Entscheidungsstichwort (Thema)
Erbschaftsteuer, Diskriminierungsverbot, Berücksichtigung von Verpflichtungen bei der Bemessungsgrundlage nur bei inländischen Erblassern unzulässig
Leitsatz (amtlich)
Das Gemeinschaftsrecht steht einer nationalen Regelung der Berechnung der Steuer auf den erbrechtlichen Erwerb einer im betreffenden Mitgliedstaat belegenen unbeweglichen Sache entgegen, nach der bei der Ermittlung des Wertes dieser Sache die unbedingte Verpflichtung des Inhabers des dinglichen Rechts, dieses an eine andere Person abzutreten, die wirtschaftlicher Eigentümer der genannten Sache ist, dann berücksichtigt werden kann, wenn der Inhaber des dinglichen Rechts bei seinem Tod in diesem Staat wohnte, nicht aber dann, wenn er in einem anderen Mitgliedstaat wohnte.
Normenkette
EGVtr Art. 39; EG Art. 43 (früher Art. 52 EGVtr); EWGRL 361/88; EWGRL 364/90
Beteiligte
Inspecteur van de Belastingdienst Particulieren/Ondernemingen, Heerlen |
Verfahrensgang
Gerechtshof te 's-Hertogenbosch (Niederlande) |
Tatbestand
Auslegung der Artikel 48 und 52 EWG-Vertrag (später Artikel 48 und 52 EG-Vertrag, nach Änderung jetzt Artikel 39 EG und 43 EG), des Artikels 67 EWG-Vertrag (später Artikel 67 EG-Vertrag, aufgehoben durch den Vertrag von Amsterdam) und der Artikel 6 und 8a EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 12 EG und 18 EG) - Richtlinien 88/361/EWG und 90/364/EWG - Erbschaftsteuer - Erfordernis einer grenzüberschreitenden Wirtschaftstätigkeit - Verbot der Diskriminierung aufgrund des Wohnmitgliedstaats
In der Rechtssache C-364/01
betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 234 EG vom Gerechtshof 's-Hertogenbosch (Niederlande) in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit
Erben von H. Barbier
gegen
Inspecteur van de Belastingdienst Particulieren/Ondernemingen buitenland te Heerlen
vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung der Artikel 48 und 52 EWG-Vertrag (später Artikel 48 und 52 EG-Vertrag, nach Änderung jetzt Artikel 39 EG und 43 EG), des Artikels 67 EWG-Vertrag (später Artikel 67 EG-Vertrag, aufgehoben durch den Vertrag von Amsterdam), der Artikel 6 und 8a EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 12 EG und 18 EG) und der Richtlinien 90/364/EWG des Rates vom 28. Juni 1990 über das Aufenthaltsrecht (ABl. L 180, S. 26) und 88/361/EWG des Rates vom 24. Juni 1988 zur Durchführung von Artikel 67 des Vertrages (ABl. L 178, S. 5)
erlässt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Richters P. Jann in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Fünften Kammer sowie der Richter D. A. O. Edward (Berichterstatter) und A. La Pergola,
Generalanwalt: J. Mischo,
Kanzler: H. A. Rühl, Hauptverwaltungsrat,
unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen
- der Erben von Herrn Barbier, vertreten durch P. Kavelaars, belastingadviseur,
- der niederländischen Regierung, vertreten durch H. G. Sevenster als Bevollmächtigte,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch R. Lyal und H. M. H. Speyart als Bevollmächtigte,
aufgrund des Sitzungsberichts,
nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der Erben von Herrn Barbier, vertreten durch P. Kavelaars, der niederländischen Regierung, vertreten durch C. Wissels als Bevollmächtigte, und der Kommission, vertreten durch R. Lyal und H. M. H. Speyart, in der Sitzung vom 24. Oktober 2002,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 12. Dezember 2002
folgendes
Urteil
1.
Der Gerechtshof 's-Hertogenbosch hat mit Beschluss vom 5. September 2001, beim Gerichtshof eingegangen am 24. September 2001, gemäß Artikel 234 EG fünf Fragen nach der Auslegung der Artikel 48 und 52 EWG-Vertrag (später Artikel 48 und 52 EG-Vertrag, nach Änderung jetzt Artikel 39 EG und 43 EG), des Artikels 67 EWG-Vertrag (später Artikel 67 EG-Vertrag, aufgehoben durch den Vertrag von Amsterdam), der Artikel 6 und 8a EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 12 EG und 18 EG) und der Richtlinien 90/364/EWG des Rates vom 28. Juni 1990 über das Aufenthaltsrecht (ABl. L 180, S. 26) und 88/361/EWG des Rates vom 24. Juni 1988 zur Durchführung von Artikel 67 des Vertrages (ABl. L 178, S. 5) zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2.
Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen den Erben von Herrn Barbier (nachfolgend: Kläger) und dem Inspecteur van de Belastingdienst Particulieren/Ondernemingen buitenland (Veranlagungsabteilung der Steuerverwaltung für Privatpersonen/Unternehmen Ausland) Heerlen (nachfolgend: Inspecteur) wegen dessen Weigerung, bei der Bewertung der Immobilien des Erblassers in den Niederlanden die darauf lastende Übertragungsverpflichtung in Abzug zu bringen, weil der Erblasser bei seinem Tod nicht in diesem Mitgliedstaat gewohnt habe.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
3.
Artikel 67 Absatz 1 EG-Vertrag, der beim Tod des Erblassers noch galt, bestimmte:
Soweit es für das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes notwendig ist, beseitigen die Mitgliedstaaten untereinander während der Übergangszeit schrittweise alle Beschränkungen des K...