Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtmäßigkeit der Erhebung einer Kraftfahrzeugsteuer bei einer Wohnsitzverlegung von einem Mitgliedstaat in einen anderen, kein Verstoß gegen Richtlinie 83/183/EWG über persönliche Einfuhrbefreiungen
Leitsatz (amtlich)
Artikel 1 der Richtlinie 83/183/EWG des Rates vom 28. März 1983 über Steuerbefreiungen bei der endgültigen Einfuhr persönlicher Gegenstände durch Privatpersonen aus einem Mitgliedstaat ist dahin auszulegen, dass er dem nicht entgegensteht, dass bei einer Verlegung des Wohnsitzes des Eigentümers eines Fahrzeugs von einem Mitgliedstaat in einen anderen vor der Zulassung oder Inbetriebnahme des Fahrzeugs in dem Mitgliedstaat, in den der Wohnsitz verlegt wird, eine Steuer erhoben wird, wie sie im Autoverolaki (Kraftfahrzeugsteuergesetz) (1482/1994) vorgesehen ist. Im Hinblick auf die Erfordernisse, die sich aus Artikel 18 EG ergeben, hat das vorlegende Gericht jedoch zu prüfen, ob die Anwendung des nationalen Rechts sicherstellt, dass dieser Fahrzeugeigentümer in Bezug auf die fragliche Steuer nicht schlechter gestellt ist als diejenigen Bürger, die ihren ständigen Wohnsitz in dem betreffenden Mitgliedstaat gehabt haben, und, wenn nein, ob eine solche Ungleichbehandlung aufgrund objektiver, vom Wohnsitz der Betroffenen unabhängiger Erwägungen gerechtfertigt ist und in angemessenem Verhältnis zu einem mit den nationalen Rechtsvorschriften verfolgten legitimen Zweck steht.
Normenkette
EWGRL 183/83 Art. 1
Beteiligte
Verfahrensgang
KHO (Finnland) (Beschluss vom 10.12.2002) |
Tatbestand
„Richtlinie 83/183/EWG ‐ Verlegung des Wohnsitzes von einem Mitgliedstaat in einen anderen ‐ Vor der Zulassung oder Inbetriebnahme eines Fahrzeugs erhobene Steuer“
In der Rechtssache C-365/02
betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 234 EG vom Korkein hallinto-oikeus (Finnland) in der bei diesem anhängigen Steuersache
Marie Lindfors
vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung von Artikel 1 der Richtlinie 83/183/EWG des Rates vom 28. März 1983 über Steuerbefreiungen bei der endgültigen Einfuhr persönlicher Gegenstände durch Privatpersonen aus einem Mitgliedstaat (ABl. L 105, S. 64)
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann, der Richter A. Rosas und S. von Bahr sowie der Richterin R. Silva de Lapuerta und des Richters K. Lenaerts (Berichterstatter),
Generalanwältin: C. Stix-Hackl, Kanzler: H. von Holstein, Hilfskanzler,
unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen
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von Frau Lindfors, vertreten durch P. Snell, oikeustieteen kandidaatti,
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der finnischen Regierung, vertreten durch T. Pynnä als Bevollmächtigte,
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der griechischen Regierung, vertreten durch P. Panagiotounakos, D. Kalogiros und P. Mylonopoulos als Bevollmächtigte,
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der dänischen Regierung, vertreten durch J. Bering Liisberg als Bevollmächtigten,
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der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch R. Lyal und I. Koskinen als Bevollmächtigte,
aufgrund des Sitzungsberichts,
nach Anhörung der mündlichen Ausführungen von Frau Lindfors, vertreten durch P. Snell, der finnischen Regierung, vertreten durch T. Pynnä, der dänischen Regierung, vertreten durch J. Molde als Bevollmächtigten, der griechischen Regierung, vertreten durch M. Apessos als Bevollmächtigten, und der Kommission, vertreten durch R. Lyal und I. Koskinen, in der Sitzung vom 15. Januar 2004,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 4. März 2004,
folgendes
Urteil
1
Das Korkein hallinto-oikeus (oberstes Verwaltungsgericht) hat mit Beschluss vom 10. Oktober 2002, eingegangen beim Gerichtshof am 14. Oktober 2002, gemäß Artikel 234 EG eine Frage nach der Auslegung von Artikel 1 der Richtlinie 83/183/EWG des Rates vom 28. März 1983 über Steuerbefreiungen bei der endgültigen Einfuhr persönlicher Gegenstände durch Privatpersonen aus einem Mitgliedstaat (ABl. L 105, S. 64) zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2
Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen Frau Lindfors und den finnischen Behörden wegen der in den finnischen Rechtsvorschriften vorgesehenen Kraftfahrzeugsteuer, die im Anschluss an die Verlegung ihres Wohnsitzes nach Finnland gegen sie festgesetzt worden war.
Rechtlicher Rahmen
Einschlägige Bestimmungen der Richtlinie 83/183
3
Artikel 1 der Richtlinie 83/183 bestimmt:
„(1) Die Mitgliedstaaten gewähren unter den Bedingungen und in den Fällen, die nachstehend genannt sind, bei der endgültigen Einfuhr persönlicher Gegenstände durch Privatpersonen aus einem anderen Mitgliedstaat Befreiung von Umsatzsteuern, Sonderverbrauchsteuern und sonstigen Verbrauchsabgaben, die normalerweise hierbei erhoben werden.
(2) Diese Richtlinie gilt nicht für spezifische und/oder regelmäßige Abgaben für die Benutzung dieser Gegenstände innerhalb des Landes, beispielsweise Abgaben für die Zulassung von Kraftfahrzeugen, Straßenverkehrsabgaben, Fernsehgebühren.“
Finnisches Recht
4
Die einschlägigen nationalen Vorschriften finden sich im Autovero...