die Richtlinien des Bundeswirtschaftsministers vom 21. Januar 1958 (BWMBl. S. 56) die mögliche Zulassungsdauer der Bauart und der Nachbaugeräte verlängert; die Zulassung und Aufstellung von Spielgeräten ist durch den neugefaßten § 33 d GewO und die in die Gewerbeordnung eingefügten §§ 33 e bis 33 h (Art. I Nr. 12 des Vierten Bundesgesetzes zur Änderung der Gewerbeordnung vom 5. Februar 1960 – BGBl. I S. 61) sowie durch die hierzu ergangenen Durchführungsverordnungen vom 6. Februar 1962 (BGBl. I S. 153 und 156) neu geregelt. Ob diese gewerberechtlichen Änderungen einen Einfluß auf die Gültigkeit der zu prüfenden Steuernorm für die Zeit seit 1957 gehabt haben, bedarf hier keiner Entscheidung.
3. Die Vorlagebeschlüsse konnten auch den § 21 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 VStG 1956 zur Nachprüfung stellen und brauchten sich nicht auf die den Steuerbescheiden der Ausgangsverfahren vornehmlich zugrunde liegende Vorschrift des § 21 Abs. 2 Satz 2 zu beschränken. Allerdings schließt der Mindestsatz von 30,– DM (Abs. 2 Satz 2) wegen seiner Höhe den Erstanschaffungspreis als Bemessungsgrundlage (Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1) und damit den Steuersatz von 1/2 v. H. praktisch aus; rechtlich ausgeschlossen erscheint ferner zunächst auch der Mindestsatz von 10,– DM. Gleichwohl kommt es neben der Gültigkeit von Abs. 2 Satz 2 auch auf die Gültigkeit der weiteren zur Prüfung gestellten Bestimmungen an. Denn der Steuertatbestand selbst, nämlich das Halten eines Spielapparates an den dort bezeichneten Orten, ist in Abs. 1 enthalten und wird gleichfalls vom vorlegenden Gericht für verfassungswidrig erachtet. Entfällt aber der Steuertatbestand, so werden auch die Bemessungsgrundlage und der Steuersatz nach Abs. 2 Satz 2 gegenstandslos. Zudem kommen die niedrigeren Besteuerungsmöglichkeiten des Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1, nämlich mit 1/2 v.H. des Erstanschaffungspreises, mindestens mit 10,– DM je Stück, für den Fall zur Anwendung, daß die höhere besondere Besteuerung des Satzes 2 mit 30,– DM je Apparat nichtig ist. Aber gerade die Gründe, die nach der Ansicht des vorlegenden Gerichts diese Bestimmung nichtig machen, würden in gleicher Weise auch zur Nichtigkeit der Bemessungsgrundlage und des Steuersatzes des Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 führen; auch subsidiär kann sie das vorlegende Gericht also von seinem Rechtsstandpunkt aus nicht anwenden.
4. Die Ansicht, daß es bei der Entscheidung der Ausgangsverfahren auf die Gültigkeit des § 21 Abs. 1 und 2 VStG 1956 ankomme, kann nicht mit dem Argument widerlegt werden, daß im Falle seiner Ungültigkeit das Halten von Spielapparaten mit Gewinnmöglichkeit nach den allgemeinen Bestimmungen des § 2 Abs. 2 Nr. 7 und des § 19 in Verbindung mit §§ 9 und 10 VStG 1956 besteuert werden müsse und daß nach diesen Bestimmungen die Kläger der Ausgangsverfahren mindestens einen gleichhohen Betrag als Vergnügungssteuer schulden würden. Offenbar geht das Oberverwaltungsgericht davon aus, daß die spezielle Besteuerungsvorschrift des § 21 VStG 1956, die die Überschrift „Nach dem Wert” trägt und unter diese Überschrift die Besteuerung des Haltens von Apparaten stellt, nach dem Aufbau des Gesetzes in den bezeichneten allgemeinen Bestimmungen nicht enthalten ist und daß es deshalb bei seiner Nichtigkeit überhaupt an einer gesetzlichen Grundlage für die Besteuerung der von ihm erfaßten Veranstaltungen fehle. Diese Ansicht ist nicht offenbar unhaltbar.
5. Die Unzulässigkeit der Vorlage ergibt sich auch nicht aus dem Schweigen des vorlegenden Gerichts darüber, wie es entscheiden würde, wenn der von ihm für durchschlagend erachtete Nichtigkeitsgrund, nämlich die Unzuständigkeit des Landesgesetzgebers für den Erlaß einer vermeintlichen Realsteuervorschrift, nicht zuträfe. Die Pflicht des vorlegenden Gerichts zur Angabe, „inwiefern von der Gültigkeit der Rechtsvorschrift die Entscheidung des Gerichts abhängig ist” (§ 80 Abs. 2 BVerfGG), beschränkt sich zwar nicht auf die Erörterung, welche Entscheidung es bei der Ungültigkeit der Norm treffen würde, sondern umfaßt auch die Pflicht, positiv zum Ausdruck zu bringen, ob es im Falle der Gültigkeit anders entscheiden würde (BVerfGE 7, 171 [173]; 10, 258 [261]). Die Nichtigkeit hatten die Kläger der Ausgangsverfahren noch auf weitere, nicht im Vorlagebeschluß erörterte Gründe, insbesondere auf eine in tatsächlicher Hinsicht umstrittene Erdrosselungswirkung gestützt. Danach muß das vorlegende Gericht für den Fall, daß der von ihm für durchgreifend erachtete Nichtigkeitsgrund rechtlich nicht zutrifft, mindestens noch auf die Erdrosselung eingehen und gegebenenfalls diese tatsächlich aufklären. Indes betrifft auch dieser mögliche Nichtigkeitsgrund die gleiche Rechtsnorm, nämlich den § 21 Abs. 1 und 2 VStG 1956, freilich unter einem anderen verfassungsrechtlichen Gesichtspunkt. Nach Art. 100 Abs. 1 GG und § 80 Abs. 2 BVerfGG kommt es aber nur auf die Verfassungswidrigkeit der zur Prüfung gestellten Norm schlechthin an. Erheben sich im Ausgangsverfahren gegen dieselbe Rechtsnorm verschiedene verfassungsrechtliche Bedenken, so wird das Gericht in der Regel Anlaß haben, sich im Vorlagebeschluß mit ihnen allen zu beschäftigen. Im vorliegenden Falle hatte es jedoch gute Gründe, sich auf den Vortrag des nach seiner Ansicht durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenkens zu beschränken.
6. Schließlich ist auch die stillschweigende Bejahung der Prozeßvoraussetzungen in den drei Ausgangsverfahren – III A 770/57, III A 882/57, III A 1086/57 – rechtlich haltbar. Die beklagten Gemeinden haben – erst nach Erlaß der Vorlagebeschlüsse – geltend gemacht, sie hätten nur „Rundschreiben” verschickt, die nicht die Wirkung anfechtbarer Vergnügungssteuerbescheide gehabt hätten; es fehle auch an einem ordnungsmäßigen Vorverfahren, die Steuerschuldner hätten keinen Einspruch eingelegt, sondern sogleich die Anfechtungsklage erhoben. Die drei Gemeinden hatten aber, wie die Vorakten ergeben, die schriftlichen Erwiderungen der Kläger auf die Rundschreiben als Einsprüche aufgefaßt und beschieden. Das vorlegende Gericht konnte also ohne offensichtlichen Rechtsverstoß in der Versendung der Rundschreiben eine Heranziehung zur gesetzlich geänderten Vergnügungssteuer und damit einen Verwaltungsakt erblicken, zumal in der Regel ein förmlicher Steuerbescheid nicht erforderlich ist (§ 23 Abs. 1 Satz 2 VStG 1956), und die Prozeßvoraussetzung des Vorverfahrens bejahen.
C.
Das Verfahren ist zur materiellen Entscheidung nur insoweit reif, als es die Verfassungsmäßigkeit des § 21 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 VStG 1956 zum Gegenstande hat. Diese Bestimmungen waren, soweit sie Gewinnapparate betreffen, bis Ende 1957 mit dem Grundgesetz vereinbar.
I.
1. Die Gesetzgebung über die Vergnügungssteuer steht den Ländern und nicht dem Bunde zu. Sie ist eine Verbrauch- oder Verkehrsteuer mit örtlich bedingtem Wirkungskreis im Sinne des Art. 105 Abs. 2 Nr. 1 GG, wie auch die überwiegende Ansicht annimmt; sie gehört zu den „kleinen indirekten Steuern, die heute von den Gemeinden oder Kreisen erhoben werden” (vgl. BVerfGE 7, 244 [257]). Selbst wenn sie eine Steuer eigener Art wäre und nicht unter die in Art. 105 GG erwähnten Steuern fiele (so Hamburgisches Oberverwaltungsgericht im Urteil vom 26. Januar 1957 – KStZ 1957 S. 70 [72]), würde sie schon nach Art. 70 Abs. 1 GG unter die Gesetzgebungszuständigkeit der Länder fallen. Die Landeszuständigkeit für die Vergnügungssteuer schlechthin wird auch von keiner Seite in Zweifel gezogen.
2. Die Zuständigkeit des Landes Nordrhein-Westfalen für die besondere Steuer auf Gewinnapparate nach § 21 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 VStG 1956 ist also gegeben, wenn diese Steuer eine Vergnügungssteuer ist. Entscheidend hierfür ist freilich nicht schon die Bezeichnung; vielmehr sind für die Verteilung der Gesetzgebungskompetenz nach dem Grundgesetz die maßgebenden Kriterien der Steuerart dem traditionellen deutschen Steuerrecht zu entnehmen (BVerfGE 7, 244 [252]). Erfüllt die in § 21 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 VStG 1956 geregelte Steuer für Gewinnapparate nach ihrem Steuertatbestand, Steuermaßstab und ihrer wirtschaftlichen Auswirkung die Merkmale der traditionellen Vergnügungssteuer, so ist sie eine Vergnügungssteuer. Dies würde es ausschließen, daß es sich, wie das vorlegende Gericht und die Kläger der Ausgangsverfahren meinen, in Wirklichkeit um eine Steuer anderer Art, etwa eine verdeckte Gewerbekapitalsteuer, handelt, die unter die konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes fällt und die vom Bund auch abschließend gesetzlich geregelt ist.
3. Zum herkömmlichen Bilde der Vergnügungssteuer gehört, daß sie nicht unmittelbar bei dem sich Vergnügenden, den sie im Grunde treffen soll, sondern bei dem Veranstalter des Vergnügens erhoben wird.
Schon die Reichsratsbestimmungen (§ 23 Abs. 1) bezeichneten den Unternehmer der Veranstaltung der Vergnügung als steuerpflichtig, nicht denjenigen, der von der Veranstaltung Gebrauch macht. Diese Regelung haben das Vergnügungssteuergesetz 1948 (§ 23 Satz 1) und auch das VStG 1956 (§ 4 Abs. 1) übernommen. Steuertatbestand ist dementsprechend die Veranstaltung des Vergnügens.
4. Der Steuertatbestand des § 21 Abs. 1 VStG 1956, nämlich das Halten eines Spielapparates in einer Gast- oder Schankwirtschaft oder an anderen dort bezeichneten Orten, stimmt mit dem Herkömmlichen überein; den gleichen Steuertatbestand enthielten schon die Reichsratsbestimmungen (§ 18 Abs. 1 Nr. 1) und das Vergnügungssteuergesetz 1948 (§ 19 Abs. 1 Nr. 1).
Dieser Steuertatbestand hält sich im Rahmen der in Art. 105 Abs. 2 Nr. 1 GG bezeichneten Steuern mit örtlich bedingtem Wirkungskreis und widerspricht auch nicht, wie das vorlegende Gericht meint, dem Wesen einer Verbrauch- oder Verkehrsteuer, die nur einen Vorgang, nicht einen unveränderlichen Zustand zum Gegenstand haben könne.
Allerdings führt das bloße Halten eines Spielapparates an sich noch nicht zu der Veranstaltung eines Vergnügens, also zu einem Vorgang. Erst wenn Spieler den aufgestellten Apparat benutzen, wird ein Vergnügen veranstaltet. Das Gesetz geht aber auf Grund der allgemeinen Lebenserfahrung mit Recht davon aus, daß ein Gastwirt oder ein anderer Gewerbetreibender, der einen Spielapparat in gewerblichen Räumen aufstellt, damit seine Gäste oder Besucher auffordert, den Apparat auch zu benutzen, und daß er ihn sinnvollerweise nicht aufstellen würde, wenn nicht zu erwarten wäre, daß der Apparat auch benutzt wird. Daß ein in gewerblichen Räumen zum Spiel bereitgestellter Apparat keinen Spieler findet, also zur Veranstaltung eines Vergnügens nicht führt, widerspricht der Erfahrung des Lebens so sehr, daß der Gesetzgeber dies nicht zu berücksichtigen braucht.
Nur dieses Bereithalten für die Spieler kann vernünftigerweise das Gesetz mit dem Worte „Halten” gemeint haben. In diesem Sinne spricht § 21 Abs. 2 auch von dem „Betriebsmonat”. Damit besteuert das Gesetz im Ergebnis einen Vorgang und hält sich im Rahmen einer Verbrauch- oder Verkehrsteuer.
5. Auch die von § 21 Abs. 1 und 2 VStG 1956 gewählten Bemessungsgrundlagen, nämlich der Erstanschaffungspreis statt des früher maßgeblichen gemeinen Wertes und die Stückzahl in Verbindung mit einem Satz von 10,– DM anstelle des bisherigen von 5,– DM, entfernen sich nicht so weit von den herkömmlichen, daß sie mit dem Wesen der traditionellen Vergnügungssteuer unvereinbar wären.
a) Der individuelle, wirkliche Vergnügungsaufwand ist zweifellos der sachgerechteste Maßstab für eine Vergnügungssteuer. Diesen „Wirklichkeitsmaßstab” wählt das Vergnügungssteuerrecht im wesentlichen für die „Kartensteuer”, die nach Preis und Zahl der ausgegebenen Eintrittskarten berechnet wird. Für Veranstaltungen, bei denen der individuelle Aufwand sich nicht oder kaum zuverlässig erfassen läßt, hat das Vergnügungssteuerrecht jedoch Ersatzmaßstäbe in der Gestalt der Pauschsteuer herausgebildet; bei ihr sieht es von dem wirklichen Vergnügungsaufwand ab und erfaßt statt dessen den wahrscheinlichen Vergnügungsaufwand, den es einfachen äußeren Umständen entnimmt; es setzt hierfür Durchschnittsätze fest (vgl. BVerfGE 9, 3 [13]). So ist für Volksbelustigungen ein Vielfaches des Einzelpreises, für gewisse Veranstaltungen die Größe des benutzten Raumes als pauschale Bemessungsgrundlage seit langem üblich geworden. Gegen die pauschale Bemessungsgrundlage an sich bestehen keine Bedenken; ob eine pauschale Steuer abwälzbar ist, bedarf in diesem Zusammenhang noch keiner Erörterung.
Als Ersatzmaßstab darf das Vergnügungssteuerrecht freilich schon nach herkömmlicher Ansicht nur einen solchen wählen, der einen bestimmten Vergnügungsaufwand wenigstens wahrscheinlich macht, weil ein anderer Maßstab dem Wesen der Vergnügungssteuer fremd, also nicht sachgerecht wäre.
b) Der herkömmliche pauschale Maßstab für das Halten von Gewinnapparaten ist ihr gemeiner Wert. Dieser Maßstab wird von jeher als sachgerecht angesehen. Die Beziehung des gemeinen Wertes zu dem Umfang der Benutzung des Apparates liegt auf der Hand: Die von jedem Aufsteller erstrebte Rentabilität eines Spielapparates hängt vornehmlich von der Häufigkeit seiner Benutzung ab; die Aufstellung eines teureren Apparates spricht also dafür, daß er – infolge seines günstigeren Aufstellungsortes oder seiner größeren Anziehungskraft – genug Spieler finden wird, um rentabel zu sein; die Wirtschaftlichkeit eines billigeren Apparates ist dagegen schon gewährleistet, wenn die Zahl der Spieler geringer ist. Der gemeine Wert gibt also einen gewissen Anhalt für die Häufigkeit der Spiele.
c) Aber auch der nicht traditionelle, sondern erst durch das VStG 1956 als Bemessungsgrundlage eingeführte Erstanschaffungspreis steht nicht außer jeder Beziehung zu der Häufigkeit der Benutzung. Allerdings unterliegen auch Spielapparate der allmählichen Wertminderung; im Laufe einer längeren Zeit lassen Gebrauchsfähigkeit und Anziehungskraft nach. Dies ist jedoch gerade für die Gewinnapparate ohne entscheidende Bedeutung. Die Aufstellfrist von drei Jahren von der Zulassung der Bauart ab, die für den hier in Rede stehenden Zeitraum galt, gewährleistet nach ihrem Sinn und Zweck das gleichmäßige und technisch einwandfreie Funktionieren des Apparates während der ganzen zulässigen Dauer der Aufstellung und schließt eine nennenswerte Minderung der Gebrauchsfähigkeit des Apparates für diesen Zeitraum aus. Die verhältnismäßig kurze Dauer der Aufstellungszeit schränkt aber auch die Möglichkeit ein, daß „modernere” Apparate das spielende Publikum mehr anziehen und die älteren Apparate erheblich aus dem Gebrauch verdrängen. Der gleichbleibende Anschaffungspreis bietet also trotz des allmählichen Sinkens des gemeinen Wertes für die zulässige Aufstellungsdauer einen immer noch sachgerechten Anhalt für die Häufigkeit der Benutzung.
d) Schließlich war auch die Besteuerung mit einem Mindestsatz und damit nach der Stückzahl schon bisher üblich. Neu ist allein die Erhöhung von 5 auf 10 DM. Richtig ist auch, daß der Stückzahlsatz (auch in der Höhe von nur 10,– DM) praktisch nicht nur ersatzweise zur Anwendung kommt, sondern den Erstanschaffungspreis als Steuermaßstab generell ausschließt; denn der übliche Erstanschaffungspreis bis zu 800,– DM, bei Apparaten mit Münzwechseleinrichtung von etwa 1000,– DM, ergibt bei dem Steuersatz von 1/2 % höchstens einen monatlichen Steuerbetrag von 4 bis 5 DM. Auch die früheren Regelungen ließen jedoch angesichts der Geringfügigkeit des gemeinen Wertes in weitem Umfange den formell sekundären Maßstab der Stückzahl an die Stelle des primären Maßstabes des gemeinen Wertes treten.
Dem vorlegenden Gericht kann auch nicht darin zugestimmt werden, daß die Stückzahl schlechthin keinerlei Beziehung zu der Häufigkeit der Benutzung mehr habe. Dem Maßstab der Stückzahl eignet allerdings eine besondere Starrheit; losgelöst vom gemeinen Wert wie vom Erstanschaffungspreis, scheint ihm ein Bezug zu der Häufigkeit der Benutzung überhaupt zu fehlen. Es kann dahingestellt bleiben, ob aus diesem Grunde eine primäre Stückzahlsteuer, weil der Vergnügungssteuer wesensfremd, u. U. unzulässig sein könnte. Jedenfalls läßt die besondere Preissituation der Spielapparate eine andere Beurteilung zu, da die Unterschiede der Erstanschaffungspreise verhältnismäßig unbedeutend sind. Die Preise schwankten in den Jahren 1956 und 1957 nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts im allgemeinen zwischen 600,– und 800,– DM, nach den Angaben der Kläger der Ausgangsverfahren zwischen 560,– und 805,– DM; nur Apparate mit Geldwechselvorrichtung erreichen einen Erstanschaffungspreis von etwa 1000,– DM. Diese geringen Unterschiede der Erstanschaffungspreise deuten darauf hin, daß an den Apparaten der verschiedenen Bauarten im Durchschnitt etwa gleich häufig gespielt wird; dann bietet aber schon die bloße Tatsache der Aufstellung eines Apparates, ohne Rücksicht auf seinen Wert und seinen Erstanschaffungspreis, im Durchschnitt einen Anhalt für eine etwa gleich häufige Benutzung, so daß der herkömmliche lockere Bezug zwischen dem Steuermaßstab und dem Vergnügungsaufwand noch als gewahrt angesehen werden kann.
6. Es liegt im Sinne der herkömmlichen Vergnügungssteuer, daß der Veranstalter den von ihm gezahlten Steuerbetrag auf die Benutzer der Veranstaltung abwälzt; denn die Vergnügungssteuer wird nur zur Vereinfachung der Erhebung dem Veranstalter des Vergnügens auferlegt; ihrer Idee nach soll sie letztlich den treffen, der sich vergnügt, hier den Spieler.
a) Darüber, in welcher Weise die Veranstalter ihre steuerliche Belastung im Wege der Überwälzung an die Benutzer der Veranstaltung weitergeben, enthält das herkömmliche Vergnügungssteuerrecht ebensowenig Bestimmungen wie regelmäßig andere die Überwälzung beabsichtigende Steuergesetze, insbesondere die Verbrauchsteuergesetze (Bühler, Steuerrecht I, 1951 S. 226). Die Überwälzbarkeit einer Steuer hat demnach nicht zum Inhalt, daß dem Steuerschuldner die rechtliche Gewähr geboten wird, er werde den als Steuer gezahlten Geldbetrag – etwa wie einen durchlaufenden Posten – von der vom Steuergesetz der Idee nach als Steuerträger gemeinten Person auch ersetzt erhalten. Die Steuerüberwälzung ist ein wirtschaftlicher Vorgang; das Gesetz überläßt es dem Steuerschuldner, den Steuerbetrag in die Kalkulation einzubeziehen und die Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens auch dann zu wahren; letztlich hängt es von der Marktlage ab, ob dem Steuerzahler die Überwälzung gelingt (Bühler/ Strickrodt, Steuerrecht I 3. Auflage S. 410 f.; Welinder, Handbuch der Finanzwissenschaft II 1956, S. 353 ff.; Schmölders, ebenda S. 642 ff.; Amonn, Grundsätze der Finanzwissenschaft II 1953, S. 150). Ob ein Vergleich der Lage des Aufstellers vor und nach der Steuererhöhung die Abwälzbarkeit bestätigt, ist hiernach nicht ausschlaggebend.
Gewährleistet hiernach das Vergnügungssteuerrecht dem Veranstalter des Vergnügens nicht, daß es ihm gelingt, den gezahlten Steuerbetrag auch wirtschaftlich auf den Benutzer der Veranstaltung abzuwälzen, so dürfen doch rechtliche Hindernisse die Abwälzung im obigen Sinne nicht völlig ausschließen. Solche liegen hier auch nicht vor.
b) Daß die Steuer in der Gestalt der Pauschsteuer und nicht für jedes einzelne Spiel erhoben wird, macht die Abwälzung nicht rechtlich unmöglich. Zwar muß der Veranstalter den pauschalen Steuerbetrag stets in voller Höhe und unabhängig davon aufbringen, in welchem Umfange von seiner Veranstaltung Gebrauch gemacht wird. Indes hat er die Möglichkeit, die Steuer als Teil der fixen Kosten in die Errechnung der Wirtschaftlichkeit seiner Veranstaltung einzusetzen und sie in dem Rohertrag der aufgestellten Apparate ersetzt zu erhalten.
Anders war es auch nach den Vergnügungssteuergesetzen vor 1956 nicht. Die Vergnügungssteuer auf das Halten von Spielautomaten war von jeher als Pauschsteuer ausgestaltet und als Teil der fixen Kosten abwälzbar. Ähnlich war die Vergnügungssteuer auf die Veranstaltung zahlreicher anderer Vergnügungen als Pauschalsteuer von jeher üblich; ihre Abwälzbarkeit ist nie streitig gewesen.
c) Die gewerberechtliche Regelung der Aufstellung von Gewinnapparaten durch § 33 d GewO und die hier in Betracht kommende Rechtsverordnung und Verwaltungsanweisung stehen der Abwälzbarkeit ebensowenig entgegen. Allerdings ist es danach den Aufstellern versagt, den Einzelpreis für die Benutzung des Spielapparates zu erhöhen und auf diesem Wege den von ihnen gezahlten Steuerbetrag auf die Spieler zu überwälzen; denn der Einsatz ist auf den festen Betrag von 0,10 DM bestimmt. Auch der Minderung der Leistung sind Grenzen gesetzt durch die Festlegung eines Mindestgewinnverhältnisses, das von der Spieldauer abhängt und bei der regelmäßigen Spieldauer von 15-30 Sekunden 60 zu 40 beträgt.
Indes stehen weder das Verbot der Erhöhung des Einsatzes noch die rechtlichen Grenzen für die Leistungsminderung einer Abwälzung im obigen Sinne rechtlich im Wege. Wie bereits ausgeführt, genügt es für die Abwälzbarkeit, daß der Steuerpflichtige den von ihm gezahlten Betrag in die Kalkulation seiner Selbstkosten einsetzen und hiernach die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens geeigneten Maßnahmen treffen kann. Allerdings kann der Veranstalter die Pauschsteuer nicht, wie etwa die Kartensteuer, auf die einzelnen Spiele, deren Zahl zunächst ungewiß ist, im voraus mit Sicherheit umlegen. Er ist darauf beschränkt, einen so hohen Umsatz zu erstreben, daß der Rohertrag auch seine fixen Kosten einschließlich des Pauschalsteuerbetrages noch deckt, und auf diesem Wege die Rentabilität der aufgestellten Apparate auch bei Zahlung der pauschalen Vergnügungssteuer zu erreichen. Für die Erhöhung des Umsatzes je Apparat setzt die gewerberechtliche Regelung dem Aufsteller aber keine rechtlichen Grenzen; sie ist allein von seinem kaufmännischen Geschick und der Marktlage abhängig.
Bei dieser Rechtslage braucht nicht geprüft zu werden, ob die Aufsteller ihre bisherigen Leistungen, die nach den übereinstimmenden Angaben des Sachverständigen und der Kläger der Ausgangsverfahren regelmäßig für die Spieler nicht unerheblich günstigere Gewinnchancen als die Mindestchancen, nämlich etwa 75 % bieten, bis an die Grenze des Zulässigen herabsetzen und dadurch die erhöhte Steuer auf die Spieler abwälzen können. Daher kommt es auch auf die von den Klägern der Ausgangsverfahren in das Wissen eines Sachverständigen gestellte Tatsache nicht an, daß eine Verminderung der gegenwärtig üblichen Gewinnchancen undurchführbar sei.
Daß die Einführung oder Erhöhung einer Vergnügungssteuer die am Rande der Rentabilität liegenden Veranstalter u. U. zur Einschränkung oder Einstellung ihres Betriebes zwingt, weil er sonst unrentabel wird, ist möglich, aber für die Abwälzbarkeit in dem oben erörterten Sinne unerheblich; denn für stillgelegte Apparate wird eine Vergnügungssteuer überhaupt nicht mehr gezahlt, für die weiter betriebenen wird sie einkalkuliert. Ob von Abwälzbarkeit noch gesprochen werden könnte, wenn durch eine Steuererhöhung ein beträchtlicher Teil der aufgestellten Apparate unrentabel würde, kann hier dahingestellt bleiben, weil die Steuererhöhung des § 21 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 VStG 1956 allein, also abgesehen von der Erhöhung des Mindestsatzes auf 30,– DM durch Abs. 2 Satz 2, nicht ausreichen kann, eine nennenswerte Zahl der aufgestellten Apparate zu verdrängen, wie unten noch auszuführen ist.
II.
§ 21 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 VStG 1956 hat den Erstanschaffungspreis anstelle des gemeinen Wertes als primären Besteuerungsmaßstab und einen monatlichen Mindestsatz von 10,– DM anstelle von bisher 5,– DM eingeführt (über die Zulässigkeit der Erhöhung des Mindestsatzes auf 30,– DM durch Abs. 2 Satz 2 entscheidet dieses Teilurteil nicht). Jedenfalls durch diese Steuererhöhung nimmt das Land nicht eine Zuständigkeit zu einer gewerblichen Regelung in Anspruch, die ihm durch die bundesrechtliche Regelung in § 33 d GewO (nebst der dazu ergangenen Durchführungsverordnung und der Verwaltungsanweisung) nach Art. 72, Art. 74 Nr. 11 GG verschlossen ist.
Wie der Senat bereits in seinem Beschluß vom 30. Oktober 1961 – 1 BvR 833/59 = BVerfGE 13, 181 [196 f.] – ausgesprochen hat, wird dadurch, daß ein Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung durch Bundesrecht geregelt ist, nur die Zuständigkeit der Länder zur unmittelbaren Regelung dieses Gebietes gesperrt. Die verfassungsmäßige Zuständigkeit der Länder zur Gesetzgebung über eine bestimmte Steuer bleibt aber als Sonderregelung bestehen und schließt die Kompetenz zu einem Steuergesetz ein, das Nebenzwecke auf Gebieten verfolgt, die nach der allgemeinen Zuständigkeitsregelung der Gesetzgebung der Länder entzogen sind.
Hierbei muß der Hauptzweck freilich die Erzielung von Einnahmen für die öffentliche Hand sein. Das Land würde seine Befugnis zur Steuergesetzgebung mißbrauchen, wollte es von diesem Hauptzweck eines Steuergesetzes absehen und eine Regelung, die ihm nach den allgemeinen Kompetenzvorschriften versagt ist, in das Gewand eines Steuergesetzes kleiden. Daher darf es durch ein Steuergesetz das nach den allgemeinen Kompetenzvorschriften den Ländern entzogene Rechtsgebiet nur für einen Nebenzweck betreten.
Die anfangs erörterte Steuererhöhung durch § 21 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 VStG 1956 mag geeignet sein, die Aufstellung von Spielapparaten in gewissem Umfange einzudämmen. Dies kann auch als ein möglicher Zweck des Gesetzes unterstellt werden. Offenbar ist es aber nicht der Hauptzweck, sondern ein Nebenzweck.
Praktisch handelt es sich allein um die Verdoppelung des bisherigen Mindestsatzes auf 10,– DM. Sie findet wenigstens für die Gewinnapparate eine genügende Erklärung darin, daß eine ergiebige Steuerquelle reichlicher erschlossen werden sollte. Bei Schaffung des Vergnügungssteuergesetzes 1948 war die Aufstellung von Gewinnapparaten in geschlossenen Räumen überhaupt verboten; erst die Änderungsverordnung vom 13. August 1953 erlaubte sie. Von dieser neuen Möglichkeit wurde, wie auch der Sachverständige bestätigt hat, rasch in erheblichem Umfange Gebrauch gemacht: bis Ende 1956 waren in Gastwirtschaften – trotz der den Aufstellern bekannten Aussicht einer Steuererhöhung in mehreren Ländern – nach der Angabe der Kläger der Ausgangsverfahren im Bundesgebiet etwa 120 000 Apparate, nach Angabe der Landesregierung in Nordrhein-Westfalen etwa 30 000 aufgestellt. Hinzu kam der allgemeine wirtschaftliche Aufstieg, der die Annahme rechtfertigte, daß im Durchschnitt jeder Gewinnapparat mehr Spieler finden würde. So rechtfertigt auch die Begründung des Regierungsentwurfs zu § 21 VStG 1956 (Landtag Nordrhein-Westfalen, 3. Wahlperiode, Drucks. Nr. 217) die Erhöhung des Steuersatzes mit der „gesunkenen Kaufkraft der DM”. Schließlich sehen selbst die Kläger der Ausgangsverfahren offenbar den Hauptzweck der Steuererhöhung, soweit sie in § 21 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 VStG 1956 enthalten ist, nicht in der Eindämmung der Aufstellung der Gewinnapparate.
III.
Ob die Vergnügungssteuer auf Gewinnapparate überhaupt an Art. 12 Abs. 1 GG gemessen werden darf, kann zweifelhaft sein; denn anders als die Schankerlaubnissteuer (vgl. Beschluß vom 30. Oktober 1961 – 1 BvR 833/59 = BVerfGE 13, 181) zielt sie nicht auf einen bestimmten Beruf. Sie erfaßt neben dem Aufstellergewerbe auch Gastwirte und Buchmacher als Selbstaufsteller. Indes bedarf diese Frage hier keiner endgültigen Entscheidung: Auch wenn sie bejaht und die Bestimmung des § 21 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 VStG 1956, die allein Gegenstand dieses Teilurteils ist, an dem Maßstab des Art. 12 Abs. 1 GG geprüft wird, ist das Grundrecht der Berufsfreiheit der gewerbsmäßigen Aufsteller von Gewinnapparaten nicht unzulässig eingeschränkt.
Unmittelbar die Berufswahl regelt die Vorschrift nicht, sondern allenfalls die Ausübung des Aufstellergewerbes. Die etwaige Ausübungsregelung kommt auch nicht in die Nähe einer Zulassungsvoraussetzung (BVerfGE 11, 30 [43 ff.]; Beschluß vom 30. Oktober 1961 – 1 BvR 833/59 = BVerfGE 13, 181 [186 f.]); denn die bezeichnete Steuererhöhung hat, wie bereits zu II ausgeführt, nur eine geringe wirtschaftliche Auswirkung und macht jedenfalls die Ausübung des Berufes des gewerbsmäßigen Apparateaufstellers nicht in aller Regel unmöglich. Die Erhöhungen betreffen auch die anderen Apparate, insbesondere Musik-, Schau-, Scherz- und Geschicklichkeitsapparate, sind also keine Sondermaßnahme gegen die Aufsteller von Gewinnapparaten und werden – in Höhe des § 21 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 – von den Klägern der Ausgangsverfahren auch nicht als Hindernis der Berufswahl angeführt. Auch Gemeinden und Verwaltungsgerichte in Nordrhein-Westfalen haben Aussetzungen der Steuererhebung regelmäßig auf den 10,– DM übersteigenden Betrag beschränkt.
Als reine Ausübungsregelung ist die Steuererhöhung aber durch gewichtige Interessen der Allgemeinheit genügend gerechtfertigt. Es erscheint nicht unangemessen, daß die Allgemeinheit durch eine höhere Steuer an dem Aufwand für das Vergnügen des Spielens beteiligt wird, auch wenn dadurch die Rentabilitätsgrenze der Gewinnapparate herabgesetzt, die Zahl der Apparate also geringfügig vermindert worden sein sollte.
IV.
Ebensowenig enthält der § 21 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 VStG 1956 einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz.
1. Die Kläger der Ausgangsverfahren sehen einen solchen Verstoß in erster Linie in der Anordnung der Pauschalbesteuerung nach dem Erstanschaffungspreis und nach der Stückzahl.
a) Jede pauschale Besteuerung bringt gewisse Ungleichheiten mit sich; denn sie läßt die individuelle Besonderheit des einzelnen steuerpflichtigen Vorgangs außer acht und begnügt sich mit der „Typengerechtigkeit” auf Grund eines typischen Tatbestandes. Darin allein liegt jedoch noch kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz (vgl. BVerfGE 9, 3 [13]). Aber auch die Anlegung eines pauschalen Maßstabes gerade für die Vergnügungssteuer auf Gewinnapparate und ihre besondere Ausgestaltung in § 21 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 VStG 1956 sind nicht willkürlich.
b) Ein pauschaler Ersatzmaßstab anstelle eines Wirklichkeitsmaßstabes rechtfertigt sich für die Besteuerung der Gewinnapparate aus dem Gesichtspunkt der Praktikabilität. Bei einer Besteuerung der wirklichen Einnahmen müßten die Gemeinden für jeden Aufsteller, u. U. für jeden Apparat, regelmäßige Veranlagungserklärungen herbeiführen – eine zeitraubende und umständliche Aufgabe, die in keinem rechten Verhältnis zu dem Steueraufkommen steht und allein schon eine Vereinfachung rechtfertigt. Hinzu kommt, daß die Nachprüfung der vom Steuerschuldner abgegebenen Erklärung auf schwer überwindliche Schwierigkeiten stoßen würde; Zähleinrichtungen an den Apparaten fehlen tatsächlich; ihre Anbringung und Absicherung ist, wie der Sachverständige angibt, zwar technisch möglich, aber schwierig und kostspielig. Wenn sich der Gesetzgeber des VStG 1956 bei dieser Situation, dem Herkommen folgend – allerdings im Gegensatz zur Umsatzsteuerpraxis (vgl. Erlasse des Bundesministers der Finanzen vom 15. Februar 1954 – Nr. IV S. 4104 – 4/54 – und vom 23. April 1955 – Nr. IV A/2 – S. 4200 – 15/55 – DStZ B 1954 S. 113 und 1955 S. 222), die die Erklärungen des Aufstellers zugrunde legt – für eine Pauschalsteuer entschlossen hat, so hält er sich im Rahmen seines Gestaltungsermessens.
c) Weder der Anschaffungspreis noch die Stückzahl sind, wie bereits oben zu I 5 ausgeführt ist, im Hinblick auf die besonderen Verhältnisse der Spielapparate als Steuermaßstab willkürlich. Da die Steuer nach § 21 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 nach dem oben zu I Erörterten eine echte Vergnügungssteuer ist, sind die Aufsteller auch nicht, wie die Kläger der Ausgangsverfahren meinen, gegenüber anderen Gewerbetreibenden dadurch benachteiligt, daß sie mit einer doppelten Gewerbesteuer belastet werden. Da es sich um eine Landessteuer handelt, scheidet auch der von den Klägern der Ausgangsverfahren geltend gemachte Gesichtspunkt der Gleichmäßigkeit der Besteuerung innerhalb des Bundesgebietes aus. Eine Differenzierung des Steuersatzes nach Selbst- und Fremdaufstellern wäre sachfremd; denn die Eigentumsverhältnisse an dem Apparat haben keine Beziehung zur Häufigkeit seiner Benutzung.
d) Die Pauschalsteuer berücksichtigt entsprechend ihrem Wesen nicht die unterschiedlichen Einspielergebnisse nach dem jeweiligen Aufstellungsort, insbesondere in Großstädten, Mittelstädten, Kleinstädten und Landgemeinden. Dies verstößt jedoch noch nicht gegen den Gleichheitssatz, insbesondere den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung. Die Ungleichmäßigkeiten können sich im Einzelfalle zu Lasten wie zu Gunsten des Steuerpflichtigen auswirken. Die weitaus meisten Spielapparate waren 1956 in den Händen verhältnismäßig weniger Aufsteller und über ein großes Gebiet verteilt, so daß Härten der Stückzahlsteuer sich beim einzelnen Aufstellunternehmer weitgehend ausgleichen konnten. Daß bei einem viel bespielten Apparat ein geringerer Steuerbetrag als bei einem weniger häufig benutzten auf das einzelne Spiel entfällt, wird bei der Pauschsteuer notwendigerweise in Kauf genommen.
e) Schließlich ist auch die besondere Bemessung der Steuer gerade nach der Stückzahl nicht willkürlich. Dies würde nur der Fall sein, wenn der Wert der Apparate sehr verschieden wäre. Gerade von dieser Wertverschiedenheit ist das Preußische Oberverwaltungsgericht in der Entscheidung vom 10. Oktober 1933 (PrOVGE Bd. 91 S. 32) ausgegangen, in der es bei einem monatlichen Satz von 100 RM die Stückzahl als Maßstab abgelehnt hat. Nach der Einführung der Typenzulassung sind die Erstanschaffungspreise jedoch einander erheblich angeglichen (nach den mit dem Vortrag der Kläger der Ausgangsverfahren übereinstimmenden Angaben des Sachverständigen befassen sich mit der Herstellung von Spielapparaten nur zwei Großfirmen und vier bis fünf Kleinfirmen). Unter diesen Umständen deutet schon allein das Halten eines Apparates, wie bereits ausgeführt, auf die durchschnittliche Häufigkeit seiner Benutzung hin.
2. Eine unzulässige Rückwirkung enthält die Erhöhung der Pauschalsteuer durch § 21 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 VStG 1956 nicht. Allerdings werden die Aufsteller bei ihren wirtschaftlichen Dispositionen, insbesondere dem Erwerb und der Aufstellung neuer Apparate vor der Steuererhebung in der Regel von den bisherigen niedrigeren Steuersätzen ausgegangen sein; durch deren Erhöhung kann ihre Berechnung der Wirtschaftlichkeit bei Apparaten, die früher gerade am Rande der Rentabilitätsgrenze lagen, durchkreuzt sein. Indes liegt eine echte Rückwirkung überhaupt nicht vor; denn das am 6. November 1956 verkündete Gesetz gilt erst vom 1. Dezember 1956 an und greift nicht in abgewickelte, der Vergangenheit angehörige Tatbestände ein (BVerfGE 11, 139 [145 f.]). Im übrigen schützt die Verfassung nicht die bloße Erwartung, das geltende Steuerrecht werde fortbestehen. Etwaigen Härten kann durch die §§ 26 und 27 VStG 1956 in Verbindung mit § 131 AO Rechnung getragen werden.
V.
Hiernach war die Bestimmung des § 21 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 VStG 1956 jedenfalls bis zum Ablauf des Jahres 1957 mit dem Grundgesetz vereinbar. Insoweit ist das Normenkontrollverfahren zur Entscheidung durch Teilurteil reif.
Die Verfassungsmäßigkeit des § 21 Abs. 2 Satz 2 VStG 1956, also der Sondersteuer von 30,– DM je Gewinnapparat, hängt von der tatsächlichen Wirkung dieser Sondersteuer auf die Rentabilität der Apparateaufstellung in mehrfacher Hinsicht ab, nämlich sowohl für die Qualität dieser Steuer als Vergnügungssteuer (oben C I 6), die Vereinbarkeit mit der gewerberechtlichen Regelung (oben C II), die mögliche Verletzung der Grundrechte der Berufsfreiheit (oben C III), des Gleichheitssatzes (oben C IV) und möglicherweise auch des Eigentums. Diese tatsächliche Wirkung ist bisher nicht geklärt.
Fundstellen
Haufe-Index 1721377 |
NJW 1962, 1195 |
DVBl. 1962, 406 |