Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewertung der negativen Einnahmen der Arbeitnehmer bei Rückgängigmachung eines Mitarbeiteraktienprogramms
Leitsatz (redaktionell)
1. Müssen Arbeitnehmer Aktien, die sie im Rahmen eines Mitarbeiteraktienprogramms erhalten haben, wieder an den Arbeitgeber zurückgeben, so führt dies für die Arbeitnehmer zu negativen Einnahmen aus dem Arbeitverhältnis.
2. Die Höhe der negativen Einnahmen ist auf den Betrag begrenzt, den die Arbeitnehmer bei Ausgabe der Aktien als Arbeitslohn versteuern mussten. Die in der Zeit zwischen der Ausgabe und der Rückübertragung eingetretene Wertsteigerung der Aktien kann nicht als negative Einnahme mitberücksichtigt werden; insoweit kommt auch keine analoge Anwendung von § 19a EStG in Betracht.
Normenkette
EStG § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, §§ 19a, 8 Abs. 1-2, § 11 Abs. 1-2
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Tatbestand
Die Klägerin ist die deutsche Zweigniederlassung einer … (…). Sie ist seit dem … börsennotiert. Der Emissionspreis für Privatanleger betrug EUR 12,00 pro Aktie.
Bereits im Vorfeld des Börsenganges hatte die Klägerin geplant, ein Mitarbeiterbeteiligungsprogramm auf Aktienbasis für ihre Führungskräfte aufzulegen. Dazu hatte sie einen Antrag auf Erteilung einer Anrufungsauskunft gemäß § 42e des Einkommensteuergesetzes (EStG) gestellt, mit der ihr bestätigt werden sollte, dass als Bewertungsgrundlage für die Bewertung der im Rahmen des Mitarbeiteraktienprogramms ausgegebenen Aktien ausschließlich das Stuttgarter Verfahren anzuwenden sei. Der Beklagte war jedoch nicht bereit, die beantragte Anrufungsauskunft zu erteilen, sondern vertrat die Ansicht, dass die maßgebliche Bewertungsgrundlage für die Bemessung des den Mitarbeitern der Klägerin aufgrund der Überlassung von Aktien zufließenden geldwerten Vorteils der Börsenkurs der Aktie für Privatanleger am Tag der Börseneinführung sei.
Im Laufe des Verfahrens über die Anrufungsauskunft modifizierte die Klägerin ihr Mitarbeiteraktienprogramm dahingehend, dass die den Mitarbeitern gewährten Aktien zurückzuübertragen seien, wenn die beantragte Anrufungsauskunft nicht bis zum 27. Oktober 2006 vorliege.
Die Mitarbeiter der Klägerin erhielten Aktien zum Preis von EUR 0,25 pro Aktie. Die Anrufungsauskunft wurde nicht in der beantragten Form erteilt. Die Beteiligten gingen danach übereinstimmend davon aus, dass der geldwerte Vorteil für die begünstigten Mitarbeiter EUR 11,75 pro Aktie betrug. Am 27. Oktober 2006 wurde das wirtschaftliche Eigentum an den Mitarbeiter-Aktien auf einen Treuhänder übertragen, dessen Vermögen der Klägerin zuzurechnen ist. Zu diesem Zeitpunkt lag der Kurs der Aktie der Klägerin bei EUR 16,24. Die Klägerin ermittelte den durch die Rückübertragung entstandenen „geldwerten Nachteil” ihrer Mitarbeiter unter Zugrundelegung des Aktienkurses in Höhe von EUR 16,24, nahm insoweit negativen Arbeitslohn an und machte mit der Lohnsteuer-Anmeldung für Dezember 2006 dementsprechend einen Betrag in Höhe von ./. EUR 135 526,81 geltend. Der Beklagte versagte seine Zustimmung zu dieser Lohnsteuer-Anmeldung. Gegen die geänderte Lohnsteuer-Anmeldung legte die Klägerin mit Schreiben vom 29. März 2007 Einspruch ein, den sie zunächst nicht begründete.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass negativer Arbeitslohn in Höhe des Werts der Aktien zum Zeitpunkt der Rückübertragung abzüglich der Anschaffungskosten vorliege. Eine Begrenzung auf den Wert der Aktien zum Zeitpunkt der Überlassung an ihre Arbeitnehmer sei § 19a EStG, der auf die Bewertung negativen Arbeitslohnes analog anzuwenden sei, nicht zu entnehmen. Auch bei Anwendung des Zu- bzw. Abflussprinzips gelange man zu diesem Ergebnis. Es sei zudem steuersystematisch nicht zu rechtfertigen, zwischenzeitlich eingetretene Wertminderungen zu berücksichtigen, Wertsteigerungen jedoch nicht in die Berechnung des negativen Arbeitslohnes einzubeziehen. Dies spiegele die wirtschaftlichen Verhältnisse nicht zutreffend wider. Ihre, der Klägerin, Arbeitnehmer seien dementsprechend durch die Rückgabe der Aktien über den Verlust des zuvor Erlangten hinaus beeinträchtigt, da ihnen auch die zwischenzeitlich eingetretene Wertsteigerung verlustig gegangen sei. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ihrer Arbeitnehmer sei dadurch um den gemeinen Wert der Aktien gemindert worden.
Die Klägerin beantragt,
die Lohnsteueranmeldung für Dezember 2006 vom 29. März 2007 dahingehend zu ändern, dass Lohnsteuer in Höhe von EUR 125 604,17 und Solidaritätszuschlag in Höhe von EUR 6 935,45 als Erstattungsbeträge festgesetzt werden,
sowie,
die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet (§ 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung – FGO –).
Der Senat hat einen Antrag d...