rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsagenturen als gegenüber den Familienkassen eigenständige Behörden. Beklagter bei Erlass des angefochtenen Bescheids und der Einspruchsentscheidung durch verschiedene Behörden. Heilung sachlicher Unzuständigkeit. keine Stundungswürdigkeit bei auf leichtfertiger Steuerverkürzung beruhender Kindergeldrückforderung
Leitsatz (redaktionell)
1. Die örtlichen Agenturen für Arbeit sind eigenständige Behörden, die von den im Wege der Organleihe errichteten Familienkassen für das Kindergeld im Sinne des EStG zu unterscheiden sind.
2. Wurde der angefochtene Bescheid (hier betreffend die Ablehnung eines Stundungsantrags) von der Agentur für Arbeit, die Einspruchsentscheidung hingegen von der Familienkasse erlassen, ist die Klage gegen die Familienkasse zu richten.
3. Der Umstand, dass mit der Agentur für Arbeit eine sachlich nicht zuständige Behörde über den Stundungsantrag entschieden hat, wurde durch den Erlass der Einspruchsentscheidung durch die örtlich und sachlich zuständige Familienkasse geheilt.
4. An einer Stundungswürdigkeit fehlt es, wenn der Antragsteller die Ursache für die Kindergeldrückforderung selbst gesetzt hat, indem er der Familienkasse Umstände, die zum Wegfall des Kindergeldanspruchs führen, pflichtwidrig nicht mitgeteilt hat.
Normenkette
FGO § 63 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1; AO § 367 Abs. 1, §§ 5, 222; FVG § 5 Abs. 1 Nr. 11; EStG § 68 Abs. 1 S. 1
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob die Erhebungszuständigkeit für den Streitfall rechtmäßig auf die Agentur für Arbeit B… –AAB…– übertragen wurde und ob diese einen Stundungsantrag des Klägers rechtswidrig abgelehnt hat.
Mit Bescheid vom 17.10.2016 hob die Familienkasse D… –FKD…– gegenüber dem Kläger die Kindergeldfestsetzung für seine Tochter C… für den Zeitraum von Januar 2010 bis September 2014 auf (Rückforderungsbetrag 10.488,00 EUR). Dagegen legte der Kläger Einspruch ein, den die FKD… mit Einspruchsentscheidung vom 16.01.2017 (Bl. 98 Kindergeldakte – KGA –), die bestandskräftig wurde (Bl. 135, 137 Gerichtsakte –GA– 7 K 7013/18), zurückwies. Am 10.05.2017 hob die FKD… die Kindergeldfestsetzung für C… für den Zeitraum von Februar 2004 bis Dezember 2009 auf (Rückforderungsbetrag 11.154,00 EUR). Die letztgenannte Festsetzung war u.a. Gegenstand des beim erkennenden Senat geführten Verfahrens 7 K 7013/18. Eine Aussetzung der Vollziehung wurde hinsichtlich der vorgenannten Festsetzungen nicht gewährt.
Dem entsprechend schuldete der Kläger der FKD… nach dem Stand vom 20.07.2017 unter Einbeziehung der inzwischen aufgelaufenen Säumniszuschläge einen Gesamtbetrag von 22.589,50 EUR (Bl. 48 Erhebungsakte –EA–), die die AAB… gegenüber dem Kläger geltend machte.
Der Kläger bat wegen der vorstehenden Forderungen wiederholt um einen Zahlungsaufschub, mit Schreiben vom 14.07.2017 bis zum Ende des Jahres 2017, da er Anfang 2018 einen Kreditantrag stellen könne, um die volle Summe zu begleichen. In der Folge reichte er einen Fragebogen zur Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ein (Bl. 65 ff. EA), auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird. U.a. gab der Kläger an, dass seine Ehefrau über einen Nettolohn von 435,56 EUR verfüge, er monatlich 1.500,00 EUR aus seinem Betrieb entnommen habe, der nach einer Betriebswirtschaftlichen Auswertung zum 30.06.2017 ein vorläufiges Ergebnis (vor Abschreibungen und Ertragsteuern) in Höhe von 36.689,47 EUR erzielt habe und voraussichtlich auch im 2. Halbjahr 2017 erzielen werde.
Mit Verfügung vom 10.08.2017 bat die AAB… den Kläger, die Kontoauszüge der letzten 3 Monate und eine Kopie des Mietvertrages vorzulegen, wovon nur der Mietvertrag zur Akte der AAB… gelangte (Bl. 120 ff. EA).
Die FKD… teilte der AAB… mit, dass die rückständigen Forderungen dadurch entstanden seien, dass der Kläger seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen sei und dass insoweit ein Verfahren wegen des Verdachts auf Begehung einer Ordnungswidrigkeit oder einer Straftat vorliege. Ferner übersandte sie Kopien des Aufhebungsbescheids vom 17.10.2016, der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 16.01.2017 und des Aufhebungsbescheids vom 10.05.2017 (Bl. 88 ff. EA).
Davon ausgehend lehnte die AAB… den Antrag des Klägers, den sie als Stundungsantrag auslegte, mit Verfügung vom 27.09.2017 ab, da es wegen der Verletzung von Mitwirkungspflichten durch den Kläger an einer Stundungswürdigkeit fehle. Auf die Stundungsbedürftigkeit komme es daher nicht an (Bl. 110 EA).
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 27.10.2017 Einspruch ein (Bl. 133 EA), den er in der Folge nicht begründete. Er reichte lediglich den Mietvertrag für seine Wohnung und ein Schreiben der I… Bank vom 17.08.2017, mit dem diese einen Kreditantrag des Klägers ablehnte (Bl. 138 EA), nach. Die Beklagte, die Familienkasse E…, wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 08.02.2018 als unbegrü...