Entscheidungsstichwort (Thema)
Auf die inländischen Einkünfte einer beschränkt steuerpflichtigen EU-Kapitalgesellschaft anzuwendender Steuersatz. Managementverträge. Verdeckte Gewinnausschüttung. Aussetzung der Vollziehung von Zinsen und Solidaritätszuschlag bei Einwendungen gegen den Körperschaftsteuerbescheid
Leitsatz (redaktionell)
1. Nach dem EuGH-Urteil vom 23.2.2006 in der Rs. C-253/03 „CLT-UFA”) widerspricht es höherrangigem Recht, dass die inländischen Einkünfte einer beschränkt steuerpflichtigen EU-Kapitalgesellschaft einem höheren Körperschaftsteuersatz als demjenigen unterliegen, dem die unter vergleichbaren Umständen durch eine inländische Tochtergesellschaft einer ausländischen EU-Gesellschaft erzielten Gewinne im Falle der Vollausschüttung an die Muttergesellschaft unterfielen. Rechtsfolge hieraus ist, dass anstelle des im deutschen Körperschaftsteuergesetz für die Streitjahre 1993 bis 1997 normierten Steuersatzes ein Steuersatz von 33,5 % zur Anwendung gelangt.
2. Managementverträge, die eine Kapitalgesellschaft mit den beiden sie mittelbar beherrschenden Gesellschaftern abgeschlossen hat, sind hinsichtlich der Angemessenheit der vereinbarten Vergütungen nicht mit Werkverträgen zu vergleichen, wie sie mit externen Beratern für die Beratung in eng umgrenzten Geschäftsfeldern geschlossen werden, wenn Gegenstand der zu beurteilenden Verträge nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die Geschäftsführung der Gesellschaft gewesen ist. Zum Vergleich ist dann das durchschnittliche Gehalt eines Geschäftsführers einer entsprechenden Kapitalgesellschaft heranzuziehen.
3. Richtet sich der Steuerpflichtige mit seinem Begehren allein gegen die Besteuerungsgrundlagen des Körperschaftsteuerbescheids, so ist ein Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wegen der Festsetzung von Zinsen und Solidaritätszuschlag unzulässig.
Normenkette
KStG 1991 § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1, § 23 Abs. 2 S. 1, Abs. 3, § 27 Abs. 1, § 8 Abs. 3 S. 2; KStG 1996 § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1, § 23 Abs. 2 S. 1, Abs. 3, § 27 Abs. 1, § 8 Abs. 3 S. 2; FGO § 69 Abs. 3 S. 1, Abs. 2 S. 2; AO § 351 Abs. 2, § 233a; SolzG § 3 Abs. 1 S. 1
Tenor
Die Vollziehung der Körperschaftsteuerbescheide 1993 und 1995, jeweils vom 29. Juli 2002 und in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. Mai 2006, wird bis zum Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe einer abschließenden Entscheidung im Verfahren 12 K 8174/06 B ausgesetzt, soweit ein höherer Körperschaftsteuersatz als 33,5 vom Hundert angewandt wurde.
Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.
Dem Antragsgegner wird die Berechnung der Steuern und der Aussetzungsbeträge übertragen.
Die Beschwerde zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Die Kosten des Verfahrens werden zu zwei Dritteln der Antragstellerin und zu einem Drittel dem Antragsgegner auferlegt.
Tatbestand
Bei der Antragstellerin handelt es sich um eine in … in den Niederlanden ansässige Kapitalgesellschaft niederländischen Rechts (B.V.), die in den Streitjahren 1993 bis 1997 Betriebsstätten in B und C unterhielt. Der Antragsgegner besteuert die Antragstellerin mit ihren inländischen Einkünften als beschränkt Steuerpflichtige im Sinne des § 2 Nr. 1 Körperschaftsteuergesetz – KStG –.
Alleingesellschafterin und Geschäftsführerin der Antragstellerin ist die … (im folgenden: Holding), ebenfalls mit Sitz in …. Die Anteile der Holding werden zu je 50 v.H. von den niederländischen Kapitalgesellschaften D sowie E gehalten; diese beiden Gesellschaften sind zugleich gemeinsam vertretungsbefugte Geschäftsführer der Holding. Alleiniger Anteilseigner und Geschäftsführer der D ist Herr …; bei der E hat Herr … diese Funktionen inne. Geschäftszweck der Antragstellerin ist unter anderem die Organisations- und Betriebsführungsberatung für Industrie, Wirtschaft, Non-Profit-Organisationen sowie behördliche und sonstige öffentlich-rechtliche Institutionen sowie die Projektentwicklung und das Projektmanagement für die genannten Auftraggeber; im Wesentlichen hat die Antragstellerin in den Streitjahren das Land …, vertreten durch die Senatsverwaltung für Arbeit und Frauen, im Zusammenhang mit der Ausschöpfung der Fördermittel der EG-Strukturfonds sowie sonstiger EG-Förderprogramme beraten.
Im August 1993 schloss die Antragstellerin als Auftraggeberin jeweils gleich lautende Managementverträge mit den Gesellschaften D und E als Auftragnehmer ab. Die Auftragnehmer verpflichteten sich dazu, das Management der Antragstellerin zu übernehmen; hierunter wurde die tägliche Leitung der Unternehmung durch die Stellung von Geschäftsführern verstanden. In Artikel 3 der Managementverträge ist jeweils geregelt, dass die Arbeitsverhältnisse der Geschäftsführer, also des Herrn … bei der E und des Herrn … bei der D, bestehen blieben. Des Weiteren ist in den Managementverträgen die Weiterzahlung der Managementvergütung für 30 Urlaubstage pro Jahr sowie im Krankheitsfall für eine Laufzeit von 12 Monaten vorgesehen. Neben den monatlich zu begleichenden Vergütungen für die Übernahme des Managements verpflic...