Entscheidungsstichwort (Thema)
Einheitliches Vertragswerk. gemeinsames Hinwirken der auf der Veräußererseite aufgetretenen Personen auf den Erwerb des bebauten Grundstücks. Inanspruchnahme des Veräußerers als Gesamtschuldner der Grunderwerbsteuer
Leitsatz (redaktionell)
1. Ob als Gegenstand eines Erwerbsvorgangs das zukünftig bebaute Grundstück anzusehen ist, kann sich aus dem Inhalt der zivilrechtlichen Übereignungsverpflichtung des Veräußerers oder aus damit in rechtlichem oder objektiv engem sachlichem Zusammenhang stehenden Vereinbarungen oder Umständen ergeben, die insgesamt zu dem Erfolg führen, dass der Erwerber das Grundstück in bebautem Zustand erhält. Dies ist nach den Umständen des Einzelfalls zu ermitteln.
2. Eine Bindung gegenüber der Veräußererseite, das Grundstück nur in einem bestimmten (bebauten) Zustand und zu einem bestimmten Preis erwerben zu können, liegt vor, wenn die auf der Veräußererseite aufgetretenen Personen sichergestellt haben, dass nur derjenige zum Erwerb des Grundstücks zugelassen wird, der zuvor einen Gebäudeerrichtungsvertrag mit der Bauträgerin abgeschlossen hatte.
3. Zur Veräußererseite gehören alle die Personen, die auf den Kauf des Grundstücks und die Errichtung eines Gebäudes dort hinwirken.
4. Für die Qualifizierung als einheitliches Vertragswerk ist es weder notwendig, dass der Grundstücksverkäufer einen Einheitswillen hinsichtlich Verkauf und Bebauung erkennen lässt, noch kommt es auf die Kenntnis des Grundstückseigentümers von den steuerrechtlichen Folgen eines Zusammenwirkens der anderen auf der Veräußererseite handelnden Personen an.
5. Selbst wenn der Erwerber trotz des Zusammenwirkens auf der Veräußererseite davon ausgeht, ein unbebautes Grundstück zu erwerben und dieses eigenverantwortlich zu bebauen, erwirbt er das bebaute Grundstück, wenn er – unerkannt – das tatsächlich vorliegende, einheitliche Angebot der Veräußererseite auf Erwerb des bebauten Grundstücks annimmt.
Normenkette
GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1, § 13 Nr. 1
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Die Klägerin verkaufte mit Kaufvertrag vom 11. Januar 2008 eine 465 m² große Teilfläche des Grundstücks B.-Straße an die Eheleute C. für einen Kaufpreis in Höhe von EUR 82 500,–. In dem Kaufvertrag hoben die Klägerin und die D. GmbH, vertreten durch Herrn E., zunächst einen das Grundstück betreffenden Käuferbenennungsvertrag vom 9. Juli 2007 auf. Von dem vereinbarten Grundstückskaufpreis sollte die D. GmbH einen Teilbetrag in Höhe von EUR 5 000,– unmittelbar erhalten. Nach X. des Kaufvertrags sollten die Käufer im Innenverhältnis unter anderem die Grunderwerbsteuer tragen. Ausweislich des Teils 3, III., des Kaufvertrags hatten die Käufer die F. GmbH mit der Vermittlung des Grundstückskaufvertrags beauftragt. Die Käufer sollten nach dem Kaufvertrag an die F. GmbH eine Maklercourtage in Höhe von EUR 2 856,– (brutto) zahlen. Der Senat nimmt im Übrigen Bezug auf den Inhalt des Kaufvertrags vom 11. Januar 2008.
Bereits am 9. Januar 2008 hatten die Grundstückskäufer mit der G. AG und Co. KG einen schriftlichen Bauvertrag über die Errichtung eines „… Haus” geschlossen. In dem Bauvertrag wird das zu bebauende Grundstück mit „wird vom Bauherrn benannt” bezeichnet. Der Werklohn sollte EUR 204 200,– brutto betragen.
Der Beklagte prüfte, ob die Voraussetzungen eines sogenannten einheitlichen Vertragswerks vorlägen. Die Grundstückskäufer erklärten in dem entsprechenden Fragebogen, sie seien durch ein Schild des Eigentümers bzw. Maklers auf dem Grundstück und durch das Internet auf das Grundstück aufmerksam geworden. Der Makler habe ihnen stellvertretend für die Eigentümerin das Grundstück zuerst angeboten. Das Angebot sei telefonisch erfolgt. Außerdem sei Herr E. von der D. GmbH an der Vermittlung des Grundstücks beteiligt gewesen. Ihnen, den Grundstückskäufern, sei nicht angeboten worden, das Grundstück zu bebauen. Das Bauunternehmen habe gehofft, dass sie auf dem Grundstück bauen. Die im Zusammenhang mit der Bebauung geschlossenen Verträge seien nicht vermittelt worden. Die Finanzierung sei durch die H. vermittelt worden. Der Notar sei ihnen, den Käufern, in Absprache mit dem Bauunternehmen ausgesucht worden.
Der Beklagte wandte sich mit einem Auskunftsersuchen an die F. GmbH. Diese teilte mit, dass zwischen ihr und der D. GmbH, I. oder Herrn E. keine Vertriebs- oder Provisionsvereinbarungen bestünden. Mit der G. AG & Co. KG bestehe zwar eine enge wirtschaftliche Verbindung, jedoch kein Vertriebsvertrag oder eine Vergütungsvereinbarung.
Auf ein weiteres Auskunftsersuchen des Beklagten teilte die G. AG & Co. KG in vergleichbarer Weise mit, dass zwischen ihr und der D. GmbH, der I. oder Herrn E. keine Vertriebs- oder Provisionsvereinbarungen bestünden. Mit der F. GmbH bestehe zwar eine enge wirtschaftliche Verbindung, jedoch kein Vertriebsvertrag oder eine Vergütungsvereinbarung.
Der Senat v...