Entscheidungsstichwort (Thema)
Lieferungen von Zahnersatz durch einen gewerblichen Zwischenhändler sind nicht umsatzsteuerfrei
Leitsatz (amtlich)
Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe e der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage in der durch die Richtlinie 95/7/EG des Rates vom 10. April 1995 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er auf Lieferungen von Zahnersatz durch einen Zwischenhändler wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, der weder Zahnarzt noch Zahntechniker ist, den Zahnersatz aber bei einem Zahntechniker erworben hat, nicht anwendbar ist.
Normenkette
EWGRL 388/77 Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. e
Beteiligte
Staatssecretaris van Financiën |
Verfahrensgang
Hoge Raad (Niederlande) (Urteil vom 11.11.2005; Abl.EU 2006, Nr. C 36/19) |
Tatbestand
„Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie ‐ Steuerbefreiungen ‐ Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe e ‐ Umfang der Steuerbefreiung ‐ Anfertigung und Reparatur von Zahnersatz durch einen Zwischenhändler, der weder Zahnarzt noch Zahntechniker ist ‐ Beauftragung eines Zahntechnikers“
In der Rechtssache C-401/05
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht vom Hoge Raad der Nederlanden (Niederlande) mit Entscheidung vom 11. November 2005, beim Gerichtshof eingegangen am 14. November 2005, in dem Verfahren
VDP Dental Laboratory NV
gegen
Staatssecretaris van Financiën
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas sowie der Richter A. Borg Barthet, J. Malenovský, U. Lõhmus und A. Ó Caoimh (Berichterstatter),
Generalanwältin: J. Kokott,
Kanzler: R. Grass,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ der VDP Dental Laboratory NV, vertreten durch R. Oorthuizen, belastingadviseur,
‐ der niederländischen Regierung, vertreten durch H. G. Sevenster und M. de Mol als Bevollmächtigte,
‐ der griechischen Regierung, vertreten durch S. Spyropoulos, K. Boskovits und O. Patsopoulou als Bevollmächtigte,
‐ der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch D. Triantafyllou und A. Weimar als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 7. September 2006
folgendes
Urteil
1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe e, 17 Absatz 3 Buchstabe a und 28c Teil A Buchstabe a der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1) in der durch die Richtlinie 95/7/EG des Rates vom 10. April 1995 (ABl. L 102, S. 18) geänderten Fassung (im Folgenden: Sechste Richtlinie).
2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der VDP Dental Laboratory NV (im Folgenden: VDP) und dem Staatssecretaris van Financiën (Staatssekretär der Finanzen) über das Recht dieses Unternehmens, für die Jahre 1996 bis 1998 die Vorsteuer auf Lieferungen von Zahnersatz an in den Niederlanden und in anderen Mitgliedstaaten niedergelassene Zahnärzte abzuziehen.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
3
Nach Artikel 2 Nummer 1 der Sechsten Richtlinie unterliegen der Mehrwertsteuer „Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt“.
4
Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe e der Richtlinie lautet:
„Steuerbefreiungen im Inland
A. Befreiungen bestimmter dem Gemeinwohl dienender Tätigkeiten
(1) Unbeschadet sonstiger Gemeinschaftsvorschriften befreien die Mitgliedstaaten unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen festsetzen, von der Steuer:
…
e) die Dienstleistungen, die Zahntechniker im Rahmen ihrer Berufsausübung erbringen, sowie die Lieferungen von Zahnersatz durch Zahnärzte und Zahntechniker“.
5
Artikel 17 Absatz 2 Buchstabe a der Richtlinie in der durch ihren Artikel 28f Nummer 1 geänderten Fassung sieht unter der Überschrift „Entstehung und Umfang des Rechts auf Vorsteuerabzug“ vor:
„2. Soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige befugt, von der von ihm geschuldeten Steuer folgende Beträge abzuziehen:
a) die im Inland geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert wurden oder geliefert werden bzw. erbracht wurden oder erbracht werden“.
Nationales Recht
6
In seiner vor dem 1. Dezember 1997 geltenden Fassung sah Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe g der Wet op de omzetbelasting vom 28. Juni 1968 (Stb. 1968, Nr. 329,...