Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsätze eines schienengebundenen Fahrgeschäfts unterliegen dem Regelsteuersatz. keine Personenbeförderung nach § 12 Abs. 2 Nr. 10b UStG bei Selbstfahrbetrieb
Leitsatz (redaktionell)
1. Die temporäre Nutzungsüberlassung eines schienengebundenen Fahrzeugs, mit dem der Benutzer selbst sich zu Tal bewegt, so dass es diesem nicht um die Beförderung sondern um den Erlebniswert der Talfahrt geht, ist keine Beförderungsleistung. Die Leistung unterliegt dem Regelsteuersatz und nicht gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 10 b UStG dem ermäßigten Umsatzsteuersatz.
2. Die Umsätze einer Sesselbahn und eines schienengebundenen Fahrgeschäfts stellen auch dann mehrere selbstständige Leistungen dar, die unabhängig voneinander zu beurteilen sind, wenn die Fahrten durch Kombitickets miteinander verbunden werden.
3. Die Regelung des § 12 Abs. 2 Nr. 10 b UStG soll den öffentlichen Nahverkehr und nicht den Ausflugsverkehr begünstigen.
4. Aus der 6. EG-RL ergibt sich keine Verpflichtung zur Anwendung des ermäßigten Steuersatzes bei der Beförderung von Personen. Die in diesem Fall günstigere Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MWStSySt-RL) trat erst ab 1.1.2007 in Kraft.
Normenkette
UStG § 12 Abs. 1, 2 Nr. 10b; 6. EG-RL Art. 12 Abs. 3a Unterabs. 3 i. V. m. Anhang H
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin betreibt zwei technische Anlagen, eine Sesselbahn und ein schienengebundenes Fahrgeschäft, in X am Berg B. Mit Hilfe schienengeführter Fahrzeuge, einer sog. „… Bahn”, mit Platz für ein bis zwei Personen, können Personen von der Berg- zur Talstation fahren. Sie legen hierbei eine Distanz von … Kilometern und einen Höhenunterschied von ca. … Metern zurück. Die Bergstation, an der die Fahrt mit der … Bahn zur Talstation beginnt, kann u.a. mit der Sesselbahn erreicht werden. Mit der Sesselbahn werden auch die leeren Fahrzeug wieder zur Bergstation hinauf transportiert. Das Fahrgeschäft ist ganzjährig geöffnet. Fahrten mit der Seilbahn und der … Bahn sind unabhängig voneinander möglich. Es gibt Einzel- und Kombitickets.
Die … Bahn wird in einem Werbeflyer der Klägerin als „die … Bahn!” bezeichnet. Sie beschreibt ihre Bahn wie folgt:
„…”
Wegen der Einzelheiten wird auf den Flyer Bezug genommen (Klage-Akten, S. 45). Ein Video auf der Homepage (http://www…) zeigt eine Talabfahrt.
Im Streitjahr 2005 machte die Klägerin handschriftliche Aufzeichnungen über die Aufteilung der Umsätze auf Einnahmen aus Sessellift und …fahrten. Sie buchte alle Tageseinnahmen zunächst auf ein Sammelkonto „Umsätze Lift und …” (Konto 8100). Sie erfasste die Einnahmen aus den Kombi-Tickets (auch als „Komplett” bezeichnet) täglich in Listen mit Angaben über die verkaufte Anzahl, Einzel- und Gesamtpreis. Der Gesamtpreis wurde in eine DIN A3-Zusammenfassung übernommen, getrennt nach Tagen und unterschiedlichen Preisen für Kinder, Kinder 10-Karte, 20-Karte, Erwachsene, Erwachsene 10-Karte und 20-Karte. Am Monatsende nahm sie dann die Aufteilung auf Sessellift und …fahrten sowie eine Umbuchung auf die entsprechenden Erlöskonten vor. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 12. Mai 2010 nebst Anlagen beispielhaft für den Monat November 2005 Bezug genommen (Klage-Akte, S. 61-71).
Die Klägerin erklärte in ihrer Umsatzsteuer(USt)-Erklärung 2005, die Umsätze aus der … Bahn in Höhe von xxx EUR (ohne USt) unterlägen als schienengebundene Personenbeförderung dem ermäßigten Steuersatz von 7 % (§ 12 Abs. 2 Nr. 10 lit. b Umsatzsteuergesetz – UStG –). Die USt hieraus betrage … EUR. Die Umsätze zum allgemeinen Steuersatz beliefen sich auf… EUR (ohne USt), die entsprechende USt auf … EUR. Außerdem machte sie einen Vorsteuerabzug in Höhe von … EUR geltend. Sie erklärte auch steuerpflichtige innergemeinschaftliche Erwerbe.
Der Beklagte (Bekl) wandte auf alle Umsätze den Regelsteuersatz von 16 % an, erhöhte die USt für die Umsätze mit der … Bahn auf … EUR und setzte mit Bescheid 2005 vom 3. Januar 2007 die USt 2005 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung in Höhe von… EUR fest. Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein. Daraufhin änderte der Bekl die USt-Festsetzung 2005 mit Bescheid vom 7. Februar 2007 auf… EUR. Er berechnete nunmehr für die Umsätze mit der … Bahn eine USt in Höhe von … EUR. Im Übrigen wies er den Einspruch zurück.
Mit ihrer Klage macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, für einen Teil ihrer Umsatzerlöse sei der ermäßigte Steuersatz gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG anzuwenden. Sie erbringe eine sonstige Leistung, eine Beförderungsleistung, da sie mit Hilfe der … Bahn Personen in schienengebundenen Wagen von der Bergstation zur Talstation befördere. Für eine Beförderung reiche eine räumliche Fortbewegung von Personen aus. Die Auslegung dieses Begriffes orientiere sich nicht an dem ursprünglich aus den 60-er Jahren stammenden Zweck für die Einführung der Steuerermäßigung, wie der Förder...