Entscheidungsstichwort (Thema)
Maßgeblichkeit der zuletzt ermittelten Bodenrichtwerte ohne Berücksichtigung anderer wertbeeinflussender Grundstücksmerkmale für den bei der Bedarfsbewertung maßgeblichen Wert des Grund und Bodens. Ableitung des Grundstückswerts aus einem Bodenrichtwert mit GFZ. Nachweis eines niedrigeren gemeinen Wertes eines Grundstücks durch ein Gutachten
Leitsatz (redaktionell)
1. Da bei der Ermittlung des steuerlichen Bedarfswerts des Grund und Bodens nach § 179 Sätze 1 bis 3 BewG typisierend auf den zuletzt vom Gutachterausschuss ermittelten Bodenrichtwert abzustellen ist, bleiben andere wertbeeinflussende Grundstücksmerkmale, wie z. B. Ecklage, Zuschnitt, Oberflächenbeschaffenheit und Beschaffenheit des Baugrunds, Lärm-, Staub- oder Geruchsbelästigungen, Altlasten usw. außer Ansatz. Dem Finanzamt ist daher bei der typisierenden Bedarfsbewertung selbst in den Fällen, in denen es positive Kenntnis von derartigen wertbeeinflussenden Grundstücksmerkmalen hat, aus Rechtsgründen nicht möglich, diese bei der Wertermittlung des Grund und Bodens zu berücksichtigen.
2. Zwar besteht grundsätzlich die Möglichkeit, den Wert von Grundstücken, die von den lagetypischen wertbeeinflussenden Merkmalen des Bodenrichtwertgrundstücks abweichen, nach den Vorgaben des Gutachterausschusses aus dem Bodenrichtwert der jeweiligen Richtwertzone abzuleiten. Eine solche Ableitung kommt insbesondere dann in Betracht, wenn in der Bodenrichtwertkarte zu dem Bodenrichtwert eine Geschossflächenzahl (GFZ) angegeben wird; dann ist bei Grundstücken, deren GFZ von der des Bodenrichtwertgrundstücks abweicht, der Bodenwert unter Anwendung der vom örtlichen Gutachterauschuss mitgeteilten Umrechnungskoeffizienten für die GFZ abzuleiten, wobei aber nicht auf die konkret auf dem Grundstück vorhandene, sondern die aus tatsächlichen (z. B. Zuschnitt des Grundstücks) oder rechtlichen Gründen (z. B. Denkmalschutz) maximal realisierbare GFZ abzustellen ist.
3. Der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts der Immobilie nach § 198 BewG kann entweder durch einen zeitnah zum Bewertungsstichtag erfolgten Verkauf des Grundstücks zu fremdüblichen Konditionen oder aber durch Vorlage eines plausiblen, den Vorschriften der Immobilienwertverordnung entsprechenden Sachverständigengutachtens eines öffentlich bestellten und vereidigten Bausachverständigen oder des örtlichen Gutachterausschusses über den Verkehrswert des Grundbesitzes geführt werden; von anderen Personen erstellte Gutachten reichen als Nachweis grundsätzlich nicht aus.
Normenkette
BewG 2009 § 151 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 198 S. 1, § 179 Sätze 1-3; BauGB § 196 Abs. 1 S. 2
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die gesonderte Feststellung eines Grundbesitzwertes für Zwecke der Schenkungsteuer.
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 06.11.2009 erwarb die Klägerin von Frau B. das mit einem Einfamilienhaus sowie Nebengebäuden bebaute Grundstück in der C.-Straße in D.. Das für die Festsetzung der Erbschaft- und Schenkungsteuer zuständige Finanzamt E. sah in der entgeltlichen Übertragung des Grundbesitzes auf die Klägerin eine gemischte Schenkung und forderte daher mit Verfügung vom 24.03.2011 das beklagte (Lage-)Finanzamt F. auf, den Grundbesitzwert auf den 06.11.2009 festzustellen.
Am 18.07.2011 erließ der Beklagte einen Bescheid über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwertes auf den 06.11.2009 für Zwecke der Schenkungsteuer, durch welchen er den Grundbesitzwert der wirtschaftlichen Einheit in D., C.-Straße auf 126.416 EUR feststellte (Bl. 6 Hilfsakte).
Der Beklagte führte die Bewertung im Sachwertverfahren durch. Den Wert des Grund und Bodens ermittelte er mit 106.000 EUR (1.060 m² × 100 EUR/m²). Das Wohngebäude mit einer Bruttogrundfläche von 88 m² stufte der Beklagte in die Gebäudeklasse 1.22 des Baujahres 1934 mit einfachem Ausstattungsstandard ein. Die so ermittelten Regelherstellungskosten je Quadratmeter von 580 EUR multiplizierte er mit der Bruttogrundfläche von 88 m² und kam so zu einem Gebäuderegelherstellungswert von 51.040 EUR. Die von diesem Wert vorzunehmende Alterswertminderung betrug nach den Berechnungen des Beklagten 47.058 EUR, so dass ein rechnerischer Gebäudesachwert von 3.190 EUR verblieb. Der Beklagte setzte indes im Bescheid den Mindestwert von 40% des Gebäuderegelherstellungswertes (40 % von 51.040 EUR), also 20.416 EUR als Gebäudesachwert an. In der Summe ergab dies den Grundbesitzwert von 126.416 EUR (106.000 EUR + 20.416 EUR).
In den Erläuterungen des Bescheides führte der Beklagte aus, er habe die Grundlagen der Wertermittlung der Einheitswertakte entnommen. Ein Vergleichswert liege nicht vor, daher sei der Wert des Einfamilienhauses nach dem Sachwertverfahren zu ermitteln.
Gegen den Feststellungsbescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 03.08.2011 Einspruch ein. Sie trug vor, der festgestellte Wert übersteige deutlich den gemeinen Wert des Grundstücks. Deshalb habe sie in Ü...