Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteuerabzug, Holdinggesellschaft, pro-Rata-Regelung, Methode zur Ermittlung des Vorsteuerabzugs
Leitsatz (amtlich)
Art. 17 Abs. 2 und 5 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage ist dahin auszulegen, dass eine Holdinggesellschaft wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die in Ergänzung ihrer Haupttätigkeit der Verwaltung von Anteilen an Gesellschaften, deren Gesellschaftskapital sie ganz oder teilweise hält, Gegenstände und Dienstleistungen bezieht, die sie anschließend den genannten Gesellschaften in Rechnung stellt, zum Abzug der auf der Eingangsstufe entrichteten Mehrwertsteuer berechtigt ist, sofern die auf der Eingangsstufe bezogenen Dienstleistungen einen direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit den zum Vorsteuerabzug berechtigenden wirtschaftlichen Tätigkeiten auf der Ausgangsstufe aufweisen. Wenn die betreffenden Gegenstände und Dienstleistungen von der Holdinggesellschaft sowohl für wirtschaftliche Tätigkeiten verwendet werden, für die ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, als auch für wirtschaftliche Tätigkeiten, für die dieses Recht nicht besteht, ist der Vorsteuerabzug nur für den Teil der Mehrwertsteuer zulässig, der auf den Betrag der erstgenannten Umsätze entfällt, und die nationale Steuerbehörde ist berechtigt, eine der in Art. 17 Abs. 5 der Sechsten Richtlinie vorgesehenen Methoden zur Bestimmung des Rechts auf Vorsteuerabzug vorzusehen. Wenn die betreffenden Gegenstände und Dienstleistungen sowohl für wirtschaftliche Tätigkeiten als auch für nichtwirtschaftliche Tätigkeiten verwendet werden, ist Art. 17 Abs. 5 der Sechsten Richtlinie nicht anwendbar, und die Methoden für den Abzug und die Aufteilung werden von den Mitgliedstaaten festgelegt, die bei der Ausübung dieser Befugnis den Zweck und die Systematik der Sechsten Richtlinie berücksichtigen und insoweit eine Berechnungsmethode vorsehen müssen, die objektiv widerspiegelt, welcher Teil der Eingangsaufwendungen jeder dieser beiden Tätigkeiten tatsächlich zuzurechnen ist.
Normenkette
EWGRL 388/77 Art. 17 Abs. 2, 5
Beteiligte
Verfahrensgang
Tribunal Central Administrativo Sul (Portugal) (Urteil vom 20.09.2011; ABlEU 2011, Nr. C 362/19) |
Tatbestand
„Mehrwertsteuer ‐ Sechste Richtlinie ‐ Art. 17 Abs. 2 und Art. 19 ‐ Vorsteuerabzug ‐ Steuer, die für Dienstleistungen geschuldet oder gezahlt wird, die von einer Holdinggesellschaft bezogen werden ‐ Dienstleistungen, die direkt, unmittelbar und eindeutig mit besteuerten Ausgangsumsätzen zusammenhängen“
In der Rechtssache C-496/11
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunal Central Administrativo Sul (Portugal) mit Entscheidung vom 20. September 2011, beim Gerichtshof eingegangen am 26. September 2011, in dem Verfahren
Portugal Telecom SGPS SA
gegen
Fazenda Pública,
Beteiligte:
Ministério Público,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten U. Lõhmus sowie der Richter A. Ó Caoimh und C. G. Fernlund (Berichterstatter),
Generalanwalt: P. Mengozzi,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ der Portugal Telecom SGPS SA, vertreten durch A. Gonçalves Ferreira, advogado,
‐ der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes als Bevollmächtigten,
‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch L. Lozano Palacios und P. Guerra e Andrade als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 17 Abs. 2 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1, im Folgenden: Sechste Richtlinie).
Rz. 2
Es ergeht in einem Rechtsstreit zwischen der Portugal Telecom SGPS SA (im Folgenden: Portugal Telecom) und der Fazenda Pública über die anzuwendende Methode zur Bestimmung der Höhe der Vorsteuer, die von der von Portugal Telecom geschuldeten Mehrwertsteuer abzuziehen ist.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Art. 2 der Sechsten Richtlinie lautet:
„Der Mehrwertsteuer unterliegen:
1. Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt;
2. die Einfuhr von Gegenständen.“
Rz. 4
Art. 4 der Sechsten Richtlinie sieht vor:
„(1) Als Steuerpflichtiger gilt, wer eine der in Absatz 2 genannten wirtschaftlichen Tätigkeiten selbständig und unabhängig von ihrem Ort ausübt, gleichgültig zu welchem Zweck und mit welchem Ergebnis.
(2) Die in Absatz 1 genannten wirtschaftlichen Tätigkeiten si...