Entscheidungsstichwort (Thema)
Widerruf der Bestellung eines in Vermögensverfall geratenen angestellten Steuerberaters
Leitsatz (amtlich)
Die Bestellung eines in Vermögensverfall geratenen Steuerberaters ist auch dann zu widerrufen, wenn er als nicht geschäftsführungsbefugter Angestellter einer von ihm geführten Steuerberatungsgesellschaft lediglich Bilanzen und Steuererklärungen vorbereitet und fertigstellt.
Normenkette
StBerG § 46 Abs. 2 Nr. 4, § 57 Abs. 1
Tatbestand
Der Kläger ist Steuerberater und übte bis Ende 1998 eine selbständige Tätigkeit in ... aus. Seit Januar 1999 ist er als angestellter Steuerberater bei der ... (künftig GmbH), an welcher er zu 40 % beteiligt ist, tätig. Wegen erheblicher Steuerrückstände (Einkommensteuer, Lohnsteuer und Umsatzsteuer) wurde eine fruchtlose Pfändung ausgebracht, worauf der Kläger am 10. Juni 1999 die eidesstattliche Versicherung abgab. Das Finanzministerium ... widerrief mit Bescheid vom 1. März 2000 die Bestellung des Klägers als Steuerberater. Mit der zulässigen Klage wird folgendes vorgetragen: Es werde nicht bestritten, dass der Kläger in Vermögensverfall geraten sei. Zu berücksichtigen seien die Gründe des Vermögensverfalls. Ein langwieriges Scheidungsverfahren und die Abfindung der Ehefrau habe rund 500 TDM gekostet. Ausleihungen an Dritte über rund 430 TDM hätten nicht mehr realisiert werden können. Bei einem Bauherrenmodell sei wegen Konkurs der Generalunternehmer ein Verlust i. H. v. ca. 450 TDM entstanden. Der Verlust i. H. v. rund 500 TDM eines in 1995 aufgegebenen Kranverleihs sei vom Finanzamt nicht anerkannt worden, dieses sei vielmehr in 1994 von einer Einnahme i. H. v. 450 TDM ausgegangen. Zur teilweisen Begleichung dieser Schulden habe der Kläger sein Büro in ... veräußert und den Erlös von über 1 Mio DM zur Schuldentilgung verwendet. Das zeige, dass der Kläger bemüht sei, auch weiterhin seine Verbindlichkeiten zurückzuführen. Mit Hilfe seiner Ehefrau bestehe die reelle Möglichkeit, dass bis in spätestens fünf Jahren alle Verbindlichkeiten zurückgeführt bzw. mit den wenigen Großgläubigern abschließende Regelungen gefunden würden. Abweichend davon wurde mit Schreiben vom 16. Januar 2001 vorgetragen, es sei bis Ende Januar 2001 ein Vergleichsvorschlag vorgesehen worden, der aber wegen des ergehenden Urteils nicht mehr durchführbar sein werde. Im Übrigen könne aber nachgewiesen werden, dass trotz des Vermögensverfalls eine konkrete Gefährdung der Interessen der Auftraggeber des Steuerberaters nicht vorliege. Die Tätigkeit des Klägers umfasse - ausweislich des Anstellungsvertrags vom 25. September 1999 - „ausschließlich die Vorbereitung und Fertigstellung von Bilanzen und Steuererklärungen, sowie Beantwortung von Schriftsätzen.“ Er habe aufgrund seiner Tätigkeit und seiner Stellung in der GmbH keinerlei Möglichkeiten des Zugriffs auf Mandantengelder. Auch habe er keine Vollmacht über Konten der GmbH. Treuhandgelder verwalte nur der Gesellschaftergeschäftsführer ... Zudem sei der Kläger chronisch krank. Er leide teilweise unter Depressionen und Angstzuständen und sei daher allenfalls in der Lage wöchentlich 30 Stunden zu arbeiten. Daher sei es nicht möglich, eine vollwertige selbständige Tätigkeit als Steuerberater auszuüben. Eine solche sei ohnehin nicht geplant. Die vorhandenen Steuerschulden beeinträchtigten seine Unabhängigkeit nicht, da er im Rahmen des Dienstverhältnisses lediglich intern tätig werde und daher nicht mit Finanzbehörden oder ähnlichen Institutionen verhandele. Daher bestehe keine Einschränkung seines Handlungsrahmens gegenüber der Finanzverwaltung. Die Nichtabgabe der Steuererklärung beruhe auf dem gesundheitlichen Zusammenbruch des Klägers, die Nichtzahlung der Steuern auf seiner mangelnden Leistungsfähigkeit. Im übrigen seien von der GmbH sämtliche Vorkehrungen getroffen worden, dass durch den Kläger Mandanteninteressen in keiner Weise gefährdet werden könnten. Der Kläger erklärte, dass er im Termin nicht erscheinen werde, da nach seiner Meinung das Urteil bereits feststehe und er sich aufgrund seiner angeschlagenen Gesundheit eine derartige Belastung nicht zumuten wolle.
Der Kläger beantragt,
die Widerrufsentscheidung des Finanzministeriums ... vom 1. März 2000, wird aufgehoben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die vorgetragene interne Begrenzung der Tätigkeit des Klägers rechtfertige nicht die Annahme, dass eine Gefährdung von Mandantschaftsinteressen ausgeschlossen sei. So könne der Kläger jederzeit ein Vertrauensverhältnis zu den Auftraggebern der GmbH aufbauen und dieses ausnutzen, die finanziellen Interessen der Mandanten zu schädigen. Aufgrund der Tätigkeit als Steuerberater im Angestelltenverhältnis und der damit verbundenen Offenlegung der gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse der Mandanten, bestehe latent immer die Gefahr, dass aufgrund des Vermögensverfalls Auftraggeberinteressen gefährdet seien. Im Übrigen seien die erheblichen Steuerschulden geeignet, die Unabhängigkeit des Klägers gegenüber der Finanzverwalt...