Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewährung eines zinslosen Darlehens als freigebige Zuwendung. Zinsvorteil aus der Gewährung eines zinslosen Darlehens keine mittelbare Grundstücksschenkung. Schenkungsteuer
Leitsatz (redaktionell)
1. In der Gewährung eines zinslosen Darlehens ist eine freigebige Zuwendung i.S. des § 7 Abs. 1 Satz 1 ErbStG zu sehen (Anschluss an BFH-Urteil vom 4.12.2002 II R 75/00, BStBl II 2003, 23).
2. Die Zuwendung eines Zinsvorteils aus der Gewährung eines unverzinslichen Darlehens für den Kauf eines Grundstücks stellt keine so genannte mittelbare Grundstücksschenkung dar.
Normenkette
ErbStG § 7 Abs. 1 Nr. 1, § 12 Abs. 1; BewG § 15 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Eltern des Ehemanns der Klägerin, die Eheleute W. und B. S. gewährten jeweils am 18. September 1991 der Klägerin und ihrem Ehemann einen Betrag von je 200.000,– DM, insgesamt 800.000,– DM, als Darlehen. Dieses war unverzinslich; ein Rückzahlungstermin war nicht vereinbart. Mit Vereinbarung vom 12. Oktober 2000 verzichteten die Schwiegereltern der Klägerin schenkweise auf die Rückzahlung des Darlehens (Bl. 4 der Schenkungsteuerakten).
Mit notariellem Kaufvertrag vom 19. September 1991 (Bl. 51 ff a.a.O.) kauften die Klägerin und ihr Ehemann ein Grundstück in S. zum Kaufpreis von 1.190.000,– DM. Hierbei erwarb die Klägerin 1/3, ihr Ehemann 2/3 Miteigentum. Der Kaufpreis war am 31. Dezember 1991 fällig; die Besitzübergabe erfolgte zum 01. Januar 1992 (Bl. 54 f a.a.O.). Der Einheitswert des Grundstücks betrug zum Zeitpunkt des Erwerbs 57.500,– DM (140 v. H. = 80.500,– DM). Mit Erklärung gegenüber dem Beklagten vom 13. Juni 2001 (Bl. 61 a.a.O.) erklärten die Schwiegereltern der Klägerin, dass das am 18. September 1991 gewährte Darlehen über 800.000,– DM ausschließlich zum Erwerb des Grundstücks in S. durch die Klägerin und ihren Ehemann bestimmt gewesen sei; diese hätten ohne das Darlehen das Grundstück nicht erwerben können.
Aufgrund der Gewährung des zinslosen Darlehens am 18. September 1991 seitens der Schwiegereltern in Höhe von jeweils 200.000,– DM setzte der Beklagte mit zwei geänderten Schenkungsteuerbescheiden vom 01. Juni 2001 gegenüber der Klägerin die Schenkungsteuer auf jeweils 8.575,– DM fest. Für die Berechnung der Steuer nach dem Zinsvorteil wird auf die Erläuterungen zu den Bescheiden Bezug genommen (Bl. 38 R. 43 R a.a.O.). Hiergegen richtet sich nach erfolglos gebliebenem Einspruchsverfahren die Klage.
Die Klägerin ist der Auffassung, für die Berechnung der Schenkungsteuer seien die von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) entwickelten Grundsätze der so genannten mittelbaren Grundstücksschenkung anzuwenden. Der Besteuerung sei daher der anteilige (erhöhte) Einheitswert des Grundstücks, nicht der Nominalbetrag des Zinsvorteils zugrunde zu legen. Die Klägerin beruft sich hierzu im Wesentlichen auf das Urteil des Finanzgerichts (FG) München vom 15. September 1999 4 K 1/96, Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2000, 83.
Sie beantragt,
unter Änderung der Schenkungsteuerbescheide vom 01. Juni 2001 und der Einspruchsentscheidung vom 19. Oktober 2001 die Schenkungsteuer auf jeweils 374,– DM festzusetzen.
Der Beklagte tritt den Ausführungen der Klägerin entgegen und beantragt Klageabweisung.
Für die Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet.
Nach st. Rechtsprechung des BFH, der sich der Senat anschließt, ist in der Gewährung eines zinslosen Darlehens eine freigebige Zuwendung i. S. des § 7 Abs. 1 Satz 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) zu sehen. Diese liegt in der Gewährung der Möglichkeit zur Kapitalnutzung und ist gem. § 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 15 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes mit jährlich 5,5 v. H. des Kapitals zu bewerten (zuletzt BFH-Urteil vom 04. Dezember 2002 II R 75/00, BStBl II 2003, 23).
Die Grundsätze der so genannten mittelbaren Grundstücksschenkung können auf diese freigebige Zuwendung in Form der Möglichkeit der unentgeltlichen Kapitalnutzung nicht angewendet werden. Eine mittelbare Schenkung eines bestimmten Gegenstandes (hier: des Grundstücks) setzt voraus, dass der Beschenkte nach der Schenkungsabrede im Verhältnis zum Schenker nicht über das ihm zugewendete Geld, sondern erst über den mit den zur Verfügung gestellten Geldmitteln erworbenen Gegenstand (das Grundstück) verfügen kann, denn in diesem Fall ist der Beschenkte nicht um die Geldsumme, sondern erst um den damit erworbenen Gegenstand bereichert (BFH-Urteil vom 17. Juni 1998 II R 51/96, BFH/NV 1998, 1378). Bei Gewährung eines unverzinslichen Darlehens soll aber nach dem Willen der Beteiligten der Beschenkte im Verhältnis zum Schenker nicht über das Grundstück, sondern (nur) über die Möglichkeit der Kapitalnutzung verfügen, auch wenn das Kapital selbst zweckge...