rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Minderung der AfA-Bemessungsgrundlage um den Rest-Schrottwert eines Binnenschiffs. relative und absolute Mindestgröße. inflationsbereinigte Fortschreibung auf das jeweilige Streitjahr
Leitsatz (redaktionell)
1. Nur in Fällen, in denen erfahrungsgemäß auch nach Beendigung der Nutzungsdauer eines Wirtschaftsguts ein im Verhältnis zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten beträchtlicher Restwert bestehen bleibt, ist die Bemessungsgrundlage für die AfA um einen solchen Restwert zu mindern.
2. Das Verhältnis zwischen Rest-Schrottwert und den Anschaffungs- und Herstellungskosten des betreffenden Gegenstands ist an den Anschaffungs- und Herstellungskosten eines „neuen” Wirtschaftsguts auszurichten.
3. Ein erheblich ins Gewicht fallender Schrottwert ist bei Schiffen nicht anzunehmen, wenn er voraussichtlich weder mehr als 10 v. H. der Anschaffungs- und Herstellungskosten des Wirtschaftsguts noch mehr als 20.000 DM beträgt. Diese vom BFH im Urteil v. 22.7.1971 (IV R 74/66, BStBl 1971 II S. 800) für das Jahr 1971 angewandte absolute Größe ist dabei um die Inflation bereinigt auf das jeweilige Streitjahr fortzuschreiben.
4. Ein Rest-Schrottwert eines Binnenschiffs ist jedes zu betrachtende Schiff individuell anhand der Differenz etwaiger Erlöse aus werthaltigen (Roh)Stoffen des zerlegten Schiffs zu den Kosten für die Zerlegung, Entsorgung und den Antransport des Schiffs zum Abwrackbetrieb zu ermitteln.
Normenkette
EStG § 7 Abs. 1, § 7g Abs. 1, 2 Sätze 1-2
Nachgehend
Tenor
1. Der Einkommensteuerbescheid 2011 vom 19.09.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20.04.2017 wird dergestalt geändert, dass die Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb mit xx.xxx EUR anzusetzen sind unddie Einkommensteuer mit x.xxx EUR festzusetzen ist.
2. Der Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag 2011 vom 19.09.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20.04.2017 wird dergestalt geändert, dass der Gewerbesteuermessbetrag mit x.xxx EUR festzusetzen ist.
3. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreites.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
5. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 EUR, hat der Kläger in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruches Sicherheit zu leisten. Bei einem vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruch bis zur Höhe von 1.500 EUR kann der Beklagte der vorläufigen Vollstreckung widersprechen, wenn der Kläger nicht zuvor in Höhe des vollstreckbaren Kostenanspruchs Sicherheit geleistet hat, §§ 151 FGO i.V.m. 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.
6. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
7. Der Streitwert des Rechtsstreites wird mit xx.xxx EUR festgesetzt.
Tatbestand
Streitig ist, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe ein Rest-Schrottwert für ein gebraucht erworbenes Binnenschiff im Rahmen der Berechnung eines den Steuerbilanzgewinn mindernden Kürzungsbetrages der Anschaffungskosten nach § 7g Abs. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der Fassung des Jahres 2011 (nachfolgend EStG 2011) anzusetzen ist.
Der mit seiner Ehefrau zusammenveranlagte Kläger (Kl) ist Binnenschiffer. Er bezieht aus dieser Tätigkeit Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Sein von 1993 bis zum xx.xx..2011 genutztes, in seinem Eigentum stehendes Binnenschiff – namens A – verkaufte er am xx.xx..2011 und kaufte am xx.xx..2011 ein neues Binnenschiff – namens M (vormals MS C) –, das laut einer vom Kl vorgelegten gutachterlichen Stellungnahme des Ingenieurbüros Ü vom 08.08.2016 (Bl. 32 der Finanzgerichtsakte) bei einer Länge von xx,xx m, Breite von x,xx m, Leertiefgang von x,xxx m, Völligkeitsgrad von x,xx und Dichte von x,xx ein Schiffsleergewicht von ca. 457 Tonnen besitzen sollte. […]
Der Kaufpreis des Kl für das Schiff M betrug 200.000 EUR zuzüglich 38.000 EUR Umsatzsteuer (UStG). Daneben fielen staatliche Gebühren in Höhe von 1.015,25 EUR und Beratungskosten in Höhe von 6.000 EUR (netto) an. Sowohl das a(lte) Schiff A als auch das neue Schiff M befanden sich im Betriebsvermögen des Kl.
Für die Neuanschaffung des Schiffes M hatte der Kl bereits im Jahr 2009 einen Investitionsabzugsbetrag nach § 7g Abs. 1 EStG 2011 in Höhe von 40 v.H. der voraussichtlichen Anschaffungskosten von 200.000 EUR (= 80.000 EURg) ebildet, den er im Streitjahr 2011 durch außerbilanzielle Zurechnung zum Gewinn auflöste. Vom Auflösungsbetrag (80.000 EUR) blieben in der Bilanz 2011 30.000 EUR eorlfgswirksam; dem Auflösungsbetrag in Höhe von 50.000 EUR – wegen Herabsetzung der Anschaffungskosten des neuen Schiffes M – wurde ein den Steuerbilanzgewinn mindernder Betrag nach § 7g Abs. 2 Satz 2 EStG 2011 in gleicher Höhe ausgleichend gegenübergestellt. Daneben wurde vom Kl – unter Zugrundelegung einer Nutzungsdauer von 10 Jahren – eine Abschreibung für Abnutzung (AfA) nach § 7 Abs. 1 EStG 2011 in Höhe von 76,75 EUR (zeitanteilig für ...