rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschluss des Anspruchs auf deutsches Kindergeld wegen des Erhalts von Invaliden- und Kinderrente aus der Schweiz
Leitsatz (redaktionell)
1. Bezieht ein mit seiner Familie in Deutschland wohnender Rentner aufgrund seiner früheren Erwerbstätigkeit als Arbeitnehmer in der Schweiz von der Eidgenössischen Invalidenversicherung eine Invalidenrente sowie für seine Kinder jeweils eine (der Höhe nach das deutsche Kindergeld übersteigende) Kinderrente, so stellt die Kinderrente eine Familienbeihilfe i.S. von Art. 77 Abs. 1 VO (EWG) Nr. 1408/71 dar, die in Verbindung mit Art. 77 Abs. 2 a der VO zum Ruhen des Anspruchs des Rentners auf deutsches Kindergeld führt.
2. Die an den Rentner ausgezahlten Kinderrenten führen nach Art. 10 Abs. 1 VO (EWG) Nr. 574/72 auch zum Ruhen des Anspruchs der Ehefrau auf deutsches Kindergeld, wenn sie in Deutschland keine (sozialversicherungspflichtige) Erwerbstätigkeit i.S. des Beschlusses Nr. 119 der Verwaltungskommission der Europäischen Gemeinschaft vom 24.2.1983 ausgeübt hat (Ausführungen zum Vorrang des EU-Rechts vor dem Vertrag vom 23.11.1964 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Einbeziehung der Gemeinde Büsingen am Hochrhein in das schweizerische Zollgebiet).
3. Werden die Kinderrenten der Familienkasse erst nachträglich bekannt, so ist diese nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO zur Aufhebung des Bescheids, mit dem der Ehefrau zunächst Teilkindergeld bewilligt worden war, und zur Rückforderung des Teilkindergelds nach § 37 Abs. 2 AO berechtigt.
Normenkette
EWGV 1408/71 Art. 77 Abs. 1, 2a, Art. 2 Abs. 1, Art. 4 Abs. 1 Buchst. h, Art. 79 Abs. 3; EWGV 574/72 Art. 10; EStG § 31 Sätze 2-3, §§ 62, 65, 70 Abs. 2; AO § 37 Abs. 2, § 173 Abs. 1 Nr. 1
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
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Tatbestand
Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid von Kindergeld.
Die verheiratete Klägerin ist nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Ihr Ehemann war seit 1. Juni 1997 bei der Xbahn AG in W./Schweiz angestellt. Auf ihren Antrag vom 14. Oktober 2002 wurde der Klägerin für ihre Kinder L., geboren am, F., geboren am, sowie E., geboren am, von der beklagten Agentur f. Arbeit – Familienkasse – durch Bescheid vom 16. Januar 2003 ab Juni 2002 Kindergeld i.H.v. monatlich (3 × 24,30 EUR =) 72,90 EUR bewilligt. Auf das Kindergeld wurden die dem Ehemann nach schweizerischem Recht gewährten Kinderzulagen angerechnet. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf das Berechnungsblatt zum Bescheid vom 16. Januar 2003 Bezug genommen.
Am 3. März 2003 legte die Klägerin der Familienkasse eine Bestätigung des Arbeitgebers ihres Ehemanns vom 7. Februar 2003 vor, nach welcher dieser ab 1. Januar 2003 nicht mehr Arbeitnehmer, sondern Invalidenrentner ist mit der Folge, dass kein Anspruch mehr auf Kinderzulagen in der Schweiz besteht. Aus der gleichzeitig eingereichten „Verfügung” der Eidgenössischen Invalidenversicherung vom 23. Januar 2003 ergibt sich, dass dem Ehemann mit Wirkung ab 1. August 2001 außer seiner Invalidenrente eine Zusatzrente für die Klägerin sowie Kinderrenten für seine Kinder i.H.v. jeweils 844 Sfr. monatlich bewilligt wurden. Die Klägerin beantragte die Zahlung des vollen Kindergelds, da ihr Ehemann nach der vorgelegten Bestätigung ab 1. Januar 2003 kein Kindergeld mehr aus der Schweiz erhalte. Mit Anhörungsschreiben vom 26. Juni 2003 teilte die Familienkasse der Klägerin mit, sie habe von Juni 2002 bis März 2003 Kindergeld i.H.v. insgesamt 729 EUR bezogen, obwohl hierauf möglicherweise kein Anspruch bestanden habe. Denn für die Kinder seien dem Kindergeld vergleichbare Kinderrenten bezahlt worden. Dementsprechend hob die Familienkasse durch Bescheid vom 4. Februar 2004 die Festsetzung des Kindergelds für die Söhne der Klägerin für diesen Zeitraum mit der nämlichen Begründung gemäß § 70 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) auf und forderte gleichzeitig das zuviel bezahlte Kindergeld i.H.v. 729 EUR gemäß § 37 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) zurück.
Den hiergegen am 1. März 2004 eingelegten Einspruch wies die Familienkasse durch Entscheidung vom 29. März 2004, auf die Bezug genommen wird, als unbegründet zurück.
Zur Begründung der am 27. April 2004 erhobenen Klage lässt die Klägerin im Wesentlichen folgendes vortragen: Ihr Ehemann sei in der deutschen Exklave Büsingen aufgewachsen und habe immer nur in der Schweiz gearbeitet. Infolgedessen habe er auch nur in der Schweiz Rentenanwartschaften erworben. Aufgrund einer schweren Krankheit erhalte er seit 1. August 2001 eine schweizerische Invalidenrente, in der auch Kinderrenten entha...