Entscheidungsstichwort (Thema)
Insolvenzverfahren - Änderung der Bemessungsgrundlage für den Vorsteuerabzug - Rückforderung abgetretener Erstattung - Eintrag in die Tabelle wirkt wie Steuerfestsetzung - Rechtswirkungen für den Steuerschuldner wirken auch gegen den Zessionar
Leitsatz (redaktionell)
Die Eintragung der festgestellten Forderung in die Tabelle ersetzt im Insolvenzverfahren den Steuerbescheid und wirkt letztlich wie eine Steuerfestsetzung, denn nach Beendigung des Insolvenzverfahrens kann die Finanzbehörde auf Grund der Eintragung wie aus einem rechtskräftigen Urteil vollstrecken.
Im Insolvenzverfahren gelten etwaige Wirkungen, die gegenüber dem Steuerpflichtigen (Zedenten) eintreten, auch gegen den Abtretungsempfänger (Zessionar).
Wurde ein Vorsteuererstattungsanspruch abgetreten, und ändert sich auf Grund der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Leistungsempfängers die Bemessungsgrundlage für den Vorsteuerabzug, so kann das Finanzamt die unberechtigte Erstattung vom Zessionar zurückfordern, wenn der Anspruch zur Tabelle im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Steuerpflichtigen angemeldet, festgestellt und eingetragen worden ist.
Normenkette
UStG § 17 Abs. 1 S. 3, Abs. 2 Nr. 3; AO § 37 Abs. 2 S. 2, §§ 46, 218 Abs. 2 S. 2; InsO §§ 178, 200-201
Nachgehend
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit eines Rückforderungsbescheids, mit dem die Antragstellerin -AStin.- vom Antragsgegner -Ag.- gemäß § 218 Abs. 2 i.V.m. § 37 Abs. 2 Satz 2 Abgabenordnung -AO- auf Rückzahlung der von der xxx - im Folgenden: xxx - an sie abgetretenen Vorsteuerüberschüsse in Höhe von 983 899,21 DM in Anspruch genommen wird. Das Hauptsacheverfahren ist zum Aktenzeichen 2 K 5154/04 beim beschließenden Senat noch anhängig.
Die AStin. vertreibt im Wege des Mietkaufs Baukräne und schloss am 30. September 1998 mit der xxx einen entsprechenden Mietkaufvertrag. Die aus den Anschaffungskosten resultierenden Vorsteuern betrugen 1 891 297,56 DM und wurden von der xxx mit Umsatzsteuer-Voranmeldung 09/1998 erklärt. Der Vorsteuerüberschuss aus der Umsatzsteuer-Voranmeldung wurde zur Sicherung der Ansprüche der AStin. aus dem Mietkaufvertrag gemäß Abtretungsanzeige vom 30. September 1998 an die AStin. abgetreten. Der Mietkaufvertrag vom 30. September 1998 wurde schließlich mit Kündigungsschreiben der AStin. vom 21. Mai 1999 beendet. Die Endabrechnung durch die AStin. erfolgte mit Datum vom 31. Juli 1999 und weist rückgängig zu machende Vorsteuern in Höhe von 983 899,21 DM (= 503 059,68 €) aus. Mit Schreiben vom 4. Juli 2000 meldete der Ag. unter anderem Umsatzsteuer 09/1999 in Höhe von 1 171 297,00 DM (angemeldete Forderungen insgesamt: 1 192 692,85 DM = 609 814, 17 €) gemäß § 174 Abs. 1 Insolvenzordnung -InsO- zur Tabelle an. Die Forderung in Höhe von 609 814,17 € wurde im Prüfungstermin am 30. Juli 2003 festgestellt. Der Ag. forderte mit dem vorliegend streitigen Rückforderungsbescheid vom 14. Oktober 2003 sodann Umsatzsteuer 09/1999 in Höhe von 503 058,68 € von der AStin. zurück.
Die AStin. macht unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs -BFH- unter anderem geltend, es fehle bereits an der materiell-rechtlichen Voraussetzung für den Rückforderungsbescheid, dass das Berichtigungsverfahren gemäß § 17 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Abs. 2 Nr. 3 Umsatzsteuergesetz -UStG- gegenüber der xxx tatsächlich und rechtlich wirksam durchgeführt worden sei.
Über das Vermögen der Zedentin sei am 13. September 1999 das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Soweit der Ag. den Erlass eines geänderten Umsatzsteuerbescheids 1999 behaupte, schränke § 87 i.V.m. § 89 InsO die Erhebung durch Steuerbescheid jedoch insoweit ein, als eine Durchsetzung der Steuerforderung nach Verfahrenseröffnung nur nach Maßgabe der Insolvenzordnung durch Anmeldung zur Tabelle nach §§ 174 ff. InsO erfolgen könne. Anzumelden sei hierbei die bisher nicht entrichtete Steuer. Diese Rechtsnorm beinhalte ein Verbot des Erlasses von schuldbegründenden Steuerbescheiden gegen den Insolvenzschuldner, soweit es sich hierbei um eine Insolvenzforderung handle und erstrecke sich auch auf Änderungsbescheide zu Ungunsten des Insolvenzschuldners. In solchen Fällen habe die Finanzbehörde die Anmeldung zur Tabelle zu berichtigen, indem sie weitere Steueransprüche nachmelde. Auf Nachfrage der AStin. habe der Insolvenzverwalter ihr mitgeteilt, dass der Ag. ihm mit Schreiben vom 14. Oktober 2003 lediglich eine "Steuerberechnung für 1999 über Umsatzsteuer" (Umsatzsteuer 983 988,21 DM) übersandt habe, nachdem er mit Schreiben vom 4. Juli 2000 "Umsatzsteuer 9/99" in Höhe von 1 171 297,00 DM als "nicht fällige Forderung" (§ 41 InsO) angemeldet gehabt hätte.
Es sei daher vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der xxx kein Berichtigungsverfahren im Sinne von § 17 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Abs. 2 Nr. 3 UStG durchgeführt worden, da sonst die Anmeldung zur Insolvenztabelle als "fällige Forderung" mit Fälligkei...