Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Steuerrecht. Gemeinsames Mehrwertsteuersystem. Steuerbare Umsätze. Vorsteuerabzug. Erwerb von nicht im nationalen Immobilienregister eingetragenen Immobilien. Mit der erstmaligen Eintragung in dieses Register verbundene Kosten, die vom Erwerber getragen werden. Inanspruchnahme spezialisierter Drittunternehmen. Vermittlung bei der Erbringung von Dienstleistungen oder für die Zwecke eines Unternehmens getätigte Investitionskosten
Normenkette
Richtlinie 2006/112/EG
Beteiligte
Amărăşti Land Investment SRL |
Direcţia Generală Regională a Finanţelor Publice Timişoara |
Administraţia Judeţeană a Finanţelor Publice Timiş |
Tenor
1. Die Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist dahin auszulegen, dass sie dem nicht entgegensteht, dass die an einem Umsatz, der die Übertragung des Eigentums an Immobilien zum Ziel hat, beteiligten Parteien eine Klausel vereinbaren, wonach der künftige Erwerber sämtliche oder einen Teil der Kosten der administrativen Formalitäten im Zusammenhang mit diesem Umsatz trägt, und zwar insbesondere diejenigen, die sich auf die erstmalige Eintragung dieser Immobilien in das nationale Immobilienregister beziehen. Jedoch ist das bloße Vorhandensein einer solchen Klausel in einem Vorvertrag über den Verkauf von Immobilien nicht ausschlaggebend für Klärung der Frage, ob der künftige Erwerber zum Abzug der Mehrwertsteuer berechtigt ist, die auf die Kosten der erstmaligen Eintragung der betreffenden Immobilien in das nationale Immobilienregister entfällt.
2. Die Richtlinie 2006/112, namentlich Art. 28, ist dahin auszulegen, dass im Rahmen eines Vorvertrags über den Verkauf von Immobilien, die nicht im nationalen Immobilienregister eingetragen sind, der steuerpflichtige künftige Erwerber, der, so wie er sich in dem Vorvertrag gegenüber dem künftigen Verkäufer vertraglich verpflichtet hat, die Schritte unternimmt, die zur erstmaligen Eintragung der betreffenden Immobilien in das Immobilienregister erforderlich sind, indem er Dienstleistungen in Anspruch nimmt, die von steuerpflichtigen Dritten erbracht werden, so behandelt wird, als ob er diese Dienstleistungen dem künftigen Verkäufer gegenüber selbst im Sinne dieses Art. 28 erbracht hätte, auch wenn die Vertragsparteien vereinbart haben, dass der Kaufpreis dieser Immobilien den Gegenwert der Tätigkeiten der katastermäßigen Erfassung nicht einschließt.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunal Timiş (Landgericht Timiş, Rumänien) mit Entscheidung vom 30. Oktober 2018, beim Gerichtshof eingegangen am 13. November 2018, in dem Verfahren
Amărăşti Land Investment SRL
gegen
Direcţia Generală Regională a Finanţelor Publice Timişoara,
Administraţia Judeţeană a Finanţelor Publice Timiş
erlässt
DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)
unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin L. S. Rossi sowie der Richter J. Malenovský(Berichterstatter) und N. Wahl,
Generalanwalt: G. Hogan,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der rumänischen Regierung, vertreten durch C.-R. Canţăr, R. I. Haţieganu und L. Liţu als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch L. Lozano Palacios und A. Biolan als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 24, 28, 167 und 168 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1, im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Amărăşti Land Investment SRL auf der einen sowie der Direcţia Generală Regională a Finanţelor Publice Timişoara (Regionale Generaldirektion für öffentliche Finanzen Timişoara, Rumänien) und der Administraţia Judeţeană a Finanţelor Publice Timiş (Kreisverwaltung für öffentliche Finanzen, Rumänien) auf der anderen Seite über den Anspruch auf Erstattung der Mehrwertsteuer auf die Umsätze, mit denen Amărăşti Land Investment auf ihre Kosten die für die erstmalige Eintragung von Grundstücken, die sie zu erwerben beabsichtigte, in das nationale Immobilienregister (im Folgenden: Immobilienregister) erforderlichen Schritte ausführte.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
In Art. 2 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie heißt es:
„Der Mehrwertsteuer unterliegen folgende Umsätze:
…
c) Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt erbringt”.
Rz. 4
Art. 24 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie sieht vor:
„Als ‚Dienstleistung’ gilt jeder Umsatz, der keine Lieferung von Gegenständen ist.”
Rz. 5
Art. 28 der Mehrwertsteuerrichtlinie lautet:
„Steuerpflichtige, die bei der Erbringung von Dienstleistungen im eigenen...